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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Erstes Vierteljahr.

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Die englische Kirche
von Hugo Bartels (Schluß)

le Gefahr, die der anglikanischen Kirche aus dem Treiben der
Nitualisteu erwächst, ist nicht zu verachten, wenn sich anch die
Erfolge einer wehr als sechzigjährigen Wühlarbeit nicht zahlen¬
mäßig darlegen lassen, weil Geheimthuerei im Wesen der ganzen
Bewegung liegt. Ganz geheim läßt sich heute freilich nichts mehr
halten. Über kurz oder lang dringt doch das eine oder das andre in die
Öffentlichkeit, und über die geheimen ritnalistischcn Genossenschaften ist so viel
bekannt geworden, daß man sie als abgesagte Feinde deS Protestantismus, in
welcher Form er sich auch zeige, bezeichnen muß,")

Nach der ritnalistischen Auffassung ist der Priester ein höheres Wesen,
ganz im Sinne der katholischen Kirche. Er allein hat die Macht, dem Menschen
seine Sünden zu vergeben. Daran schließt sich als selbstverständliche Folge¬
rung die Notwendigkeit, dew Priester die Sünden zu beichten. Mit dieser
Einführung der Ohrenbeichte begann die Arbeit. Geschickter hätte der Anfang
nicht gemacht werden können; denn nichts übertrifft die Macht, die der Priester
im Beichtstuhle ausüben kann, im guten wie im schlimmen. Vom Jahre
1838 an hat Pnsey als Beichtvater gewirkt, und durch ihn ist die Ohren¬
beichte bei den Nitnalisten allgemein geworden. Pnsey hat auch den traurigen
Ruhm, seine Büßer mit der Geißel von fünf fünfknotigen Riemen bekannt
gemacht zu haben, die jett neben andern Marterwerkzeugen eine uicht geringe
Rolle spielt.

Die nächsten Früchte des Wirkens Puseys waren eine Anzahl Frauen-
klöster, von denen einige an Strenge der Ordensregel kaum zu übertreffen
sind, andve widwen sich der Krankenpflege "ut sind wohl dabei auch bemüht,
Seelen für die Partei zu fangen. Daneben traten eine Reihe von Gesell¬
schaften ins Leben, die mit Recht das Licht der Öffentlichkeit scheuten, da sie
nichts andres als die Einführung römischer Gebräuche und Lehren bezweckten.
T^e älteste lind vielleicht gefährlichste war die nnr aus Priester" bestehende
Gesellschaft ovo Heiligen Kreuze (Looist^ ok1,d<z Not.v 0ross) vom Jahre 1855.
Sie richtete iyre Thätigkeit vornehmlich auf die Bearbeitung der Laienwelt im



*) Walter Walsh giebt darüber genaue Auskunft in seinen. Buche: l'Jip kielet Ki"lor^
IÄs Oxkm'ä Roos-n.int.
Greuzbote" 1 1901 l.:j


Die englische Kirche
von Hugo Bartels (Schluß)

le Gefahr, die der anglikanischen Kirche aus dem Treiben der
Nitualisteu erwächst, ist nicht zu verachten, wenn sich anch die
Erfolge einer wehr als sechzigjährigen Wühlarbeit nicht zahlen¬
mäßig darlegen lassen, weil Geheimthuerei im Wesen der ganzen
Bewegung liegt. Ganz geheim läßt sich heute freilich nichts mehr
halten. Über kurz oder lang dringt doch das eine oder das andre in die
Öffentlichkeit, und über die geheimen ritnalistischcn Genossenschaften ist so viel
bekannt geworden, daß man sie als abgesagte Feinde deS Protestantismus, in
welcher Form er sich auch zeige, bezeichnen muß,")

Nach der ritnalistischen Auffassung ist der Priester ein höheres Wesen,
ganz im Sinne der katholischen Kirche. Er allein hat die Macht, dem Menschen
seine Sünden zu vergeben. Daran schließt sich als selbstverständliche Folge¬
rung die Notwendigkeit, dew Priester die Sünden zu beichten. Mit dieser
Einführung der Ohrenbeichte begann die Arbeit. Geschickter hätte der Anfang
nicht gemacht werden können; denn nichts übertrifft die Macht, die der Priester
im Beichtstuhle ausüben kann, im guten wie im schlimmen. Vom Jahre
1838 an hat Pnsey als Beichtvater gewirkt, und durch ihn ist die Ohren¬
beichte bei den Nitnalisten allgemein geworden. Pnsey hat auch den traurigen
Ruhm, seine Büßer mit der Geißel von fünf fünfknotigen Riemen bekannt
gemacht zu haben, die jett neben andern Marterwerkzeugen eine uicht geringe
Rolle spielt.

Die nächsten Früchte des Wirkens Puseys waren eine Anzahl Frauen-
klöster, von denen einige an Strenge der Ordensregel kaum zu übertreffen
sind, andve widwen sich der Krankenpflege »ut sind wohl dabei auch bemüht,
Seelen für die Partei zu fangen. Daneben traten eine Reihe von Gesell¬
schaften ins Leben, die mit Recht das Licht der Öffentlichkeit scheuten, da sie
nichts andres als die Einführung römischer Gebräuche und Lehren bezweckten.
T^e älteste lind vielleicht gefährlichste war die nnr aus Priester» bestehende
Gesellschaft ovo Heiligen Kreuze (Looist^ ok1,d<z Not.v 0ross) vom Jahre 1855.
Sie richtete iyre Thätigkeit vornehmlich auf die Bearbeitung der Laienwelt im



*) Walter Walsh giebt darüber genaue Auskunft in seinen. Buche: l'Jip kielet Ki»lor^
IÄs Oxkm'ä Roos-n.int.
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[0505] [Abbildung] Die englische Kirche von Hugo Bartels (Schluß) le Gefahr, die der anglikanischen Kirche aus dem Treiben der Nitualisteu erwächst, ist nicht zu verachten, wenn sich anch die Erfolge einer wehr als sechzigjährigen Wühlarbeit nicht zahlen¬ mäßig darlegen lassen, weil Geheimthuerei im Wesen der ganzen Bewegung liegt. Ganz geheim läßt sich heute freilich nichts mehr halten. Über kurz oder lang dringt doch das eine oder das andre in die Öffentlichkeit, und über die geheimen ritnalistischcn Genossenschaften ist so viel bekannt geworden, daß man sie als abgesagte Feinde deS Protestantismus, in welcher Form er sich auch zeige, bezeichnen muß,") Nach der ritnalistischen Auffassung ist der Priester ein höheres Wesen, ganz im Sinne der katholischen Kirche. Er allein hat die Macht, dem Menschen seine Sünden zu vergeben. Daran schließt sich als selbstverständliche Folge¬ rung die Notwendigkeit, dew Priester die Sünden zu beichten. Mit dieser Einführung der Ohrenbeichte begann die Arbeit. Geschickter hätte der Anfang nicht gemacht werden können; denn nichts übertrifft die Macht, die der Priester im Beichtstuhle ausüben kann, im guten wie im schlimmen. Vom Jahre 1838 an hat Pnsey als Beichtvater gewirkt, und durch ihn ist die Ohren¬ beichte bei den Nitnalisten allgemein geworden. Pnsey hat auch den traurigen Ruhm, seine Büßer mit der Geißel von fünf fünfknotigen Riemen bekannt gemacht zu haben, die jett neben andern Marterwerkzeugen eine uicht geringe Rolle spielt. Die nächsten Früchte des Wirkens Puseys waren eine Anzahl Frauen- klöster, von denen einige an Strenge der Ordensregel kaum zu übertreffen sind, andve widwen sich der Krankenpflege »ut sind wohl dabei auch bemüht, Seelen für die Partei zu fangen. Daneben traten eine Reihe von Gesell¬ schaften ins Leben, die mit Recht das Licht der Öffentlichkeit scheuten, da sie nichts andres als die Einführung römischer Gebräuche und Lehren bezweckten. T^e älteste lind vielleicht gefährlichste war die nnr aus Priester» bestehende Gesellschaft ovo Heiligen Kreuze (Looist^ ok1,d<z Not.v 0ross) vom Jahre 1855. Sie richtete iyre Thätigkeit vornehmlich auf die Bearbeitung der Laienwelt im *) Walter Walsh giebt darüber genaue Auskunft in seinen. Buche: l'Jip kielet Ki»lor^ IÄs Oxkm'ä Roos-n.int. Greuzbote» 1 1901 l.:j

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_233879/505>, abgerufen am 22.06.2024.