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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr.

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Überflüssiges Geld

vorzugsweise in größern Appoints zur Ausgabe nud haben den Zweck, größere
Geldsummen bequem bei sich fuhren oder versenden zu können. Die Bank¬
noten kommen somit in weit weniger Hände als die umlaufenden Geldmünzen.
Die verhältnismäßig geringe Anzahl der Inhaber von Banknoten würde, wenn
sie dagegen die in den Banken reservierten Hunderte von Millionen in Gold
ausbezahlt erhielte (der dabei eingeschlossenen großen Menge ungemünzten
Barrengolds gar nicht zu gedenken), nichts andres damit machen können, als
das Metallgeld wieder nach dieser oder jener Bank zu bringen, um Wert¬
papiere dafür einzutauschen, oder um über das dadurch erlangte Guthaben
anderweitig verfügen zu können. sellde man es aber dennoch als wünschens¬
wert erachten, daß die Banken für die von ihnen emittierten Noten ein spezielles
Unterpfand zu hinterlegen Hütten, so wäre es doch viel zweckmüßiger, anstatt
baren Geldes die Hinterlegung von Staatspapieren in angemessenen Betrage
vorzuschreiben, wie dies zum Teil in den Vereinigten Staaten geschieht. Das
Gold hat vor den Banknoten und vor sonstigem Papiergeld nichts voraus als
den Gebrauchswert, den es als Metall hat. Obgleich dieser Metnllwert weit
geringer ist als der Nennwert der Goldmünzen, bürgt der Staat, der die
Münzen geprägt hat, für den Wert, auf den sie lauten. Bezüglich der noch
unausgemüuzten Barren fehlt es hingegen an irgend einer derartigen Garantie.
Sollte plötzlich die Prägung von Goldmünzen eingeschränkt werden, sodaß die
Goldbarren nicht mehr zum bisherigen Preise verwertet werden könnten, so
könnten die Besitzer der Barren gegen niemand Regreß nehmen. Darum sind
auch die Staatspapiere, für die zu ihrem vollen Betrage das Nationalvermögen
haftet, eine bessere Deckung als die Goldreserven.

Wenn die Banken mindestens eine ebenso große Summe ihrer Noten aus¬
gegeben haben, wie ihr Barschntz beträgt, so erleiden sie durch diesen Metall¬
vorrat keinen Zinsverlust, und ihr Zinsgewinn beginnt, sobald der Notenumlauf
größer als der Barbestand ist. Erst wenn die steuerfreie Grenze der Noten¬
ausgabe von einer von ihnen überschritten sein sollte, hat diese für den mehr
emittierten Notenbetrag eine Zinsabgabe tNvtensteuer) an den Staat zu ent¬
richten. Dagegen erwächst deu Benken noch ein weiterer Nutzen, wenn sie bei
geeigneter Gelegenheit ihren Goldvorrat zu Zahlungen nach dem Ausland zu
verwenden und dadurch Kursgewinne zu erübrigen vermögen. Eine Notwendig¬
keit, die Goldreserven in dieser Weise zu benutzen, liegt jedoch durchaus nicht
vor. Wenn eine Bank ihr Gold hergicbt und es ins Ausland sendet, erhält
sie die Kaufkraft, die dieses Gold repräsentiert, von ihren Auftraggebern in
der Form von Geldsurrogaten oder von Geldguthaben. Besäße jemand, der
eine größere Summe nach dem Ausland zu zahlen hat, keine Güterwerte oder
Anrechte auf solche Werte in gleicher Höhe, so würde ihm die Bank auch nicht
ihr Gold zur Verfügung stellen. Dieses Goldes bedarf es aber überhaupt
nicht, wenn man andre Wertobjekte hat, die man ebensowohl zur Bezahlung
von Schulden wie zur Erlangung von Guthaben im Ausland benutzen könnte.
Das Gold, das ins Ausland gesandt wird, besteht vorzugsweise in Goldbarren,


Überflüssiges Geld

vorzugsweise in größern Appoints zur Ausgabe nud haben den Zweck, größere
Geldsummen bequem bei sich fuhren oder versenden zu können. Die Bank¬
noten kommen somit in weit weniger Hände als die umlaufenden Geldmünzen.
Die verhältnismäßig geringe Anzahl der Inhaber von Banknoten würde, wenn
sie dagegen die in den Banken reservierten Hunderte von Millionen in Gold
ausbezahlt erhielte (der dabei eingeschlossenen großen Menge ungemünzten
Barrengolds gar nicht zu gedenken), nichts andres damit machen können, als
das Metallgeld wieder nach dieser oder jener Bank zu bringen, um Wert¬
papiere dafür einzutauschen, oder um über das dadurch erlangte Guthaben
anderweitig verfügen zu können. sellde man es aber dennoch als wünschens¬
wert erachten, daß die Banken für die von ihnen emittierten Noten ein spezielles
Unterpfand zu hinterlegen Hütten, so wäre es doch viel zweckmüßiger, anstatt
baren Geldes die Hinterlegung von Staatspapieren in angemessenen Betrage
vorzuschreiben, wie dies zum Teil in den Vereinigten Staaten geschieht. Das
Gold hat vor den Banknoten und vor sonstigem Papiergeld nichts voraus als
den Gebrauchswert, den es als Metall hat. Obgleich dieser Metnllwert weit
geringer ist als der Nennwert der Goldmünzen, bürgt der Staat, der die
Münzen geprägt hat, für den Wert, auf den sie lauten. Bezüglich der noch
unausgemüuzten Barren fehlt es hingegen an irgend einer derartigen Garantie.
Sollte plötzlich die Prägung von Goldmünzen eingeschränkt werden, sodaß die
Goldbarren nicht mehr zum bisherigen Preise verwertet werden könnten, so
könnten die Besitzer der Barren gegen niemand Regreß nehmen. Darum sind
auch die Staatspapiere, für die zu ihrem vollen Betrage das Nationalvermögen
haftet, eine bessere Deckung als die Goldreserven.

Wenn die Banken mindestens eine ebenso große Summe ihrer Noten aus¬
gegeben haben, wie ihr Barschntz beträgt, so erleiden sie durch diesen Metall¬
vorrat keinen Zinsverlust, und ihr Zinsgewinn beginnt, sobald der Notenumlauf
größer als der Barbestand ist. Erst wenn die steuerfreie Grenze der Noten¬
ausgabe von einer von ihnen überschritten sein sollte, hat diese für den mehr
emittierten Notenbetrag eine Zinsabgabe tNvtensteuer) an den Staat zu ent¬
richten. Dagegen erwächst deu Benken noch ein weiterer Nutzen, wenn sie bei
geeigneter Gelegenheit ihren Goldvorrat zu Zahlungen nach dem Ausland zu
verwenden und dadurch Kursgewinne zu erübrigen vermögen. Eine Notwendig¬
keit, die Goldreserven in dieser Weise zu benutzen, liegt jedoch durchaus nicht
vor. Wenn eine Bank ihr Gold hergicbt und es ins Ausland sendet, erhält
sie die Kaufkraft, die dieses Gold repräsentiert, von ihren Auftraggebern in
der Form von Geldsurrogaten oder von Geldguthaben. Besäße jemand, der
eine größere Summe nach dem Ausland zu zahlen hat, keine Güterwerte oder
Anrechte auf solche Werte in gleicher Höhe, so würde ihm die Bank auch nicht
ihr Gold zur Verfügung stellen. Dieses Goldes bedarf es aber überhaupt
nicht, wenn man andre Wertobjekte hat, die man ebensowohl zur Bezahlung
von Schulden wie zur Erlangung von Guthaben im Ausland benutzen könnte.
Das Gold, das ins Ausland gesandt wird, besteht vorzugsweise in Goldbarren,


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[0072] Überflüssiges Geld vorzugsweise in größern Appoints zur Ausgabe nud haben den Zweck, größere Geldsummen bequem bei sich fuhren oder versenden zu können. Die Bank¬ noten kommen somit in weit weniger Hände als die umlaufenden Geldmünzen. Die verhältnismäßig geringe Anzahl der Inhaber von Banknoten würde, wenn sie dagegen die in den Banken reservierten Hunderte von Millionen in Gold ausbezahlt erhielte (der dabei eingeschlossenen großen Menge ungemünzten Barrengolds gar nicht zu gedenken), nichts andres damit machen können, als das Metallgeld wieder nach dieser oder jener Bank zu bringen, um Wert¬ papiere dafür einzutauschen, oder um über das dadurch erlangte Guthaben anderweitig verfügen zu können. sellde man es aber dennoch als wünschens¬ wert erachten, daß die Banken für die von ihnen emittierten Noten ein spezielles Unterpfand zu hinterlegen Hütten, so wäre es doch viel zweckmüßiger, anstatt baren Geldes die Hinterlegung von Staatspapieren in angemessenen Betrage vorzuschreiben, wie dies zum Teil in den Vereinigten Staaten geschieht. Das Gold hat vor den Banknoten und vor sonstigem Papiergeld nichts voraus als den Gebrauchswert, den es als Metall hat. Obgleich dieser Metnllwert weit geringer ist als der Nennwert der Goldmünzen, bürgt der Staat, der die Münzen geprägt hat, für den Wert, auf den sie lauten. Bezüglich der noch unausgemüuzten Barren fehlt es hingegen an irgend einer derartigen Garantie. Sollte plötzlich die Prägung von Goldmünzen eingeschränkt werden, sodaß die Goldbarren nicht mehr zum bisherigen Preise verwertet werden könnten, so könnten die Besitzer der Barren gegen niemand Regreß nehmen. Darum sind auch die Staatspapiere, für die zu ihrem vollen Betrage das Nationalvermögen haftet, eine bessere Deckung als die Goldreserven. Wenn die Banken mindestens eine ebenso große Summe ihrer Noten aus¬ gegeben haben, wie ihr Barschntz beträgt, so erleiden sie durch diesen Metall¬ vorrat keinen Zinsverlust, und ihr Zinsgewinn beginnt, sobald der Notenumlauf größer als der Barbestand ist. Erst wenn die steuerfreie Grenze der Noten¬ ausgabe von einer von ihnen überschritten sein sollte, hat diese für den mehr emittierten Notenbetrag eine Zinsabgabe tNvtensteuer) an den Staat zu ent¬ richten. Dagegen erwächst deu Benken noch ein weiterer Nutzen, wenn sie bei geeigneter Gelegenheit ihren Goldvorrat zu Zahlungen nach dem Ausland zu verwenden und dadurch Kursgewinne zu erübrigen vermögen. Eine Notwendig¬ keit, die Goldreserven in dieser Weise zu benutzen, liegt jedoch durchaus nicht vor. Wenn eine Bank ihr Gold hergicbt und es ins Ausland sendet, erhält sie die Kaufkraft, die dieses Gold repräsentiert, von ihren Auftraggebern in der Form von Geldsurrogaten oder von Geldguthaben. Besäße jemand, der eine größere Summe nach dem Ausland zu zahlen hat, keine Güterwerte oder Anrechte auf solche Werte in gleicher Höhe, so würde ihm die Bank auch nicht ihr Gold zur Verfügung stellen. Dieses Goldes bedarf es aber überhaupt nicht, wenn man andre Wertobjekte hat, die man ebensowohl zur Bezahlung von Schulden wie zur Erlangung von Guthaben im Ausland benutzen könnte. Das Gold, das ins Ausland gesandt wird, besteht vorzugsweise in Goldbarren,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_235821/72>, abgerufen am 28.07.2024.