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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr.

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Der Feind

wird uns "mit etwas andern Worten" in Aussicht gestellt: aber bis dahin giebt
es täglichen Kampf, und es ist gut, wenn wir uns den nicht so vorstellen, als wenn
er ohne unsre Beteiligung über unsern Häuptern in den Wolken geführt würde:
eine indifferente Anschauung in dieser Beziehung könnte dem "Feinde" für ein er¬
folgreiches Vorgehn seiner Schleichpatrouillen und Streifkvrps nur willkommen sein.

Es ist bald nur von einem Teufel, bald von Legionen von Teufeln die Rede,
und gewisse Arten davon -- vermutlich die, die unsern Studenten, einjährig Frei¬
willigen und Handwerksgesellen entsprechen -- scheinen obendrein sehr unternehmender
und burschikoser Natur zu sein, da doch zum Beispiel der übermütige Gedanke, in
eine Herde neutestamentlicher Säue zu fahren, sogar Pipifax dem Kleinen Ehre
gemacht haben würde. Da uns gesagt wird, es gebe viele hunderttausend Teufel,
so giebt es viele hunderttausend Teufel, das liegt auf der Hand, und die Geschichte,
wie der Mann allen Mietbewohnern im Rausch gekündigt und nach einiger Zeit
eine noch viel schlimmere Rasselbande in sein Herz aufgenommen hatte, beweist, das;
es schlimmere und weniger schlimme Teufel giebt. Aber da wiederholt von einem
Oberkommando in der Hand Beelzebubs, des Höchstkommandierenden, die Rede ist,
so hindert uns nichts, unsern Haß und unsre Feindschaft auf ihn zu konzentrieren,
und überall da, wo Teufel in Frage kommen, nur ihn zu scheu, wie ja zum Beispiel
auch die zur Einschließung von Paris verwandten deutschen Truppen es ihrer Idee
nach immer nur mit Trochu zu thun hatte", obwohl dieser an den Gefechten in
der Regel keinen teil nahm, sondern währenddem ans dem Mont Valerien oder
in einem der Forts saß und seine Pfeife rauchte. Eine gewisse Anzahl verschieden
gefärbter Teufel kann ja jeder ohnehin in seinem Innern unterscheiden, und es ist
auch sonst natürlich, daß sich Beelzebub nicht wegen jeder Kleinigkeit selbst bemühn,
sondern sich vielmehr in den meisten Fällen damit begnügen wird, seine Unterteufel
zu schicken. Aber an der Sache selbst ändert das nichts. In Wahrheit ist er es
doch, den man im Dienste des hellen Lichtgottes bekämpft, und deshalb ist auch,
ohne daß damit den übrigen Herren zu nahe getreten werden soll, die Einzahl
"der Teufel" ganz am Platze.

Wenn einem Menschen der Teufel zuwider ist, und er Freude daran findet,
ihn zu bekämpfen, was beiläufig gesagt gar kein schlechter Gedanke ist, so kann er
sich dabei entweder auf die Verteidigung beschränken, oder er kann zum Angriff
vorgehn. Es ist freilich für unsereiner nie ein recht erfreulicher oder erfolgreicher
Kampf, da man Teufel nicht töten, sondern bekanntlich nur abwehren, austreiben,
zum besten haben und um einen schon halb eingeheimsten Gewinn bringen kann.
Auch in dem eignen Netze läßt sich ein Teufel nicht fangen. Es giebt Leute,
die sich den Teufel vom Halse zu halten wissen, aber nicht daran denken, ihn an¬
griffsweise zu bekämpfen. In diese Kategorie gehören beispielsweise Nonnen, wenn
sie die von ihnen abgelegten Gelübde halten, was man ja bis zum Beweise des
Gegenteils immer hoffen darf. Daß ihnen dabei mitunter eine Strohpuppe als
künstlicher Beelzebub aufgebunden wird, mindert ihr Verdienst nicht. Sie schlagen
die feindlichen Angriffe ab, indem sie sich auf die Verteidigung der eignen Festungs¬
werke beschränken, und ziehn, den weißen Rosenkranz der Siegerinnen auf dem
Haupte, durch die goldnen Thore ein. Daß sie reinen Herzens sind, hat die, man
möchte fast sagen mystische Wirkung, daß auch Unwissenheit und Beschränktheit, wo
sie sich bei ihnen vorfinden, ihrer Vollendung nichts anhaben können.

Dagegen giebt es gewaltige Streiter, die dem Teufel sehr ernstlich zu Leibe
gehn, aber das eigne Herz zu verteidige" versäumen. Ihrer Seele könnte es,
wenn man Goethe glauben wollte, leicht gehn, wie es der Fausts beinahe gegangen
wäre: aber so wie eine Mäusejagd denken wir uns die Sache doch nicht, schon
deswegen nicht, weil wir nicht an Bündnisse mit dem Teufel glauben, und im
Gegenteil überzeugt sind, daß der Natur der Sache nach jemand, der deu Teufel
haßt, nie sein Knecht werden kann.

Haß, Kampf, Versuchung, Knechtschaft und List sind selbstverständlich Ausdrücke,


Der Feind

wird uns „mit etwas andern Worten" in Aussicht gestellt: aber bis dahin giebt
es täglichen Kampf, und es ist gut, wenn wir uns den nicht so vorstellen, als wenn
er ohne unsre Beteiligung über unsern Häuptern in den Wolken geführt würde:
eine indifferente Anschauung in dieser Beziehung könnte dem „Feinde" für ein er¬
folgreiches Vorgehn seiner Schleichpatrouillen und Streifkvrps nur willkommen sein.

Es ist bald nur von einem Teufel, bald von Legionen von Teufeln die Rede,
und gewisse Arten davon — vermutlich die, die unsern Studenten, einjährig Frei¬
willigen und Handwerksgesellen entsprechen — scheinen obendrein sehr unternehmender
und burschikoser Natur zu sein, da doch zum Beispiel der übermütige Gedanke, in
eine Herde neutestamentlicher Säue zu fahren, sogar Pipifax dem Kleinen Ehre
gemacht haben würde. Da uns gesagt wird, es gebe viele hunderttausend Teufel,
so giebt es viele hunderttausend Teufel, das liegt auf der Hand, und die Geschichte,
wie der Mann allen Mietbewohnern im Rausch gekündigt und nach einiger Zeit
eine noch viel schlimmere Rasselbande in sein Herz aufgenommen hatte, beweist, das;
es schlimmere und weniger schlimme Teufel giebt. Aber da wiederholt von einem
Oberkommando in der Hand Beelzebubs, des Höchstkommandierenden, die Rede ist,
so hindert uns nichts, unsern Haß und unsre Feindschaft auf ihn zu konzentrieren,
und überall da, wo Teufel in Frage kommen, nur ihn zu scheu, wie ja zum Beispiel
auch die zur Einschließung von Paris verwandten deutschen Truppen es ihrer Idee
nach immer nur mit Trochu zu thun hatte«, obwohl dieser an den Gefechten in
der Regel keinen teil nahm, sondern währenddem ans dem Mont Valerien oder
in einem der Forts saß und seine Pfeife rauchte. Eine gewisse Anzahl verschieden
gefärbter Teufel kann ja jeder ohnehin in seinem Innern unterscheiden, und es ist
auch sonst natürlich, daß sich Beelzebub nicht wegen jeder Kleinigkeit selbst bemühn,
sondern sich vielmehr in den meisten Fällen damit begnügen wird, seine Unterteufel
zu schicken. Aber an der Sache selbst ändert das nichts. In Wahrheit ist er es
doch, den man im Dienste des hellen Lichtgottes bekämpft, und deshalb ist auch,
ohne daß damit den übrigen Herren zu nahe getreten werden soll, die Einzahl
„der Teufel" ganz am Platze.

Wenn einem Menschen der Teufel zuwider ist, und er Freude daran findet,
ihn zu bekämpfen, was beiläufig gesagt gar kein schlechter Gedanke ist, so kann er
sich dabei entweder auf die Verteidigung beschränken, oder er kann zum Angriff
vorgehn. Es ist freilich für unsereiner nie ein recht erfreulicher oder erfolgreicher
Kampf, da man Teufel nicht töten, sondern bekanntlich nur abwehren, austreiben,
zum besten haben und um einen schon halb eingeheimsten Gewinn bringen kann.
Auch in dem eignen Netze läßt sich ein Teufel nicht fangen. Es giebt Leute,
die sich den Teufel vom Halse zu halten wissen, aber nicht daran denken, ihn an¬
griffsweise zu bekämpfen. In diese Kategorie gehören beispielsweise Nonnen, wenn
sie die von ihnen abgelegten Gelübde halten, was man ja bis zum Beweise des
Gegenteils immer hoffen darf. Daß ihnen dabei mitunter eine Strohpuppe als
künstlicher Beelzebub aufgebunden wird, mindert ihr Verdienst nicht. Sie schlagen
die feindlichen Angriffe ab, indem sie sich auf die Verteidigung der eignen Festungs¬
werke beschränken, und ziehn, den weißen Rosenkranz der Siegerinnen auf dem
Haupte, durch die goldnen Thore ein. Daß sie reinen Herzens sind, hat die, man
möchte fast sagen mystische Wirkung, daß auch Unwissenheit und Beschränktheit, wo
sie sich bei ihnen vorfinden, ihrer Vollendung nichts anhaben können.

Dagegen giebt es gewaltige Streiter, die dem Teufel sehr ernstlich zu Leibe
gehn, aber das eigne Herz zu verteidige» versäumen. Ihrer Seele könnte es,
wenn man Goethe glauben wollte, leicht gehn, wie es der Fausts beinahe gegangen
wäre: aber so wie eine Mäusejagd denken wir uns die Sache doch nicht, schon
deswegen nicht, weil wir nicht an Bündnisse mit dem Teufel glauben, und im
Gegenteil überzeugt sind, daß der Natur der Sache nach jemand, der deu Teufel
haßt, nie sein Knecht werden kann.

Haß, Kampf, Versuchung, Knechtschaft und List sind selbstverständlich Ausdrücke,


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[0336] Der Feind wird uns „mit etwas andern Worten" in Aussicht gestellt: aber bis dahin giebt es täglichen Kampf, und es ist gut, wenn wir uns den nicht so vorstellen, als wenn er ohne unsre Beteiligung über unsern Häuptern in den Wolken geführt würde: eine indifferente Anschauung in dieser Beziehung könnte dem „Feinde" für ein er¬ folgreiches Vorgehn seiner Schleichpatrouillen und Streifkvrps nur willkommen sein. Es ist bald nur von einem Teufel, bald von Legionen von Teufeln die Rede, und gewisse Arten davon — vermutlich die, die unsern Studenten, einjährig Frei¬ willigen und Handwerksgesellen entsprechen — scheinen obendrein sehr unternehmender und burschikoser Natur zu sein, da doch zum Beispiel der übermütige Gedanke, in eine Herde neutestamentlicher Säue zu fahren, sogar Pipifax dem Kleinen Ehre gemacht haben würde. Da uns gesagt wird, es gebe viele hunderttausend Teufel, so giebt es viele hunderttausend Teufel, das liegt auf der Hand, und die Geschichte, wie der Mann allen Mietbewohnern im Rausch gekündigt und nach einiger Zeit eine noch viel schlimmere Rasselbande in sein Herz aufgenommen hatte, beweist, das; es schlimmere und weniger schlimme Teufel giebt. Aber da wiederholt von einem Oberkommando in der Hand Beelzebubs, des Höchstkommandierenden, die Rede ist, so hindert uns nichts, unsern Haß und unsre Feindschaft auf ihn zu konzentrieren, und überall da, wo Teufel in Frage kommen, nur ihn zu scheu, wie ja zum Beispiel auch die zur Einschließung von Paris verwandten deutschen Truppen es ihrer Idee nach immer nur mit Trochu zu thun hatte«, obwohl dieser an den Gefechten in der Regel keinen teil nahm, sondern währenddem ans dem Mont Valerien oder in einem der Forts saß und seine Pfeife rauchte. Eine gewisse Anzahl verschieden gefärbter Teufel kann ja jeder ohnehin in seinem Innern unterscheiden, und es ist auch sonst natürlich, daß sich Beelzebub nicht wegen jeder Kleinigkeit selbst bemühn, sondern sich vielmehr in den meisten Fällen damit begnügen wird, seine Unterteufel zu schicken. Aber an der Sache selbst ändert das nichts. In Wahrheit ist er es doch, den man im Dienste des hellen Lichtgottes bekämpft, und deshalb ist auch, ohne daß damit den übrigen Herren zu nahe getreten werden soll, die Einzahl „der Teufel" ganz am Platze. Wenn einem Menschen der Teufel zuwider ist, und er Freude daran findet, ihn zu bekämpfen, was beiläufig gesagt gar kein schlechter Gedanke ist, so kann er sich dabei entweder auf die Verteidigung beschränken, oder er kann zum Angriff vorgehn. Es ist freilich für unsereiner nie ein recht erfreulicher oder erfolgreicher Kampf, da man Teufel nicht töten, sondern bekanntlich nur abwehren, austreiben, zum besten haben und um einen schon halb eingeheimsten Gewinn bringen kann. Auch in dem eignen Netze läßt sich ein Teufel nicht fangen. Es giebt Leute, die sich den Teufel vom Halse zu halten wissen, aber nicht daran denken, ihn an¬ griffsweise zu bekämpfen. In diese Kategorie gehören beispielsweise Nonnen, wenn sie die von ihnen abgelegten Gelübde halten, was man ja bis zum Beweise des Gegenteils immer hoffen darf. Daß ihnen dabei mitunter eine Strohpuppe als künstlicher Beelzebub aufgebunden wird, mindert ihr Verdienst nicht. Sie schlagen die feindlichen Angriffe ab, indem sie sich auf die Verteidigung der eignen Festungs¬ werke beschränken, und ziehn, den weißen Rosenkranz der Siegerinnen auf dem Haupte, durch die goldnen Thore ein. Daß sie reinen Herzens sind, hat die, man möchte fast sagen mystische Wirkung, daß auch Unwissenheit und Beschränktheit, wo sie sich bei ihnen vorfinden, ihrer Vollendung nichts anhaben können. Dagegen giebt es gewaltige Streiter, die dem Teufel sehr ernstlich zu Leibe gehn, aber das eigne Herz zu verteidige» versäumen. Ihrer Seele könnte es, wenn man Goethe glauben wollte, leicht gehn, wie es der Fausts beinahe gegangen wäre: aber so wie eine Mäusejagd denken wir uns die Sache doch nicht, schon deswegen nicht, weil wir nicht an Bündnisse mit dem Teufel glauben, und im Gegenteil überzeugt sind, daß der Natur der Sache nach jemand, der deu Teufel haßt, nie sein Knecht werden kann. Haß, Kampf, Versuchung, Knechtschaft und List sind selbstverständlich Ausdrücke,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_237285/336>, abgerufen am 01.07.2024.