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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Erstes Vierteljahr.

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Die Handelspolitik im Jahre l^^l

indien 31, "ach Australien 23, nach Britisch-Nordamerika 16 Millionen ge¬
gangen. Dagegen habe Großbritannien nach Deutschland Produkte im Werte
von 595 Millionen, Ostindien aber 133, Australien 52 Millionen geliefert.
"Die Jahre 1892 bis 1894 standen bekanntlich unter dein Zeichen einer
schweren geschäftlichen Depression. Als der wirtschaftliche Aufschwung einsetzte,
nahm der Güteraustausch zwischen Deutschland und den britischen Ländern
daran seinen vollgemesseuen Anteil. Beide Reiche weisen im Geben und
Nehmen von da ab eine stetig steigende Linie ans, die im Jahre 1899 bei der
Einfuhr Deutschlands ans Großbritannien und den Kolonien die gewaltige
Ziffer von rund 1200 Millionen, bei der Ausfuhr aus Deutschland rund
1 Milliarde erreicht hat." Also nahezu ein Viertel des gesamten Außen¬
handels Deutschlands machte der Warenaustausch zwischen dem Deutschen
Reich und Großbritannien nebst Kolonien aus. Man brauche diese Zahle"
nur zu nennen, und man würde ihre Bedeutung ermessen. Abgesehen von
den englischen Kolonien sei Deutschland der beste Kunde Großbritanniens.
Aber nicht minder -- fügen wir hinzu -- ist Großbritannien auch der beste
Kunde Deutschlands. Es betrug aus und nach Großbritannien ohne seine
Kolonien sin Millionen Mary-

Deutschlands IM" 1.8W 1897 189" 1896
Einfuhr . . 777,1 826,7 661,6 "47,4 587,4
Ausfuhr. . 861,6 803,8 701,7 716,1 678,1

dagegen ans und nach den britischen Kolonien:

Einfuhr . . 426,7 363,6 340,8 306,6 301,4
Ausfuhr. , 146,1 137,0 106,9 110,6 87,9

Und diese entschieden günstige Entwicklung hat sich vollzogen in einer
Periode fortgesetzter Emanzipation unsers Seehandels und unsrer Schiffahrt
von Großbritannien, in einer Periode neidischer Nörgeleien, Hetzereien und
chikanvser Versuche, unsern, Handel zu schaden. "Ernstlich bedroht oder
wirklich gefährdet haben diese Versuche die deutsche Einfuhr nach England und
seinen Kolonien nicht," bemerkt Francke ausdrücklich. Aber -- fügt er hinzu --
ihre ,.symptomatische Bedeutung" sei doch uicht zu verkennen, und sie sei um
so größer, als sie die Autwort sei auf die Zollherabsetzungeu und Zollbinduugen
in den deutschen Handelsverträgen, die England kraft der Meistbegünstigung
ohne Gegengabe zufielen. Auf was uicht die Herren kommen, wenn sie durch¬
aus schwarz sehen wollen! Das freihändlerische England konnte natürlich
keine Gegengabe leisten, wie man sie von den Vereinigten Staaten verlangen
konnte, hätte verlangen sollen und in Zukunft wird verlangen müssen. Dieser
Vorwurf gegen die Meistbegünstigung ist England gegenüber am wenigsten
am Platze. Der Neid und die Chilene waren einfach die Antwort auf den
"rapiden" Fortschritt unsrer ,,Seehaudelsinteresseu," die in den Flottendenk¬
schriften laut genug gepriesen sind und unsre nationalökonomischen Prophcten-
schüler bis vor Jahresfrist veranlaßten, alles Ernstes davon zu reden und zu


Die Handelspolitik im Jahre l^^l

indien 31, »ach Australien 23, nach Britisch-Nordamerika 16 Millionen ge¬
gangen. Dagegen habe Großbritannien nach Deutschland Produkte im Werte
von 595 Millionen, Ostindien aber 133, Australien 52 Millionen geliefert.
„Die Jahre 1892 bis 1894 standen bekanntlich unter dein Zeichen einer
schweren geschäftlichen Depression. Als der wirtschaftliche Aufschwung einsetzte,
nahm der Güteraustausch zwischen Deutschland und den britischen Ländern
daran seinen vollgemesseuen Anteil. Beide Reiche weisen im Geben und
Nehmen von da ab eine stetig steigende Linie ans, die im Jahre 1899 bei der
Einfuhr Deutschlands ans Großbritannien und den Kolonien die gewaltige
Ziffer von rund 1200 Millionen, bei der Ausfuhr aus Deutschland rund
1 Milliarde erreicht hat." Also nahezu ein Viertel des gesamten Außen¬
handels Deutschlands machte der Warenaustausch zwischen dem Deutschen
Reich und Großbritannien nebst Kolonien aus. Man brauche diese Zahle»
nur zu nennen, und man würde ihre Bedeutung ermessen. Abgesehen von
den englischen Kolonien sei Deutschland der beste Kunde Großbritanniens.
Aber nicht minder — fügen wir hinzu — ist Großbritannien auch der beste
Kunde Deutschlands. Es betrug aus und nach Großbritannien ohne seine
Kolonien sin Millionen Mary-

Deutschlands IM» 1.8W 1897 189« 1896
Einfuhr . . 777,1 826,7 661,6 «47,4 587,4
Ausfuhr. . 861,6 803,8 701,7 716,1 678,1

dagegen ans und nach den britischen Kolonien:

Einfuhr . . 426,7 363,6 340,8 306,6 301,4
Ausfuhr. , 146,1 137,0 106,9 110,6 87,9

Und diese entschieden günstige Entwicklung hat sich vollzogen in einer
Periode fortgesetzter Emanzipation unsers Seehandels und unsrer Schiffahrt
von Großbritannien, in einer Periode neidischer Nörgeleien, Hetzereien und
chikanvser Versuche, unsern, Handel zu schaden. „Ernstlich bedroht oder
wirklich gefährdet haben diese Versuche die deutsche Einfuhr nach England und
seinen Kolonien nicht," bemerkt Francke ausdrücklich. Aber — fügt er hinzu —
ihre ,.symptomatische Bedeutung" sei doch uicht zu verkennen, und sie sei um
so größer, als sie die Autwort sei auf die Zollherabsetzungeu und Zollbinduugen
in den deutschen Handelsverträgen, die England kraft der Meistbegünstigung
ohne Gegengabe zufielen. Auf was uicht die Herren kommen, wenn sie durch¬
aus schwarz sehen wollen! Das freihändlerische England konnte natürlich
keine Gegengabe leisten, wie man sie von den Vereinigten Staaten verlangen
konnte, hätte verlangen sollen und in Zukunft wird verlangen müssen. Dieser
Vorwurf gegen die Meistbegünstigung ist England gegenüber am wenigsten
am Platze. Der Neid und die Chilene waren einfach die Antwort auf den
„rapiden" Fortschritt unsrer ,,Seehaudelsinteresseu," die in den Flottendenk¬
schriften laut genug gepriesen sind und unsre nationalökonomischen Prophcten-
schüler bis vor Jahresfrist veranlaßten, alles Ernstes davon zu reden und zu


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[0271] Die Handelspolitik im Jahre l^^l indien 31, »ach Australien 23, nach Britisch-Nordamerika 16 Millionen ge¬ gangen. Dagegen habe Großbritannien nach Deutschland Produkte im Werte von 595 Millionen, Ostindien aber 133, Australien 52 Millionen geliefert. „Die Jahre 1892 bis 1894 standen bekanntlich unter dein Zeichen einer schweren geschäftlichen Depression. Als der wirtschaftliche Aufschwung einsetzte, nahm der Güteraustausch zwischen Deutschland und den britischen Ländern daran seinen vollgemesseuen Anteil. Beide Reiche weisen im Geben und Nehmen von da ab eine stetig steigende Linie ans, die im Jahre 1899 bei der Einfuhr Deutschlands ans Großbritannien und den Kolonien die gewaltige Ziffer von rund 1200 Millionen, bei der Ausfuhr aus Deutschland rund 1 Milliarde erreicht hat." Also nahezu ein Viertel des gesamten Außen¬ handels Deutschlands machte der Warenaustausch zwischen dem Deutschen Reich und Großbritannien nebst Kolonien aus. Man brauche diese Zahle» nur zu nennen, und man würde ihre Bedeutung ermessen. Abgesehen von den englischen Kolonien sei Deutschland der beste Kunde Großbritanniens. Aber nicht minder — fügen wir hinzu — ist Großbritannien auch der beste Kunde Deutschlands. Es betrug aus und nach Großbritannien ohne seine Kolonien sin Millionen Mary- Deutschlands IM» 1.8W 1897 189« 1896 Einfuhr . . 777,1 826,7 661,6 «47,4 587,4 Ausfuhr. . 861,6 803,8 701,7 716,1 678,1 dagegen ans und nach den britischen Kolonien: Einfuhr . . 426,7 363,6 340,8 306,6 301,4 Ausfuhr. , 146,1 137,0 106,9 110,6 87,9 Und diese entschieden günstige Entwicklung hat sich vollzogen in einer Periode fortgesetzter Emanzipation unsers Seehandels und unsrer Schiffahrt von Großbritannien, in einer Periode neidischer Nörgeleien, Hetzereien und chikanvser Versuche, unsern, Handel zu schaden. „Ernstlich bedroht oder wirklich gefährdet haben diese Versuche die deutsche Einfuhr nach England und seinen Kolonien nicht," bemerkt Francke ausdrücklich. Aber — fügt er hinzu — ihre ,.symptomatische Bedeutung" sei doch uicht zu verkennen, und sie sei um so größer, als sie die Autwort sei auf die Zollherabsetzungeu und Zollbinduugen in den deutschen Handelsverträgen, die England kraft der Meistbegünstigung ohne Gegengabe zufielen. Auf was uicht die Herren kommen, wenn sie durch¬ aus schwarz sehen wollen! Das freihändlerische England konnte natürlich keine Gegengabe leisten, wie man sie von den Vereinigten Staaten verlangen konnte, hätte verlangen sollen und in Zukunft wird verlangen müssen. Dieser Vorwurf gegen die Meistbegünstigung ist England gegenüber am wenigsten am Platze. Der Neid und die Chilene waren einfach die Antwort auf den „rapiden" Fortschritt unsrer ,,Seehaudelsinteresseu," die in den Flottendenk¬ schriften laut genug gepriesen sind und unsre nationalökonomischen Prophcten- schüler bis vor Jahresfrist veranlaßten, alles Ernstes davon zu reden und zu

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_233879/271>, abgerufen am 20.09.2024.