Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr.noch vorhanden koar. Als mich diese im Verlauf der Jahre wieder abhanden Hier also war es, daß der unglückliche Fürst keuchend und schweißtriefend Es dunkelte scholl die Sonne geht am 24, April sieben Uhr zwölf Charakteristischer noch ist das Benehmen des Kaisers gegen den Kurfürsten: das Kaiserliche Hauptquartier. Der Kaiser und sein Bruder wohnten aber in der Pfarre wchirmenitz), Bei dem damaligen Richter Stephan Erdmann zu Außig wurde der gefangne Kurfürst Johann Friedrich verbunden und verwahrt, bis der Kaiser am 27, April 1547 zur Belagerung von Wittenberg aufbrach," Bgl. Voigt, Moritz, Seile 883, Grenzboten lV 1901 N
noch vorhanden koar. Als mich diese im Verlauf der Jahre wieder abhanden Hier also war es, daß der unglückliche Fürst keuchend und schweißtriefend Es dunkelte scholl die Sonne geht am 24, April sieben Uhr zwölf Charakteristischer noch ist das Benehmen des Kaisers gegen den Kurfürsten: das Kaiserliche Hauptquartier. Der Kaiser und sein Bruder wohnten aber in der Pfarre wchirmenitz), Bei dem damaligen Richter Stephan Erdmann zu Außig wurde der gefangne Kurfürst Johann Friedrich verbunden und verwahrt, bis der Kaiser am 27, April 1547 zur Belagerung von Wittenberg aufbrach," Bgl. Voigt, Moritz, Seile 883, Grenzboten lV 1901 N
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0657" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/236479"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_2463" prev="#ID_2462"> noch vorhanden koar. Als mich diese im Verlauf der Jahre wieder abhanden<lb/> kam, setzte der Kriegervereiu zu Schmerkendvrf im Jahre 1898 eine Sandstein¬<lb/> saule an ihre Stelle, Trotzdem ist der denkwürdige Punkt in Ermanglung<lb/> irgend eines Wegzeigers schwer zu finden. Einmal, von Falkenberg'aus,<lb/> mißlang mein Versuch vollständig, diesesmal, von Schmerkendorf aus, kam ich<lb/> erst nach längern Irrfahrten, ans Ziel, Der Weg geht über verschiedne Bahn¬<lb/> gleise und über die von Übigan uach Fnlkcnberg führende Straße hinweg<lb/> durch Wiesenflächen, die mit einzelnen malerischen Baumgruppen geschmückt<lb/> sind, nordwärts zudem einsamen, dem Rittergute Falkenberg gehörigen Vorwerke<lb/> Kiebitz, dessen Dach den Wandrer schon lange ans grünen Wipfeln grüßt,<lb/> Bon hier an umfängt einen trotz der Nähe des geräuschvolle« Verkehrsknoten-<lb/> Punkts, des Bahnhofs Falkenberg, ein weltvergessenes Idyll, Durch dunkle<lb/> Fichtengäuge gelaugt man nu den Neugraben, dessen sammetbraunes, klares<lb/> Wasser von einzelnen Sonnenstrahlen dnrchgoldet leise durch die Waldeinsam¬<lb/> keit dahinzieht; dann gehts über einen schmalen hölzernen Steg einen Flntgraben<lb/> entlang, auf dem sich Hunderte von blauen Libellen über weißen und gelben<lb/> Wasserrosen schaukeln. Endlich tritt man, etwa 2 Kilometer nördlich vom<lb/> Kiebitz, dicht bei einer kleinen Brücke des Flutgrabens auf eine Lichtung, die<lb/> durch eine vom Blitz getroffue alte Eiche kenntlich ist; dicht dabei, inmitten<lb/> einer hochstämmigen Kieferngruppe liegt das erwähnte Denkmal.</p><lb/> <p xml:id="ID_2464"> Hier also war es, daß der unglückliche Fürst keuchend und schweißtriefend<lb/> auf müden Gaul zuerst von einem Husaren errieten und durch eiuen Hieb<lb/> über die Wange verwundet wurde. Auch spanische und italische Reiter kamen<lb/> herbei, mit ihnen auch Thilo voll Trothn uns Krosigk, der in Moritzens Ge¬<lb/> folge ritt. Diesem als einem deutschen Edelmann ergab sich der 'Kurfürst,<lb/> Aber als er deu Gefangnen zu seinem Herrn bringen' wollte, wurde er von<lb/> den Romanen weggestoßen, und während diese dem Kurfürsten die besten Beute¬<lb/> stücke: den silbernen Dolch, die beschlagne Schwertscheide u, a. Herunterissen,<lb/> führte ihn Graf Jppolito da Porto ans Vieenza zu Herzog Alba und dieser<lb/> vor den Kaiser,</p><lb/> <p xml:id="ID_2465"> Es dunkelte scholl die Sonne geht am 24, April sieben Uhr zwölf<lb/> Minuten unter , als die kleine Neiterschar den Weg zu der breiter» Brücke<lb/> hinunterritt, die nach Falkenberg zu über den Neugraben leitet, und von da<lb/> weiter zu der Stelle, von wo Alba und der Kaiser die Verfolgung der Feinde<lb/> leiteten. Wir lassen den armen Achter tciluahmvoll seine Leideusstraße ziehn<lb/> und verweilen »koch eine» Augenblick auf der denkwürdigen Stelle, wo ihn<lb/> diese furchtbare Katastrophe ereilt hatte. Sie ist in der fast lautlosen Stille<lb/> des Spätnachmittags und bei dem melancholischen Licht der sinkenden Sonne<lb/> zum Nachdenken wohl geeignet. Es ist kein Zweifel, mit dem Augenblick der<lb/> Gefangennahme Johann Friedrichs begann eine spanische Fremdherrschaft im<lb/> Reiche. Charakteristisch dafür ist schon der häßliche Streit um die Person<lb/> des Kurfürsten bei der Gefangennahme- nicht den deutschen Verbündeten des<lb/> Kaisers, sondern den Spaniern gehören die Früchte des Sieges.</p><lb/> <p xml:id="ID_2466" next="#ID_2467"> Charakteristischer noch ist das Benehmen des Kaisers gegen den Kurfürsten:<lb/> er zeigt keine Spur der ritterlichen Teilnahme an dem Schicksal des Uber-<lb/> wundneu, das Wilhelm I. bei der Begegnung mit Napoleon III. nach der<lb/> Schlacht von Sedan so groß erscheinen läßt,' sondern italische Leidenschaft,<lb/> vurgundische Tücke und kastilische Menschenverachtung. Sein Gefolge muß ihn,</p><lb/> <note xml:id="FID_60" prev="#FID_59" place="foot"> das Kaiserliche Hauptquartier. Der Kaiser und sein Bruder wohnten aber in der Pfarre<lb/> wchirmenitz), Bei dem damaligen Richter Stephan Erdmann zu Außig wurde der gefangne<lb/> Kurfürst Johann Friedrich verbunden und verwahrt, bis der Kaiser am 27, April 1547 zur<lb/> Belagerung von Wittenberg aufbrach," Bgl. Voigt, Moritz, Seile 883,</note><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten lV 1901 N</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0657]
noch vorhanden koar. Als mich diese im Verlauf der Jahre wieder abhanden
kam, setzte der Kriegervereiu zu Schmerkendvrf im Jahre 1898 eine Sandstein¬
saule an ihre Stelle, Trotzdem ist der denkwürdige Punkt in Ermanglung
irgend eines Wegzeigers schwer zu finden. Einmal, von Falkenberg'aus,
mißlang mein Versuch vollständig, diesesmal, von Schmerkendorf aus, kam ich
erst nach längern Irrfahrten, ans Ziel, Der Weg geht über verschiedne Bahn¬
gleise und über die von Übigan uach Fnlkcnberg führende Straße hinweg
durch Wiesenflächen, die mit einzelnen malerischen Baumgruppen geschmückt
sind, nordwärts zudem einsamen, dem Rittergute Falkenberg gehörigen Vorwerke
Kiebitz, dessen Dach den Wandrer schon lange ans grünen Wipfeln grüßt,
Bon hier an umfängt einen trotz der Nähe des geräuschvolle« Verkehrsknoten-
Punkts, des Bahnhofs Falkenberg, ein weltvergessenes Idyll, Durch dunkle
Fichtengäuge gelaugt man nu den Neugraben, dessen sammetbraunes, klares
Wasser von einzelnen Sonnenstrahlen dnrchgoldet leise durch die Waldeinsam¬
keit dahinzieht; dann gehts über einen schmalen hölzernen Steg einen Flntgraben
entlang, auf dem sich Hunderte von blauen Libellen über weißen und gelben
Wasserrosen schaukeln. Endlich tritt man, etwa 2 Kilometer nördlich vom
Kiebitz, dicht bei einer kleinen Brücke des Flutgrabens auf eine Lichtung, die
durch eine vom Blitz getroffue alte Eiche kenntlich ist; dicht dabei, inmitten
einer hochstämmigen Kieferngruppe liegt das erwähnte Denkmal.
Hier also war es, daß der unglückliche Fürst keuchend und schweißtriefend
auf müden Gaul zuerst von einem Husaren errieten und durch eiuen Hieb
über die Wange verwundet wurde. Auch spanische und italische Reiter kamen
herbei, mit ihnen auch Thilo voll Trothn uns Krosigk, der in Moritzens Ge¬
folge ritt. Diesem als einem deutschen Edelmann ergab sich der 'Kurfürst,
Aber als er deu Gefangnen zu seinem Herrn bringen' wollte, wurde er von
den Romanen weggestoßen, und während diese dem Kurfürsten die besten Beute¬
stücke: den silbernen Dolch, die beschlagne Schwertscheide u, a. Herunterissen,
führte ihn Graf Jppolito da Porto ans Vieenza zu Herzog Alba und dieser
vor den Kaiser,
Es dunkelte scholl die Sonne geht am 24, April sieben Uhr zwölf
Minuten unter , als die kleine Neiterschar den Weg zu der breiter» Brücke
hinunterritt, die nach Falkenberg zu über den Neugraben leitet, und von da
weiter zu der Stelle, von wo Alba und der Kaiser die Verfolgung der Feinde
leiteten. Wir lassen den armen Achter tciluahmvoll seine Leideusstraße ziehn
und verweilen »koch eine» Augenblick auf der denkwürdigen Stelle, wo ihn
diese furchtbare Katastrophe ereilt hatte. Sie ist in der fast lautlosen Stille
des Spätnachmittags und bei dem melancholischen Licht der sinkenden Sonne
zum Nachdenken wohl geeignet. Es ist kein Zweifel, mit dem Augenblick der
Gefangennahme Johann Friedrichs begann eine spanische Fremdherrschaft im
Reiche. Charakteristisch dafür ist schon der häßliche Streit um die Person
des Kurfürsten bei der Gefangennahme- nicht den deutschen Verbündeten des
Kaisers, sondern den Spaniern gehören die Früchte des Sieges.
Charakteristischer noch ist das Benehmen des Kaisers gegen den Kurfürsten:
er zeigt keine Spur der ritterlichen Teilnahme an dem Schicksal des Uber-
wundneu, das Wilhelm I. bei der Begegnung mit Napoleon III. nach der
Schlacht von Sedan so groß erscheinen läßt,' sondern italische Leidenschaft,
vurgundische Tücke und kastilische Menschenverachtung. Sein Gefolge muß ihn,
das Kaiserliche Hauptquartier. Der Kaiser und sein Bruder wohnten aber in der Pfarre
wchirmenitz), Bei dem damaligen Richter Stephan Erdmann zu Außig wurde der gefangne
Kurfürst Johann Friedrich verbunden und verwahrt, bis der Kaiser am 27, April 1547 zur
Belagerung von Wittenberg aufbrach," Bgl. Voigt, Moritz, Seile 883,
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