Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Erstes Vierteljahr.Aus der Zeit des werdenden Lisinareks Die Briefe beginnen mit dein Dezember 1846, die Politik setzt erst im Teuerste, einzig geliebte Jucunta! Vetter Kalk ok in^söll! Ich möchte meinen Brief mit jeder möglichen Anrede beginnen, durch die ich Worauf fich aber das Ansehen des jungen Bismarcks unter seinen Heute vormittag -- heißt es z, B, am 11- März 1347 -- hatte ich eine Aus der Zeit des werdenden Lisinareks Die Briefe beginnen mit dein Dezember 1846, die Politik setzt erst im Teuerste, einzig geliebte Jucunta! Vetter Kalk ok in^söll! Ich möchte meinen Brief mit jeder möglichen Anrede beginnen, durch die ich Worauf fich aber das Ansehen des jungen Bismarcks unter seinen Heute vormittag — heißt es z, B, am 11- März 1347 — hatte ich eine <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0259" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/234139"/> <fw type="header" place="top"> Aus der Zeit des werdenden Lisinareks</fw><lb/> <p xml:id="ID_859"> Die Briefe beginnen mit dein Dezember 1846, die Politik setzt erst im<lb/> April des folgenden Jahres eil, mit Schilderungen, die die kommunistisch er¬<lb/> regte Stimmung anschaulich belegen, unter der schon der Vereinigte Landtag<lb/> ins Leben trat, „In Kostin — schreibt Bismarck auf der Rückkehr vom<lb/> Brautbesuch — war Aufruhr, noch nach zwölf die Straßen so gedrängt voll,<lb/> daß wir sie mit Mühe und nnr unter dem Schutz einer Abteilung der ein¬<lb/> beorderten Landwehr passierten. Bäcker und Schlachter geplündert, drei Hänser<lb/> von Kornhändlern ruiniert, Scheibenklirren usw. Ich wäre gern dageblieben,"<lb/> Am 2, Mai lautet es ähnlich: „Am Freitag abend kam ich nach Angermünde<lb/> und mußte anch dort länger, als ich wollte, bleiben, um meine Schwester<lb/> während der Abwesenheit Arnims zu schützen, da man stündlich den Ausbruch<lb/> eines Anfstands besorgte, der indes bis zu meines Schwagers Rückkehr nur<lb/> in einzelnen Ausbrüchen alter Weiber erfolgte," Wenig Tage darauf (Berlin,<lb/> 8, Mai 1847) tritt Bismarck in die Aktion ein und teilt dies der Braut in<lb/> einem Briefe mit, dessen Hauptstelle ihn zwischen Lust und Unlust zum<lb/> politischen Beruf schwankend, zugleich aber auch das Ausehen zeigt, das er im<lb/> engern Kreise schon genoß, Sie lautet:</p><lb/> <note type="salute"> Teuerste, einzig geliebte Jucunta! Vetter Kalk ok in^söll!</note><lb/> <p xml:id="ID_860"> Ich möchte meinen Brief mit jeder möglichen Anrede beginnen, durch die ich<lb/> Dich günstig für mich stimmen kann, denn ich bedarf Deiner Verzeihung sehr; ich<lb/> will Dich nicht raten lassen weshalb, damit Du Dir nichts schlimmeres denkst, als daß<lb/> ich zum Landtag einberufen bin und es angenommen habe.....Höre zu meiner<lb/> Entschuldigung, wie dies gekommen ist. Einer unsrer Abgeordneten, Vrauchitsch,<lb/> ist so erkrankt, daß er den Verhandlungen nicht mehr beiwohnen kann; ich bin der<lb/> nächste zu seiner Vertretung, hätte es aber ablehnen können, dann wäre der folgende<lb/> Stellvertreter einberufen. Nun haben indessen die Magdeburger Stände, als unter<lb/> den sechs Stellvertreterposten der erste valant wurde, anstatt, wie es sonst üblich<lb/> ist, den zweiten usw. jeden eine Stelle vorrücken zu lassen und den sechsten neu zu<lb/> Wahlen, ausnahmsweise mich, der ich ganz neu in der Provinz und noch gar nicht<lb/> einmal Stellvertreter war, sofort zum ersten von den sechs gewählt. Sie wurden<lb/> hierzu teils dadurch bestimmt, daß sie zu mir ein ganz besondres Vertrauen sollen,<lb/> teils dadurch, daß der zweite, der zum ersten hätte aufrücken müssen, für unfähig<lb/> gehalten wurde. Dieser würde um jetzt eintreten, wenn ich ablehnte. Die Stände<lb/> haben außerdem alles Mögliche versucht, um mich anstatt des Oberpräsidenten in<lb/> den Landtag zu bringen. Auch ist Vrauchitsch selbst, der sich schon in der Genesung<lb/> befand, init besondrer Rücksicht darauf ausgetreten, daß ich sein Stellvertreter wurde,<lb/> und auch die andern Abgeordneten haben ihm deshalb zugeredet und meine Ein¬<lb/> berufung ausdrücklich gewünscht. Ich schreibe Dir dies alles, um Dir klar zu machen,<lb/> daß ich den Ruf nicht ablehnen kann, ohne die Magdeburger Stände zu beleidigen.<lb/> Sei meine starke Johanna usw.</p><lb/> <p xml:id="ID_861"> Worauf fich aber das Ansehen des jungen Bismarcks unter seinen<lb/> Standesgenossen gründete, das ergeben die Berichte aus seiner Thätigkeit als<lb/> Gerichtsherr und Deichhauptmann in Schönhausen:</p><lb/> <p xml:id="ID_862" next="#ID_863"> Heute vormittag — heißt es z, B, am 11- März 1347 — hatte ich eine<lb/> sonderliche Freude, indem ich zwischen 41 übermütigen Bauern, von denen jeder<lb/> einzelne erbitterten Haß gegen die andern 40 hegte und gern 3V Thaler ausgab,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0259]
Aus der Zeit des werdenden Lisinareks
Die Briefe beginnen mit dein Dezember 1846, die Politik setzt erst im
April des folgenden Jahres eil, mit Schilderungen, die die kommunistisch er¬
regte Stimmung anschaulich belegen, unter der schon der Vereinigte Landtag
ins Leben trat, „In Kostin — schreibt Bismarck auf der Rückkehr vom
Brautbesuch — war Aufruhr, noch nach zwölf die Straßen so gedrängt voll,
daß wir sie mit Mühe und nnr unter dem Schutz einer Abteilung der ein¬
beorderten Landwehr passierten. Bäcker und Schlachter geplündert, drei Hänser
von Kornhändlern ruiniert, Scheibenklirren usw. Ich wäre gern dageblieben,"
Am 2, Mai lautet es ähnlich: „Am Freitag abend kam ich nach Angermünde
und mußte anch dort länger, als ich wollte, bleiben, um meine Schwester
während der Abwesenheit Arnims zu schützen, da man stündlich den Ausbruch
eines Anfstands besorgte, der indes bis zu meines Schwagers Rückkehr nur
in einzelnen Ausbrüchen alter Weiber erfolgte," Wenig Tage darauf (Berlin,
8, Mai 1847) tritt Bismarck in die Aktion ein und teilt dies der Braut in
einem Briefe mit, dessen Hauptstelle ihn zwischen Lust und Unlust zum
politischen Beruf schwankend, zugleich aber auch das Ausehen zeigt, das er im
engern Kreise schon genoß, Sie lautet:
Teuerste, einzig geliebte Jucunta! Vetter Kalk ok in^söll!
Ich möchte meinen Brief mit jeder möglichen Anrede beginnen, durch die ich
Dich günstig für mich stimmen kann, denn ich bedarf Deiner Verzeihung sehr; ich
will Dich nicht raten lassen weshalb, damit Du Dir nichts schlimmeres denkst, als daß
ich zum Landtag einberufen bin und es angenommen habe.....Höre zu meiner
Entschuldigung, wie dies gekommen ist. Einer unsrer Abgeordneten, Vrauchitsch,
ist so erkrankt, daß er den Verhandlungen nicht mehr beiwohnen kann; ich bin der
nächste zu seiner Vertretung, hätte es aber ablehnen können, dann wäre der folgende
Stellvertreter einberufen. Nun haben indessen die Magdeburger Stände, als unter
den sechs Stellvertreterposten der erste valant wurde, anstatt, wie es sonst üblich
ist, den zweiten usw. jeden eine Stelle vorrücken zu lassen und den sechsten neu zu
Wahlen, ausnahmsweise mich, der ich ganz neu in der Provinz und noch gar nicht
einmal Stellvertreter war, sofort zum ersten von den sechs gewählt. Sie wurden
hierzu teils dadurch bestimmt, daß sie zu mir ein ganz besondres Vertrauen sollen,
teils dadurch, daß der zweite, der zum ersten hätte aufrücken müssen, für unfähig
gehalten wurde. Dieser würde um jetzt eintreten, wenn ich ablehnte. Die Stände
haben außerdem alles Mögliche versucht, um mich anstatt des Oberpräsidenten in
den Landtag zu bringen. Auch ist Vrauchitsch selbst, der sich schon in der Genesung
befand, init besondrer Rücksicht darauf ausgetreten, daß ich sein Stellvertreter wurde,
und auch die andern Abgeordneten haben ihm deshalb zugeredet und meine Ein¬
berufung ausdrücklich gewünscht. Ich schreibe Dir dies alles, um Dir klar zu machen,
daß ich den Ruf nicht ablehnen kann, ohne die Magdeburger Stände zu beleidigen.
Sei meine starke Johanna usw.
Worauf fich aber das Ansehen des jungen Bismarcks unter seinen
Standesgenossen gründete, das ergeben die Berichte aus seiner Thätigkeit als
Gerichtsherr und Deichhauptmann in Schönhausen:
Heute vormittag — heißt es z, B, am 11- März 1347 — hatte ich eine
sonderliche Freude, indem ich zwischen 41 übermütigen Bauern, von denen jeder
einzelne erbitterten Haß gegen die andern 40 hegte und gern 3V Thaler ausgab,
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |