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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Erstes Vierteljahr.

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Die Siegesallee in Berlin und ihr bildnerischer Schmuck

Die Wittelsbacher sind wirklich in der Siegesallee sehr gut weggekommen. Auch
die beiden Büsten dieser Gruppe, links Thilo von Brügge, ein Pcitrizischer Berliner
Bürger und Vertrauensmann der Wittelsbacher, rechts Thilo vou Wartenberg, ein
streitbarer Berliner Charakterkopf oder auch Querkopf, der unter den Wittelsbacher"
und Karl IV. eine große Rolle spielte, sind treffliche künstlerische Leistungen.

Der auf Otto den Funken folgende luxemburgische Kaiser Karl IV., "Böhmens
Vnder, des Deutschen Reichs Erzstiefvater," war ein verschlagner und rücksichtsloser
aber für die Mark wichtiger und fruchtbarer Herr. Sparsam und "gerissen" wirt¬
schaftete er für das Land und die eigne Tasche und schuf in dem zurückgekommneu
Lande wieder leidliche Ordnung. Sein Standbild von Ludwig Cauer ist sehr
charakteristisch und nimmt sich aus wie das unmittelbare Gegenstück zu Otto dem
Faulen. Und das wirkt sehr hübsch. Die rechte Hand hält der Kaiser auf der
Geldtasche, die ihm an der Hüfte hängt -- unser Kaiser soll ihn deshalb bei der
Enthüllung der Gruppe mit dem Finanzminister von Miguel verglichen haben --,
und in der linken trägt er das auf feine Anordnung verfaßte, nach ihm benannte
"Landbuch," eine Art Kataster über die Städte, Dörfer und Edelsitze des Landes.
Gut sind auch die beiden Büsten, der Erzbischof Dietrich Porritz, genannt Kagelwit
von Magdeburg, ein herrlicher Kopf, und der Stendaler Klaus von Bismarck, der
übrigens gegen Karl IV. auf der Seite der Wittelsbacher stand.

Nach Karls IV. Tode (1378) kam für die Mark eine bitterböse Zeit. Das Land
war von König Wenzel von Böhmen seinem schönen Bruder Sigismund überlassen.
Der aber kümmerte sich wenig um die Mark und verpfändete sie seinem Vetter
Jobst von Mähren, unter dem das Land in der greulichsten Zerrüttung war. Es
war die Zeit der Zuchtlosigkeit und der völligen Auflösung aller staatlichen Ord¬
nung. Immerhin war Kaiser Sigismund der Landesherr der Mark. Er durfte
um so weniger fehlen, als die Installierung der Hohenzollern in der Mark von
ihm ausgegangen ist. Der Bildhauer Engen Borant hat thu als eine schöne, ritter¬
lich kostümierte, mit dem vorn offnen kaiserlichen Mantel und dem geflügelten Helm
geschmückte Idealfigur hingestellt. In der linken Hand hält der Kaiser eine mit
großem Siegel versehene Urkunde, offenbar den Lehnsbrief, durch den er dem Burg¬
grafen Friedrich VI. von Nürnberg die Mark und mit ihr die Kur- und Erz¬
kämmererwürde des Reichs verliehen hat. Ein glücklicher, geschichtlich konkreter
Gedanke, durch den der im übrigen bei aller männlichen Schönheit theatralisch und
konventionell erscheinenden Figur -- sie könnte fast ebenso gut als Lohengrin, etwa
in Niemannscher Auffassung gelten - wenigstens ein Anflug historisch individuellen
Gepräges verliehen wird. Gegen die Büste des Landeshauptmanns der Mittel¬
mark, des ritterlichen Lippold von Bredow, ist nichts einzuwenden. Interessant ist
die zweite Büste. Sie stellt den Berliner Patrizier Bernb Ryke dar. der, reich
an Besitz, eine Stütze des ersten hohenzollernschen Kurfürsten war.

,,^n ^er aus beginnt in ununterbrochuer Folge die Reihe der Hohenzollern.
Zunächst kommen wir zu dem geschichtlich wichtigsten, dem Kurfürsten Friedrich I.
"er Kaser hat die Ausführung einem unsrer begabtesten und genialsten jünger"
^ s in?"^" Professor Ludwig Menzel, dem Schöpfer des durch die Ausstellung
och Modells in der Großen Berliner Kunstausstellung mit Recht berühmt gewordnen
"lowssalbrunnens und einer in Quedlinburg aufgestellten schönen Gruppe "Krieg
und Frieden" übertragen. Der Brunnen ist inzwischen in Stettin in Bronze aus¬
geführt und ist der größte künstlerische Schmuck der sich seit ihrer Entfestiguug immer
reicher entfaltenden pommerschen Hauptstadt. So genial dort die ideale Komposition
dieses Brunnens erscheint, so wenig ist Menzel hier in der Siegesallee seiner
historischen Aufgabe gerecht geworden. Von Rechts wegen hätte die Figur des
zum Kurfürsten erhabnen Nürnberger Burggrafen das Packendste und imposanteste
aller hier vereinigten Denkmäler werden müssen. Denn Friedrich war an Weisheit
wie an Thatkraft, wie Ranke ihn nennt, ein ganzer Mann und ein politischer


Die Siegesallee in Berlin und ihr bildnerischer Schmuck

Die Wittelsbacher sind wirklich in der Siegesallee sehr gut weggekommen. Auch
die beiden Büsten dieser Gruppe, links Thilo von Brügge, ein Pcitrizischer Berliner
Bürger und Vertrauensmann der Wittelsbacher, rechts Thilo vou Wartenberg, ein
streitbarer Berliner Charakterkopf oder auch Querkopf, der unter den Wittelsbacher»
und Karl IV. eine große Rolle spielte, sind treffliche künstlerische Leistungen.

Der auf Otto den Funken folgende luxemburgische Kaiser Karl IV., „Böhmens
Vnder, des Deutschen Reichs Erzstiefvater," war ein verschlagner und rücksichtsloser
aber für die Mark wichtiger und fruchtbarer Herr. Sparsam und „gerissen" wirt¬
schaftete er für das Land und die eigne Tasche und schuf in dem zurückgekommneu
Lande wieder leidliche Ordnung. Sein Standbild von Ludwig Cauer ist sehr
charakteristisch und nimmt sich aus wie das unmittelbare Gegenstück zu Otto dem
Faulen. Und das wirkt sehr hübsch. Die rechte Hand hält der Kaiser auf der
Geldtasche, die ihm an der Hüfte hängt — unser Kaiser soll ihn deshalb bei der
Enthüllung der Gruppe mit dem Finanzminister von Miguel verglichen haben —,
und in der linken trägt er das auf feine Anordnung verfaßte, nach ihm benannte
„Landbuch," eine Art Kataster über die Städte, Dörfer und Edelsitze des Landes.
Gut sind auch die beiden Büsten, der Erzbischof Dietrich Porritz, genannt Kagelwit
von Magdeburg, ein herrlicher Kopf, und der Stendaler Klaus von Bismarck, der
übrigens gegen Karl IV. auf der Seite der Wittelsbacher stand.

Nach Karls IV. Tode (1378) kam für die Mark eine bitterböse Zeit. Das Land
war von König Wenzel von Böhmen seinem schönen Bruder Sigismund überlassen.
Der aber kümmerte sich wenig um die Mark und verpfändete sie seinem Vetter
Jobst von Mähren, unter dem das Land in der greulichsten Zerrüttung war. Es
war die Zeit der Zuchtlosigkeit und der völligen Auflösung aller staatlichen Ord¬
nung. Immerhin war Kaiser Sigismund der Landesherr der Mark. Er durfte
um so weniger fehlen, als die Installierung der Hohenzollern in der Mark von
ihm ausgegangen ist. Der Bildhauer Engen Borant hat thu als eine schöne, ritter¬
lich kostümierte, mit dem vorn offnen kaiserlichen Mantel und dem geflügelten Helm
geschmückte Idealfigur hingestellt. In der linken Hand hält der Kaiser eine mit
großem Siegel versehene Urkunde, offenbar den Lehnsbrief, durch den er dem Burg¬
grafen Friedrich VI. von Nürnberg die Mark und mit ihr die Kur- und Erz¬
kämmererwürde des Reichs verliehen hat. Ein glücklicher, geschichtlich konkreter
Gedanke, durch den der im übrigen bei aller männlichen Schönheit theatralisch und
konventionell erscheinenden Figur — sie könnte fast ebenso gut als Lohengrin, etwa
in Niemannscher Auffassung gelten - wenigstens ein Anflug historisch individuellen
Gepräges verliehen wird. Gegen die Büste des Landeshauptmanns der Mittel¬
mark, des ritterlichen Lippold von Bredow, ist nichts einzuwenden. Interessant ist
die zweite Büste. Sie stellt den Berliner Patrizier Bernb Ryke dar. der, reich
an Besitz, eine Stütze des ersten hohenzollernschen Kurfürsten war.

,,^n ^er aus beginnt in ununterbrochuer Folge die Reihe der Hohenzollern.
Zunächst kommen wir zu dem geschichtlich wichtigsten, dem Kurfürsten Friedrich I.
«er Kaser hat die Ausführung einem unsrer begabtesten und genialsten jünger«
^ s in?"^» Professor Ludwig Menzel, dem Schöpfer des durch die Ausstellung
och Modells in der Großen Berliner Kunstausstellung mit Recht berühmt gewordnen
»lowssalbrunnens und einer in Quedlinburg aufgestellten schönen Gruppe „Krieg
und Frieden" übertragen. Der Brunnen ist inzwischen in Stettin in Bronze aus¬
geführt und ist der größte künstlerische Schmuck der sich seit ihrer Entfestiguug immer
reicher entfaltenden pommerschen Hauptstadt. So genial dort die ideale Komposition
dieses Brunnens erscheint, so wenig ist Menzel hier in der Siegesallee seiner
historischen Aufgabe gerecht geworden. Von Rechts wegen hätte die Figur des
zum Kurfürsten erhabnen Nürnberger Burggrafen das Packendste und imposanteste
aller hier vereinigten Denkmäler werden müssen. Denn Friedrich war an Weisheit
wie an Thatkraft, wie Ranke ihn nennt, ein ganzer Mann und ein politischer


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[0395] Die Siegesallee in Berlin und ihr bildnerischer Schmuck Die Wittelsbacher sind wirklich in der Siegesallee sehr gut weggekommen. Auch die beiden Büsten dieser Gruppe, links Thilo von Brügge, ein Pcitrizischer Berliner Bürger und Vertrauensmann der Wittelsbacher, rechts Thilo vou Wartenberg, ein streitbarer Berliner Charakterkopf oder auch Querkopf, der unter den Wittelsbacher» und Karl IV. eine große Rolle spielte, sind treffliche künstlerische Leistungen. Der auf Otto den Funken folgende luxemburgische Kaiser Karl IV., „Böhmens Vnder, des Deutschen Reichs Erzstiefvater," war ein verschlagner und rücksichtsloser aber für die Mark wichtiger und fruchtbarer Herr. Sparsam und „gerissen" wirt¬ schaftete er für das Land und die eigne Tasche und schuf in dem zurückgekommneu Lande wieder leidliche Ordnung. Sein Standbild von Ludwig Cauer ist sehr charakteristisch und nimmt sich aus wie das unmittelbare Gegenstück zu Otto dem Faulen. Und das wirkt sehr hübsch. Die rechte Hand hält der Kaiser auf der Geldtasche, die ihm an der Hüfte hängt — unser Kaiser soll ihn deshalb bei der Enthüllung der Gruppe mit dem Finanzminister von Miguel verglichen haben —, und in der linken trägt er das auf feine Anordnung verfaßte, nach ihm benannte „Landbuch," eine Art Kataster über die Städte, Dörfer und Edelsitze des Landes. Gut sind auch die beiden Büsten, der Erzbischof Dietrich Porritz, genannt Kagelwit von Magdeburg, ein herrlicher Kopf, und der Stendaler Klaus von Bismarck, der übrigens gegen Karl IV. auf der Seite der Wittelsbacher stand. Nach Karls IV. Tode (1378) kam für die Mark eine bitterböse Zeit. Das Land war von König Wenzel von Böhmen seinem schönen Bruder Sigismund überlassen. Der aber kümmerte sich wenig um die Mark und verpfändete sie seinem Vetter Jobst von Mähren, unter dem das Land in der greulichsten Zerrüttung war. Es war die Zeit der Zuchtlosigkeit und der völligen Auflösung aller staatlichen Ord¬ nung. Immerhin war Kaiser Sigismund der Landesherr der Mark. Er durfte um so weniger fehlen, als die Installierung der Hohenzollern in der Mark von ihm ausgegangen ist. Der Bildhauer Engen Borant hat thu als eine schöne, ritter¬ lich kostümierte, mit dem vorn offnen kaiserlichen Mantel und dem geflügelten Helm geschmückte Idealfigur hingestellt. In der linken Hand hält der Kaiser eine mit großem Siegel versehene Urkunde, offenbar den Lehnsbrief, durch den er dem Burg¬ grafen Friedrich VI. von Nürnberg die Mark und mit ihr die Kur- und Erz¬ kämmererwürde des Reichs verliehen hat. Ein glücklicher, geschichtlich konkreter Gedanke, durch den der im übrigen bei aller männlichen Schönheit theatralisch und konventionell erscheinenden Figur — sie könnte fast ebenso gut als Lohengrin, etwa in Niemannscher Auffassung gelten - wenigstens ein Anflug historisch individuellen Gepräges verliehen wird. Gegen die Büste des Landeshauptmanns der Mittel¬ mark, des ritterlichen Lippold von Bredow, ist nichts einzuwenden. Interessant ist die zweite Büste. Sie stellt den Berliner Patrizier Bernb Ryke dar. der, reich an Besitz, eine Stütze des ersten hohenzollernschen Kurfürsten war. ,,^n ^er aus beginnt in ununterbrochuer Folge die Reihe der Hohenzollern. Zunächst kommen wir zu dem geschichtlich wichtigsten, dem Kurfürsten Friedrich I. «er Kaser hat die Ausführung einem unsrer begabtesten und genialsten jünger« ^ s in?"^» Professor Ludwig Menzel, dem Schöpfer des durch die Ausstellung och Modells in der Großen Berliner Kunstausstellung mit Recht berühmt gewordnen »lowssalbrunnens und einer in Quedlinburg aufgestellten schönen Gruppe „Krieg und Frieden" übertragen. Der Brunnen ist inzwischen in Stettin in Bronze aus¬ geführt und ist der größte künstlerische Schmuck der sich seit ihrer Entfestiguug immer reicher entfaltenden pommerschen Hauptstadt. So genial dort die ideale Komposition dieses Brunnens erscheint, so wenig ist Menzel hier in der Siegesallee seiner historischen Aufgabe gerecht geworden. Von Rechts wegen hätte die Figur des zum Kurfürsten erhabnen Nürnberger Burggrafen das Packendste und imposanteste aller hier vereinigten Denkmäler werden müssen. Denn Friedrich war an Weisheit wie an Thatkraft, wie Ranke ihn nennt, ein ganzer Mann und ein politischer

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_233879/395>, abgerufen am 03.07.2024.