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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Zweites Vierteljahr.

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Die Hypothekenbanken und das Taxivesen in Preußen

gebraucht werde, und wils sie bezwecke, und danach die Taxe einrichten, sondern
daß die Taxe immer gleich hoch ausfallen muß, zu welchem Zweck sie auch
Verwendung finden mag.

Dabei sind in Preußen bei andern Anstalten, wie z. B. bei den Land¬
schaften, derartige Taxgewöhnungen vorhanden und auch strenge Vorschriften
für die Taxatoren schon bekannt, die seit fast einem Jahrhundert mit solchem
Erfolge geübt werden, daß eine landschaftliche Taxe in ihrem Endergebnis keine
große Abweichung zeigen wird, auch wenn dasselbe Gut vo" ganz verschiednen
Personen abgeschätzt wird. Soll eine Taxe zuverlässig sein, so darf uicht alles
der Willkür der Taxatoren überlassen werden. Jede sogenannte Gruudwerts-
taxe oder Taxe des zu ermittelnder Verkaufswerts, von der das Reichs-
hypothetengesetz ausgeht, läßt den Taxatoren viel zu viel Spielraum, sodaß
bei diesen die Willkür schließlich doch ausschlaggebend ist.

Der Verkaufswert, von dem das Reichshypothekenbankgesetz ausgeht, läßt
sich überhaupt uur sehr schwer feststellen und selten zutreffend; es können in
der einen Gegend Häuser oder Grundstücke zu guten Preisen verkauft worden
sein, weil vielleicht beim Käufer ein Interesse dafür vorhanden war. Deshalb
ist dieser Preis für den Wert eines nicht allzuweit davou liegenden Grund¬
stücks noch uicht maßgebend, wenn für dieses keine Käufer mit solchem Interesse
vorhanden sind und voraussichtlich uicht vorhanden sein werden. Auch sind
die Grundstückskäufe, wenn man auch den städtischen Grundbesitz wie eine be¬
wegliche Sache betrachten mag, doch nicht immer so zahlreich und gleichbleibend,
daß man aus diesen wenigen Käufer der letzten Jahre durchaus immer einen
gleichbleibenden Durchschnittspreis berechnen kann. Das ist alles mehr oder
weniger Auffassuugs- und Ansichtssache, d. h. in der Hauptsache von dem Er¬
messen oder besser der Willkür der Taxatoren abhängig. Der Verknufswert
hängt eben von Angebot und Nachfrage ab und ist deshalb sehr schwankend.

Dies haben wohl auch die Landschaften erkannt. Sie kennen eine Wert¬
abschätzung in der Art uicht, sondern schützen nur den Reinertrag nach be¬
stimmten festgelegten Grundsätzen, der dann in bestimmter Weise kapitalisiert
wird, d. h. mit andern Worten, sie legen keine Werttaxeu, sonder" nur Ertrags¬
taxen ihrer Beleihung zu Grunde. Allerdings beleihen sie mir Güter; jedoch
ist bei städtischen Häusern, die in unsrer Zeit hauptsächlich durch Vermietung
genützt werden, der Ertrag ebenso zutreffend und wohl noch leichter festzustellen
als bei Gütern. Wenn Nachbarhäuser oder gegenüberliegende von ähnlicher
Güte bestimmte Mietpreise erzielen, so wird man dieselben Mietpreise bei dem
abzuschätzender Hause zu Grunde legen müsse", auch wem? es noch nicht ver¬
mietet war. War es schon vermietet, so wird man zweckmäßig wohl den
während der letzten fünf Jahre festgestellten Durchschnitt der Miete dem zu
berechnendem Ertrage zu Grunde legen. Dies alles sind meist gegebne Zahlen
und von dem Ermessen der Taxatoren gar nicht abhängig. Es sind Zahlen,
die lediglich durch Ermittlung gefunden werden, nicht aber oder doch nur er¬
gänzend durch Abschätzung. Der Jahresertrag läßt sich also bei unser" Häusern,


Die Hypothekenbanken und das Taxivesen in Preußen

gebraucht werde, und wils sie bezwecke, und danach die Taxe einrichten, sondern
daß die Taxe immer gleich hoch ausfallen muß, zu welchem Zweck sie auch
Verwendung finden mag.

Dabei sind in Preußen bei andern Anstalten, wie z. B. bei den Land¬
schaften, derartige Taxgewöhnungen vorhanden und auch strenge Vorschriften
für die Taxatoren schon bekannt, die seit fast einem Jahrhundert mit solchem
Erfolge geübt werden, daß eine landschaftliche Taxe in ihrem Endergebnis keine
große Abweichung zeigen wird, auch wenn dasselbe Gut vo» ganz verschiednen
Personen abgeschätzt wird. Soll eine Taxe zuverlässig sein, so darf uicht alles
der Willkür der Taxatoren überlassen werden. Jede sogenannte Gruudwerts-
taxe oder Taxe des zu ermittelnder Verkaufswerts, von der das Reichs-
hypothetengesetz ausgeht, läßt den Taxatoren viel zu viel Spielraum, sodaß
bei diesen die Willkür schließlich doch ausschlaggebend ist.

Der Verkaufswert, von dem das Reichshypothekenbankgesetz ausgeht, läßt
sich überhaupt uur sehr schwer feststellen und selten zutreffend; es können in
der einen Gegend Häuser oder Grundstücke zu guten Preisen verkauft worden
sein, weil vielleicht beim Käufer ein Interesse dafür vorhanden war. Deshalb
ist dieser Preis für den Wert eines nicht allzuweit davou liegenden Grund¬
stücks noch uicht maßgebend, wenn für dieses keine Käufer mit solchem Interesse
vorhanden sind und voraussichtlich uicht vorhanden sein werden. Auch sind
die Grundstückskäufe, wenn man auch den städtischen Grundbesitz wie eine be¬
wegliche Sache betrachten mag, doch nicht immer so zahlreich und gleichbleibend,
daß man aus diesen wenigen Käufer der letzten Jahre durchaus immer einen
gleichbleibenden Durchschnittspreis berechnen kann. Das ist alles mehr oder
weniger Auffassuugs- und Ansichtssache, d. h. in der Hauptsache von dem Er¬
messen oder besser der Willkür der Taxatoren abhängig. Der Verknufswert
hängt eben von Angebot und Nachfrage ab und ist deshalb sehr schwankend.

Dies haben wohl auch die Landschaften erkannt. Sie kennen eine Wert¬
abschätzung in der Art uicht, sondern schützen nur den Reinertrag nach be¬
stimmten festgelegten Grundsätzen, der dann in bestimmter Weise kapitalisiert
wird, d. h. mit andern Worten, sie legen keine Werttaxeu, sonder» nur Ertrags¬
taxen ihrer Beleihung zu Grunde. Allerdings beleihen sie mir Güter; jedoch
ist bei städtischen Häusern, die in unsrer Zeit hauptsächlich durch Vermietung
genützt werden, der Ertrag ebenso zutreffend und wohl noch leichter festzustellen
als bei Gütern. Wenn Nachbarhäuser oder gegenüberliegende von ähnlicher
Güte bestimmte Mietpreise erzielen, so wird man dieselben Mietpreise bei dem
abzuschätzender Hause zu Grunde legen müsse«, auch wem? es noch nicht ver¬
mietet war. War es schon vermietet, so wird man zweckmäßig wohl den
während der letzten fünf Jahre festgestellten Durchschnitt der Miete dem zu
berechnendem Ertrage zu Grunde legen. Dies alles sind meist gegebne Zahlen
und von dem Ermessen der Taxatoren gar nicht abhängig. Es sind Zahlen,
die lediglich durch Ermittlung gefunden werden, nicht aber oder doch nur er¬
gänzend durch Abschätzung. Der Jahresertrag läßt sich also bei unser» Häusern,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_234529/210>, abgerufen am 03.07.2024.