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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Erstes Vierteljahr.

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U.um.ülznngen unter Edward und Maria gefügt. Diese Masse der lebe ein-
sah.leidende Verändcrnnq verhaßt n>ar. die aber doch dnrch ihr bloßes Duse".
einer Politik, die sie zu gängeln wußte, ein großes Geivicht verleih" mußte,
diese Masse zu befriedige,., war Elisabeths Ziel, Sie behandelte die ganze
Frage der Kirchenverbessenmg wie ihr Vater nur vom rein politischen Stand-
Pnnkt, und mit dem Selbstbewußtsein einer Tndorfürstm erwartete sie, da,;,
was ihrer humanistische" Bildung annehmbar war, auch allen Teilen ihres
Volks genügen müßte, Sie sah auf alle theologischen Streitigkeiten mit der
Unbefangenheit größter Gleichgiltigkeit; aber von Glaubensfreiheit wußte sie
so wenig wie die sächsisch." Eiferer, die de" Kanzler Kreil ans den Block
brachten', wie denn Glaubensfreiheit in England überhaupt ein Gewächs von
uicht hohem Alter ist. ^, , <>.

Ju der Trennung von Rom und der Wiederherstellung der königlichen
Oberhoheit über die Kirche ging sie nnr in der Bahn, die schon Cromwell ein¬
geschlagen hatte. Ein Entgegenkommen gegen die Protestanten zeigte sich erst
'" den Änderungen der Lehre, die sie gut hieß, und am meisten vielleicht ,n
der Zulassung der Priesterehe, die ihr übrigens persönlich zuwider war, wie
sie der Frau des Erzbischofs Parker unverblümt zu verstehn gab. Das konnte
jedoch den Protestanten nicht genüge". Es ging nicht weit geung, die eng¬
lische Kirche zu einer protestantischen zu macheu. Die englische Kirche ist auch
später nie protestantisch geworden. Was sie mit den protestantischen Kirchen
des Festlands gemein hat. ist die Verwerfung der päpstlichen Gewalt u"d die
Anerkennung der Bibel als alleiniger Quelle der Lehre. Dem eigentlichen
Wesen des Protestantismus steht sie fremd und ablehnend gegenüber, uidem
sie das allgemeine Priestertum verwirft und den Laien eine hierarchisch ge¬
gliederte Priesterkaste entgegenstellt, die ihre Kraft dnrch Handanflegen von
dem Priestertum der alten katholischen Kirche herleitet. Sie sieht in ihrer
Deformation keinen Bruch mit der alten Kirche wie die protestantischen Be¬
kenntnisse Schottlands "ut des Festlands, sondern nnr eine Fortbildung und
bezeichnet sich darum selbst als katholisch.

Bei aller sonstigen Übereinstimmung der Glaubenssätze weist die Hierarchie
der englischen Kirche ihren Platz näher der päpstlichen als den protestantischen
Kirchen an, und das fühlen die wirklichen Protestanten auch nur zu gut.

Die Mehrzahl des englischen Volks nahm die von Elisabeth eingeführte
Reformation an, teils, weil sie damit zufrieden waren, teils, weil damit
wenigstens eine feste Ordnung an die Stelle des Wirrwarrs und der kirch¬
liche" Zuchtlosigkeit trat, teils auch, weil die allmähliche Ersetzung der alten
wmisch gesinnten Geistlichen dnrch mehr protestantisch denkende einen weitern
Fortschritt in der protestantischen Richtung zu versprechen schien. Neben dieser
Masse, die sich fügte, gab es aber eine starke, rechts und links stehende
Minderheit, der die Reformation entweder zu weit oder nicht weit genug ging.
Die päpstliche" Katholiken wollte" das Priestertum der englischen Kirche als


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-,» der einen noch zu der andern Seite und hatte sich nnr ungern den schnellen
U.um.ülznngen unter Edward und Maria gefügt. Diese Masse der lebe ein-
sah.leidende Verändcrnnq verhaßt n>ar. die aber doch dnrch ihr bloßes Duse».
einer Politik, die sie zu gängeln wußte, ein großes Geivicht verleih» mußte,
diese Masse zu befriedige,., war Elisabeths Ziel, Sie behandelte die ganze
Frage der Kirchenverbessenmg wie ihr Vater nur vom rein politischen Stand-
Pnnkt, und mit dem Selbstbewußtsein einer Tndorfürstm erwartete sie, da,;,
was ihrer humanistische» Bildung annehmbar war, auch allen Teilen ihres
Volks genügen müßte, Sie sah auf alle theologischen Streitigkeiten mit der
Unbefangenheit größter Gleichgiltigkeit; aber von Glaubensfreiheit wußte sie
so wenig wie die sächsisch.» Eiferer, die de» Kanzler Kreil ans den Block
brachten', wie denn Glaubensfreiheit in England überhaupt ein Gewächs von
uicht hohem Alter ist. ^, , <>.

Ju der Trennung von Rom und der Wiederherstellung der königlichen
Oberhoheit über die Kirche ging sie nnr in der Bahn, die schon Cromwell ein¬
geschlagen hatte. Ein Entgegenkommen gegen die Protestanten zeigte sich erst
'» den Änderungen der Lehre, die sie gut hieß, und am meisten vielleicht ,n
der Zulassung der Priesterehe, die ihr übrigens persönlich zuwider war, wie
sie der Frau des Erzbischofs Parker unverblümt zu verstehn gab. Das konnte
jedoch den Protestanten nicht genüge». Es ging nicht weit geung, die eng¬
lische Kirche zu einer protestantischen zu macheu. Die englische Kirche ist auch
später nie protestantisch geworden. Was sie mit den protestantischen Kirchen
des Festlands gemein hat. ist die Verwerfung der päpstlichen Gewalt u»d die
Anerkennung der Bibel als alleiniger Quelle der Lehre. Dem eigentlichen
Wesen des Protestantismus steht sie fremd und ablehnend gegenüber, uidem
sie das allgemeine Priestertum verwirft und den Laien eine hierarchisch ge¬
gliederte Priesterkaste entgegenstellt, die ihre Kraft dnrch Handanflegen von
dem Priestertum der alten katholischen Kirche herleitet. Sie sieht in ihrer
Deformation keinen Bruch mit der alten Kirche wie die protestantischen Be¬
kenntnisse Schottlands »ut des Festlands, sondern nnr eine Fortbildung und
bezeichnet sich darum selbst als katholisch.

Bei aller sonstigen Übereinstimmung der Glaubenssätze weist die Hierarchie
der englischen Kirche ihren Platz näher der päpstlichen als den protestantischen
Kirchen an, und das fühlen die wirklichen Protestanten auch nur zu gut.

Die Mehrzahl des englischen Volks nahm die von Elisabeth eingeführte
Reformation an, teils, weil sie damit zufrieden waren, teils, weil damit
wenigstens eine feste Ordnung an die Stelle des Wirrwarrs und der kirch¬
liche» Zuchtlosigkeit trat, teils auch, weil die allmähliche Ersetzung der alten
wmisch gesinnten Geistlichen dnrch mehr protestantisch denkende einen weitern
Fortschritt in der protestantischen Richtung zu versprechen schien. Neben dieser
Masse, die sich fügte, gab es aber eine starke, rechts und links stehende
Minderheit, der die Reformation entweder zu weit oder nicht weit genug ging.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_233879/453>, abgerufen am 21.06.2024.