Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Erstes Vierteljahr.Krieg und Arbeit wieder zusammenfindet, und daß sich für die Deutschen, die nun einmal in Krieg und Arbeit me Zukunftshoffnnng, die der scharfsinnige und nüchterne Kant Krieg und Arbeit wieder zusammenfindet, und daß sich für die Deutschen, die nun einmal in Krieg und Arbeit me Zukunftshoffnnng, die der scharfsinnige und nüchterne Kant <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0599" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/234479"/> <fw type="header" place="top"> Krieg und Arbeit</fw><lb/> <p xml:id="ID_1929" prev="#ID_1928"> wieder zusammenfindet, und daß sich für die Deutschen, die nun einmal in<lb/> Osterreich und dementsprechend auch im Reichsrat in der Minderheit sind,<lb/> abermals eine Zeit schwerer nationaler und politischer Prüfungen ergiebt.<lb/> Für die nächste Zeit erklären allerdings die Tschechen, sich noch nicht die Hände<lb/> binden zu wollen, weil sie offenbar fühlen, daß die übrigen slawischen Volker,<lb/> die ganz andre Interessen haben, sich nicht mehr als Vorspann für das nebel-<lb/> hafte böhmische Staatsrecht werden mißbrauchen lassen. Es ist der tschechische<lb/> Haß gegen die Verfassung, was die Vorgänge im österreichischen Reichsrat<lb/> als selbstmörderisches Handeln erscheinen läßt, weil er ebenfalls im gewissen<lb/> Sinne „reichsfeindliche," d.h. auf einen engern Verband mit Deutschland ab¬<lb/> zielende Bestrebungen in den .Kreisen der Altdeutschen veranlaßt. Nun ist<lb/> gewiß ein engerer staatsrechtlicher oder mindestens wirtschaftspolitischer Verband<lb/> zwischen Österreich und dem Deutschen Reiche denkbar, wie ihn Fürst Bismarck<lb/> für die ganze Monarchie anstrebte, aber gegen den Widerspruch des Grafen<lb/> Andrassy aufgeben mußte. Daß dies aber sowohl Tschechen, Polen und Süd¬<lb/> slawen wie Klerikale als Landcspreisgelmng und Minderung des Ansehens<lb/> der Dynastie brandmarken, ist von ihrem Standpunkt begreiflich. Darum<lb/> würde ein dynastischeres Auftreten der Altdeutschen Gruppe im Reichsrate den<lb/> auf seine Sprengung und auf eine Erweiterung der Länderautouomie und<lb/> Landtagskompetenz abzielenden tschechischen Bestrebungen einen wirksamern<lb/> Riegel vorschieben, als das oft herausfordernde schroffe Herauskehren des an<lb/> sich noch so berechtigten deutschen Standpunkts.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Krieg und Arbeit</head><lb/> <p xml:id="ID_1930" next="#ID_1931"> me Zukunftshoffnnng, die der scharfsinnige und nüchterne Kant<lb/> einer gründlichen Prüfung wert und nicht ganz aussichtslos be¬<lb/> funden hat, dürfen wir nicht kurzerhand als Utopie abthun.<lb/> Utopisch wäre es allerdings, wenn wir das Aufhören der Kriege<lb/> für gleichbedeutend mit dein wirklichen vollen Frieden der Mensch¬<lb/> heit nehmen wollten. Dieser ist unter ihren irdischen Lebensbedingungen nicht<lb/> möglich. Es kann sich bei einer wissenschaftlichen Untersuchung nur um die<lb/> Frage handeln, ob der Krieg in aller Zukunft zu den Mitteln gehören wird,<lb/> mit denen die Menschheit ihre Jnteressenkämpfe ausficht. Bei dieser Frage<lb/> verdient ein Buch, das die Abrüstungsfrage ganz nüchtern und wissenschaftlich<lb/> ohne alle utopische Schwärmerei erörtert, um so mehr Beachtung, als schon<lb/> sein Titel beweist, daß der Verfasser den tiefsten Grund und die wahre<lb/> Ursache der herrschenden Friedensliebe richtig erfaßt hat. Krieg und Arbeit<lb/> tBerlin, Puttkammer und Mühlbrecht, 1900) betitelt der Russe Anitchlow</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0599]
Krieg und Arbeit
wieder zusammenfindet, und daß sich für die Deutschen, die nun einmal in
Osterreich und dementsprechend auch im Reichsrat in der Minderheit sind,
abermals eine Zeit schwerer nationaler und politischer Prüfungen ergiebt.
Für die nächste Zeit erklären allerdings die Tschechen, sich noch nicht die Hände
binden zu wollen, weil sie offenbar fühlen, daß die übrigen slawischen Volker,
die ganz andre Interessen haben, sich nicht mehr als Vorspann für das nebel-
hafte böhmische Staatsrecht werden mißbrauchen lassen. Es ist der tschechische
Haß gegen die Verfassung, was die Vorgänge im österreichischen Reichsrat
als selbstmörderisches Handeln erscheinen läßt, weil er ebenfalls im gewissen
Sinne „reichsfeindliche," d.h. auf einen engern Verband mit Deutschland ab¬
zielende Bestrebungen in den .Kreisen der Altdeutschen veranlaßt. Nun ist
gewiß ein engerer staatsrechtlicher oder mindestens wirtschaftspolitischer Verband
zwischen Österreich und dem Deutschen Reiche denkbar, wie ihn Fürst Bismarck
für die ganze Monarchie anstrebte, aber gegen den Widerspruch des Grafen
Andrassy aufgeben mußte. Daß dies aber sowohl Tschechen, Polen und Süd¬
slawen wie Klerikale als Landcspreisgelmng und Minderung des Ansehens
der Dynastie brandmarken, ist von ihrem Standpunkt begreiflich. Darum
würde ein dynastischeres Auftreten der Altdeutschen Gruppe im Reichsrate den
auf seine Sprengung und auf eine Erweiterung der Länderautouomie und
Landtagskompetenz abzielenden tschechischen Bestrebungen einen wirksamern
Riegel vorschieben, als das oft herausfordernde schroffe Herauskehren des an
sich noch so berechtigten deutschen Standpunkts.
Krieg und Arbeit
me Zukunftshoffnnng, die der scharfsinnige und nüchterne Kant
einer gründlichen Prüfung wert und nicht ganz aussichtslos be¬
funden hat, dürfen wir nicht kurzerhand als Utopie abthun.
Utopisch wäre es allerdings, wenn wir das Aufhören der Kriege
für gleichbedeutend mit dein wirklichen vollen Frieden der Mensch¬
heit nehmen wollten. Dieser ist unter ihren irdischen Lebensbedingungen nicht
möglich. Es kann sich bei einer wissenschaftlichen Untersuchung nur um die
Frage handeln, ob der Krieg in aller Zukunft zu den Mitteln gehören wird,
mit denen die Menschheit ihre Jnteressenkämpfe ausficht. Bei dieser Frage
verdient ein Buch, das die Abrüstungsfrage ganz nüchtern und wissenschaftlich
ohne alle utopische Schwärmerei erörtert, um so mehr Beachtung, als schon
sein Titel beweist, daß der Verfasser den tiefsten Grund und die wahre
Ursache der herrschenden Friedensliebe richtig erfaßt hat. Krieg und Arbeit
tBerlin, Puttkammer und Mühlbrecht, 1900) betitelt der Russe Anitchlow
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