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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Erstes Vierteljahr.

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Antiochia

entgangen war, dort seine Pfeile weggeworfen. Selenkns aber habe den Ort dein
Gotte geweiht, und so sei dort die vielbesungne Vorstadt Daphne entstanden. Der
Zweck des historischen Rückblicks ist, nachzuweisen, daß Antiochia eine griechische
Stadt, und daß ihr von allen Seiten edelstes Griecheublnt zugeflossen sei. Libauius,
vou Geschlecht vielleicht ein syrv-mazedonischer Mischling, war ein so fanatischer
Grieche, daß er es verschmähte, die Amtssprache des römischen Reiches zu lernen
und sich die vielen lateinischen Briefe, die er bekam, übersetzen lassen mußte, daß
er die hohen römischen Beamten, mit denen er verkehrte, nie mit ihrem wirklichen
Titel wie 0cmws Oewntis, sondern mit irgend einem willkürlich gewählten griechischen
Worte wie Archon erwähnte und die Kaiser, auch in der direkten Anrede, nie anders
als Basileus nannte. Und er schließt seinen Rückblick mit dem Lobsprnch: so hätten
denn durch alle Geschlechtsfolgen die Söhne immer das Erbe der Väter übernommen,
Gerechtigkeit gegen einander geübt, den Göttern gezollt, was Recht ist, und ihren
Lebensunterhalt vom Ackers gewinnend in aller Glückseligkeit gelebt; sie Hütten,
mitten im Barbarenlande, eine Hellenenstadt, hellenische Sitte rein gewahrt, ähnlich
wie die Sage vom Alpheivs gehe, daß er vom Peloponnes durch das Meer nach
Sizilien Ströme, ohne sein Wasser mit dem des Meeres zu vermischen. Von hier
ans hätten die Seleuciden ganz Vorderasien mit Griechenstädten übersät, sodaß sich
Antiochia einer größern Anzahl von Kolonien rühmen dürfe als Athen oder Milet.
Die Römer dann hätten die Stadt ihrer Würde als Metropole von Asien nicht
beraubt.

Zum gegenwärtigen Zustand übergehend, sagt Libanius- Laßt uus nun sehen,
ob die Bürgerschaft auch, gleich einen, Musikstück, zu einer schönen Harmonie ge¬
ordnet sei. Da ist nun zunächst ihre Wurzel zu betrachten! der Rat (Decurionen
hieß die Körperschaft in der römischen Amtssprache der Kaiserzeit). Seinen Mit¬
gliedern ist von den Bädern her die Liebe zur Stadt eingepflanzt. Ihren Reichtum,
den sie ans tadellose Weise erworben haben, verwenden sie zum Wohle der Stadt.
Verarmung klug vermeidend, haben sie mehr Freude an Aufwendungen für das
Gemeinwesen als andre am Erwerb, indem sie hoffen, daß ihnen das Schicksal ihre
Opfer vergelten werde. Sie wetteifern ans angeborner Hochherzigkeit in der Aus¬
stattung der Bäder und der Schauspiele und drängen sich zu den Liturgien, während
anderwärts die Decurionen in der Drückebergerei wetteifern. Durch Weisheit und
Redegewalt zeichnen sie sich so aus, daß die ganze Bule ein Sophistenchvr zu sein
scheint, und daß Lernbegierige in die Gerichtssitzungen laufen wie in eine Schule,
um dort Stegreifreden der Parteien zu hören, die gediegner sind als manche aus¬
gearbeiteten Vorträge. Und es herrscht allgemeine Redefreiheit, die Alten ärgern
sich nicht, wenn auch die. Jungen ihre Stimmen kräftig ertönen tasten. Nie artet
die Herrschaft der Brie in Tyrannei ausi wie in allen Tugenden, so wetteifern
die Mitglieder in der Gerechtigkeit. So haben die Besten die Führung, und die
Masse folgt ihnen, wie ein wvhleingeübter Chor dem geübtem Koryphäen. Jeder
Mann im Volke hat Frau, Kinder und ein geordnetes Hauswesen, sodaß ihm Auf¬
stände nud Verwüstung, wie sie in Ägypten und in Italien häufig vorkommen,
keine Freude macheu. Und so nähert sich die Stadt durch ihre schöne Ordnung
(Eurythmie) der Idealform des Lebens. Ihre Menschenliebe aber ist so groß, daß
sie Fremden erweist, was anderwärts wohl auch Mitbürgern gegenüber unterlassen
wird. Denn als vor einiger Zeit von auswärts Leute hierher gebracht wurden,
um hingerichtet zu werden, bestürmte unser Volk das Gerichtshnus mit Bitten und
Thränen und dämpfte den siedenden Zorn des Statthalters. Dabei ist dieses Volk
"mtig und tapfer im Kriege, wie viele von ihm abgelegte Proben beweisen. Auch
die Gastfreiheit der Athener (die nach Libanins zu den Stammvätern der Antiochener
gehören) hat unser Volk bewahrt. Wir nehmen freundlich alle Fremden ans. Die


Antiochia

entgangen war, dort seine Pfeile weggeworfen. Selenkns aber habe den Ort dein
Gotte geweiht, und so sei dort die vielbesungne Vorstadt Daphne entstanden. Der
Zweck des historischen Rückblicks ist, nachzuweisen, daß Antiochia eine griechische
Stadt, und daß ihr von allen Seiten edelstes Griecheublnt zugeflossen sei. Libauius,
vou Geschlecht vielleicht ein syrv-mazedonischer Mischling, war ein so fanatischer
Grieche, daß er es verschmähte, die Amtssprache des römischen Reiches zu lernen
und sich die vielen lateinischen Briefe, die er bekam, übersetzen lassen mußte, daß
er die hohen römischen Beamten, mit denen er verkehrte, nie mit ihrem wirklichen
Titel wie 0cmws Oewntis, sondern mit irgend einem willkürlich gewählten griechischen
Worte wie Archon erwähnte und die Kaiser, auch in der direkten Anrede, nie anders
als Basileus nannte. Und er schließt seinen Rückblick mit dem Lobsprnch: so hätten
denn durch alle Geschlechtsfolgen die Söhne immer das Erbe der Väter übernommen,
Gerechtigkeit gegen einander geübt, den Göttern gezollt, was Recht ist, und ihren
Lebensunterhalt vom Ackers gewinnend in aller Glückseligkeit gelebt; sie Hütten,
mitten im Barbarenlande, eine Hellenenstadt, hellenische Sitte rein gewahrt, ähnlich
wie die Sage vom Alpheivs gehe, daß er vom Peloponnes durch das Meer nach
Sizilien Ströme, ohne sein Wasser mit dem des Meeres zu vermischen. Von hier
ans hätten die Seleuciden ganz Vorderasien mit Griechenstädten übersät, sodaß sich
Antiochia einer größern Anzahl von Kolonien rühmen dürfe als Athen oder Milet.
Die Römer dann hätten die Stadt ihrer Würde als Metropole von Asien nicht
beraubt.

Zum gegenwärtigen Zustand übergehend, sagt Libanius- Laßt uus nun sehen,
ob die Bürgerschaft auch, gleich einen, Musikstück, zu einer schönen Harmonie ge¬
ordnet sei. Da ist nun zunächst ihre Wurzel zu betrachten! der Rat (Decurionen
hieß die Körperschaft in der römischen Amtssprache der Kaiserzeit). Seinen Mit¬
gliedern ist von den Bädern her die Liebe zur Stadt eingepflanzt. Ihren Reichtum,
den sie ans tadellose Weise erworben haben, verwenden sie zum Wohle der Stadt.
Verarmung klug vermeidend, haben sie mehr Freude an Aufwendungen für das
Gemeinwesen als andre am Erwerb, indem sie hoffen, daß ihnen das Schicksal ihre
Opfer vergelten werde. Sie wetteifern ans angeborner Hochherzigkeit in der Aus¬
stattung der Bäder und der Schauspiele und drängen sich zu den Liturgien, während
anderwärts die Decurionen in der Drückebergerei wetteifern. Durch Weisheit und
Redegewalt zeichnen sie sich so aus, daß die ganze Bule ein Sophistenchvr zu sein
scheint, und daß Lernbegierige in die Gerichtssitzungen laufen wie in eine Schule,
um dort Stegreifreden der Parteien zu hören, die gediegner sind als manche aus¬
gearbeiteten Vorträge. Und es herrscht allgemeine Redefreiheit, die Alten ärgern
sich nicht, wenn auch die. Jungen ihre Stimmen kräftig ertönen tasten. Nie artet
die Herrschaft der Brie in Tyrannei ausi wie in allen Tugenden, so wetteifern
die Mitglieder in der Gerechtigkeit. So haben die Besten die Führung, und die
Masse folgt ihnen, wie ein wvhleingeübter Chor dem geübtem Koryphäen. Jeder
Mann im Volke hat Frau, Kinder und ein geordnetes Hauswesen, sodaß ihm Auf¬
stände nud Verwüstung, wie sie in Ägypten und in Italien häufig vorkommen,
keine Freude macheu. Und so nähert sich die Stadt durch ihre schöne Ordnung
(Eurythmie) der Idealform des Lebens. Ihre Menschenliebe aber ist so groß, daß
sie Fremden erweist, was anderwärts wohl auch Mitbürgern gegenüber unterlassen
wird. Denn als vor einiger Zeit von auswärts Leute hierher gebracht wurden,
um hingerichtet zu werden, bestürmte unser Volk das Gerichtshnus mit Bitten und
Thränen und dämpfte den siedenden Zorn des Statthalters. Dabei ist dieses Volk
"mtig und tapfer im Kriege, wie viele von ihm abgelegte Proben beweisen. Auch
die Gastfreiheit der Athener (die nach Libanins zu den Stammvätern der Antiochener
gehören) hat unser Volk bewahrt. Wir nehmen freundlich alle Fremden ans. Die


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[0235] Antiochia entgangen war, dort seine Pfeile weggeworfen. Selenkns aber habe den Ort dein Gotte geweiht, und so sei dort die vielbesungne Vorstadt Daphne entstanden. Der Zweck des historischen Rückblicks ist, nachzuweisen, daß Antiochia eine griechische Stadt, und daß ihr von allen Seiten edelstes Griecheublnt zugeflossen sei. Libauius, vou Geschlecht vielleicht ein syrv-mazedonischer Mischling, war ein so fanatischer Grieche, daß er es verschmähte, die Amtssprache des römischen Reiches zu lernen und sich die vielen lateinischen Briefe, die er bekam, übersetzen lassen mußte, daß er die hohen römischen Beamten, mit denen er verkehrte, nie mit ihrem wirklichen Titel wie 0cmws Oewntis, sondern mit irgend einem willkürlich gewählten griechischen Worte wie Archon erwähnte und die Kaiser, auch in der direkten Anrede, nie anders als Basileus nannte. Und er schließt seinen Rückblick mit dem Lobsprnch: so hätten denn durch alle Geschlechtsfolgen die Söhne immer das Erbe der Väter übernommen, Gerechtigkeit gegen einander geübt, den Göttern gezollt, was Recht ist, und ihren Lebensunterhalt vom Ackers gewinnend in aller Glückseligkeit gelebt; sie Hütten, mitten im Barbarenlande, eine Hellenenstadt, hellenische Sitte rein gewahrt, ähnlich wie die Sage vom Alpheivs gehe, daß er vom Peloponnes durch das Meer nach Sizilien Ströme, ohne sein Wasser mit dem des Meeres zu vermischen. Von hier ans hätten die Seleuciden ganz Vorderasien mit Griechenstädten übersät, sodaß sich Antiochia einer größern Anzahl von Kolonien rühmen dürfe als Athen oder Milet. Die Römer dann hätten die Stadt ihrer Würde als Metropole von Asien nicht beraubt. Zum gegenwärtigen Zustand übergehend, sagt Libanius- Laßt uus nun sehen, ob die Bürgerschaft auch, gleich einen, Musikstück, zu einer schönen Harmonie ge¬ ordnet sei. Da ist nun zunächst ihre Wurzel zu betrachten! der Rat (Decurionen hieß die Körperschaft in der römischen Amtssprache der Kaiserzeit). Seinen Mit¬ gliedern ist von den Bädern her die Liebe zur Stadt eingepflanzt. Ihren Reichtum, den sie ans tadellose Weise erworben haben, verwenden sie zum Wohle der Stadt. Verarmung klug vermeidend, haben sie mehr Freude an Aufwendungen für das Gemeinwesen als andre am Erwerb, indem sie hoffen, daß ihnen das Schicksal ihre Opfer vergelten werde. Sie wetteifern ans angeborner Hochherzigkeit in der Aus¬ stattung der Bäder und der Schauspiele und drängen sich zu den Liturgien, während anderwärts die Decurionen in der Drückebergerei wetteifern. Durch Weisheit und Redegewalt zeichnen sie sich so aus, daß die ganze Bule ein Sophistenchvr zu sein scheint, und daß Lernbegierige in die Gerichtssitzungen laufen wie in eine Schule, um dort Stegreifreden der Parteien zu hören, die gediegner sind als manche aus¬ gearbeiteten Vorträge. Und es herrscht allgemeine Redefreiheit, die Alten ärgern sich nicht, wenn auch die. Jungen ihre Stimmen kräftig ertönen tasten. Nie artet die Herrschaft der Brie in Tyrannei ausi wie in allen Tugenden, so wetteifern die Mitglieder in der Gerechtigkeit. So haben die Besten die Führung, und die Masse folgt ihnen, wie ein wvhleingeübter Chor dem geübtem Koryphäen. Jeder Mann im Volke hat Frau, Kinder und ein geordnetes Hauswesen, sodaß ihm Auf¬ stände nud Verwüstung, wie sie in Ägypten und in Italien häufig vorkommen, keine Freude macheu. Und so nähert sich die Stadt durch ihre schöne Ordnung (Eurythmie) der Idealform des Lebens. Ihre Menschenliebe aber ist so groß, daß sie Fremden erweist, was anderwärts wohl auch Mitbürgern gegenüber unterlassen wird. Denn als vor einiger Zeit von auswärts Leute hierher gebracht wurden, um hingerichtet zu werden, bestürmte unser Volk das Gerichtshnus mit Bitten und Thränen und dämpfte den siedenden Zorn des Statthalters. Dabei ist dieses Volk "mtig und tapfer im Kriege, wie viele von ihm abgelegte Proben beweisen. Auch die Gastfreiheit der Athener (die nach Libanins zu den Stammvätern der Antiochener gehören) hat unser Volk bewahrt. Wir nehmen freundlich alle Fremden ans. Die

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_233879/235>, abgerufen am 01.07.2024.