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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr.

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Überflüssiges Geld

die -- ebenso wie etwaige fremde Goldmünzen -- der Empfänger dann bei
nächster günstiger Konjunktur wieder nach einem andern Lande senden wird.
Nur in dem Fall, daß auch Goldmünzen des Empfangslandes unter einer
solchen Gvldsendung sein sollten, könnten diese Münzen ganz oder teilweise in
den Verkehr gelangen. Im ganzen genommen sind derartige Rimessen keines¬
wegs als eine Zuführung von Nmlanfsmitteln anzusehen. Das Gold soll
dabei nicht als kursierende Münze dem Verkehr dienen, sondern nur in seiner
Eigenschaft als Goldmetall, als Ware, Geldguthabcu an dem Handelsplatz,
wohin es gesandt wird, entsteh" lassen. Das Gold, das nicht in der Industrie
verarbeitet wird, ist aber eine Ware, die sich nicht wie jede andre verbrauchen
läßt; sie kaun nur dadurch verwertet werden, daß sie, als Geld oder als Geld-
material, immer wieder an einen andern weitergegeben wird.

Wer eine Zahlung in barem Gelde empfängt, hat erst dann einen Nutzen
davon, wenn er für das Geld etwas kauft oder etwas schon vorher Gekauftes
damit bezahlt, oder wenn er das Geld zinstragend anlegt. Zu diesem allem
ist aber bares Geld im Großverkehr gar nicht nötig, vielmehr sind Anweisungen
oder ist eine einfache Verrechnung viel zweckmäßiger zur Leistung solcher Zah¬
lungen und zu deren Weiterverwertung. Das ist natürlich um so mehr der
Fall bei so großen Summen, wie die Banken sie in Goldmetall von Land zu
Land senden. Der Grund für die Übersendung effektiven Goldes liegt auch
nicht etwa darin, daß die große" Zentralbauten der verschiednen Länder
einander nicht für hinreichend sicher hielten. Es würde jeder von ihnen völlig
genügen, wenn eine andre ihr die betreffende Geldsumme gutschriebe, sodaß sie
nach Belieben darüber verfügen könnte. Ein solches Verfahren gewährt min¬
destens ebenso große Sicherheit, als wenn z. B. das Gold auf dem See¬
transport wäre, wo im Fall eines Verlustes die Assckuradeurs einzutreten
hätten. Die massenhaften Goldaustausche finden nnr darin ihre Erklärung,
daß die Banken ihre Goldreserven, zu denen sie gesetzlich verpflichtet sind,
möglichst auszunutzen trachten, und daß sie durch geschicktes Manövrieren und
Spekulieren mit dem Golde -- soweit sie dieses nicht zur Notendeckung
brauchen -- Kursgewinne zu erzielen wissen. Wenn nach einem andern Lande
mit Goldwährung eine Zahlung zu leisten ist, muß der Empfänger das effektive
Gold zu dem allgemeinen Münzmaterialpreise in Zahlung einnehmen, auch
wenn seiue Fordrung, zu dem augenblicklichen Wechselkurs ungerechnet, eine
größere Summe ausländischen Geldes ergeben würde. Ein solcher Kursgewinn
ist aber nicht als Erwerb oder Ersparnis in wirtschaftlichem Sinne anzusehen;
vielmehr verursacht die Versendung des Goldes Kosten, und es find Zeit- und
Zinsverlust durch die Transportdaner damit verbunden, auch muß das Trans¬
portrisiko gelaufen werden. Wenn sich trotz dieser Unkosten durch die ersparte
Kursdifferenz ein Vorteil ergiebt, so steht einem solchen Gewinn des Zahlenden
immer derselbe Verlust des Zahlungsempfängers gegenüber. Da die Banken
der verschieden Länder bald Geld nach dem Ausland zu zahlen, bald von dort
zu empfangen haben, so trifft ein solcher Nutzen oder ein solcher Nachteil bald


Gmizboten > v 1901 "
Überflüssiges Geld

die — ebenso wie etwaige fremde Goldmünzen — der Empfänger dann bei
nächster günstiger Konjunktur wieder nach einem andern Lande senden wird.
Nur in dem Fall, daß auch Goldmünzen des Empfangslandes unter einer
solchen Gvldsendung sein sollten, könnten diese Münzen ganz oder teilweise in
den Verkehr gelangen. Im ganzen genommen sind derartige Rimessen keines¬
wegs als eine Zuführung von Nmlanfsmitteln anzusehen. Das Gold soll
dabei nicht als kursierende Münze dem Verkehr dienen, sondern nur in seiner
Eigenschaft als Goldmetall, als Ware, Geldguthabcu an dem Handelsplatz,
wohin es gesandt wird, entsteh» lassen. Das Gold, das nicht in der Industrie
verarbeitet wird, ist aber eine Ware, die sich nicht wie jede andre verbrauchen
läßt; sie kaun nur dadurch verwertet werden, daß sie, als Geld oder als Geld-
material, immer wieder an einen andern weitergegeben wird.

Wer eine Zahlung in barem Gelde empfängt, hat erst dann einen Nutzen
davon, wenn er für das Geld etwas kauft oder etwas schon vorher Gekauftes
damit bezahlt, oder wenn er das Geld zinstragend anlegt. Zu diesem allem
ist aber bares Geld im Großverkehr gar nicht nötig, vielmehr sind Anweisungen
oder ist eine einfache Verrechnung viel zweckmäßiger zur Leistung solcher Zah¬
lungen und zu deren Weiterverwertung. Das ist natürlich um so mehr der
Fall bei so großen Summen, wie die Banken sie in Goldmetall von Land zu
Land senden. Der Grund für die Übersendung effektiven Goldes liegt auch
nicht etwa darin, daß die große» Zentralbauten der verschiednen Länder
einander nicht für hinreichend sicher hielten. Es würde jeder von ihnen völlig
genügen, wenn eine andre ihr die betreffende Geldsumme gutschriebe, sodaß sie
nach Belieben darüber verfügen könnte. Ein solches Verfahren gewährt min¬
destens ebenso große Sicherheit, als wenn z. B. das Gold auf dem See¬
transport wäre, wo im Fall eines Verlustes die Assckuradeurs einzutreten
hätten. Die massenhaften Goldaustausche finden nnr darin ihre Erklärung,
daß die Banken ihre Goldreserven, zu denen sie gesetzlich verpflichtet sind,
möglichst auszunutzen trachten, und daß sie durch geschicktes Manövrieren und
Spekulieren mit dem Golde — soweit sie dieses nicht zur Notendeckung
brauchen — Kursgewinne zu erzielen wissen. Wenn nach einem andern Lande
mit Goldwährung eine Zahlung zu leisten ist, muß der Empfänger das effektive
Gold zu dem allgemeinen Münzmaterialpreise in Zahlung einnehmen, auch
wenn seiue Fordrung, zu dem augenblicklichen Wechselkurs ungerechnet, eine
größere Summe ausländischen Geldes ergeben würde. Ein solcher Kursgewinn
ist aber nicht als Erwerb oder Ersparnis in wirtschaftlichem Sinne anzusehen;
vielmehr verursacht die Versendung des Goldes Kosten, und es find Zeit- und
Zinsverlust durch die Transportdaner damit verbunden, auch muß das Trans¬
portrisiko gelaufen werden. Wenn sich trotz dieser Unkosten durch die ersparte
Kursdifferenz ein Vorteil ergiebt, so steht einem solchen Gewinn des Zahlenden
immer derselbe Verlust des Zahlungsempfängers gegenüber. Da die Banken
der verschieden Länder bald Geld nach dem Ausland zu zahlen, bald von dort
zu empfangen haben, so trifft ein solcher Nutzen oder ein solcher Nachteil bald


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[0073] Überflüssiges Geld die — ebenso wie etwaige fremde Goldmünzen — der Empfänger dann bei nächster günstiger Konjunktur wieder nach einem andern Lande senden wird. Nur in dem Fall, daß auch Goldmünzen des Empfangslandes unter einer solchen Gvldsendung sein sollten, könnten diese Münzen ganz oder teilweise in den Verkehr gelangen. Im ganzen genommen sind derartige Rimessen keines¬ wegs als eine Zuführung von Nmlanfsmitteln anzusehen. Das Gold soll dabei nicht als kursierende Münze dem Verkehr dienen, sondern nur in seiner Eigenschaft als Goldmetall, als Ware, Geldguthabcu an dem Handelsplatz, wohin es gesandt wird, entsteh» lassen. Das Gold, das nicht in der Industrie verarbeitet wird, ist aber eine Ware, die sich nicht wie jede andre verbrauchen läßt; sie kaun nur dadurch verwertet werden, daß sie, als Geld oder als Geld- material, immer wieder an einen andern weitergegeben wird. Wer eine Zahlung in barem Gelde empfängt, hat erst dann einen Nutzen davon, wenn er für das Geld etwas kauft oder etwas schon vorher Gekauftes damit bezahlt, oder wenn er das Geld zinstragend anlegt. Zu diesem allem ist aber bares Geld im Großverkehr gar nicht nötig, vielmehr sind Anweisungen oder ist eine einfache Verrechnung viel zweckmäßiger zur Leistung solcher Zah¬ lungen und zu deren Weiterverwertung. Das ist natürlich um so mehr der Fall bei so großen Summen, wie die Banken sie in Goldmetall von Land zu Land senden. Der Grund für die Übersendung effektiven Goldes liegt auch nicht etwa darin, daß die große» Zentralbauten der verschiednen Länder einander nicht für hinreichend sicher hielten. Es würde jeder von ihnen völlig genügen, wenn eine andre ihr die betreffende Geldsumme gutschriebe, sodaß sie nach Belieben darüber verfügen könnte. Ein solches Verfahren gewährt min¬ destens ebenso große Sicherheit, als wenn z. B. das Gold auf dem See¬ transport wäre, wo im Fall eines Verlustes die Assckuradeurs einzutreten hätten. Die massenhaften Goldaustausche finden nnr darin ihre Erklärung, daß die Banken ihre Goldreserven, zu denen sie gesetzlich verpflichtet sind, möglichst auszunutzen trachten, und daß sie durch geschicktes Manövrieren und Spekulieren mit dem Golde — soweit sie dieses nicht zur Notendeckung brauchen — Kursgewinne zu erzielen wissen. Wenn nach einem andern Lande mit Goldwährung eine Zahlung zu leisten ist, muß der Empfänger das effektive Gold zu dem allgemeinen Münzmaterialpreise in Zahlung einnehmen, auch wenn seiue Fordrung, zu dem augenblicklichen Wechselkurs ungerechnet, eine größere Summe ausländischen Geldes ergeben würde. Ein solcher Kursgewinn ist aber nicht als Erwerb oder Ersparnis in wirtschaftlichem Sinne anzusehen; vielmehr verursacht die Versendung des Goldes Kosten, und es find Zeit- und Zinsverlust durch die Transportdaner damit verbunden, auch muß das Trans¬ portrisiko gelaufen werden. Wenn sich trotz dieser Unkosten durch die ersparte Kursdifferenz ein Vorteil ergiebt, so steht einem solchen Gewinn des Zahlenden immer derselbe Verlust des Zahlungsempfängers gegenüber. Da die Banken der verschieden Länder bald Geld nach dem Ausland zu zahlen, bald von dort zu empfangen haben, so trifft ein solcher Nutzen oder ein solcher Nachteil bald Gmizboten > v 1901 "

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_235821/73>, abgerufen am 27.07.2024.