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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Erstes Vierteljahr.

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Herbsttage i" der LIfel

gelingt ihm, den Erzürnten zik beruhigen, Goethe erklärt jetzt, daß Hegel bei
ihm entsühnt sei, und wirft die Schuld für das Mißverständnis auf Troxler,
der durch die Art des Zitats den Irrtum begünstigt habe, "daß wir unsern
Vorfahren nichts schuldig sind, ob er gleich, wie mau im Zusammenhange
sieht, das Entgegengesetzte sagen will."

Und nun wäre noch des schönen Trostbriefes Erwähnung zu thun, den
Goethe am 3, Dezember 1812 an Freund Zelter sandte, als dessen Stiefsohn
seinem Leben ein Ende gemacht hatte, sowie des andern Trostbriefes, den der
Geheime Rat v. Voigt von ihm empfing, als dessen einziger Sohn im Früh¬
jahr 1813 an den Nachwirkungen seiner Gefangennahme durch die Franzosen
gestorben war; beides die Zeugnisse herzlicher Teilnahme aus dem Innersten
einer männlichen Frenndesseele. Aber was wäre nicht alles noch zu er¬
wähnen? -- sein fortdauerndes Interesse am Weimarer Theater und an deu
wissenschaftlichen Instituten in Jena, die schönen Worte über Freund Wielands
Hingang, die Bemerkungen zu Niebuhrs römischer Geschichte; dann was er
mit Seebeck Optisches, mit Döbereiner Chemisches, mit Schelver Botanisches,
mit Bergrat Lenz Mineralogisches, mit Meyer Kunstgeschichtliches, mit Ein-
siedel über die Übertragung Calderons, mit Riemer, der ihm seine Druck¬
schriften korrigiert, über Sprachreiniguug verhandelt, nicht zu gedenken der
eigentlichen Geschäftsbriefe und derer, die er nach Hause, an Gattin und Sohn,
schrieb. Gerade innerhalb eines so kleinen Ausschnittes, wie ihn die Briefe
dieses einen Bandes darstellen, springt der ungeheure Reichtum dieses Lebens
doppelt sichtbar ins Auge. Seine unendlichen Verzweigungen sind ebenso er¬
staunlich, wie die Energie der Zusammenfassung in sich selbst. An dem Inhalt
des einen Bandes mag man ermessen, welche Schätze aus dem Briefwechsel
zu heben sind, und wenn einmal die ganze Sammlung vollendet ist, wird es
eine schöne und dankbare Aufgabe sein, durch eine geeignete Auswahl diese
w. L. Schätze zu einem allgemeinen Besitz der Nation zu machen.




Herbsttage in der (Lisel
von Julius R. Haar Haus Kultur- und Tandschaftsbilder

o unklar die Vorstellung ist, die man sich im deutschen Vater¬
lande von der Wallonie und besonders von Malmedy macht, so
widersprechend sind auch die Angaben über Gegend und Stadt
in den geographischen Handbüchern und der Reiselitteratur. Dn
heißt es einmal: "Malmedy, die Perle der Westeifel," ein ander¬
mal: "Malmedy, das Nizza des Hohen Venus" und schließlich:
"Malmedy, die freundliche Ardennenstadt." Der Begriff "Eifel" ist so unbestimmt,


Herbsttage i» der LIfel

gelingt ihm, den Erzürnten zik beruhigen, Goethe erklärt jetzt, daß Hegel bei
ihm entsühnt sei, und wirft die Schuld für das Mißverständnis auf Troxler,
der durch die Art des Zitats den Irrtum begünstigt habe, „daß wir unsern
Vorfahren nichts schuldig sind, ob er gleich, wie mau im Zusammenhange
sieht, das Entgegengesetzte sagen will."

Und nun wäre noch des schönen Trostbriefes Erwähnung zu thun, den
Goethe am 3, Dezember 1812 an Freund Zelter sandte, als dessen Stiefsohn
seinem Leben ein Ende gemacht hatte, sowie des andern Trostbriefes, den der
Geheime Rat v. Voigt von ihm empfing, als dessen einziger Sohn im Früh¬
jahr 1813 an den Nachwirkungen seiner Gefangennahme durch die Franzosen
gestorben war; beides die Zeugnisse herzlicher Teilnahme aus dem Innersten
einer männlichen Frenndesseele. Aber was wäre nicht alles noch zu er¬
wähnen? — sein fortdauerndes Interesse am Weimarer Theater und an deu
wissenschaftlichen Instituten in Jena, die schönen Worte über Freund Wielands
Hingang, die Bemerkungen zu Niebuhrs römischer Geschichte; dann was er
mit Seebeck Optisches, mit Döbereiner Chemisches, mit Schelver Botanisches,
mit Bergrat Lenz Mineralogisches, mit Meyer Kunstgeschichtliches, mit Ein-
siedel über die Übertragung Calderons, mit Riemer, der ihm seine Druck¬
schriften korrigiert, über Sprachreiniguug verhandelt, nicht zu gedenken der
eigentlichen Geschäftsbriefe und derer, die er nach Hause, an Gattin und Sohn,
schrieb. Gerade innerhalb eines so kleinen Ausschnittes, wie ihn die Briefe
dieses einen Bandes darstellen, springt der ungeheure Reichtum dieses Lebens
doppelt sichtbar ins Auge. Seine unendlichen Verzweigungen sind ebenso er¬
staunlich, wie die Energie der Zusammenfassung in sich selbst. An dem Inhalt
des einen Bandes mag man ermessen, welche Schätze aus dem Briefwechsel
zu heben sind, und wenn einmal die ganze Sammlung vollendet ist, wird es
eine schöne und dankbare Aufgabe sein, durch eine geeignete Auswahl diese
w. L. Schätze zu einem allgemeinen Besitz der Nation zu machen.




Herbsttage in der (Lisel
von Julius R. Haar Haus Kultur- und Tandschaftsbilder

o unklar die Vorstellung ist, die man sich im deutschen Vater¬
lande von der Wallonie und besonders von Malmedy macht, so
widersprechend sind auch die Angaben über Gegend und Stadt
in den geographischen Handbüchern und der Reiselitteratur. Dn
heißt es einmal: „Malmedy, die Perle der Westeifel," ein ander¬
mal: „Malmedy, das Nizza des Hohen Venus" und schließlich:
„Malmedy, die freundliche Ardennenstadt." Der Begriff „Eifel" ist so unbestimmt,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_233879/526>, abgerufen am 22.06.2024.