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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Zweites Vierteljahr.

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wenn für seine Ernnttluiug bestimmte zu beobachtende Normen aufgestellt werden,
mit ziemlicher Sicherheit und Genauigkeit feststellen. Ebenso die Lasten, die
von dem Bruttoertrage abzuziehn sind.

Schwieriger ist die Kapitalisierung des Ertrags, d, h. die Feststellung
des Multiplikators, also mit welcher Zahl der Ertrag multipliziert werden muß,
wenn man den Wert erhalten will. Da diese Zahl vom Zinsfuß abhängt und
dieser in den letzte" Jahren mit dem Reichsdankdiskont schwankend war, so
müßte auch dementsprechend jedesmal anders kapitalisiert werden.

Wenn es sich jedoch um eine Beleihung handelt und der Zinsfuß der
Hypothek feststeht, so muß dieser Zinsfuß auch die Zahl bestimmen, womit der
Ertrag zu multiplizieren ist, d, h. bei einer vierprozentigen Hypothek würde
der Ertrag mit dem fünfnndzwanzigfachen und bei einer fünfprozentigen mit
dem zwanzigfacheu zu vervielfältigen oder multiplizieren sein. Man gelangt
dadurch scheinbar zu einem logischen Widerspruch insofern, als sich der Ertrngs-
wert des Hauses dann sehr verschieden ergiebt, je nachdem das Haus mit
einer vierprozentigen oder einer fünfprozentigen Hypothek beliehen werden soll.
Indes so widerspruchsvoll, ja unsinnig dies auf den ersten Blick erscheint, so
ist dies doch das einzig Richtige, ja auch Logische, Diesen scheinbaren Wider¬
spruch vermeidet man übrigens sehr einfach dadurch, daß man durch die Taxe
nnr den reinen Jahresertrag feststellen läßt, aus dem sich dann jeder selbst
den Kapitalswert nach dem jedesmal zutreffenden Zinsfuß berechnen kann.
Man hätte also im Reichshypothekenbankgesetz besser die Höhe der Beleihung
nicht von dem nur selten mit Sicherheit festzustellenden Verkaufswerte, sondern
von dem sicher und leicht zu ermittelnder Reinertrage in der Art abhängig
gemacht, daß man die Beleihungsgrenze einfach dahin festgesetzt hätte, daß die
Zinsen einer auszuleihenden ersten Hypothek drei Fünftel des durchschnittlichen
Jahresreincrtrags nicht übersteigen dürfen.

Damit Hütte man alle die Fehler vermieden, die mit jedem Multiplikator
des Reinertrags verbunden sind und verbunden sein müssen. Man wäre damit
zu einfachen klaren Taxgrundsätzeu gelangt und Hütte die Willkür der Be¬
rechnung des Berkaufswerts oder -- um es greller zu sagen -- den Schwindel
vermieden, der mit dessen Festsetzung meist getrieben wird, und wie die an¬
geführte Beschwerde und die Geschichte der Hypothekenbanken beweisen, auch
wirklich betrieben worden ist.

Die Zinsen der Hypotheken der Preußischen Hypothekenbank bringen ja
zur Zeit vierteljährlich 697000 Mark weniger ein, als die Zinsen der dafür
ausgegebnen Pfandbriefe betragen. Diese erforderten am 1. Januar 1901
einen Betrag von 3 705993 Mark 5 Pfennigen, auf die Hypotheken gingen
aber an Zinsen dafür nur ein 3019852 Mark 27 Pfennige.

Eine Baustelle, die keinen Ertrag bringt und brach daliegt, darf eben nicht
mit einer Pfandbriefhypothek beliehen werden. Was nützt es den Inhabern
der Pfandbriefe, deren Kündigung meist beschränkt, wenn nicht ganz aus¬
geschlossen ist, daß die Baustelle möglicherweise, wenn sie nach einem Jahrzehnt


wenn für seine Ernnttluiug bestimmte zu beobachtende Normen aufgestellt werden,
mit ziemlicher Sicherheit und Genauigkeit feststellen. Ebenso die Lasten, die
von dem Bruttoertrage abzuziehn sind.

Schwieriger ist die Kapitalisierung des Ertrags, d, h. die Feststellung
des Multiplikators, also mit welcher Zahl der Ertrag multipliziert werden muß,
wenn man den Wert erhalten will. Da diese Zahl vom Zinsfuß abhängt und
dieser in den letzte» Jahren mit dem Reichsdankdiskont schwankend war, so
müßte auch dementsprechend jedesmal anders kapitalisiert werden.

Wenn es sich jedoch um eine Beleihung handelt und der Zinsfuß der
Hypothek feststeht, so muß dieser Zinsfuß auch die Zahl bestimmen, womit der
Ertrag zu multiplizieren ist, d, h. bei einer vierprozentigen Hypothek würde
der Ertrag mit dem fünfnndzwanzigfachen und bei einer fünfprozentigen mit
dem zwanzigfacheu zu vervielfältigen oder multiplizieren sein. Man gelangt
dadurch scheinbar zu einem logischen Widerspruch insofern, als sich der Ertrngs-
wert des Hauses dann sehr verschieden ergiebt, je nachdem das Haus mit
einer vierprozentigen oder einer fünfprozentigen Hypothek beliehen werden soll.
Indes so widerspruchsvoll, ja unsinnig dies auf den ersten Blick erscheint, so
ist dies doch das einzig Richtige, ja auch Logische, Diesen scheinbaren Wider¬
spruch vermeidet man übrigens sehr einfach dadurch, daß man durch die Taxe
nnr den reinen Jahresertrag feststellen läßt, aus dem sich dann jeder selbst
den Kapitalswert nach dem jedesmal zutreffenden Zinsfuß berechnen kann.
Man hätte also im Reichshypothekenbankgesetz besser die Höhe der Beleihung
nicht von dem nur selten mit Sicherheit festzustellenden Verkaufswerte, sondern
von dem sicher und leicht zu ermittelnder Reinertrage in der Art abhängig
gemacht, daß man die Beleihungsgrenze einfach dahin festgesetzt hätte, daß die
Zinsen einer auszuleihenden ersten Hypothek drei Fünftel des durchschnittlichen
Jahresreincrtrags nicht übersteigen dürfen.

Damit Hütte man alle die Fehler vermieden, die mit jedem Multiplikator
des Reinertrags verbunden sind und verbunden sein müssen. Man wäre damit
zu einfachen klaren Taxgrundsätzeu gelangt und Hütte die Willkür der Be¬
rechnung des Berkaufswerts oder — um es greller zu sagen — den Schwindel
vermieden, der mit dessen Festsetzung meist getrieben wird, und wie die an¬
geführte Beschwerde und die Geschichte der Hypothekenbanken beweisen, auch
wirklich betrieben worden ist.

Die Zinsen der Hypotheken der Preußischen Hypothekenbank bringen ja
zur Zeit vierteljährlich 697000 Mark weniger ein, als die Zinsen der dafür
ausgegebnen Pfandbriefe betragen. Diese erforderten am 1. Januar 1901
einen Betrag von 3 705993 Mark 5 Pfennigen, auf die Hypotheken gingen
aber an Zinsen dafür nur ein 3019852 Mark 27 Pfennige.

Eine Baustelle, die keinen Ertrag bringt und brach daliegt, darf eben nicht
mit einer Pfandbriefhypothek beliehen werden. Was nützt es den Inhabern
der Pfandbriefe, deren Kündigung meist beschränkt, wenn nicht ganz aus¬
geschlossen ist, daß die Baustelle möglicherweise, wenn sie nach einem Jahrzehnt


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_234529/211>, abgerufen am 03.07.2024.