Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Antwchia

Theologen als den Lehrer des Kirchenvaters Chrysostomus kennen. Libanius ist einer
der letzten und ein sehr achtbarer Vertreter des Munizipalpntriotismus, der in der
antiken Welt ursprünglich die einzige Form des Patriotismus war und es zum
zweitenmal wurde, nachdem Rom alle Königreiche und Republiken verschlungen, und
der Cäsarismus der Beteiligung der Neichsbürger an der Reichsverwaltung ein Ende
gemacht hatte. Libauius gab in jungen Jahren seine ihm von Konstantins über¬
tragne ehrenvolle Stellung in Kvnstnntinopel auf, um sich seiner Vaterstadt An¬
twchia zu widmen, der er bis an sein Lebensende treu blieb als eifriger, kluger
und oft erfolgreicher Berater in allen Bedrängnissen und als unermüdlicher Jugcnd-
erzieher. Die rhetorische Phrase handhabt Libanius freilich mit unübertroffner
Birtuvsität, aber er übertrifft alle seine konkurrierenden Zeitgenossen dadurch, daß
in solchen Reden, die er nicht als Muster für Schnlcrübungeii ansieht, seine schönen
Sätze keine leeren Phrasen, sondern ernsthaft und ehrlich gemeint sind. So ist es
ohne Zweifel sein voller Ernst, wenn er in der langen Lobrede ans seine Vater¬
stadt sagt, der Gegenstand übersteige seine Kraft, aber er hoffe Verzeihung für die
Unzulänglichkeit seiner Worte; ein Fremder würde ja den Gegenstand ablehnen
können, wenn er sich ihm nicht gewachsen fühle; er aber, der hier schon über so
viele Dinge öffentliche Vorträge gehalten habe, komme sich vor wie ein Sohn, der
nnter den Augen der Mutter alle Welt preise und nur die Mutter vergesse. Er
flehte sich also verpflichtet, endlich einmal seine Vaterstadt zu preisen. Wäre er ein
reicher Mann, so könnte er ja durch Choregie oder ähnliche Leistungen seine Dankes¬
schuld gegen sie abtragen (seine Vorfahren und Oheime hatten mit solchen "Litur¬
gien" ihr Vermögen erschöpft), so aber habe er nichts als seine Redekunst, womit
er der Stadt dienen könne. Da es, so viel wir wissen, keine deutsche Übersetzung
dieses "Antivchikos" des Libanius giebt und auch keinen Auszug daraus, so wird
es die Leser nicht verdrießen, wenn wir ihnen das merkwürdige Stadtbild im ver¬
kleinerten Maßstabe überliefern -- ohne Anspruch auf archäologische Genauigkeit;
denn was z. B. deu Plan der Stadt anlangt, so sagt der Herausgeber der Reden
des Libanius (Reiske) in einer seiner Bemerkungen, je mehr Mühe sich der Redner
gebe, genau zu sein, desto undeutlicher werde die Sache.

Ans Lage und Boden, so beginnt Libanius, beruht das Wohl der Stadt; die
sind also die Hauptsache, wie für das Schiff der Kiel. Nicht selten preist man eine
Stadt als den Mittelpunkt des Erdkreises. Aber in der Mitte kann doch eben nur
eine liegen. Und ein Vorzug wäre diese Lage nur dann, wenn sie die Herrschaft
über die andern Städte sicherte. Auch das felsige Delphi wird an Fruchtbarkeit
von andern Gegenden, wie von Ägypten, übertroffen. Auf diesen Vorzug der Lage
verzichte)! wir gern, wenn unser Laud nur schön ist. Und dessen dürfen wir uns
wahrlich rühmen. Haben doch viele Könige darum Krieg geführt, und schon der
bloße Name unsrer Stadt erfüllt jeden, der ihn nennen hört, mit Lust, gleich einem
Traum, der dem Schlafenden das Bild schöner Gärten vorzaubert. Andern versagt
ihr Land diese Gaben, während es jene gewahrt, oder es bietet zwar alle
Arten von Gaben, peinigt aber durch das Übermaß der den Jahreszeiten eigen¬
tümlichen Plagen, oder verschont zwar anch damit, verleidet aber durch Wasser¬
mangel alle übrigen Vorzüge. Uns aber sind alle Vorzüge zugleich beschert: ein
fruchtbarer Boden, Wasserreich!um und das glücklichste Klima. Ans mäßiger Höhe
über dem Meere wohnend, haben wir einen weichen, tiefen, für Saat und Pflanzung
gleich geeigneten Boden. Höher sind bei uns die Bäume und die Halme, reich¬
licher die Früchte als anderwärts, und über die Fülle unsers Pflanzenwuchses geht
die Schönheit. Nichts fehlt bei uns von allein Guten, das man sich wünschen
kann. Üppig schwärmt Dionysos, nach allen Seiten hin versenden wir die Gabe
der Athene (das Öl), und die blonde Demeter liebt unser Land mehr als Sizilien


GrmMton l 1S0I ^
Antwchia

Theologen als den Lehrer des Kirchenvaters Chrysostomus kennen. Libanius ist einer
der letzten und ein sehr achtbarer Vertreter des Munizipalpntriotismus, der in der
antiken Welt ursprünglich die einzige Form des Patriotismus war und es zum
zweitenmal wurde, nachdem Rom alle Königreiche und Republiken verschlungen, und
der Cäsarismus der Beteiligung der Neichsbürger an der Reichsverwaltung ein Ende
gemacht hatte. Libauius gab in jungen Jahren seine ihm von Konstantins über¬
tragne ehrenvolle Stellung in Kvnstnntinopel auf, um sich seiner Vaterstadt An¬
twchia zu widmen, der er bis an sein Lebensende treu blieb als eifriger, kluger
und oft erfolgreicher Berater in allen Bedrängnissen und als unermüdlicher Jugcnd-
erzieher. Die rhetorische Phrase handhabt Libanius freilich mit unübertroffner
Birtuvsität, aber er übertrifft alle seine konkurrierenden Zeitgenossen dadurch, daß
in solchen Reden, die er nicht als Muster für Schnlcrübungeii ansieht, seine schönen
Sätze keine leeren Phrasen, sondern ernsthaft und ehrlich gemeint sind. So ist es
ohne Zweifel sein voller Ernst, wenn er in der langen Lobrede ans seine Vater¬
stadt sagt, der Gegenstand übersteige seine Kraft, aber er hoffe Verzeihung für die
Unzulänglichkeit seiner Worte; ein Fremder würde ja den Gegenstand ablehnen
können, wenn er sich ihm nicht gewachsen fühle; er aber, der hier schon über so
viele Dinge öffentliche Vorträge gehalten habe, komme sich vor wie ein Sohn, der
nnter den Augen der Mutter alle Welt preise und nur die Mutter vergesse. Er
flehte sich also verpflichtet, endlich einmal seine Vaterstadt zu preisen. Wäre er ein
reicher Mann, so könnte er ja durch Choregie oder ähnliche Leistungen seine Dankes¬
schuld gegen sie abtragen (seine Vorfahren und Oheime hatten mit solchen „Litur¬
gien" ihr Vermögen erschöpft), so aber habe er nichts als seine Redekunst, womit
er der Stadt dienen könne. Da es, so viel wir wissen, keine deutsche Übersetzung
dieses „Antivchikos" des Libanius giebt und auch keinen Auszug daraus, so wird
es die Leser nicht verdrießen, wenn wir ihnen das merkwürdige Stadtbild im ver¬
kleinerten Maßstabe überliefern — ohne Anspruch auf archäologische Genauigkeit;
denn was z. B. deu Plan der Stadt anlangt, so sagt der Herausgeber der Reden
des Libanius (Reiske) in einer seiner Bemerkungen, je mehr Mühe sich der Redner
gebe, genau zu sein, desto undeutlicher werde die Sache.

Ans Lage und Boden, so beginnt Libanius, beruht das Wohl der Stadt; die
sind also die Hauptsache, wie für das Schiff der Kiel. Nicht selten preist man eine
Stadt als den Mittelpunkt des Erdkreises. Aber in der Mitte kann doch eben nur
eine liegen. Und ein Vorzug wäre diese Lage nur dann, wenn sie die Herrschaft
über die andern Städte sicherte. Auch das felsige Delphi wird an Fruchtbarkeit
von andern Gegenden, wie von Ägypten, übertroffen. Auf diesen Vorzug der Lage
verzichte)! wir gern, wenn unser Laud nur schön ist. Und dessen dürfen wir uns
wahrlich rühmen. Haben doch viele Könige darum Krieg geführt, und schon der
bloße Name unsrer Stadt erfüllt jeden, der ihn nennen hört, mit Lust, gleich einem
Traum, der dem Schlafenden das Bild schöner Gärten vorzaubert. Andern versagt
ihr Land diese Gaben, während es jene gewahrt, oder es bietet zwar alle
Arten von Gaben, peinigt aber durch das Übermaß der den Jahreszeiten eigen¬
tümlichen Plagen, oder verschont zwar anch damit, verleidet aber durch Wasser¬
mangel alle übrigen Vorzüge. Uns aber sind alle Vorzüge zugleich beschert: ein
fruchtbarer Boden, Wasserreich!um und das glücklichste Klima. Ans mäßiger Höhe
über dem Meere wohnend, haben wir einen weichen, tiefen, für Saat und Pflanzung
gleich geeigneten Boden. Höher sind bei uns die Bäume und die Halme, reich¬
licher die Früchte als anderwärts, und über die Fülle unsers Pflanzenwuchses geht
die Schönheit. Nichts fehlt bei uns von allein Guten, das man sich wünschen
kann. Üppig schwärmt Dionysos, nach allen Seiten hin versenden wir die Gabe
der Athene (das Öl), und die blonde Demeter liebt unser Land mehr als Sizilien


GrmMton l 1S0I ^
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0233" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/234113"/>
          <fw type="header" place="top"> Antwchia</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_764" prev="#ID_763"> Theologen als den Lehrer des Kirchenvaters Chrysostomus kennen. Libanius ist einer<lb/>
der letzten und ein sehr achtbarer Vertreter des Munizipalpntriotismus, der in der<lb/>
antiken Welt ursprünglich die einzige Form des Patriotismus war und es zum<lb/>
zweitenmal wurde, nachdem Rom alle Königreiche und Republiken verschlungen, und<lb/>
der Cäsarismus der Beteiligung der Neichsbürger an der Reichsverwaltung ein Ende<lb/>
gemacht hatte. Libauius gab in jungen Jahren seine ihm von Konstantins über¬<lb/>
tragne ehrenvolle Stellung in Kvnstnntinopel auf, um sich seiner Vaterstadt An¬<lb/>
twchia zu widmen, der er bis an sein Lebensende treu blieb als eifriger, kluger<lb/>
und oft erfolgreicher Berater in allen Bedrängnissen und als unermüdlicher Jugcnd-<lb/>
erzieher. Die rhetorische Phrase handhabt Libanius freilich mit unübertroffner<lb/>
Birtuvsität, aber er übertrifft alle seine konkurrierenden Zeitgenossen dadurch, daß<lb/>
in solchen Reden, die er nicht als Muster für Schnlcrübungeii ansieht, seine schönen<lb/>
Sätze keine leeren Phrasen, sondern ernsthaft und ehrlich gemeint sind. So ist es<lb/>
ohne Zweifel sein voller Ernst, wenn er in der langen Lobrede ans seine Vater¬<lb/>
stadt sagt, der Gegenstand übersteige seine Kraft, aber er hoffe Verzeihung für die<lb/>
Unzulänglichkeit seiner Worte; ein Fremder würde ja den Gegenstand ablehnen<lb/>
können, wenn er sich ihm nicht gewachsen fühle; er aber, der hier schon über so<lb/>
viele Dinge öffentliche Vorträge gehalten habe, komme sich vor wie ein Sohn, der<lb/>
nnter den Augen der Mutter alle Welt preise und nur die Mutter vergesse. Er<lb/>
flehte sich also verpflichtet, endlich einmal seine Vaterstadt zu preisen. Wäre er ein<lb/>
reicher Mann, so könnte er ja durch Choregie oder ähnliche Leistungen seine Dankes¬<lb/>
schuld gegen sie abtragen (seine Vorfahren und Oheime hatten mit solchen &#x201E;Litur¬<lb/>
gien" ihr Vermögen erschöpft), so aber habe er nichts als seine Redekunst, womit<lb/>
er der Stadt dienen könne. Da es, so viel wir wissen, keine deutsche Übersetzung<lb/>
dieses &#x201E;Antivchikos" des Libanius giebt und auch keinen Auszug daraus, so wird<lb/>
es die Leser nicht verdrießen, wenn wir ihnen das merkwürdige Stadtbild im ver¬<lb/>
kleinerten Maßstabe überliefern &#x2014; ohne Anspruch auf archäologische Genauigkeit;<lb/>
denn was z. B. deu Plan der Stadt anlangt, so sagt der Herausgeber der Reden<lb/>
des Libanius (Reiske) in einer seiner Bemerkungen, je mehr Mühe sich der Redner<lb/>
gebe, genau zu sein, desto undeutlicher werde die Sache.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_765" next="#ID_766"> Ans Lage und Boden, so beginnt Libanius, beruht das Wohl der Stadt; die<lb/>
sind also die Hauptsache, wie für das Schiff der Kiel. Nicht selten preist man eine<lb/>
Stadt als den Mittelpunkt des Erdkreises. Aber in der Mitte kann doch eben nur<lb/>
eine liegen. Und ein Vorzug wäre diese Lage nur dann, wenn sie die Herrschaft<lb/>
über die andern Städte sicherte. Auch das felsige Delphi wird an Fruchtbarkeit<lb/>
von andern Gegenden, wie von Ägypten, übertroffen. Auf diesen Vorzug der Lage<lb/>
verzichte)! wir gern, wenn unser Laud nur schön ist. Und dessen dürfen wir uns<lb/>
wahrlich rühmen. Haben doch viele Könige darum Krieg geführt, und schon der<lb/>
bloße Name unsrer Stadt erfüllt jeden, der ihn nennen hört, mit Lust, gleich einem<lb/>
Traum, der dem Schlafenden das Bild schöner Gärten vorzaubert. Andern versagt<lb/>
ihr Land diese Gaben, während es jene gewahrt, oder es bietet zwar alle<lb/>
Arten von Gaben, peinigt aber durch das Übermaß der den Jahreszeiten eigen¬<lb/>
tümlichen Plagen, oder verschont zwar anch damit, verleidet aber durch Wasser¬<lb/>
mangel alle übrigen Vorzüge. Uns aber sind alle Vorzüge zugleich beschert: ein<lb/>
fruchtbarer Boden, Wasserreich!um und das glücklichste Klima. Ans mäßiger Höhe<lb/>
über dem Meere wohnend, haben wir einen weichen, tiefen, für Saat und Pflanzung<lb/>
gleich geeigneten Boden. Höher sind bei uns die Bäume und die Halme, reich¬<lb/>
licher die Früchte als anderwärts, und über die Fülle unsers Pflanzenwuchses geht<lb/>
die Schönheit. Nichts fehlt bei uns von allein Guten, das man sich wünschen<lb/>
kann. Üppig schwärmt Dionysos, nach allen Seiten hin versenden wir die Gabe<lb/>
der Athene (das Öl), und die blonde Demeter liebt unser Land mehr als Sizilien</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> GrmMton l 1S0I ^</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0233] Antwchia Theologen als den Lehrer des Kirchenvaters Chrysostomus kennen. Libanius ist einer der letzten und ein sehr achtbarer Vertreter des Munizipalpntriotismus, der in der antiken Welt ursprünglich die einzige Form des Patriotismus war und es zum zweitenmal wurde, nachdem Rom alle Königreiche und Republiken verschlungen, und der Cäsarismus der Beteiligung der Neichsbürger an der Reichsverwaltung ein Ende gemacht hatte. Libauius gab in jungen Jahren seine ihm von Konstantins über¬ tragne ehrenvolle Stellung in Kvnstnntinopel auf, um sich seiner Vaterstadt An¬ twchia zu widmen, der er bis an sein Lebensende treu blieb als eifriger, kluger und oft erfolgreicher Berater in allen Bedrängnissen und als unermüdlicher Jugcnd- erzieher. Die rhetorische Phrase handhabt Libanius freilich mit unübertroffner Birtuvsität, aber er übertrifft alle seine konkurrierenden Zeitgenossen dadurch, daß in solchen Reden, die er nicht als Muster für Schnlcrübungeii ansieht, seine schönen Sätze keine leeren Phrasen, sondern ernsthaft und ehrlich gemeint sind. So ist es ohne Zweifel sein voller Ernst, wenn er in der langen Lobrede ans seine Vater¬ stadt sagt, der Gegenstand übersteige seine Kraft, aber er hoffe Verzeihung für die Unzulänglichkeit seiner Worte; ein Fremder würde ja den Gegenstand ablehnen können, wenn er sich ihm nicht gewachsen fühle; er aber, der hier schon über so viele Dinge öffentliche Vorträge gehalten habe, komme sich vor wie ein Sohn, der nnter den Augen der Mutter alle Welt preise und nur die Mutter vergesse. Er flehte sich also verpflichtet, endlich einmal seine Vaterstadt zu preisen. Wäre er ein reicher Mann, so könnte er ja durch Choregie oder ähnliche Leistungen seine Dankes¬ schuld gegen sie abtragen (seine Vorfahren und Oheime hatten mit solchen „Litur¬ gien" ihr Vermögen erschöpft), so aber habe er nichts als seine Redekunst, womit er der Stadt dienen könne. Da es, so viel wir wissen, keine deutsche Übersetzung dieses „Antivchikos" des Libanius giebt und auch keinen Auszug daraus, so wird es die Leser nicht verdrießen, wenn wir ihnen das merkwürdige Stadtbild im ver¬ kleinerten Maßstabe überliefern — ohne Anspruch auf archäologische Genauigkeit; denn was z. B. deu Plan der Stadt anlangt, so sagt der Herausgeber der Reden des Libanius (Reiske) in einer seiner Bemerkungen, je mehr Mühe sich der Redner gebe, genau zu sein, desto undeutlicher werde die Sache. Ans Lage und Boden, so beginnt Libanius, beruht das Wohl der Stadt; die sind also die Hauptsache, wie für das Schiff der Kiel. Nicht selten preist man eine Stadt als den Mittelpunkt des Erdkreises. Aber in der Mitte kann doch eben nur eine liegen. Und ein Vorzug wäre diese Lage nur dann, wenn sie die Herrschaft über die andern Städte sicherte. Auch das felsige Delphi wird an Fruchtbarkeit von andern Gegenden, wie von Ägypten, übertroffen. Auf diesen Vorzug der Lage verzichte)! wir gern, wenn unser Laud nur schön ist. Und dessen dürfen wir uns wahrlich rühmen. Haben doch viele Könige darum Krieg geführt, und schon der bloße Name unsrer Stadt erfüllt jeden, der ihn nennen hört, mit Lust, gleich einem Traum, der dem Schlafenden das Bild schöner Gärten vorzaubert. Andern versagt ihr Land diese Gaben, während es jene gewahrt, oder es bietet zwar alle Arten von Gaben, peinigt aber durch das Übermaß der den Jahreszeiten eigen¬ tümlichen Plagen, oder verschont zwar anch damit, verleidet aber durch Wasser¬ mangel alle übrigen Vorzüge. Uns aber sind alle Vorzüge zugleich beschert: ein fruchtbarer Boden, Wasserreich!um und das glücklichste Klima. Ans mäßiger Höhe über dem Meere wohnend, haben wir einen weichen, tiefen, für Saat und Pflanzung gleich geeigneten Boden. Höher sind bei uns die Bäume und die Halme, reich¬ licher die Früchte als anderwärts, und über die Fülle unsers Pflanzenwuchses geht die Schönheit. Nichts fehlt bei uns von allein Guten, das man sich wünschen kann. Üppig schwärmt Dionysos, nach allen Seiten hin versenden wir die Gabe der Athene (das Öl), und die blonde Demeter liebt unser Land mehr als Sizilien GrmMton l 1S0I ^

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_233879
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_233879/233
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_233879/233>, abgerufen am 01.07.2024.