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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr.

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Doktor Duttmüller und sein Freund

Ja, so -- oberflächlich. Der Kerl will immer Geld hoben.

Der arme Mensch! Er ist wohl krank?

Na ja, so ungefähr; er hats Faulfieber.

Aber, Mutterchen, warum läßt sich denn Louis mit so einem ein?

Die große Volksversammlung, die am Tage des patriotischen Konzerts durch
Plakate angekündigt war, hatte nicht stcittgefnnden. Der Oberstleutnant hatte sein
Komitee versammelt und die Herren aufgefordert, mit alleu Kräften den Einbruch
der Demokrateubande zu verhindern, hatte aber wenig Entgegenkommen gefunden.
Der eine fürchtete, sich Ungelegenheiten zuzuziehn, und der andre hielt die Sache
für ungefährlich, und der Direktor konnte es als liberaler Mann nicht billigen, daß
Menschen, und wenn es auch Sozialdemokraten seien, in ihren gesetzlichen Rechten
beschränkt würden. Mit Polizeimaßregeln überwinde man die Sozialdemokratie über¬
haupt nicht, es müsse mit geistigen Waffen geschehn.

Damit gab sich jedoch der Herr Oberstleutnant nicht zufrieden. Er ließ sich
Happich kommen, um ihm vorzustellen, daß er als königstrcner Mann und Mit¬
glied des Patriotenbuuds seinen Saal zu Versammlungen, die den Umsturz des
Staats und die Beraubung der Wohlgesinnten planen, nicht hergeben dürfe. Es
war aber mit Happich nicht viel anzufangen, er sagte nicht ja und sagte nicht nein,
er versprach es und versprach es auch nicht, er war, wie immer, der echte Happich.
Der Oberstleutnant schrieb an den Herrn Landrat. Dieser wies ihn an den Herrn
Amtsvorsteher in Asseborn. Und der Herr Amtsvorsteher äußerte sich dahin, die
Versammlung könne nicht verboten werden, wenn sie ordnungsmäßig angemeldet
sei. Wenn die Anmeldung dagegen mangelhaft sei, so werde er die Versammlung
untersagen. Richtig enthielt die Anmeldung einen Formfehler, und die Volksver¬
sammlung wurde noch im letzten Augenblick, als es zu spät war, den Fehler zu
verbessern, verboten. Schon hatte Happich sein Bier angeschafft, schon kamen die
Genossen aus Brannfels an, da erschien auch die bewaffnete Macht in Gestalt
zweier Gendarmen. Diese nahm den Saal in Besitz, schnäuzte jedermann an, der
hinein wollte, und zerstreute Zusammenrottungen vou drei bis sechs Menschen auf
der Straße mit bekannter Schneidigkeit.

Dies hatte zur Folge, daß sich ein großer Zorn der Arbeiter bemächtigte, die
der Meinung waren, daß man sie vergewaltigt und ihnen die ihnen gesetzlich zu¬
erkannten Rechte verkürzt habe. Nun brannte man erst recht auf die Versammlung,
die die Arbeiterschaft über ihre Rechte aufklären sollte, und viele, die bis dahin
gleichgiltig gewesen waren, wurden zornig, lasen den "Volksherold" und ließen sich
von diesem gehörig einbeizen. Es wurden also schleunigst alle Kräfte in Bewegung
gesetzt, eine neue und glänzendere Versammlung vorzubereiten.

Dagegen war der Patriotenbund thätig gewesen. Man hatte einen Skatabend
eingerichtet, wobei die notleidende Landwirtschaft, das heißt die, die ihre Gelder
in Heinrichshaller Kuxen angelegt hatten, den Point zu zwei Pfennigen spielten,
und wobei eine Art Börse für Heinrichshaller Papiere abgehalten wurde. Der
Direktor Wenzel war natürlich die Seele der Sache. Auch ein großes Fest¬
essen in Brauufels wurde vorbereitet, und für den Winter waren Theaterabende,
natürlich mit Stücken patriotischen Inhalts, und sich daran anschließende Tanz-
unterhaltungen geplant. Freilich bei Happich, da ein andres Lokal nicht zu haben
war, aber was thut man nicht für eine gene Sache!

Nicht lange darauf verlor Herr von Nienhagen seinen Patriotenbund wieder
aus den Augen. Denn es war in seiner Familie ein langerwartetes frohes Er¬
eignis eingetreten. Doktor Louis Duttmüller war Vater geworden. Er hatte dabei
die höchste ärztliche Umsicht walten lasse", er hatte die neusten Nährpräparate mit
den allerschönsten Namen kommen lassen, er hatte die schwierigsten Fälle in seinen
Zeitschriften nachgelesen, er hatte alle erdenklichen Instrumente, die in den extremsten
Fällen angewandt werden, bereit gelegt, er hatte schon im voraus salicylscmres
Natron, diesesmal mit Himbecrfirup verordnet. Und die alte Duttmüllern, die


Doktor Duttmüller und sein Freund

Ja, so — oberflächlich. Der Kerl will immer Geld hoben.

Der arme Mensch! Er ist wohl krank?

Na ja, so ungefähr; er hats Faulfieber.

Aber, Mutterchen, warum läßt sich denn Louis mit so einem ein?

Die große Volksversammlung, die am Tage des patriotischen Konzerts durch
Plakate angekündigt war, hatte nicht stcittgefnnden. Der Oberstleutnant hatte sein
Komitee versammelt und die Herren aufgefordert, mit alleu Kräften den Einbruch
der Demokrateubande zu verhindern, hatte aber wenig Entgegenkommen gefunden.
Der eine fürchtete, sich Ungelegenheiten zuzuziehn, und der andre hielt die Sache
für ungefährlich, und der Direktor konnte es als liberaler Mann nicht billigen, daß
Menschen, und wenn es auch Sozialdemokraten seien, in ihren gesetzlichen Rechten
beschränkt würden. Mit Polizeimaßregeln überwinde man die Sozialdemokratie über¬
haupt nicht, es müsse mit geistigen Waffen geschehn.

Damit gab sich jedoch der Herr Oberstleutnant nicht zufrieden. Er ließ sich
Happich kommen, um ihm vorzustellen, daß er als königstrcner Mann und Mit¬
glied des Patriotenbuuds seinen Saal zu Versammlungen, die den Umsturz des
Staats und die Beraubung der Wohlgesinnten planen, nicht hergeben dürfe. Es
war aber mit Happich nicht viel anzufangen, er sagte nicht ja und sagte nicht nein,
er versprach es und versprach es auch nicht, er war, wie immer, der echte Happich.
Der Oberstleutnant schrieb an den Herrn Landrat. Dieser wies ihn an den Herrn
Amtsvorsteher in Asseborn. Und der Herr Amtsvorsteher äußerte sich dahin, die
Versammlung könne nicht verboten werden, wenn sie ordnungsmäßig angemeldet
sei. Wenn die Anmeldung dagegen mangelhaft sei, so werde er die Versammlung
untersagen. Richtig enthielt die Anmeldung einen Formfehler, und die Volksver¬
sammlung wurde noch im letzten Augenblick, als es zu spät war, den Fehler zu
verbessern, verboten. Schon hatte Happich sein Bier angeschafft, schon kamen die
Genossen aus Brannfels an, da erschien auch die bewaffnete Macht in Gestalt
zweier Gendarmen. Diese nahm den Saal in Besitz, schnäuzte jedermann an, der
hinein wollte, und zerstreute Zusammenrottungen vou drei bis sechs Menschen auf
der Straße mit bekannter Schneidigkeit.

Dies hatte zur Folge, daß sich ein großer Zorn der Arbeiter bemächtigte, die
der Meinung waren, daß man sie vergewaltigt und ihnen die ihnen gesetzlich zu¬
erkannten Rechte verkürzt habe. Nun brannte man erst recht auf die Versammlung,
die die Arbeiterschaft über ihre Rechte aufklären sollte, und viele, die bis dahin
gleichgiltig gewesen waren, wurden zornig, lasen den „Volksherold" und ließen sich
von diesem gehörig einbeizen. Es wurden also schleunigst alle Kräfte in Bewegung
gesetzt, eine neue und glänzendere Versammlung vorzubereiten.

Dagegen war der Patriotenbund thätig gewesen. Man hatte einen Skatabend
eingerichtet, wobei die notleidende Landwirtschaft, das heißt die, die ihre Gelder
in Heinrichshaller Kuxen angelegt hatten, den Point zu zwei Pfennigen spielten,
und wobei eine Art Börse für Heinrichshaller Papiere abgehalten wurde. Der
Direktor Wenzel war natürlich die Seele der Sache. Auch ein großes Fest¬
essen in Brauufels wurde vorbereitet, und für den Winter waren Theaterabende,
natürlich mit Stücken patriotischen Inhalts, und sich daran anschließende Tanz-
unterhaltungen geplant. Freilich bei Happich, da ein andres Lokal nicht zu haben
war, aber was thut man nicht für eine gene Sache!

Nicht lange darauf verlor Herr von Nienhagen seinen Patriotenbund wieder
aus den Augen. Denn es war in seiner Familie ein langerwartetes frohes Er¬
eignis eingetreten. Doktor Louis Duttmüller war Vater geworden. Er hatte dabei
die höchste ärztliche Umsicht walten lasse», er hatte die neusten Nährpräparate mit
den allerschönsten Namen kommen lassen, er hatte die schwierigsten Fälle in seinen
Zeitschriften nachgelesen, er hatte alle erdenklichen Instrumente, die in den extremsten
Fällen angewandt werden, bereit gelegt, er hatte schon im voraus salicylscmres
Natron, diesesmal mit Himbecrfirup verordnet. Und die alte Duttmüllern, die


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[0285] Doktor Duttmüller und sein Freund Ja, so — oberflächlich. Der Kerl will immer Geld hoben. Der arme Mensch! Er ist wohl krank? Na ja, so ungefähr; er hats Faulfieber. Aber, Mutterchen, warum läßt sich denn Louis mit so einem ein? Die große Volksversammlung, die am Tage des patriotischen Konzerts durch Plakate angekündigt war, hatte nicht stcittgefnnden. Der Oberstleutnant hatte sein Komitee versammelt und die Herren aufgefordert, mit alleu Kräften den Einbruch der Demokrateubande zu verhindern, hatte aber wenig Entgegenkommen gefunden. Der eine fürchtete, sich Ungelegenheiten zuzuziehn, und der andre hielt die Sache für ungefährlich, und der Direktor konnte es als liberaler Mann nicht billigen, daß Menschen, und wenn es auch Sozialdemokraten seien, in ihren gesetzlichen Rechten beschränkt würden. Mit Polizeimaßregeln überwinde man die Sozialdemokratie über¬ haupt nicht, es müsse mit geistigen Waffen geschehn. Damit gab sich jedoch der Herr Oberstleutnant nicht zufrieden. Er ließ sich Happich kommen, um ihm vorzustellen, daß er als königstrcner Mann und Mit¬ glied des Patriotenbuuds seinen Saal zu Versammlungen, die den Umsturz des Staats und die Beraubung der Wohlgesinnten planen, nicht hergeben dürfe. Es war aber mit Happich nicht viel anzufangen, er sagte nicht ja und sagte nicht nein, er versprach es und versprach es auch nicht, er war, wie immer, der echte Happich. Der Oberstleutnant schrieb an den Herrn Landrat. Dieser wies ihn an den Herrn Amtsvorsteher in Asseborn. Und der Herr Amtsvorsteher äußerte sich dahin, die Versammlung könne nicht verboten werden, wenn sie ordnungsmäßig angemeldet sei. Wenn die Anmeldung dagegen mangelhaft sei, so werde er die Versammlung untersagen. Richtig enthielt die Anmeldung einen Formfehler, und die Volksver¬ sammlung wurde noch im letzten Augenblick, als es zu spät war, den Fehler zu verbessern, verboten. Schon hatte Happich sein Bier angeschafft, schon kamen die Genossen aus Brannfels an, da erschien auch die bewaffnete Macht in Gestalt zweier Gendarmen. Diese nahm den Saal in Besitz, schnäuzte jedermann an, der hinein wollte, und zerstreute Zusammenrottungen vou drei bis sechs Menschen auf der Straße mit bekannter Schneidigkeit. Dies hatte zur Folge, daß sich ein großer Zorn der Arbeiter bemächtigte, die der Meinung waren, daß man sie vergewaltigt und ihnen die ihnen gesetzlich zu¬ erkannten Rechte verkürzt habe. Nun brannte man erst recht auf die Versammlung, die die Arbeiterschaft über ihre Rechte aufklären sollte, und viele, die bis dahin gleichgiltig gewesen waren, wurden zornig, lasen den „Volksherold" und ließen sich von diesem gehörig einbeizen. Es wurden also schleunigst alle Kräfte in Bewegung gesetzt, eine neue und glänzendere Versammlung vorzubereiten. Dagegen war der Patriotenbund thätig gewesen. Man hatte einen Skatabend eingerichtet, wobei die notleidende Landwirtschaft, das heißt die, die ihre Gelder in Heinrichshaller Kuxen angelegt hatten, den Point zu zwei Pfennigen spielten, und wobei eine Art Börse für Heinrichshaller Papiere abgehalten wurde. Der Direktor Wenzel war natürlich die Seele der Sache. Auch ein großes Fest¬ essen in Brauufels wurde vorbereitet, und für den Winter waren Theaterabende, natürlich mit Stücken patriotischen Inhalts, und sich daran anschließende Tanz- unterhaltungen geplant. Freilich bei Happich, da ein andres Lokal nicht zu haben war, aber was thut man nicht für eine gene Sache! Nicht lange darauf verlor Herr von Nienhagen seinen Patriotenbund wieder aus den Augen. Denn es war in seiner Familie ein langerwartetes frohes Er¬ eignis eingetreten. Doktor Louis Duttmüller war Vater geworden. Er hatte dabei die höchste ärztliche Umsicht walten lasse», er hatte die neusten Nährpräparate mit den allerschönsten Namen kommen lassen, er hatte die schwierigsten Fälle in seinen Zeitschriften nachgelesen, er hatte alle erdenklichen Instrumente, die in den extremsten Fällen angewandt werden, bereit gelegt, er hatte schon im voraus salicylscmres Natron, diesesmal mit Himbecrfirup verordnet. Und die alte Duttmüllern, die

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_237285/285>, abgerufen am 01.07.2024.