Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Zweites Vierteljahr.Ein Kärntner Kirchtag Brunnenrohr stecken, daß das frische Wasser über und über fließt, dann eine trockne Die Sonne scheint schon wieder zu deu Fenstern herein, die Buben verlöschen Diesen Vorschlag macht einer, doch ein zweiter ist andrer Meinung: Doch die Sache hat nun schier deu Boden verloren, also: So ist es denn Ernst. Ein wenig schwankend, das Hull sitzt nicht mehr ganz Das ist die Erinnerung ein die krenzlnstige Kirchtagszeit! Und auf diese Weise Ein Kärntner Kirchtag Brunnenrohr stecken, daß das frische Wasser über und über fließt, dann eine trockne Die Sonne scheint schon wieder zu deu Fenstern herein, die Buben verlöschen Diesen Vorschlag macht einer, doch ein zweiter ist andrer Meinung: Doch die Sache hat nun schier deu Boden verloren, also: So ist es denn Ernst. Ein wenig schwankend, das Hull sitzt nicht mehr ganz Das ist die Erinnerung ein die krenzlnstige Kirchtagszeit! Und auf diese Weise <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0048" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/234578"/> <fw type="header" place="top"> Ein Kärntner Kirchtag</fw><lb/> <p xml:id="ID_111" prev="#ID_110"> Brunnenrohr stecken, daß das frische Wasser über und über fließt, dann eine trockne<lb/> Pfciid, und hernach soll den Buben einer fragen, ob er gesund ist! Nach einer<lb/> Weile sitzt er wieder beim Wirt, und all die andern sind auch wieder da; mit der<lb/> Musik wird abermals von Haus zu Haus gegangen, vor jedem Hause getanzt, ge¬<lb/> sungen und getrunken. Die Bäuerin kommt wieder mit der Krapfenschnsscl und dem<lb/> Neindliug, und schließlich bedankt sich der Zechmeister für die Bewirtung und für das<lb/> „Burschenleihen" und bittet diese für die Fortsetzung des Kirchtags beim Besitzer<lb/> aus. singend und voll neuer Lust ziehn die Burschen mit den Mädchen durchs<lb/> Dorf und dem Wirtshaus zu. Und damit nun alles wieder ins richtige Geleise<lb/> kommt, setzt sich der Zechmeister einmal hin und macht Rechnung mit dem Wirt,<lb/> um darüber ins reine zu kommen, was schon verzecht wurde, und was der Zech-<lb/> fonds zu leisten noch imstande ist. Im weitern spricht der Zechmeister aufmunternde<lb/> Worte an die Burschen, damit sie getreulich auch noch diesen Tag aushalten mögen.<lb/> Jeder erhält bei dieser Gelegenheit ein paar Cigarren, damit die Sache einen<lb/> „Schick" hat, dann hebt der Kirchtng von neuem an, denn die Kärntner Kirchtage<lb/> dauern zwei, mitunter drei Tage. Es ist gewiß keine leichte Aufgabe und besonders<lb/> für deu Zechmeister, von Sonnabend bis zum Dienstag bei Humor zu bleiben.</p><lb/> <p xml:id="ID_112"> Die Sonne scheint schon wieder zu deu Fenstern herein, die Buben verlöschen<lb/> die Lichter und drehn dem lustigen Bruder Kirchtag mit einem „Steirischen" den<lb/> Kragen um. Sie sind kirchtagssatt bis auf den schwindsüchtiger Geldbeutel; ob sie<lb/> jetzt heimgehn sollen oder sonst was beginnen, darüber sind sie noch nicht recht<lb/> einig.</p><lb/> <lg xml:id="POEMID_13" type="poem"> <l/> </lg><lb/> <p xml:id="ID_113"> Diesen Vorschlag macht einer, doch ein zweiter ist andrer Meinung:</p><lb/> <lg xml:id="POEMID_14" type="poem"> <l/> </lg><lb/> <p xml:id="ID_114"> Doch die Sache hat nun schier deu Boden verloren, also:</p><lb/> <lg xml:id="POEMID_15" type="poem"> <l/> </lg><lb/> <p xml:id="ID_115"> So ist es denn Ernst. Ein wenig schwankend, das Hull sitzt nicht mehr ganz<lb/> sicher auf dem vollen, schweren Haupt, und die Äuglein wollen das Sonnenlicht<lb/> nicht vertragen — so verlassen sie das Wirtshaus, wo sie schier heimisch geworden<lb/> waren. Die Spielleute — auch nicht mehr ganz munter — spielen sie heim, doch:</p><lb/> <lg xml:id="POEMID_16" type="poem"> <l/> </lg><lb/> <p xml:id="ID_116" next="#ID_117"> Das ist die Erinnerung ein die krenzlnstige Kirchtagszeit! Und auf diese Weise<lb/> Wird der Kirchtag gefeiert auf der Fellach, in ähnlicher Weise auch anderwärts;<lb/> in Unterkärnten sind sie einfach und ohne besondre Eigentümlichkeit, im Oberlande<lb/> dagegen prunkvoll und mannigfaltig in ihren Burschenbräuchen. Im Unterlande wird<lb/> häufig arg gerauft, was man in Oberkcirnten mit peinlichster Sorgfalt vermeidet.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0048]
Ein Kärntner Kirchtag
Brunnenrohr stecken, daß das frische Wasser über und über fließt, dann eine trockne
Pfciid, und hernach soll den Buben einer fragen, ob er gesund ist! Nach einer
Weile sitzt er wieder beim Wirt, und all die andern sind auch wieder da; mit der
Musik wird abermals von Haus zu Haus gegangen, vor jedem Hause getanzt, ge¬
sungen und getrunken. Die Bäuerin kommt wieder mit der Krapfenschnsscl und dem
Neindliug, und schließlich bedankt sich der Zechmeister für die Bewirtung und für das
„Burschenleihen" und bittet diese für die Fortsetzung des Kirchtags beim Besitzer
aus. singend und voll neuer Lust ziehn die Burschen mit den Mädchen durchs
Dorf und dem Wirtshaus zu. Und damit nun alles wieder ins richtige Geleise
kommt, setzt sich der Zechmeister einmal hin und macht Rechnung mit dem Wirt,
um darüber ins reine zu kommen, was schon verzecht wurde, und was der Zech-
fonds zu leisten noch imstande ist. Im weitern spricht der Zechmeister aufmunternde
Worte an die Burschen, damit sie getreulich auch noch diesen Tag aushalten mögen.
Jeder erhält bei dieser Gelegenheit ein paar Cigarren, damit die Sache einen
„Schick" hat, dann hebt der Kirchtng von neuem an, denn die Kärntner Kirchtage
dauern zwei, mitunter drei Tage. Es ist gewiß keine leichte Aufgabe und besonders
für deu Zechmeister, von Sonnabend bis zum Dienstag bei Humor zu bleiben.
Die Sonne scheint schon wieder zu deu Fenstern herein, die Buben verlöschen
die Lichter und drehn dem lustigen Bruder Kirchtag mit einem „Steirischen" den
Kragen um. Sie sind kirchtagssatt bis auf den schwindsüchtiger Geldbeutel; ob sie
jetzt heimgehn sollen oder sonst was beginnen, darüber sind sie noch nicht recht
einig.
Diesen Vorschlag macht einer, doch ein zweiter ist andrer Meinung:
Doch die Sache hat nun schier deu Boden verloren, also:
So ist es denn Ernst. Ein wenig schwankend, das Hull sitzt nicht mehr ganz
sicher auf dem vollen, schweren Haupt, und die Äuglein wollen das Sonnenlicht
nicht vertragen — so verlassen sie das Wirtshaus, wo sie schier heimisch geworden
waren. Die Spielleute — auch nicht mehr ganz munter — spielen sie heim, doch:
Das ist die Erinnerung ein die krenzlnstige Kirchtagszeit! Und auf diese Weise
Wird der Kirchtag gefeiert auf der Fellach, in ähnlicher Weise auch anderwärts;
in Unterkärnten sind sie einfach und ohne besondre Eigentümlichkeit, im Oberlande
dagegen prunkvoll und mannigfaltig in ihren Burschenbräuchen. Im Unterlande wird
häufig arg gerauft, was man in Oberkcirnten mit peinlichster Sorgfalt vermeidet.
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