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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Zweites Vierteljahr.

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zu erreichen, die Agrarier die Erhöhung des Grundkapitals durchsetzen würden.
Ein laufender Beitrag darf uur zur Bestreitung der gesetzlich auferlegten Re¬
visionslasten gewährt werden. 2. Die Darlehnskassen vernachlässigen ihre
soziale Aufgabe nicht, wenn sie die geschäftliche mehr ausüben. Es ist nicht
angängig, den Dnrlehnszinsfuß so niedrig zu bemessen, daß die Kassen bis¬
weilen aufzunehmendes Geld teurer bezahlen müssen, als sie für Darlehen
erhaltet!. 3. Es muß deshalb das Augenmerk der Vereine darauf gerichtet
sein, während der staatlichen Uuterstützungszeit ihren Reservefonds möglichst
zu erhöhn, damit er ihnen später als Rückhalt diene. (Augenblicklich beträgt
das eigne Vermögen der dem Neuwieder Verbände angeschlossenen Vereine
vier Millionen, der dem Offenbacher Verbände angeschlossenen Vereine zwölf
Millionen.)

Erst wenn die Gcnossenschaftspraxis in der Landwirtschaft die Regeln
kaufmännischen Verkehrs angenommen hat und sich von jedem Spekulations¬
geschäft fern hält, wird sie selbständig und frei von jeder staatlichen Hilfe
werden und die in der Wirtschaftsgeschichte errungne Stellung behaupten
können.




Der Vater der Memoirenlitteratur
U. Busche von

leit dem Erscheinen von Bismarcks Gedanken und Erinnerungen
hat die sonst vorzugsweise in Frankreich und England gepflegte
Memmrenlitteratur auch bei uns eine erhöhte Bedeutung ge¬
wonnen.^) Deshalb dürfte es auch für weitere Kreise nicht
!ohne Interesse sein, einmal von dem Manne zu vernehmen, der
diese litterarische Gattung zuerst eingeführt hat, ich meine den Jonier Ion
von Chios, der, ein Zeitgenosse der drei großen griechischen Tragiker, selbst
ein bedeutender tragischer Dichter war. Der Dichter gehörte also dem grie¬
chischen Stamme an, dem vor den übrigen eine reiche Fülle glänzender Gaben
zu teil geworden war. "Nie wieder hat es ein Menschengeschlecht gegeben,
das so scharf beobachtet Hütte, das mit so unbändigem Drang daran gegangen
wäre, die weite schöne Welt, die vor ihm lag, sehend und schauend sich zu
eigen zu machen."^) Und gerade die Chier, die übrigens durch Handel, Schiff¬
fahrt und Weinbau auch zu hoher materieller Blüte gelangt waren, hatten
das ionische Naturell mit am treusten bewahrt. In der griechischen Litteratur




Vgl. den Artikel "Biographische Litteratur" in dieser Zeitschrift, 1900 t, S, 287. 290.
E, Schwartz, Fünf Vortrage über den griechischen Roman, Seite 14.

zu erreichen, die Agrarier die Erhöhung des Grundkapitals durchsetzen würden.
Ein laufender Beitrag darf uur zur Bestreitung der gesetzlich auferlegten Re¬
visionslasten gewährt werden. 2. Die Darlehnskassen vernachlässigen ihre
soziale Aufgabe nicht, wenn sie die geschäftliche mehr ausüben. Es ist nicht
angängig, den Dnrlehnszinsfuß so niedrig zu bemessen, daß die Kassen bis¬
weilen aufzunehmendes Geld teurer bezahlen müssen, als sie für Darlehen
erhaltet!. 3. Es muß deshalb das Augenmerk der Vereine darauf gerichtet
sein, während der staatlichen Uuterstützungszeit ihren Reservefonds möglichst
zu erhöhn, damit er ihnen später als Rückhalt diene. (Augenblicklich beträgt
das eigne Vermögen der dem Neuwieder Verbände angeschlossenen Vereine
vier Millionen, der dem Offenbacher Verbände angeschlossenen Vereine zwölf
Millionen.)

Erst wenn die Gcnossenschaftspraxis in der Landwirtschaft die Regeln
kaufmännischen Verkehrs angenommen hat und sich von jedem Spekulations¬
geschäft fern hält, wird sie selbständig und frei von jeder staatlichen Hilfe
werden und die in der Wirtschaftsgeschichte errungne Stellung behaupten
können.




Der Vater der Memoirenlitteratur
U. Busche von

leit dem Erscheinen von Bismarcks Gedanken und Erinnerungen
hat die sonst vorzugsweise in Frankreich und England gepflegte
Memmrenlitteratur auch bei uns eine erhöhte Bedeutung ge¬
wonnen.^) Deshalb dürfte es auch für weitere Kreise nicht
!ohne Interesse sein, einmal von dem Manne zu vernehmen, der
diese litterarische Gattung zuerst eingeführt hat, ich meine den Jonier Ion
von Chios, der, ein Zeitgenosse der drei großen griechischen Tragiker, selbst
ein bedeutender tragischer Dichter war. Der Dichter gehörte also dem grie¬
chischen Stamme an, dem vor den übrigen eine reiche Fülle glänzender Gaben
zu teil geworden war. „Nie wieder hat es ein Menschengeschlecht gegeben,
das so scharf beobachtet Hütte, das mit so unbändigem Drang daran gegangen
wäre, die weite schöne Welt, die vor ihm lag, sehend und schauend sich zu
eigen zu machen."^) Und gerade die Chier, die übrigens durch Handel, Schiff¬
fahrt und Weinbau auch zu hoher materieller Blüte gelangt waren, hatten
das ionische Naturell mit am treusten bewahrt. In der griechischen Litteratur




Vgl. den Artikel „Biographische Litteratur" in dieser Zeitschrift, 1900 t, S, 287. 290.
E, Schwartz, Fünf Vortrage über den griechischen Roman, Seite 14.
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[0510] zu erreichen, die Agrarier die Erhöhung des Grundkapitals durchsetzen würden. Ein laufender Beitrag darf uur zur Bestreitung der gesetzlich auferlegten Re¬ visionslasten gewährt werden. 2. Die Darlehnskassen vernachlässigen ihre soziale Aufgabe nicht, wenn sie die geschäftliche mehr ausüben. Es ist nicht angängig, den Dnrlehnszinsfuß so niedrig zu bemessen, daß die Kassen bis¬ weilen aufzunehmendes Geld teurer bezahlen müssen, als sie für Darlehen erhaltet!. 3. Es muß deshalb das Augenmerk der Vereine darauf gerichtet sein, während der staatlichen Uuterstützungszeit ihren Reservefonds möglichst zu erhöhn, damit er ihnen später als Rückhalt diene. (Augenblicklich beträgt das eigne Vermögen der dem Neuwieder Verbände angeschlossenen Vereine vier Millionen, der dem Offenbacher Verbände angeschlossenen Vereine zwölf Millionen.) Erst wenn die Gcnossenschaftspraxis in der Landwirtschaft die Regeln kaufmännischen Verkehrs angenommen hat und sich von jedem Spekulations¬ geschäft fern hält, wird sie selbständig und frei von jeder staatlichen Hilfe werden und die in der Wirtschaftsgeschichte errungne Stellung behaupten können. Der Vater der Memoirenlitteratur U. Busche von leit dem Erscheinen von Bismarcks Gedanken und Erinnerungen hat die sonst vorzugsweise in Frankreich und England gepflegte Memmrenlitteratur auch bei uns eine erhöhte Bedeutung ge¬ wonnen.^) Deshalb dürfte es auch für weitere Kreise nicht !ohne Interesse sein, einmal von dem Manne zu vernehmen, der diese litterarische Gattung zuerst eingeführt hat, ich meine den Jonier Ion von Chios, der, ein Zeitgenosse der drei großen griechischen Tragiker, selbst ein bedeutender tragischer Dichter war. Der Dichter gehörte also dem grie¬ chischen Stamme an, dem vor den übrigen eine reiche Fülle glänzender Gaben zu teil geworden war. „Nie wieder hat es ein Menschengeschlecht gegeben, das so scharf beobachtet Hütte, das mit so unbändigem Drang daran gegangen wäre, die weite schöne Welt, die vor ihm lag, sehend und schauend sich zu eigen zu machen."^) Und gerade die Chier, die übrigens durch Handel, Schiff¬ fahrt und Weinbau auch zu hoher materieller Blüte gelangt waren, hatten das ionische Naturell mit am treusten bewahrt. In der griechischen Litteratur Vgl. den Artikel „Biographische Litteratur" in dieser Zeitschrift, 1900 t, S, 287. 290. E, Schwartz, Fünf Vortrage über den griechischen Roman, Seite 14.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_234529/510>, abgerufen am 22.07.2024.