Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Pancratius Lapitolinus

drunter!" nicht kannte. Vielleicht hätte der Feind nach den am "Portal" gemachten
bösen Erfahrungen die Belagerung der Burg aufgegeben und sich in einem Dorfe
der Umgegend für die Verlorne Zeit und Mühe entschädigt. Jetzt aber, da ein
schuf; gefallen war, glaubten die Franzosen es ihrer Soldatenehre schuldig zu sein,
noch weiter auszuharren und, wenn möglich, die feindliche Festung dem Erdboden
gleich zu machen. Wahrscheinlich vermuteten sie auch, daß ein Haus, das mit
solcher Energie verteidigt würde, Kostbarkeiten von großem Wert enthalten müsse.
Sie marschierten deshalb in weitem Umkreise an die Burg herum und besetzten
die Hofgebäude. Im Backhnnse prasselte bald ein lustiges Feuer. Axthiebe, die
aus dem Garten schallten, verrieten, daß mau das Lattenwerk der Sommerlanbc
zu Brennholz zerkleinerte. Mehrere der Soldaten rückten zum Fouragieren aus
und kehrten nach Verlauf einiger Stunden mit wohlgefüllten Säcken, einem Ziegenbock,
etlichen Hühnern und einer ganzen Ladung Stroh zurück, ein Zeichen, daß man
sich dicht unter den Mnneru der Burg häuslich niederlassen und so bequem wie
möglich einrichten wollte.

Unser Freund beobachtete alle diese Vorgänge mit einer aus Behagen und
Besorgnis gemischten Stimmung. Er sagte sich selbst, daß für ihn jetzt alles darauf
ankomme, den Feind über die Stärke der Besatzung zu täuschen. Nur so konnte
er sich die notwendige Nachtruhe sichern und verhindern, daß man, während er
auf dieser Seite der Burg beschäftigt war, ans jener irgend etwas Unvorhergesehenes
ins Werk setzte. Als es zu dämmern begann, sorgte er zunächst für die Erleuchtung
beinahe sämtlicher Zimmer. Zum Glück besaß er in den Wachskerzen des Festsnal-
kronleuchters einen Vorrat von Lichtern, der bei weisem Verbrauch einige Wochen
reichen mußte. Sodann eilte er vou Gemach zu Gemach, hämmerte auf dem Vor-
saale, klirrte in der Küche mit Töpfe" und Bratpfannen, hustete in der Bibliothek,
klimperte im Damenzimmer auf dem Spinett, kratzte und bellte am "Portale" wie
ein Hund, pfiff in der Bodenkammer einen Marsch und führte auf der Treppe
ein Zwiegespräch mit verstellter Stimme auf, eine Leistung, deren sich ein Eckhof
nicht hätte zu schämen brauche".

Aber die ungewohnte Bewegu"g ermüdete ihn bald, und so schlief er denn,
obwohl er heroisch gegen den Schlniuiner ankämpfte, endlich auf seinem Svrgcu-
stuhl ein. Allerdings nur für kurze Augenblicke. Beim leisesten Geräusch fuhr
er empor und benutzte die Gelegenheit, einen Eimer die Treppe hinabrollen zu
lassen oder sonst ein Lebenszeichen von sich zu geben. Der Feind dachte jedoch um
keinen Angriff, sondern schlief, nachdem er zuvor in Backhaus und Waschküche ge¬
lärmt und gesungen hatte, auf seinem Strohlager den Schlaf des Gerechten.
Früher als die Belagerungsarmee war die Besatzung der Burg beim ersten Morgen¬
grauen munter. Pnucratius sah ein, daß er, wenn er die Täuschung des Feindes
mit Erfolg fortsetzen wolle, anch bei Tage für die größtmögliche Belebung seines
Kastells Sorge tragen und die Gallier uach Kräften in Spannung halten müsse.
Sein Geist, gewohnt aus den läutern Quellen des Altertums Lebensweisheit zu
schöpfe", verwies ihn auf den listenreichen Odhsscus, der auch Verkleidungen nicht
verschmäht hatte, wenn es dem Feinde ein Schnippchen zu schlagen galt. Wie bei
allen Menschen, die in der Einsamkeit leben, hatte sich anch bei unserm Freunde
die Phantasie ans das herrlichste entwickelt. Es fiel ihm darum nicht schwer, eine
Reihe von Charakterfignren zu ersinnen, und was die Hauptsache war, auch so zu
verkörpern, daß seine Absicht vollkommen erreicht wurde. Die Kleiderschränke der
Gehrschcn Familie mußten ihren Inhalt, die Bodenkammern ihren Plunder her¬
geben, um dem einzigen Pancratius immer neue Gestatte" zu verleihen. Die Bibliothek,
sonst die Stätte ernster Studien, glich jetzt den, Garderoberaum einer wandernden
Komödiantentruppe. Sogar der antike Altar, bisher nie durch die Berührung


Pancratius Lapitolinus

drunter!" nicht kannte. Vielleicht hätte der Feind nach den am „Portal" gemachten
bösen Erfahrungen die Belagerung der Burg aufgegeben und sich in einem Dorfe
der Umgegend für die Verlorne Zeit und Mühe entschädigt. Jetzt aber, da ein
schuf; gefallen war, glaubten die Franzosen es ihrer Soldatenehre schuldig zu sein,
noch weiter auszuharren und, wenn möglich, die feindliche Festung dem Erdboden
gleich zu machen. Wahrscheinlich vermuteten sie auch, daß ein Haus, das mit
solcher Energie verteidigt würde, Kostbarkeiten von großem Wert enthalten müsse.
Sie marschierten deshalb in weitem Umkreise an die Burg herum und besetzten
die Hofgebäude. Im Backhnnse prasselte bald ein lustiges Feuer. Axthiebe, die
aus dem Garten schallten, verrieten, daß mau das Lattenwerk der Sommerlanbc
zu Brennholz zerkleinerte. Mehrere der Soldaten rückten zum Fouragieren aus
und kehrten nach Verlauf einiger Stunden mit wohlgefüllten Säcken, einem Ziegenbock,
etlichen Hühnern und einer ganzen Ladung Stroh zurück, ein Zeichen, daß man
sich dicht unter den Mnneru der Burg häuslich niederlassen und so bequem wie
möglich einrichten wollte.

Unser Freund beobachtete alle diese Vorgänge mit einer aus Behagen und
Besorgnis gemischten Stimmung. Er sagte sich selbst, daß für ihn jetzt alles darauf
ankomme, den Feind über die Stärke der Besatzung zu täuschen. Nur so konnte
er sich die notwendige Nachtruhe sichern und verhindern, daß man, während er
auf dieser Seite der Burg beschäftigt war, ans jener irgend etwas Unvorhergesehenes
ins Werk setzte. Als es zu dämmern begann, sorgte er zunächst für die Erleuchtung
beinahe sämtlicher Zimmer. Zum Glück besaß er in den Wachskerzen des Festsnal-
kronleuchters einen Vorrat von Lichtern, der bei weisem Verbrauch einige Wochen
reichen mußte. Sodann eilte er vou Gemach zu Gemach, hämmerte auf dem Vor-
saale, klirrte in der Küche mit Töpfe» und Bratpfannen, hustete in der Bibliothek,
klimperte im Damenzimmer auf dem Spinett, kratzte und bellte am „Portale" wie
ein Hund, pfiff in der Bodenkammer einen Marsch und führte auf der Treppe
ein Zwiegespräch mit verstellter Stimme auf, eine Leistung, deren sich ein Eckhof
nicht hätte zu schämen brauche».

Aber die ungewohnte Bewegu»g ermüdete ihn bald, und so schlief er denn,
obwohl er heroisch gegen den Schlniuiner ankämpfte, endlich auf seinem Svrgcu-
stuhl ein. Allerdings nur für kurze Augenblicke. Beim leisesten Geräusch fuhr
er empor und benutzte die Gelegenheit, einen Eimer die Treppe hinabrollen zu
lassen oder sonst ein Lebenszeichen von sich zu geben. Der Feind dachte jedoch um
keinen Angriff, sondern schlief, nachdem er zuvor in Backhaus und Waschküche ge¬
lärmt und gesungen hatte, auf seinem Strohlager den Schlaf des Gerechten.
Früher als die Belagerungsarmee war die Besatzung der Burg beim ersten Morgen¬
grauen munter. Pnucratius sah ein, daß er, wenn er die Täuschung des Feindes
mit Erfolg fortsetzen wolle, anch bei Tage für die größtmögliche Belebung seines
Kastells Sorge tragen und die Gallier uach Kräften in Spannung halten müsse.
Sein Geist, gewohnt aus den läutern Quellen des Altertums Lebensweisheit zu
schöpfe«, verwies ihn auf den listenreichen Odhsscus, der auch Verkleidungen nicht
verschmäht hatte, wenn es dem Feinde ein Schnippchen zu schlagen galt. Wie bei
allen Menschen, die in der Einsamkeit leben, hatte sich anch bei unserm Freunde
die Phantasie ans das herrlichste entwickelt. Es fiel ihm darum nicht schwer, eine
Reihe von Charakterfignren zu ersinnen, und was die Hauptsache war, auch so zu
verkörpern, daß seine Absicht vollkommen erreicht wurde. Die Kleiderschränke der
Gehrschcn Familie mußten ihren Inhalt, die Bodenkammern ihren Plunder her¬
geben, um dem einzigen Pancratius immer neue Gestatte» zu verleihen. Die Bibliothek,
sonst die Stätte ernster Studien, glich jetzt den, Garderoberaum einer wandernden
Komödiantentruppe. Sogar der antike Altar, bisher nie durch die Berührung


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0478" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/235008"/>
          <fw type="header" place="top"> Pancratius Lapitolinus</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1425" prev="#ID_1424"> drunter!" nicht kannte. Vielleicht hätte der Feind nach den am &#x201E;Portal" gemachten<lb/>
bösen Erfahrungen die Belagerung der Burg aufgegeben und sich in einem Dorfe<lb/>
der Umgegend für die Verlorne Zeit und Mühe entschädigt. Jetzt aber, da ein<lb/>
schuf; gefallen war, glaubten die Franzosen es ihrer Soldatenehre schuldig zu sein,<lb/>
noch weiter auszuharren und, wenn möglich, die feindliche Festung dem Erdboden<lb/>
gleich zu machen. Wahrscheinlich vermuteten sie auch, daß ein Haus, das mit<lb/>
solcher Energie verteidigt würde, Kostbarkeiten von großem Wert enthalten müsse.<lb/>
Sie marschierten deshalb in weitem Umkreise an die Burg herum und besetzten<lb/>
die Hofgebäude. Im Backhnnse prasselte bald ein lustiges Feuer. Axthiebe, die<lb/>
aus dem Garten schallten, verrieten, daß mau das Lattenwerk der Sommerlanbc<lb/>
zu Brennholz zerkleinerte. Mehrere der Soldaten rückten zum Fouragieren aus<lb/>
und kehrten nach Verlauf einiger Stunden mit wohlgefüllten Säcken, einem Ziegenbock,<lb/>
etlichen Hühnern und einer ganzen Ladung Stroh zurück, ein Zeichen, daß man<lb/>
sich dicht unter den Mnneru der Burg häuslich niederlassen und so bequem wie<lb/>
möglich einrichten wollte.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1426"> Unser Freund beobachtete alle diese Vorgänge mit einer aus Behagen und<lb/>
Besorgnis gemischten Stimmung. Er sagte sich selbst, daß für ihn jetzt alles darauf<lb/>
ankomme, den Feind über die Stärke der Besatzung zu täuschen. Nur so konnte<lb/>
er sich die notwendige Nachtruhe sichern und verhindern, daß man, während er<lb/>
auf dieser Seite der Burg beschäftigt war, ans jener irgend etwas Unvorhergesehenes<lb/>
ins Werk setzte. Als es zu dämmern begann, sorgte er zunächst für die Erleuchtung<lb/>
beinahe sämtlicher Zimmer. Zum Glück besaß er in den Wachskerzen des Festsnal-<lb/>
kronleuchters einen Vorrat von Lichtern, der bei weisem Verbrauch einige Wochen<lb/>
reichen mußte. Sodann eilte er vou Gemach zu Gemach, hämmerte auf dem Vor-<lb/>
saale, klirrte in der Küche mit Töpfe» und Bratpfannen, hustete in der Bibliothek,<lb/>
klimperte im Damenzimmer auf dem Spinett, kratzte und bellte am &#x201E;Portale" wie<lb/>
ein Hund, pfiff in der Bodenkammer einen Marsch und führte auf der Treppe<lb/>
ein Zwiegespräch mit verstellter Stimme auf, eine Leistung, deren sich ein Eckhof<lb/>
nicht hätte zu schämen brauche».</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1427" next="#ID_1428"> Aber die ungewohnte Bewegu»g ermüdete ihn bald, und so schlief er denn,<lb/>
obwohl er heroisch gegen den Schlniuiner ankämpfte, endlich auf seinem Svrgcu-<lb/>
stuhl ein. Allerdings nur für kurze Augenblicke. Beim leisesten Geräusch fuhr<lb/>
er empor und benutzte die Gelegenheit, einen Eimer die Treppe hinabrollen zu<lb/>
lassen oder sonst ein Lebenszeichen von sich zu geben. Der Feind dachte jedoch um<lb/>
keinen Angriff, sondern schlief, nachdem er zuvor in Backhaus und Waschküche ge¬<lb/>
lärmt und gesungen hatte, auf seinem Strohlager den Schlaf des Gerechten.<lb/>
Früher als die Belagerungsarmee war die Besatzung der Burg beim ersten Morgen¬<lb/>
grauen munter. Pnucratius sah ein, daß er, wenn er die Täuschung des Feindes<lb/>
mit Erfolg fortsetzen wolle, anch bei Tage für die größtmögliche Belebung seines<lb/>
Kastells Sorge tragen und die Gallier uach Kräften in Spannung halten müsse.<lb/>
Sein Geist, gewohnt aus den läutern Quellen des Altertums Lebensweisheit zu<lb/>
schöpfe«, verwies ihn auf den listenreichen Odhsscus, der auch Verkleidungen nicht<lb/>
verschmäht hatte, wenn es dem Feinde ein Schnippchen zu schlagen galt. Wie bei<lb/>
allen Menschen, die in der Einsamkeit leben, hatte sich anch bei unserm Freunde<lb/>
die Phantasie ans das herrlichste entwickelt. Es fiel ihm darum nicht schwer, eine<lb/>
Reihe von Charakterfignren zu ersinnen, und was die Hauptsache war, auch so zu<lb/>
verkörpern, daß seine Absicht vollkommen erreicht wurde. Die Kleiderschränke der<lb/>
Gehrschcn Familie mußten ihren Inhalt, die Bodenkammern ihren Plunder her¬<lb/>
geben, um dem einzigen Pancratius immer neue Gestatte» zu verleihen. Die Bibliothek,<lb/>
sonst die Stätte ernster Studien, glich jetzt den, Garderoberaum einer wandernden<lb/>
Komödiantentruppe.  Sogar der antike Altar, bisher nie durch die Berührung</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0478] Pancratius Lapitolinus drunter!" nicht kannte. Vielleicht hätte der Feind nach den am „Portal" gemachten bösen Erfahrungen die Belagerung der Burg aufgegeben und sich in einem Dorfe der Umgegend für die Verlorne Zeit und Mühe entschädigt. Jetzt aber, da ein schuf; gefallen war, glaubten die Franzosen es ihrer Soldatenehre schuldig zu sein, noch weiter auszuharren und, wenn möglich, die feindliche Festung dem Erdboden gleich zu machen. Wahrscheinlich vermuteten sie auch, daß ein Haus, das mit solcher Energie verteidigt würde, Kostbarkeiten von großem Wert enthalten müsse. Sie marschierten deshalb in weitem Umkreise an die Burg herum und besetzten die Hofgebäude. Im Backhnnse prasselte bald ein lustiges Feuer. Axthiebe, die aus dem Garten schallten, verrieten, daß mau das Lattenwerk der Sommerlanbc zu Brennholz zerkleinerte. Mehrere der Soldaten rückten zum Fouragieren aus und kehrten nach Verlauf einiger Stunden mit wohlgefüllten Säcken, einem Ziegenbock, etlichen Hühnern und einer ganzen Ladung Stroh zurück, ein Zeichen, daß man sich dicht unter den Mnneru der Burg häuslich niederlassen und so bequem wie möglich einrichten wollte. Unser Freund beobachtete alle diese Vorgänge mit einer aus Behagen und Besorgnis gemischten Stimmung. Er sagte sich selbst, daß für ihn jetzt alles darauf ankomme, den Feind über die Stärke der Besatzung zu täuschen. Nur so konnte er sich die notwendige Nachtruhe sichern und verhindern, daß man, während er auf dieser Seite der Burg beschäftigt war, ans jener irgend etwas Unvorhergesehenes ins Werk setzte. Als es zu dämmern begann, sorgte er zunächst für die Erleuchtung beinahe sämtlicher Zimmer. Zum Glück besaß er in den Wachskerzen des Festsnal- kronleuchters einen Vorrat von Lichtern, der bei weisem Verbrauch einige Wochen reichen mußte. Sodann eilte er vou Gemach zu Gemach, hämmerte auf dem Vor- saale, klirrte in der Küche mit Töpfe» und Bratpfannen, hustete in der Bibliothek, klimperte im Damenzimmer auf dem Spinett, kratzte und bellte am „Portale" wie ein Hund, pfiff in der Bodenkammer einen Marsch und führte auf der Treppe ein Zwiegespräch mit verstellter Stimme auf, eine Leistung, deren sich ein Eckhof nicht hätte zu schämen brauche». Aber die ungewohnte Bewegu»g ermüdete ihn bald, und so schlief er denn, obwohl er heroisch gegen den Schlniuiner ankämpfte, endlich auf seinem Svrgcu- stuhl ein. Allerdings nur für kurze Augenblicke. Beim leisesten Geräusch fuhr er empor und benutzte die Gelegenheit, einen Eimer die Treppe hinabrollen zu lassen oder sonst ein Lebenszeichen von sich zu geben. Der Feind dachte jedoch um keinen Angriff, sondern schlief, nachdem er zuvor in Backhaus und Waschküche ge¬ lärmt und gesungen hatte, auf seinem Strohlager den Schlaf des Gerechten. Früher als die Belagerungsarmee war die Besatzung der Burg beim ersten Morgen¬ grauen munter. Pnucratius sah ein, daß er, wenn er die Täuschung des Feindes mit Erfolg fortsetzen wolle, anch bei Tage für die größtmögliche Belebung seines Kastells Sorge tragen und die Gallier uach Kräften in Spannung halten müsse. Sein Geist, gewohnt aus den läutern Quellen des Altertums Lebensweisheit zu schöpfe«, verwies ihn auf den listenreichen Odhsscus, der auch Verkleidungen nicht verschmäht hatte, wenn es dem Feinde ein Schnippchen zu schlagen galt. Wie bei allen Menschen, die in der Einsamkeit leben, hatte sich anch bei unserm Freunde die Phantasie ans das herrlichste entwickelt. Es fiel ihm darum nicht schwer, eine Reihe von Charakterfignren zu ersinnen, und was die Hauptsache war, auch so zu verkörpern, daß seine Absicht vollkommen erreicht wurde. Die Kleiderschränke der Gehrschcn Familie mußten ihren Inhalt, die Bodenkammern ihren Plunder her¬ geben, um dem einzigen Pancratius immer neue Gestatte» zu verleihen. Die Bibliothek, sonst die Stätte ernster Studien, glich jetzt den, Garderoberaum einer wandernden Komödiantentruppe. Sogar der antike Altar, bisher nie durch die Berührung

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_234529
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_234529/478
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_234529/478>, abgerufen am 29.06.2024.