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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Erstes Vierteljahr.

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zahlbaren Menschenseelen gewonnen N'erden kann, Hier siegt die größte Wachs¬
tumskraft, Ist der Acker richtig bestellt und gutes Saatkorn genommen, so
muß der Weizen aufgehn. Wo der Weizen ausbleibt, da muß das Unkraut
wuchern; und wenn man auch noch so gegen das Unkraut wütet, der Weizen
bleibt doch aus. So steht es bei uns: der Weizen bleibt aus, und das ist
unsre, ganz allein unsre Schuld,

Ich wiederhole nochmals: man scheide die Poleufrage aus, um das Problem
rein zu erhalte". Das deutsche Volk wird in seinen alten Landsitzen wurzellos.
Darüber darf uns auch das Wachstum der absoluten Zahl nicht hinwegtäuschen.
Was bedeutet denn die Zahl für die Kraft eines Volks? Nicht mehr als der
Fettansatz und das Gewicht für die Kraft eines Leibes; er vermehrt nicht die
Muskelkraft und die Wachstumskraft und die Zeugungskraft. So vermehrt
auch das Wachstum der städtischen Bevölkerung nicht die Zukunftskraft eines
Volks, seine Virilität.

Dieser Landverlust in der Heimat kann uns auch durch keinen Landgewüm
auf dein Erdenrund und durch keinen Ncichtumsgewiun im Welthandel ersetzt
werden. Das Wort Weltpolitik hat ja vielen Leuten das Augenmaß verdorben.
Sie sehen nicht, daß alle diese Dinge, die man heute fälschlich mit dem Worte
Welt belegt, wie Afrika und China, Samoa und Kleinasien und dergleichen,
nur Kleinigkeiten sind gegen Posen, Westpreußen und Schlesien, Die wirk¬
liche große Welt liegt in Europa, das ist jedem klar, der einmal draußen in
der Peripherie der Welt gewesen ist. Der Kampfplatz um die Herrschaft über
die Welt liegt auch nur in Europa lind in den europäischen Meeren. Wer
in Europa unangreifbar ist, den: fällt die Herrschaft über das Weltmeer zu.
Die Bedingungen aber für eine gesunde Zukunft des deutschen Volks -- Ge¬
sundheit ist bei einem Volte eine moralische Eigenschaft --, die liegen nicht
auf dem Wasser, sondern da, wo seine Wiegen stehn, bei den einfachen Leuten
im Wald und auf dem Felde. Hier muß die Mannschaft geboren und erzogen
werden, die als Vsr sacrum die Welt erobern soll. Was aber viel wichtiger
ist: hier soll anch die Jugend erzogen werden, die dem von den Vätern er¬
erbten Gemeinwesen mit den Tugenden ihrer Väter zu dienen bereit ist, wie
der Leib dem Geiste, wie der Sohn dem Vater, wie der Soldat der Fahne,
wie der gute Preuße seinem Könige, weil sie eins mit ihm sind. Diese
Menschenernte zu erhalten, das ist die eigentliche Agrarfrage, anch die rücksichts¬
loseste Agrarpolitik könnte schließlich hingenommen werden, wenn sie nur dazu
führte.

(Schluß folgt)




zahlbaren Menschenseelen gewonnen N'erden kann, Hier siegt die größte Wachs¬
tumskraft, Ist der Acker richtig bestellt und gutes Saatkorn genommen, so
muß der Weizen aufgehn. Wo der Weizen ausbleibt, da muß das Unkraut
wuchern; und wenn man auch noch so gegen das Unkraut wütet, der Weizen
bleibt doch aus. So steht es bei uns: der Weizen bleibt aus, und das ist
unsre, ganz allein unsre Schuld,

Ich wiederhole nochmals: man scheide die Poleufrage aus, um das Problem
rein zu erhalte». Das deutsche Volk wird in seinen alten Landsitzen wurzellos.
Darüber darf uns auch das Wachstum der absoluten Zahl nicht hinwegtäuschen.
Was bedeutet denn die Zahl für die Kraft eines Volks? Nicht mehr als der
Fettansatz und das Gewicht für die Kraft eines Leibes; er vermehrt nicht die
Muskelkraft und die Wachstumskraft und die Zeugungskraft. So vermehrt
auch das Wachstum der städtischen Bevölkerung nicht die Zukunftskraft eines
Volks, seine Virilität.

Dieser Landverlust in der Heimat kann uns auch durch keinen Landgewüm
auf dein Erdenrund und durch keinen Ncichtumsgewiun im Welthandel ersetzt
werden. Das Wort Weltpolitik hat ja vielen Leuten das Augenmaß verdorben.
Sie sehen nicht, daß alle diese Dinge, die man heute fälschlich mit dem Worte
Welt belegt, wie Afrika und China, Samoa und Kleinasien und dergleichen,
nur Kleinigkeiten sind gegen Posen, Westpreußen und Schlesien, Die wirk¬
liche große Welt liegt in Europa, das ist jedem klar, der einmal draußen in
der Peripherie der Welt gewesen ist. Der Kampfplatz um die Herrschaft über
die Welt liegt auch nur in Europa lind in den europäischen Meeren. Wer
in Europa unangreifbar ist, den: fällt die Herrschaft über das Weltmeer zu.
Die Bedingungen aber für eine gesunde Zukunft des deutschen Volks — Ge¬
sundheit ist bei einem Volte eine moralische Eigenschaft —, die liegen nicht
auf dem Wasser, sondern da, wo seine Wiegen stehn, bei den einfachen Leuten
im Wald und auf dem Felde. Hier muß die Mannschaft geboren und erzogen
werden, die als Vsr sacrum die Welt erobern soll. Was aber viel wichtiger
ist: hier soll anch die Jugend erzogen werden, die dem von den Vätern er¬
erbten Gemeinwesen mit den Tugenden ihrer Väter zu dienen bereit ist, wie
der Leib dem Geiste, wie der Sohn dem Vater, wie der Soldat der Fahne,
wie der gute Preuße seinem Könige, weil sie eins mit ihm sind. Diese
Menschenernte zu erhalten, das ist die eigentliche Agrarfrage, anch die rücksichts¬
loseste Agrarpolitik könnte schließlich hingenommen werden, wenn sie nur dazu
führte.

(Schluß folgt)




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[0504] zahlbaren Menschenseelen gewonnen N'erden kann, Hier siegt die größte Wachs¬ tumskraft, Ist der Acker richtig bestellt und gutes Saatkorn genommen, so muß der Weizen aufgehn. Wo der Weizen ausbleibt, da muß das Unkraut wuchern; und wenn man auch noch so gegen das Unkraut wütet, der Weizen bleibt doch aus. So steht es bei uns: der Weizen bleibt aus, und das ist unsre, ganz allein unsre Schuld, Ich wiederhole nochmals: man scheide die Poleufrage aus, um das Problem rein zu erhalte». Das deutsche Volk wird in seinen alten Landsitzen wurzellos. Darüber darf uns auch das Wachstum der absoluten Zahl nicht hinwegtäuschen. Was bedeutet denn die Zahl für die Kraft eines Volks? Nicht mehr als der Fettansatz und das Gewicht für die Kraft eines Leibes; er vermehrt nicht die Muskelkraft und die Wachstumskraft und die Zeugungskraft. So vermehrt auch das Wachstum der städtischen Bevölkerung nicht die Zukunftskraft eines Volks, seine Virilität. Dieser Landverlust in der Heimat kann uns auch durch keinen Landgewüm auf dein Erdenrund und durch keinen Ncichtumsgewiun im Welthandel ersetzt werden. Das Wort Weltpolitik hat ja vielen Leuten das Augenmaß verdorben. Sie sehen nicht, daß alle diese Dinge, die man heute fälschlich mit dem Worte Welt belegt, wie Afrika und China, Samoa und Kleinasien und dergleichen, nur Kleinigkeiten sind gegen Posen, Westpreußen und Schlesien, Die wirk¬ liche große Welt liegt in Europa, das ist jedem klar, der einmal draußen in der Peripherie der Welt gewesen ist. Der Kampfplatz um die Herrschaft über die Welt liegt auch nur in Europa lind in den europäischen Meeren. Wer in Europa unangreifbar ist, den: fällt die Herrschaft über das Weltmeer zu. Die Bedingungen aber für eine gesunde Zukunft des deutschen Volks — Ge¬ sundheit ist bei einem Volte eine moralische Eigenschaft —, die liegen nicht auf dem Wasser, sondern da, wo seine Wiegen stehn, bei den einfachen Leuten im Wald und auf dem Felde. Hier muß die Mannschaft geboren und erzogen werden, die als Vsr sacrum die Welt erobern soll. Was aber viel wichtiger ist: hier soll anch die Jugend erzogen werden, die dem von den Vätern er¬ erbten Gemeinwesen mit den Tugenden ihrer Väter zu dienen bereit ist, wie der Leib dem Geiste, wie der Sohn dem Vater, wie der Soldat der Fahne, wie der gute Preuße seinem Könige, weil sie eins mit ihm sind. Diese Menschenernte zu erhalten, das ist die eigentliche Agrarfrage, anch die rücksichts¬ loseste Agrarpolitik könnte schließlich hingenommen werden, wenn sie nur dazu führte. (Schluß folgt)

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_233879/504>, abgerufen am 22.06.2024.