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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Erstes Vierteljahr.

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Die industriellen Monopole in den vereinigten Staaten

Deutschland mit einem parlamentarischen Regiment kommen würde, das zeigt
schon die Betrachtung, das; wir dann ohne Frage ein klerikal-demokratisches
Ministerium haben würden, wovor doch den Konservativen und National-
liberalen gleichmäßig graut, das zeigt auch der unbelehrbare Unverstand unsrer
"nationalen" Presse in den Fragen der auswärtigen Politik. Glücklicherweise
steht eine solche Wendung ganz außer Frage, und zum Glück läßt sich der Kaiser
seinen persönlichen Willen auch nicht nehmen. Um so zweckloser ist die ganze
Opposition, die zu gar nichts führen kann, die nur das Mißtrauen fort¬
während nährt und die Stimmung vergiftet. Schon Fürst Bismarck hat 1862
gesagt, man nehme den "Konflikt" viel zu tragisch; dasselbe trifft heute bei
einem Anlaß zu, der viel weniger für uns bedeutet, als damals der "Konflikt"
für Preußen. Aber wir Deutschen sind immer ein fanatisches Volk gewesen ;
sonst hätten wir uns im sechzehnten und siebzehnten Jahrhundert nicht um
religiöser Fragen willen zerfleischt und damit unsre Weltstellung zu Grunde
gerichtet.

Die Stimmung des Volks soll in der Presse zum Ausdruck kommen, das
ist das gute Recht der Presse, aber ebenso ist es ihre Pflicht, die Lage ver¬
ständig zu erwägen. Diese Pflicht erfüllt sie nicht, wenn sie in der bisherigen
unbesonnenen Weise hetzt und schürt, statt zu vermitteln und aufzuklären; diese
Pflicht suchen wir hier nach bestem Wissen zu erfüllen, und wir drücken dabei
nicht nur unsre eigne Meinung, sondern auch die Meinung einer ganzen Anzahl
von sehr urteilsfähigen Männern aus, die sich nicht von dem Strome mit fort¬
reißen lassen. Helfen wird es vermutlich allerdings nichts. Die Preßorgaue,
die wir im Auge haben, sind viel zu sehr verrannt, als daß sie wieder zurück
könnten, und einen Irrtum einzugestehn, ist ja schon ihrer Eigenliebe unmöglich.
Also erwarten wir wieder totgeschwiegen zu werden, wenn man uns nicht
widerlegen kann, aber das soll uns nicht hindern, unsre Meinung offen zu
sagen, allem Gerede und allen Verdächtigungen zum Trotz. Denn "Verstand
" ist stets bei wenigen nur gewesen."




Die industriellen Monopole in den vereinigten Staaten
t von Oswald Lollmann Nach neuern (yuellen dargestell

bwohl jeder Kaufmann oder Fabrikant in der Theorie die Kon¬
kurrenz, den freien Wettbewerb, für die Lebensluft erklärt, ohne
die Handel und Gewerbe nicht bestehn können, ist er doch in
der Praxis jederzeit bereit, sich gewissen natürlichen Folgen der
Konkurrenz, insbesondre dem Druck, den sie auf die Preise aus-
zuüben pflegt, nach Möglichkeit zu entziehn. Das bequemste Mittel hierzu


Die industriellen Monopole in den vereinigten Staaten

Deutschland mit einem parlamentarischen Regiment kommen würde, das zeigt
schon die Betrachtung, das; wir dann ohne Frage ein klerikal-demokratisches
Ministerium haben würden, wovor doch den Konservativen und National-
liberalen gleichmäßig graut, das zeigt auch der unbelehrbare Unverstand unsrer
„nationalen" Presse in den Fragen der auswärtigen Politik. Glücklicherweise
steht eine solche Wendung ganz außer Frage, und zum Glück läßt sich der Kaiser
seinen persönlichen Willen auch nicht nehmen. Um so zweckloser ist die ganze
Opposition, die zu gar nichts führen kann, die nur das Mißtrauen fort¬
während nährt und die Stimmung vergiftet. Schon Fürst Bismarck hat 1862
gesagt, man nehme den „Konflikt" viel zu tragisch; dasselbe trifft heute bei
einem Anlaß zu, der viel weniger für uns bedeutet, als damals der „Konflikt"
für Preußen. Aber wir Deutschen sind immer ein fanatisches Volk gewesen ;
sonst hätten wir uns im sechzehnten und siebzehnten Jahrhundert nicht um
religiöser Fragen willen zerfleischt und damit unsre Weltstellung zu Grunde
gerichtet.

Die Stimmung des Volks soll in der Presse zum Ausdruck kommen, das
ist das gute Recht der Presse, aber ebenso ist es ihre Pflicht, die Lage ver¬
ständig zu erwägen. Diese Pflicht erfüllt sie nicht, wenn sie in der bisherigen
unbesonnenen Weise hetzt und schürt, statt zu vermitteln und aufzuklären; diese
Pflicht suchen wir hier nach bestem Wissen zu erfüllen, und wir drücken dabei
nicht nur unsre eigne Meinung, sondern auch die Meinung einer ganzen Anzahl
von sehr urteilsfähigen Männern aus, die sich nicht von dem Strome mit fort¬
reißen lassen. Helfen wird es vermutlich allerdings nichts. Die Preßorgaue,
die wir im Auge haben, sind viel zu sehr verrannt, als daß sie wieder zurück
könnten, und einen Irrtum einzugestehn, ist ja schon ihrer Eigenliebe unmöglich.
Also erwarten wir wieder totgeschwiegen zu werden, wenn man uns nicht
widerlegen kann, aber das soll uns nicht hindern, unsre Meinung offen zu
sagen, allem Gerede und allen Verdächtigungen zum Trotz. Denn „Verstand
" ist stets bei wenigen nur gewesen."




Die industriellen Monopole in den vereinigten Staaten
t von Oswald Lollmann Nach neuern (yuellen dargestell

bwohl jeder Kaufmann oder Fabrikant in der Theorie die Kon¬
kurrenz, den freien Wettbewerb, für die Lebensluft erklärt, ohne
die Handel und Gewerbe nicht bestehn können, ist er doch in
der Praxis jederzeit bereit, sich gewissen natürlichen Folgen der
Konkurrenz, insbesondre dem Druck, den sie auf die Preise aus-
zuüben pflegt, nach Möglichkeit zu entziehn. Das bequemste Mittel hierzu


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[0406] Die industriellen Monopole in den vereinigten Staaten Deutschland mit einem parlamentarischen Regiment kommen würde, das zeigt schon die Betrachtung, das; wir dann ohne Frage ein klerikal-demokratisches Ministerium haben würden, wovor doch den Konservativen und National- liberalen gleichmäßig graut, das zeigt auch der unbelehrbare Unverstand unsrer „nationalen" Presse in den Fragen der auswärtigen Politik. Glücklicherweise steht eine solche Wendung ganz außer Frage, und zum Glück läßt sich der Kaiser seinen persönlichen Willen auch nicht nehmen. Um so zweckloser ist die ganze Opposition, die zu gar nichts führen kann, die nur das Mißtrauen fort¬ während nährt und die Stimmung vergiftet. Schon Fürst Bismarck hat 1862 gesagt, man nehme den „Konflikt" viel zu tragisch; dasselbe trifft heute bei einem Anlaß zu, der viel weniger für uns bedeutet, als damals der „Konflikt" für Preußen. Aber wir Deutschen sind immer ein fanatisches Volk gewesen ; sonst hätten wir uns im sechzehnten und siebzehnten Jahrhundert nicht um religiöser Fragen willen zerfleischt und damit unsre Weltstellung zu Grunde gerichtet. Die Stimmung des Volks soll in der Presse zum Ausdruck kommen, das ist das gute Recht der Presse, aber ebenso ist es ihre Pflicht, die Lage ver¬ ständig zu erwägen. Diese Pflicht erfüllt sie nicht, wenn sie in der bisherigen unbesonnenen Weise hetzt und schürt, statt zu vermitteln und aufzuklären; diese Pflicht suchen wir hier nach bestem Wissen zu erfüllen, und wir drücken dabei nicht nur unsre eigne Meinung, sondern auch die Meinung einer ganzen Anzahl von sehr urteilsfähigen Männern aus, die sich nicht von dem Strome mit fort¬ reißen lassen. Helfen wird es vermutlich allerdings nichts. Die Preßorgaue, die wir im Auge haben, sind viel zu sehr verrannt, als daß sie wieder zurück könnten, und einen Irrtum einzugestehn, ist ja schon ihrer Eigenliebe unmöglich. Also erwarten wir wieder totgeschwiegen zu werden, wenn man uns nicht widerlegen kann, aber das soll uns nicht hindern, unsre Meinung offen zu sagen, allem Gerede und allen Verdächtigungen zum Trotz. Denn „Verstand " ist stets bei wenigen nur gewesen." Die industriellen Monopole in den vereinigten Staaten t von Oswald Lollmann Nach neuern (yuellen dargestell bwohl jeder Kaufmann oder Fabrikant in der Theorie die Kon¬ kurrenz, den freien Wettbewerb, für die Lebensluft erklärt, ohne die Handel und Gewerbe nicht bestehn können, ist er doch in der Praxis jederzeit bereit, sich gewissen natürlichen Folgen der Konkurrenz, insbesondre dem Druck, den sie auf die Preise aus- zuüben pflegt, nach Möglichkeit zu entziehn. Das bequemste Mittel hierzu

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_233879/406>, abgerufen am 27.06.2024.