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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Erstes Vierteljahr.

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Etwas von Verwaltung und Polizei im sxätröniischün Reich

verbiete, dem Retter aus der Not seine Aufwartung zu machen. Es war nämlich
den Statthaltern verboten, zu den Sophisten, wie die Rhetoren auch hießen, in die
Häuser zu gehn; doch vermag Libanins eine ganze Reihe aufzuzählen, die, das
Verbot nicht achtend, ihm die Ehre erwiesen hätten.

Über den zweiten Fall berichtet er folgendes. Als Jkarius das Amt des
vollsularis L^rias bekleidete, tobte der Pöbel wieder einmal, verjagte die Schau¬
spieler aus dem Theater und schrie, es gehe beim Brotvcrkauf uicht mit rechten
Dingen zu. Jkarius, anstatt die Menge zu bändigen, versprach ihr, alles zu thun,
was sie wünsche, nud das erwies sich nun als unmöglich, denn es gab eben nicht
so viel Brot, daß alle hätten reichlich versorgt werden können. Drei Tage lang
machte sich der Mangel fühlbar, und an jedem Tage wurde die Lage schlimmer.
Vor den Bäckerladen prügelte man sich, und wer keine starken Fäuste hatte,
der brachte statt des Brotes Beulen und zerrissene Kleider heim. Die An¬
gesehenen flohen auf ihre Landgüter und hielten es schon für Gewinn, daß ihnen
die Häuser noch uicht angezündet worden waren. Als Libcmius am dritten Tage
aus dem Bade kam, riefen ihm die Armen zu, die Mahlzeit werde ihm uicht be¬
sonders angenehm verlaufen, denn man gedenke ihm das Haus anzuzünden. Es
hieß, schon seien einige Greise und Kinder Hungers gestorben; eine Frau zeigte ihr
Kind und schrie, wenn man ihr nicht Brot schaffe, bringe sie es um. Da, erzählt
Libanins, bewegte mich ein Gott -- mein eignes Werk ists uicht gewesen --, mit
dem Statthalter zu reden. Ich ließ mich, da mein Pferd uicht zur Hand war,
von den Sklaven hintragen (er litt so sehr an der Gicht, daß er sich oft auch in
die Schule trugen lassen mußte) und brachte ihn mit Vorstellungen und Bitten
dahin, daß er vou seinen Maßregeln gegen die Bäcker Abstand zu nehmen ver¬
sprach. Das genügte jedoch nicht. Es waren zu wenig Bäcker in der Stadt; man
mußte die hereinholen, die sich auf die Berge geflüchtet nud in Höhlen verkrochen
hatten, und das war uicht leicht, weil sie den Versprechungen der Obrigkeit uicht
trauten. Da machte ich mich selbst aus Werk, und mich hielten sie für einen zu¬
verlässigen Bürgen, dn sie sich erinnerten, wie ich sie unter Philagrius von der
Folter errettet hatte; zum Dank dafür, sagten sie, seien sie bereit, Wenns sein müßte,
ihre eignen Kinder ins Feuer zu werfen. Eine Nacht genügte, Wandel zu schaffen,
und um andern Morgen gab es Brot die Hülle und Fülle. Alles jubelte, daß
die Hungersnot vorüber sei, und vor Freude siel man einander ans dem Markte
um den Hals.

Daneben spielte sich noch eine charakteristische Episode ab, die einen einzelnen
Mann betraf. Jkarius hatte sich verleiten lassen, die Brotanfsicht einem gewissen
Kcmdidus anzuvertrauen, der sein Amt zu Erpressungen mißbrauchte: Bäcker, die
ihm nicht tüchtig zahlten, wurden gepeinigt. So ließ er einen alten Mann, der
täglich eine sehr bedeutende Menge Weizenmehl verhüt, unter dem Vorwand, er
betrüge, entkleiden, blutig schlagen und dann den übel Zugerichteten in der Stadt
herumführen. Als die Schergen bei dem Hause des Bäckers vorüberkamen, über¬
gaben sie ihn der kniefällig bittenden Frau und schickten sogar, um sein Leben be¬
sorgt, nach einem Arzte. Libanins erfährt den Vorfall und erkundigt sich, ob die
schuldige Behörde auch die Kurkosten bezahlen werde. Der Bericht über die Mi߬
handlungen regt ihn dermaßen auf, daß ihm Essen und Trinken vergeht, und er
von den Wunden des Mannes träumt. Er muntert die Frau auf, zu klagen, was
sie ohne seinen Beistand nicht gewagt haben würde. Wer wüßte nicht, schließt
Libanins diese Erzählung, daß ich, die Stadt durchwnndelnd, bei keinem Weinenden
vorübergehe, sondern stehn bleibe, mich erkundige, wer dem Klagenden ein Unrecht
zugefügt habe, und wenn ich ihm nicht sein Recht verschaffen kann, wenigstens seinen
Schmerz teile!


Etwas von Verwaltung und Polizei im sxätröniischün Reich

verbiete, dem Retter aus der Not seine Aufwartung zu machen. Es war nämlich
den Statthaltern verboten, zu den Sophisten, wie die Rhetoren auch hießen, in die
Häuser zu gehn; doch vermag Libanins eine ganze Reihe aufzuzählen, die, das
Verbot nicht achtend, ihm die Ehre erwiesen hätten.

Über den zweiten Fall berichtet er folgendes. Als Jkarius das Amt des
vollsularis L^rias bekleidete, tobte der Pöbel wieder einmal, verjagte die Schau¬
spieler aus dem Theater und schrie, es gehe beim Brotvcrkauf uicht mit rechten
Dingen zu. Jkarius, anstatt die Menge zu bändigen, versprach ihr, alles zu thun,
was sie wünsche, nud das erwies sich nun als unmöglich, denn es gab eben nicht
so viel Brot, daß alle hätten reichlich versorgt werden können. Drei Tage lang
machte sich der Mangel fühlbar, und an jedem Tage wurde die Lage schlimmer.
Vor den Bäckerladen prügelte man sich, und wer keine starken Fäuste hatte,
der brachte statt des Brotes Beulen und zerrissene Kleider heim. Die An¬
gesehenen flohen auf ihre Landgüter und hielten es schon für Gewinn, daß ihnen
die Häuser noch uicht angezündet worden waren. Als Libcmius am dritten Tage
aus dem Bade kam, riefen ihm die Armen zu, die Mahlzeit werde ihm uicht be¬
sonders angenehm verlaufen, denn man gedenke ihm das Haus anzuzünden. Es
hieß, schon seien einige Greise und Kinder Hungers gestorben; eine Frau zeigte ihr
Kind und schrie, wenn man ihr nicht Brot schaffe, bringe sie es um. Da, erzählt
Libanins, bewegte mich ein Gott — mein eignes Werk ists uicht gewesen —, mit
dem Statthalter zu reden. Ich ließ mich, da mein Pferd uicht zur Hand war,
von den Sklaven hintragen (er litt so sehr an der Gicht, daß er sich oft auch in
die Schule trugen lassen mußte) und brachte ihn mit Vorstellungen und Bitten
dahin, daß er vou seinen Maßregeln gegen die Bäcker Abstand zu nehmen ver¬
sprach. Das genügte jedoch nicht. Es waren zu wenig Bäcker in der Stadt; man
mußte die hereinholen, die sich auf die Berge geflüchtet nud in Höhlen verkrochen
hatten, und das war uicht leicht, weil sie den Versprechungen der Obrigkeit uicht
trauten. Da machte ich mich selbst aus Werk, und mich hielten sie für einen zu¬
verlässigen Bürgen, dn sie sich erinnerten, wie ich sie unter Philagrius von der
Folter errettet hatte; zum Dank dafür, sagten sie, seien sie bereit, Wenns sein müßte,
ihre eignen Kinder ins Feuer zu werfen. Eine Nacht genügte, Wandel zu schaffen,
und um andern Morgen gab es Brot die Hülle und Fülle. Alles jubelte, daß
die Hungersnot vorüber sei, und vor Freude siel man einander ans dem Markte
um den Hals.

Daneben spielte sich noch eine charakteristische Episode ab, die einen einzelnen
Mann betraf. Jkarius hatte sich verleiten lassen, die Brotanfsicht einem gewissen
Kcmdidus anzuvertrauen, der sein Amt zu Erpressungen mißbrauchte: Bäcker, die
ihm nicht tüchtig zahlten, wurden gepeinigt. So ließ er einen alten Mann, der
täglich eine sehr bedeutende Menge Weizenmehl verhüt, unter dem Vorwand, er
betrüge, entkleiden, blutig schlagen und dann den übel Zugerichteten in der Stadt
herumführen. Als die Schergen bei dem Hause des Bäckers vorüberkamen, über¬
gaben sie ihn der kniefällig bittenden Frau und schickten sogar, um sein Leben be¬
sorgt, nach einem Arzte. Libanins erfährt den Vorfall und erkundigt sich, ob die
schuldige Behörde auch die Kurkosten bezahlen werde. Der Bericht über die Mi߬
handlungen regt ihn dermaßen auf, daß ihm Essen und Trinken vergeht, und er
von den Wunden des Mannes träumt. Er muntert die Frau auf, zu klagen, was
sie ohne seinen Beistand nicht gewagt haben würde. Wer wüßte nicht, schließt
Libanins diese Erzählung, daß ich, die Stadt durchwnndelnd, bei keinem Weinenden
vorübergehe, sondern stehn bleibe, mich erkundige, wer dem Klagenden ein Unrecht
zugefügt habe, und wenn ich ihm nicht sein Recht verschaffen kann, wenigstens seinen
Schmerz teile!


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[0484] Etwas von Verwaltung und Polizei im sxätröniischün Reich verbiete, dem Retter aus der Not seine Aufwartung zu machen. Es war nämlich den Statthaltern verboten, zu den Sophisten, wie die Rhetoren auch hießen, in die Häuser zu gehn; doch vermag Libanins eine ganze Reihe aufzuzählen, die, das Verbot nicht achtend, ihm die Ehre erwiesen hätten. Über den zweiten Fall berichtet er folgendes. Als Jkarius das Amt des vollsularis L^rias bekleidete, tobte der Pöbel wieder einmal, verjagte die Schau¬ spieler aus dem Theater und schrie, es gehe beim Brotvcrkauf uicht mit rechten Dingen zu. Jkarius, anstatt die Menge zu bändigen, versprach ihr, alles zu thun, was sie wünsche, nud das erwies sich nun als unmöglich, denn es gab eben nicht so viel Brot, daß alle hätten reichlich versorgt werden können. Drei Tage lang machte sich der Mangel fühlbar, und an jedem Tage wurde die Lage schlimmer. Vor den Bäckerladen prügelte man sich, und wer keine starken Fäuste hatte, der brachte statt des Brotes Beulen und zerrissene Kleider heim. Die An¬ gesehenen flohen auf ihre Landgüter und hielten es schon für Gewinn, daß ihnen die Häuser noch uicht angezündet worden waren. Als Libcmius am dritten Tage aus dem Bade kam, riefen ihm die Armen zu, die Mahlzeit werde ihm uicht be¬ sonders angenehm verlaufen, denn man gedenke ihm das Haus anzuzünden. Es hieß, schon seien einige Greise und Kinder Hungers gestorben; eine Frau zeigte ihr Kind und schrie, wenn man ihr nicht Brot schaffe, bringe sie es um. Da, erzählt Libanins, bewegte mich ein Gott — mein eignes Werk ists uicht gewesen —, mit dem Statthalter zu reden. Ich ließ mich, da mein Pferd uicht zur Hand war, von den Sklaven hintragen (er litt so sehr an der Gicht, daß er sich oft auch in die Schule trugen lassen mußte) und brachte ihn mit Vorstellungen und Bitten dahin, daß er vou seinen Maßregeln gegen die Bäcker Abstand zu nehmen ver¬ sprach. Das genügte jedoch nicht. Es waren zu wenig Bäcker in der Stadt; man mußte die hereinholen, die sich auf die Berge geflüchtet nud in Höhlen verkrochen hatten, und das war uicht leicht, weil sie den Versprechungen der Obrigkeit uicht trauten. Da machte ich mich selbst aus Werk, und mich hielten sie für einen zu¬ verlässigen Bürgen, dn sie sich erinnerten, wie ich sie unter Philagrius von der Folter errettet hatte; zum Dank dafür, sagten sie, seien sie bereit, Wenns sein müßte, ihre eignen Kinder ins Feuer zu werfen. Eine Nacht genügte, Wandel zu schaffen, und um andern Morgen gab es Brot die Hülle und Fülle. Alles jubelte, daß die Hungersnot vorüber sei, und vor Freude siel man einander ans dem Markte um den Hals. Daneben spielte sich noch eine charakteristische Episode ab, die einen einzelnen Mann betraf. Jkarius hatte sich verleiten lassen, die Brotanfsicht einem gewissen Kcmdidus anzuvertrauen, der sein Amt zu Erpressungen mißbrauchte: Bäcker, die ihm nicht tüchtig zahlten, wurden gepeinigt. So ließ er einen alten Mann, der täglich eine sehr bedeutende Menge Weizenmehl verhüt, unter dem Vorwand, er betrüge, entkleiden, blutig schlagen und dann den übel Zugerichteten in der Stadt herumführen. Als die Schergen bei dem Hause des Bäckers vorüberkamen, über¬ gaben sie ihn der kniefällig bittenden Frau und schickten sogar, um sein Leben be¬ sorgt, nach einem Arzte. Libanins erfährt den Vorfall und erkundigt sich, ob die schuldige Behörde auch die Kurkosten bezahlen werde. Der Bericht über die Mi߬ handlungen regt ihn dermaßen auf, daß ihm Essen und Trinken vergeht, und er von den Wunden des Mannes träumt. Er muntert die Frau auf, zu klagen, was sie ohne seinen Beistand nicht gewagt haben würde. Wer wüßte nicht, schließt Libanins diese Erzählung, daß ich, die Stadt durchwnndelnd, bei keinem Weinenden vorübergehe, sondern stehn bleibe, mich erkundige, wer dem Klagenden ein Unrecht zugefügt habe, und wenn ich ihm nicht sein Recht verschaffen kann, wenigstens seinen Schmerz teile!

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_233879/484>, abgerufen am 21.06.2024.