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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr.

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Absalonis Brunnen

in die Thätigkeit ihres Mannes eingreift. Die Äußerlichkeiten dieses Lebens, Kunst
und Natur von Kopenhagen als Hintergrund der Handlung, alle diese Architekturen,
Straßen und Plötze, von denen in dem Roman die Rede ist, fuhrt uns der oben
erwähnte Führer in Bildern und Beschreibungen vor Augen, sodaß die beiden
Bücher sich auf das vollkommenste ergänze". Banditzens Schilderung steht, wenn
sie Naturstimiuungen ausdrückt, z. B. den Wechsel der Jahreszeiten und die ver-
schiednen Stunden des Tags, auf derselben Höhe, wie wenn sie uns die knapp und
laugsam redenden nordischen Menschen vorführt. Aus alltäglich einfachen Situationen
entspinnt sich die Handlung, die gemächlich fortschreitet, ohne Spannungen und
Überraschungen, nichts ist phantastisch erdichtet, alles natürlich und glaubhaft und
gesund, unsre Teilnahme wird geweckt, unser Gemüt warm, und zu den reichlichen
Thorheiten schüttelt der Humor seine goldnen Flügel.

Wir wollen die Geschichte nicht nacherzählen. Ihr psychologisches Interesse
beruht darauf, daß die hier zusammengeführten, sehr verschieden gearteten Menschen
mit vieler Überlegung und zum Teil ohne Verständnis für einander ihren Eigen¬
tümlichkeiten nachgehn, daß die einen bleiben, wie sie sind -- das sind die komischen
Nebenfiguren --, die andern aber, die ernsthaften Hauptpersonen, aus einer nicht
völlig befriedigten Lage heraus zu einem ihrer Begabung entsprechenden Abschluß
kommen. Unsre Teilnahme wendet sich bald ganz der praktisch klugen, beinahe
nüchternen Nagna zu, die den hochstrebenden, aber gänzlich unproduktiven Maler
Dnborg heiratet, zum Verdruß ihres Vaters, eines reichen und kindisch eiteln
Heringskaufinanns, dem Bilder mir dazu da sind, Flecke ans den Tapeten zu ver¬
decken. Da ihr Mnun uicht viel verdient und ihr Vater nicht viel giebt, so lernt sie
jetzt entbehren, was sie bis dahin nicht gekannt hat. An Kenntnissen und Kunstschliff
ist sie gegen ihren Mann gehalten ein Kind, macht aber doch schon bald ganz ver¬
ständige Beobachtungen, z. B. über die Holbeinsche Madonna in Dresden ans der
Hochzeitsreise (wo freilich unser Freund Banditz Gelegenheit gehabt hätte, zu bemerken,
daß diese "eigentlich" nicht von Holbein ist), lernt serner Mandoline klimpern, was
ihrem Mann keine Freude bereitet, weil er "ja" nicht spielt, versucht sich auch
im Musterzeichnen und hat damit sogar kleine Erfolge, die ihn vollends verdrießen.
Er wird eifersüchtig auf seine starke kleine Iran, deren Kräfte gewachsen sind, ohne
daß ers gemerkt hat, und die nnn bisweilen ihren Kopf aufsetzt. Die Freunde des
Hanfes schicken sich zur Erörterung der Frage an, ob die beiden wohl "glücklich"
sind. Das Glück hängt wirklich nur noch um wenigen Fäden, die bald zerreißen
können, und der Kandidat Berner, der die historische Erziehung als seine Lebens¬
aufgabe ansieht, würde die ruhige, tief angelegte Frau, mit der er sich so gut ver¬
steht, ganz gern mit in sein Lebensschiff nehmen, wenn es wirklich zum Bruch
zwischen ihr und Dnborg kommen sollte. Dann tritt eine Katastrophe ein: Trennung,
und baldiges Wiederfinden und Aussprechen.

Duborg sieht nun ein, daß sie die Überlegne ist, und ärgert sich nicht mehr
darüber, daß sie inzwischen für eine gestickte Decke die silberne Medaille bekommen
hat. Eigentlich war es ja zwischen ihnen der Kampf der "kleinen" mit der
"großen" Kunst, und nun hatte jene gesiegt. Sein Freund, der Maler Holst,
hatte ihm lange gesagt: "Wenn ich die Frau hätte, ich überließe der alles Ge¬
schäftliche, gäbe das unnütze Bildermnlen ans und singe wieder mit dem Dekora¬
tiven an." "So, mit dem Porzellan?" hatte er dann zurückgefragt und gemeint,
entmündigen lassen wolle er sich doch noch nicht. Nun, wo er seine Frau wieder
hat, ist er sich klar darüber geworden, daß Holst recht hatte, als er davon sprach,
daß unsre Zeit nicht die der großen, sondern die der kleinen Kunst sei. "Ich
interessiere mich nun freilich mehr für die Galerien, das thue ich, aber die Wohn¬
stuben haben doch auch ihre Berechtigung. Da entschloß ich mich denn, mich wieder
auf das Porzellan zu legen, das ist doch auch etwas ziemlich Vornehmes, und


Absalonis Brunnen

in die Thätigkeit ihres Mannes eingreift. Die Äußerlichkeiten dieses Lebens, Kunst
und Natur von Kopenhagen als Hintergrund der Handlung, alle diese Architekturen,
Straßen und Plötze, von denen in dem Roman die Rede ist, fuhrt uns der oben
erwähnte Führer in Bildern und Beschreibungen vor Augen, sodaß die beiden
Bücher sich auf das vollkommenste ergänze». Banditzens Schilderung steht, wenn
sie Naturstimiuungen ausdrückt, z. B. den Wechsel der Jahreszeiten und die ver-
schiednen Stunden des Tags, auf derselben Höhe, wie wenn sie uns die knapp und
laugsam redenden nordischen Menschen vorführt. Aus alltäglich einfachen Situationen
entspinnt sich die Handlung, die gemächlich fortschreitet, ohne Spannungen und
Überraschungen, nichts ist phantastisch erdichtet, alles natürlich und glaubhaft und
gesund, unsre Teilnahme wird geweckt, unser Gemüt warm, und zu den reichlichen
Thorheiten schüttelt der Humor seine goldnen Flügel.

Wir wollen die Geschichte nicht nacherzählen. Ihr psychologisches Interesse
beruht darauf, daß die hier zusammengeführten, sehr verschieden gearteten Menschen
mit vieler Überlegung und zum Teil ohne Verständnis für einander ihren Eigen¬
tümlichkeiten nachgehn, daß die einen bleiben, wie sie sind — das sind die komischen
Nebenfiguren —, die andern aber, die ernsthaften Hauptpersonen, aus einer nicht
völlig befriedigten Lage heraus zu einem ihrer Begabung entsprechenden Abschluß
kommen. Unsre Teilnahme wendet sich bald ganz der praktisch klugen, beinahe
nüchternen Nagna zu, die den hochstrebenden, aber gänzlich unproduktiven Maler
Dnborg heiratet, zum Verdruß ihres Vaters, eines reichen und kindisch eiteln
Heringskaufinanns, dem Bilder mir dazu da sind, Flecke ans den Tapeten zu ver¬
decken. Da ihr Mnun uicht viel verdient und ihr Vater nicht viel giebt, so lernt sie
jetzt entbehren, was sie bis dahin nicht gekannt hat. An Kenntnissen und Kunstschliff
ist sie gegen ihren Mann gehalten ein Kind, macht aber doch schon bald ganz ver¬
ständige Beobachtungen, z. B. über die Holbeinsche Madonna in Dresden ans der
Hochzeitsreise (wo freilich unser Freund Banditz Gelegenheit gehabt hätte, zu bemerken,
daß diese „eigentlich" nicht von Holbein ist), lernt serner Mandoline klimpern, was
ihrem Mann keine Freude bereitet, weil er „ja" nicht spielt, versucht sich auch
im Musterzeichnen und hat damit sogar kleine Erfolge, die ihn vollends verdrießen.
Er wird eifersüchtig auf seine starke kleine Iran, deren Kräfte gewachsen sind, ohne
daß ers gemerkt hat, und die nnn bisweilen ihren Kopf aufsetzt. Die Freunde des
Hanfes schicken sich zur Erörterung der Frage an, ob die beiden wohl „glücklich"
sind. Das Glück hängt wirklich nur noch um wenigen Fäden, die bald zerreißen
können, und der Kandidat Berner, der die historische Erziehung als seine Lebens¬
aufgabe ansieht, würde die ruhige, tief angelegte Frau, mit der er sich so gut ver¬
steht, ganz gern mit in sein Lebensschiff nehmen, wenn es wirklich zum Bruch
zwischen ihr und Dnborg kommen sollte. Dann tritt eine Katastrophe ein: Trennung,
und baldiges Wiederfinden und Aussprechen.

Duborg sieht nun ein, daß sie die Überlegne ist, und ärgert sich nicht mehr
darüber, daß sie inzwischen für eine gestickte Decke die silberne Medaille bekommen
hat. Eigentlich war es ja zwischen ihnen der Kampf der „kleinen" mit der
„großen" Kunst, und nun hatte jene gesiegt. Sein Freund, der Maler Holst,
hatte ihm lange gesagt: „Wenn ich die Frau hätte, ich überließe der alles Ge¬
schäftliche, gäbe das unnütze Bildermnlen ans und singe wieder mit dem Dekora¬
tiven an." „So, mit dem Porzellan?" hatte er dann zurückgefragt und gemeint,
entmündigen lassen wolle er sich doch noch nicht. Nun, wo er seine Frau wieder
hat, ist er sich klar darüber geworden, daß Holst recht hatte, als er davon sprach,
daß unsre Zeit nicht die der großen, sondern die der kleinen Kunst sei. „Ich
interessiere mich nun freilich mehr für die Galerien, das thue ich, aber die Wohn¬
stuben haben doch auch ihre Berechtigung. Da entschloß ich mich denn, mich wieder
auf das Porzellan zu legen, das ist doch auch etwas ziemlich Vornehmes, und


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[0404] Absalonis Brunnen in die Thätigkeit ihres Mannes eingreift. Die Äußerlichkeiten dieses Lebens, Kunst und Natur von Kopenhagen als Hintergrund der Handlung, alle diese Architekturen, Straßen und Plötze, von denen in dem Roman die Rede ist, fuhrt uns der oben erwähnte Führer in Bildern und Beschreibungen vor Augen, sodaß die beiden Bücher sich auf das vollkommenste ergänze». Banditzens Schilderung steht, wenn sie Naturstimiuungen ausdrückt, z. B. den Wechsel der Jahreszeiten und die ver- schiednen Stunden des Tags, auf derselben Höhe, wie wenn sie uns die knapp und laugsam redenden nordischen Menschen vorführt. Aus alltäglich einfachen Situationen entspinnt sich die Handlung, die gemächlich fortschreitet, ohne Spannungen und Überraschungen, nichts ist phantastisch erdichtet, alles natürlich und glaubhaft und gesund, unsre Teilnahme wird geweckt, unser Gemüt warm, und zu den reichlichen Thorheiten schüttelt der Humor seine goldnen Flügel. Wir wollen die Geschichte nicht nacherzählen. Ihr psychologisches Interesse beruht darauf, daß die hier zusammengeführten, sehr verschieden gearteten Menschen mit vieler Überlegung und zum Teil ohne Verständnis für einander ihren Eigen¬ tümlichkeiten nachgehn, daß die einen bleiben, wie sie sind — das sind die komischen Nebenfiguren —, die andern aber, die ernsthaften Hauptpersonen, aus einer nicht völlig befriedigten Lage heraus zu einem ihrer Begabung entsprechenden Abschluß kommen. Unsre Teilnahme wendet sich bald ganz der praktisch klugen, beinahe nüchternen Nagna zu, die den hochstrebenden, aber gänzlich unproduktiven Maler Dnborg heiratet, zum Verdruß ihres Vaters, eines reichen und kindisch eiteln Heringskaufinanns, dem Bilder mir dazu da sind, Flecke ans den Tapeten zu ver¬ decken. Da ihr Mnun uicht viel verdient und ihr Vater nicht viel giebt, so lernt sie jetzt entbehren, was sie bis dahin nicht gekannt hat. An Kenntnissen und Kunstschliff ist sie gegen ihren Mann gehalten ein Kind, macht aber doch schon bald ganz ver¬ ständige Beobachtungen, z. B. über die Holbeinsche Madonna in Dresden ans der Hochzeitsreise (wo freilich unser Freund Banditz Gelegenheit gehabt hätte, zu bemerken, daß diese „eigentlich" nicht von Holbein ist), lernt serner Mandoline klimpern, was ihrem Mann keine Freude bereitet, weil er „ja" nicht spielt, versucht sich auch im Musterzeichnen und hat damit sogar kleine Erfolge, die ihn vollends verdrießen. Er wird eifersüchtig auf seine starke kleine Iran, deren Kräfte gewachsen sind, ohne daß ers gemerkt hat, und die nnn bisweilen ihren Kopf aufsetzt. Die Freunde des Hanfes schicken sich zur Erörterung der Frage an, ob die beiden wohl „glücklich" sind. Das Glück hängt wirklich nur noch um wenigen Fäden, die bald zerreißen können, und der Kandidat Berner, der die historische Erziehung als seine Lebens¬ aufgabe ansieht, würde die ruhige, tief angelegte Frau, mit der er sich so gut ver¬ steht, ganz gern mit in sein Lebensschiff nehmen, wenn es wirklich zum Bruch zwischen ihr und Dnborg kommen sollte. Dann tritt eine Katastrophe ein: Trennung, und baldiges Wiederfinden und Aussprechen. Duborg sieht nun ein, daß sie die Überlegne ist, und ärgert sich nicht mehr darüber, daß sie inzwischen für eine gestickte Decke die silberne Medaille bekommen hat. Eigentlich war es ja zwischen ihnen der Kampf der „kleinen" mit der „großen" Kunst, und nun hatte jene gesiegt. Sein Freund, der Maler Holst, hatte ihm lange gesagt: „Wenn ich die Frau hätte, ich überließe der alles Ge¬ schäftliche, gäbe das unnütze Bildermnlen ans und singe wieder mit dem Dekora¬ tiven an." „So, mit dem Porzellan?" hatte er dann zurückgefragt und gemeint, entmündigen lassen wolle er sich doch noch nicht. Nun, wo er seine Frau wieder hat, ist er sich klar darüber geworden, daß Holst recht hatte, als er davon sprach, daß unsre Zeit nicht die der großen, sondern die der kleinen Kunst sei. „Ich interessiere mich nun freilich mehr für die Galerien, das thue ich, aber die Wohn¬ stuben haben doch auch ihre Berechtigung. Da entschloß ich mich denn, mich wieder auf das Porzellan zu legen, das ist doch auch etwas ziemlich Vornehmes, und

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_235821/404>, abgerufen am 01.09.2024.