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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Erstes Vierteljahr.

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Die Siegesallüe in Berlin und ihr bildnerischer Schmuck

Genius ersten Rangs, groß als energischer und erfolgreicher Wiederhersteller der
Ordnung in der Mark durch Bezwingung der Quitzows und alles zuchtlosen Ge-
sindels, großer noch durch die hohe Auffassung seines fürstlichen Berufs als "Gottes
schlichter Amtmann am Fürstentum." Alle seine Macht sah er an als ein ihm von
Gott anvertrautes Gut. Ju diesem Sinne faßte er anch die dem fürstlichen Titel
beigefügte Formel "von Gottes Gnaden," ein gesegneter Mann, dessen Bedeutung
für sein Haus und die Kurmark nicht hoch genug angeschlagen werden kann. Ob
Manzel einen geschichtlichen Anhalt dafür hatte, daß er ihn "ur in mittlerer körper¬
licher Größe dargestellt hat, muß dahingestellt bleiben. Man stellt sich aber un¬
willkürlich den thatkräftigen und unter seinen Zeitgenossen so hoch angesehenen
Fürsten als auch körperlich das Mittelmaß überragend vor. Indessen damit könnte
man sich abfinden. Nun hat Manzel ihn zwar der Zeit und seiner kriegerischen
Bedeutung entsprechend gepanzert dargestellt. Auf dem Hanpte aber trügt hier der
Kurfürst ein niedriges Barett mit breitem, runden Deckel, unter dem das ziemlich
lang getragne, schlichte Haar bis fast ans die Schulter hervorquillt. Schon diese
Kopfbedeckung und Haartracht -- sie mag ja historisch sein -- beeinträchtigt das
Kraftvolle der ganzen Erscheinung. Noch weniger glücklich ist Manzels Gedanke,
über der Rüstung den Kurfürsten mit einem Mantel zu versehen, der, an beiden
Seiten lang geschlitzt, unter dem Hermelinkragen fast glatt und nur rechts eine
lauge und eine kürzere, nicht einmal schöne Falte schlagend bis über die Füße
herabfällt. Natürlich ist das die kurfürstliche Pruuktracht. Sie mag der korrekten
Kostümkunde entsprechen. Künstlerisch wirkt sie in dieser Form unschön und lang¬
weilig. Sie verhüllt die sonst ungezwungen und natürlich dastehende Form viel
zu sehr "ut läßt hinter dem Mantelschlitz "ur das gepanzerte Bein bis über Knie¬
höhe sehen. Das bartlose Gesicht erscheint klug und wohlwollend und möchte
passieren, wenn nur der Gesamteindruck der großen geschichtlichen Bedeutung des
Kurfürsten mehr entspräche. Ein guter Gedanke ist es, daß der Künstler an der
Rückwand in der Mitte der Bank das flache Relicfbildnis der Gemahlin Fried¬
richs I., Elisabeth, einer gebornen Prinzessin von Bildern-Landshut, angebracht hat.
Sie hieß im Munde des Volks "die schöne Elfe," war in jeder Beziehung eine
hervorragende Fürstin und zählt zu den populärsten Gemahlinnen der Hohenzollern.
Das Nelicfbild läßt auch ihre Schönheit erkennen, würde aber noch besser wirken,
wenn es ein wenig schärfer aus dem flachen Grnnde herausgearbeitet wäre. Schön
sind die beide" Büsten zur Seite der schönen Elfe, rechts von ihr der in der
Schlacht am Kremnier Damm 1412 gegen die Pommern gefallne Hans von Hohen-
lohe und links Wend von Jlebnrg (Eulenburg), eine der kräftigsten Stützen des
Kurfürsten, ein Ritter ohne Furcht und Tadel und ein stolzer und würdiger Re¬
präsentant des noch heute blühenden und "in Brandenburg-Preußen hochverdienten
Geschlechts der Grafen zu Eulenburg. Beide Büsten verkörpern auch unverkennbar
den Familientypus sowohl im Hause Hohenlohe wie im Hause Eulenburg sehr glücklich.

Das letzte Standbild in der westlichen Reihe ist das des Kurfürste" Fried¬
rich II. Eisenzahn, des Sohnes Friedrichs 1,, ebenfalls gerüstet und mit dem Knr-
fürstenmantel, der aber vorn offen ist, angethan, eine treffliche Arbeit des Pro¬
fessors Calandrelli. Friedrich II. Eisenzah" war gleich seinem Bruder und Nach¬
folger Albrecht Achilles seinem Vater ebenbürtig an Thatkraft und fürstlichem Sinn,
ein trefflicher Fürst, frommen und friedlichen Sinnes, aber von eiserner, unbeug¬
samer Energie, wo es sich um die Befestigung seiner Herrschaft handelte. Die
ihm augcbotnen Kronen von Böhmen und Polen hat er abgelehnt, dagegen die
ihm untergebnen Gebiete stetig erweitert und die aufsässige Bürgerschaft von Köln-
Berlin kraftvoll zur Raison gebracht. Calandrelli, auf dem Gebiete der historische"
Skulptur durch zahlreiche große Arbeite" längst rühmlich bekannt, hat das Charakter¬
bild des eiserne" Kurfürsten vortrefflich und auch dem Volke verständlich zu ver¬
körpern gewußt. Gerade im Vergleich mit Manzels daneben stehendem Friedrich I.


Die Siegesallüe in Berlin und ihr bildnerischer Schmuck

Genius ersten Rangs, groß als energischer und erfolgreicher Wiederhersteller der
Ordnung in der Mark durch Bezwingung der Quitzows und alles zuchtlosen Ge-
sindels, großer noch durch die hohe Auffassung seines fürstlichen Berufs als „Gottes
schlichter Amtmann am Fürstentum." Alle seine Macht sah er an als ein ihm von
Gott anvertrautes Gut. Ju diesem Sinne faßte er anch die dem fürstlichen Titel
beigefügte Formel „von Gottes Gnaden," ein gesegneter Mann, dessen Bedeutung
für sein Haus und die Kurmark nicht hoch genug angeschlagen werden kann. Ob
Manzel einen geschichtlichen Anhalt dafür hatte, daß er ihn »ur in mittlerer körper¬
licher Größe dargestellt hat, muß dahingestellt bleiben. Man stellt sich aber un¬
willkürlich den thatkräftigen und unter seinen Zeitgenossen so hoch angesehenen
Fürsten als auch körperlich das Mittelmaß überragend vor. Indessen damit könnte
man sich abfinden. Nun hat Manzel ihn zwar der Zeit und seiner kriegerischen
Bedeutung entsprechend gepanzert dargestellt. Auf dem Hanpte aber trügt hier der
Kurfürst ein niedriges Barett mit breitem, runden Deckel, unter dem das ziemlich
lang getragne, schlichte Haar bis fast ans die Schulter hervorquillt. Schon diese
Kopfbedeckung und Haartracht — sie mag ja historisch sein — beeinträchtigt das
Kraftvolle der ganzen Erscheinung. Noch weniger glücklich ist Manzels Gedanke,
über der Rüstung den Kurfürsten mit einem Mantel zu versehen, der, an beiden
Seiten lang geschlitzt, unter dem Hermelinkragen fast glatt und nur rechts eine
lauge und eine kürzere, nicht einmal schöne Falte schlagend bis über die Füße
herabfällt. Natürlich ist das die kurfürstliche Pruuktracht. Sie mag der korrekten
Kostümkunde entsprechen. Künstlerisch wirkt sie in dieser Form unschön und lang¬
weilig. Sie verhüllt die sonst ungezwungen und natürlich dastehende Form viel
zu sehr »ut läßt hinter dem Mantelschlitz »ur das gepanzerte Bein bis über Knie¬
höhe sehen. Das bartlose Gesicht erscheint klug und wohlwollend und möchte
passieren, wenn nur der Gesamteindruck der großen geschichtlichen Bedeutung des
Kurfürsten mehr entspräche. Ein guter Gedanke ist es, daß der Künstler an der
Rückwand in der Mitte der Bank das flache Relicfbildnis der Gemahlin Fried¬
richs I., Elisabeth, einer gebornen Prinzessin von Bildern-Landshut, angebracht hat.
Sie hieß im Munde des Volks „die schöne Elfe," war in jeder Beziehung eine
hervorragende Fürstin und zählt zu den populärsten Gemahlinnen der Hohenzollern.
Das Nelicfbild läßt auch ihre Schönheit erkennen, würde aber noch besser wirken,
wenn es ein wenig schärfer aus dem flachen Grnnde herausgearbeitet wäre. Schön
sind die beide» Büsten zur Seite der schönen Elfe, rechts von ihr der in der
Schlacht am Kremnier Damm 1412 gegen die Pommern gefallne Hans von Hohen-
lohe und links Wend von Jlebnrg (Eulenburg), eine der kräftigsten Stützen des
Kurfürsten, ein Ritter ohne Furcht und Tadel und ein stolzer und würdiger Re¬
präsentant des noch heute blühenden und »in Brandenburg-Preußen hochverdienten
Geschlechts der Grafen zu Eulenburg. Beide Büsten verkörpern auch unverkennbar
den Familientypus sowohl im Hause Hohenlohe wie im Hause Eulenburg sehr glücklich.

Das letzte Standbild in der westlichen Reihe ist das des Kurfürste» Fried¬
rich II. Eisenzahn, des Sohnes Friedrichs 1,, ebenfalls gerüstet und mit dem Knr-
fürstenmantel, der aber vorn offen ist, angethan, eine treffliche Arbeit des Pro¬
fessors Calandrelli. Friedrich II. Eisenzah» war gleich seinem Bruder und Nach¬
folger Albrecht Achilles seinem Vater ebenbürtig an Thatkraft und fürstlichem Sinn,
ein trefflicher Fürst, frommen und friedlichen Sinnes, aber von eiserner, unbeug¬
samer Energie, wo es sich um die Befestigung seiner Herrschaft handelte. Die
ihm augcbotnen Kronen von Böhmen und Polen hat er abgelehnt, dagegen die
ihm untergebnen Gebiete stetig erweitert und die aufsässige Bürgerschaft von Köln-
Berlin kraftvoll zur Raison gebracht. Calandrelli, auf dem Gebiete der historische»
Skulptur durch zahlreiche große Arbeite» längst rühmlich bekannt, hat das Charakter¬
bild des eiserne» Kurfürsten vortrefflich und auch dem Volke verständlich zu ver¬
körpern gewußt. Gerade im Vergleich mit Manzels daneben stehendem Friedrich I.


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[0396] Die Siegesallüe in Berlin und ihr bildnerischer Schmuck Genius ersten Rangs, groß als energischer und erfolgreicher Wiederhersteller der Ordnung in der Mark durch Bezwingung der Quitzows und alles zuchtlosen Ge- sindels, großer noch durch die hohe Auffassung seines fürstlichen Berufs als „Gottes schlichter Amtmann am Fürstentum." Alle seine Macht sah er an als ein ihm von Gott anvertrautes Gut. Ju diesem Sinne faßte er anch die dem fürstlichen Titel beigefügte Formel „von Gottes Gnaden," ein gesegneter Mann, dessen Bedeutung für sein Haus und die Kurmark nicht hoch genug angeschlagen werden kann. Ob Manzel einen geschichtlichen Anhalt dafür hatte, daß er ihn »ur in mittlerer körper¬ licher Größe dargestellt hat, muß dahingestellt bleiben. Man stellt sich aber un¬ willkürlich den thatkräftigen und unter seinen Zeitgenossen so hoch angesehenen Fürsten als auch körperlich das Mittelmaß überragend vor. Indessen damit könnte man sich abfinden. Nun hat Manzel ihn zwar der Zeit und seiner kriegerischen Bedeutung entsprechend gepanzert dargestellt. Auf dem Hanpte aber trügt hier der Kurfürst ein niedriges Barett mit breitem, runden Deckel, unter dem das ziemlich lang getragne, schlichte Haar bis fast ans die Schulter hervorquillt. Schon diese Kopfbedeckung und Haartracht — sie mag ja historisch sein — beeinträchtigt das Kraftvolle der ganzen Erscheinung. Noch weniger glücklich ist Manzels Gedanke, über der Rüstung den Kurfürsten mit einem Mantel zu versehen, der, an beiden Seiten lang geschlitzt, unter dem Hermelinkragen fast glatt und nur rechts eine lauge und eine kürzere, nicht einmal schöne Falte schlagend bis über die Füße herabfällt. Natürlich ist das die kurfürstliche Pruuktracht. Sie mag der korrekten Kostümkunde entsprechen. Künstlerisch wirkt sie in dieser Form unschön und lang¬ weilig. Sie verhüllt die sonst ungezwungen und natürlich dastehende Form viel zu sehr »ut läßt hinter dem Mantelschlitz »ur das gepanzerte Bein bis über Knie¬ höhe sehen. Das bartlose Gesicht erscheint klug und wohlwollend und möchte passieren, wenn nur der Gesamteindruck der großen geschichtlichen Bedeutung des Kurfürsten mehr entspräche. Ein guter Gedanke ist es, daß der Künstler an der Rückwand in der Mitte der Bank das flache Relicfbildnis der Gemahlin Fried¬ richs I., Elisabeth, einer gebornen Prinzessin von Bildern-Landshut, angebracht hat. Sie hieß im Munde des Volks „die schöne Elfe," war in jeder Beziehung eine hervorragende Fürstin und zählt zu den populärsten Gemahlinnen der Hohenzollern. Das Nelicfbild läßt auch ihre Schönheit erkennen, würde aber noch besser wirken, wenn es ein wenig schärfer aus dem flachen Grnnde herausgearbeitet wäre. Schön sind die beide» Büsten zur Seite der schönen Elfe, rechts von ihr der in der Schlacht am Kremnier Damm 1412 gegen die Pommern gefallne Hans von Hohen- lohe und links Wend von Jlebnrg (Eulenburg), eine der kräftigsten Stützen des Kurfürsten, ein Ritter ohne Furcht und Tadel und ein stolzer und würdiger Re¬ präsentant des noch heute blühenden und »in Brandenburg-Preußen hochverdienten Geschlechts der Grafen zu Eulenburg. Beide Büsten verkörpern auch unverkennbar den Familientypus sowohl im Hause Hohenlohe wie im Hause Eulenburg sehr glücklich. Das letzte Standbild in der westlichen Reihe ist das des Kurfürste» Fried¬ rich II. Eisenzahn, des Sohnes Friedrichs 1,, ebenfalls gerüstet und mit dem Knr- fürstenmantel, der aber vorn offen ist, angethan, eine treffliche Arbeit des Pro¬ fessors Calandrelli. Friedrich II. Eisenzah» war gleich seinem Bruder und Nach¬ folger Albrecht Achilles seinem Vater ebenbürtig an Thatkraft und fürstlichem Sinn, ein trefflicher Fürst, frommen und friedlichen Sinnes, aber von eiserner, unbeug¬ samer Energie, wo es sich um die Befestigung seiner Herrschaft handelte. Die ihm augcbotnen Kronen von Böhmen und Polen hat er abgelehnt, dagegen die ihm untergebnen Gebiete stetig erweitert und die aufsässige Bürgerschaft von Köln- Berlin kraftvoll zur Raison gebracht. Calandrelli, auf dem Gebiete der historische» Skulptur durch zahlreiche große Arbeite» längst rühmlich bekannt, hat das Charakter¬ bild des eiserne» Kurfürsten vortrefflich und auch dem Volke verständlich zu ver¬ körpern gewußt. Gerade im Vergleich mit Manzels daneben stehendem Friedrich I.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_233879/396>, abgerufen am 01.07.2024.