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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Erstes Vierteljahr.

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Papsttum, Inquisition und Hexenprozesse.

Bei verschiednen Gelegen¬
heiten haben wir die Ansicht begründet, daß die Hexenprozesse für sich ganz allein
schon hinreichen, zu beweisen, wie nichtig der Glaube an die Göttlichkeit des Papst¬
rums und der Kirche im dogmatischen Sinne ist, daß aber die Kirche, als Gefäß,
wenn auch sehr unsaubres Gefäß, des christlichen Geistes und als Werkzeug Gottes
für große und wichtige Zwecke in demselben Sinne göttlich zu nennen ist wie andre
weltgeschichtliche Erscheinungen. So ziemlich dasselbe meint ohne Zweifel Graf
Hoensbroech im Vorwort seines Buchs' Das Papsttum in seiner sozial-
kulturellen Wirksamkeit (Erster Band: Inquisition, Aberglaube. Teufelsspuk
und Hexenwahn. Leipzig, Breitkopf und Härtel, 1900), wenn er sagt, das Papsttum
sei in seinem Anspruch, eine göttliche Einrichtung zu sein, die größte und verhängnis¬
vollste Lüge der Weltgeschichte, aber als geschichtlich gewordner religiöser Mittel¬
punkt des katholischen Christentums sei es keine Lüge. Der Exjesuit ist gerade
keine sehr sympathische Persönlichkeit, aber nach der vorliegenden Leistung kann man
ihn wenigstens nicht mehr einen bloßen Pamphletisten nennen. Es ist nur Unrat,
was er zusammengetragen hat, aber es hat eine respektable Gelehrtenarbeit gekostet,
diesen ungeheuern Haufen Unrat 660 Seiten ohne die Register -- aus den
Quellen aufzustöbern und zusammenzuschleppen. Und dieser Haufen abscheulicher
Urkunden beweist wiederum die Wahrheit einer zweiten Ansicht, zu der wir uns
ebenfalls wiederholt bekannt haben, daß es in der ganzen europäischen Geschichte,
die vorchristliche einbegriffen, keine Erscheinung giebt, die um verschrobner Grausam¬
keit, an Unheimlichkeit, Unvernunft, Häßlichkeit, wahnsinniger Lüsternheit und ekel¬
hafter Unflnterei der Ketzerinqnisition und den Hexenprvzesseu gleich käme. Wenn
nun Hoensbroech dieses unsaubre Material zu einer einseitigen und parteiischen
Anklageschrift gegen das Papsttum verwendet, so sind wir darüber nicht böse; denn
da die Römer wieder einmal frech geworden sind, kann es ihnen gar nicht schaden,
wenn ihnen etwas versetzt wird. Und dem Verfasser etwaige Irrtümer oder ab¬
sichtliche Entstellungen der Wahrheit nachzuweisen, wollen wir ihnen ruhig über¬
lassen; daraufhin prüfen Nur das Buch nicht. Dagegen müssen wir offen aus-
sprechen, daß dem Geschichtsphilosophen eine solche bloß polemische Behandlung des
Gegenstands nicht genügt, und daß auch in diesem umfangreichen Werke die Ge¬
schichte der Schattenseite des Kirchentnms, wie sie bei dem heute erreichten Grade
wissenschaftlicher Einsicht gefordert werden muß, "och nicht geschrieben ist. Einmal
sind darin die protestantischen Ketzerverfolguugeu und Hexenprozesse gar nicht be¬
rücksichtigt. Die protestantischen Hexenprozesse erwähnt Hoensbroech nur, um deu
Einwand der katholischen Apologeten zurückzuweisen, daß die Hexenprozesse keine
ausschließlich katholische Verirrn"g seien. Er hat ja Recht, wenn er sagt, die
Protestanten hätten deu Unfug vom Papsttum übernommen. Aber die jungen
Diebe, die von den alten zum Stehlen verführt worden sind, dürfen doch nicht
straffrei ausgehn, und wenn Hoensbroech alle katholischen Länder und Landschaften
der Reihe nach durchmustert und die Hexeubründe aufzählt, die darin vorgekommen
sind, von den lutherischen und lalvinischeu Staaten aber, die auch ihr stattliches
Kontingent gestellt haben, keinen einzigen erwähnt, so ist das eben keine den An¬
forderungen der Wissenschaft entsprechende Geschichte des Greuels. Als Thomasius
gegen die Hexenprozesse auftrat, schrieen die Mitarbeiter von Valentin Löschers
"Unschuldigen Nachrichten" Ach und Wehe darüber, daß ans Schottland und Holland
der Atheismus ins evangelische Zion einbreche; seine Theses, hieß es, seien dem
Scheine nach verfertigt, um den Hexenprozeß über den Häuser zu werfen, in der
That aber, um wider das Wort Gottes zu beweisen, daß es keine Zauberei gebe.
Und als 1715 in einer Vorstadt von Jena mehrere nächtliche Schatzgräber an
^ohlendnnst erstickt waren, und die drei Fakultäten der dortigen Hochschule die



Papsttum, Inquisition und Hexenprozesse.

Bei verschiednen Gelegen¬
heiten haben wir die Ansicht begründet, daß die Hexenprozesse für sich ganz allein
schon hinreichen, zu beweisen, wie nichtig der Glaube an die Göttlichkeit des Papst¬
rums und der Kirche im dogmatischen Sinne ist, daß aber die Kirche, als Gefäß,
wenn auch sehr unsaubres Gefäß, des christlichen Geistes und als Werkzeug Gottes
für große und wichtige Zwecke in demselben Sinne göttlich zu nennen ist wie andre
weltgeschichtliche Erscheinungen. So ziemlich dasselbe meint ohne Zweifel Graf
Hoensbroech im Vorwort seines Buchs' Das Papsttum in seiner sozial-
kulturellen Wirksamkeit (Erster Band: Inquisition, Aberglaube. Teufelsspuk
und Hexenwahn. Leipzig, Breitkopf und Härtel, 1900), wenn er sagt, das Papsttum
sei in seinem Anspruch, eine göttliche Einrichtung zu sein, die größte und verhängnis¬
vollste Lüge der Weltgeschichte, aber als geschichtlich gewordner religiöser Mittel¬
punkt des katholischen Christentums sei es keine Lüge. Der Exjesuit ist gerade
keine sehr sympathische Persönlichkeit, aber nach der vorliegenden Leistung kann man
ihn wenigstens nicht mehr einen bloßen Pamphletisten nennen. Es ist nur Unrat,
was er zusammengetragen hat, aber es hat eine respektable Gelehrtenarbeit gekostet,
diesen ungeheuern Haufen Unrat 660 Seiten ohne die Register — aus den
Quellen aufzustöbern und zusammenzuschleppen. Und dieser Haufen abscheulicher
Urkunden beweist wiederum die Wahrheit einer zweiten Ansicht, zu der wir uns
ebenfalls wiederholt bekannt haben, daß es in der ganzen europäischen Geschichte,
die vorchristliche einbegriffen, keine Erscheinung giebt, die um verschrobner Grausam¬
keit, an Unheimlichkeit, Unvernunft, Häßlichkeit, wahnsinniger Lüsternheit und ekel¬
hafter Unflnterei der Ketzerinqnisition und den Hexenprvzesseu gleich käme. Wenn
nun Hoensbroech dieses unsaubre Material zu einer einseitigen und parteiischen
Anklageschrift gegen das Papsttum verwendet, so sind wir darüber nicht böse; denn
da die Römer wieder einmal frech geworden sind, kann es ihnen gar nicht schaden,
wenn ihnen etwas versetzt wird. Und dem Verfasser etwaige Irrtümer oder ab¬
sichtliche Entstellungen der Wahrheit nachzuweisen, wollen wir ihnen ruhig über¬
lassen; daraufhin prüfen Nur das Buch nicht. Dagegen müssen wir offen aus-
sprechen, daß dem Geschichtsphilosophen eine solche bloß polemische Behandlung des
Gegenstands nicht genügt, und daß auch in diesem umfangreichen Werke die Ge¬
schichte der Schattenseite des Kirchentnms, wie sie bei dem heute erreichten Grade
wissenschaftlicher Einsicht gefordert werden muß, «och nicht geschrieben ist. Einmal
sind darin die protestantischen Ketzerverfolguugeu und Hexenprozesse gar nicht be¬
rücksichtigt. Die protestantischen Hexenprozesse erwähnt Hoensbroech nur, um deu
Einwand der katholischen Apologeten zurückzuweisen, daß die Hexenprozesse keine
ausschließlich katholische Verirrn»g seien. Er hat ja Recht, wenn er sagt, die
Protestanten hätten deu Unfug vom Papsttum übernommen. Aber die jungen
Diebe, die von den alten zum Stehlen verführt worden sind, dürfen doch nicht
straffrei ausgehn, und wenn Hoensbroech alle katholischen Länder und Landschaften
der Reihe nach durchmustert und die Hexeubründe aufzählt, die darin vorgekommen
sind, von den lutherischen und lalvinischeu Staaten aber, die auch ihr stattliches
Kontingent gestellt haben, keinen einzigen erwähnt, so ist das eben keine den An¬
forderungen der Wissenschaft entsprechende Geschichte des Greuels. Als Thomasius
gegen die Hexenprozesse auftrat, schrieen die Mitarbeiter von Valentin Löschers
„Unschuldigen Nachrichten" Ach und Wehe darüber, daß ans Schottland und Holland
der Atheismus ins evangelische Zion einbreche; seine Theses, hieß es, seien dem
Scheine nach verfertigt, um den Hexenprozeß über den Häuser zu werfen, in der
That aber, um wider das Wort Gottes zu beweisen, daß es keine Zauberei gebe.
Und als 1715 in einer Vorstadt von Jena mehrere nächtliche Schatzgräber an
^ohlendnnst erstickt waren, und die drei Fakultäten der dortigen Hochschule die


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[0202] Papsttum, Inquisition und Hexenprozesse. Bei verschiednen Gelegen¬ heiten haben wir die Ansicht begründet, daß die Hexenprozesse für sich ganz allein schon hinreichen, zu beweisen, wie nichtig der Glaube an die Göttlichkeit des Papst¬ rums und der Kirche im dogmatischen Sinne ist, daß aber die Kirche, als Gefäß, wenn auch sehr unsaubres Gefäß, des christlichen Geistes und als Werkzeug Gottes für große und wichtige Zwecke in demselben Sinne göttlich zu nennen ist wie andre weltgeschichtliche Erscheinungen. So ziemlich dasselbe meint ohne Zweifel Graf Hoensbroech im Vorwort seines Buchs' Das Papsttum in seiner sozial- kulturellen Wirksamkeit (Erster Band: Inquisition, Aberglaube. Teufelsspuk und Hexenwahn. Leipzig, Breitkopf und Härtel, 1900), wenn er sagt, das Papsttum sei in seinem Anspruch, eine göttliche Einrichtung zu sein, die größte und verhängnis¬ vollste Lüge der Weltgeschichte, aber als geschichtlich gewordner religiöser Mittel¬ punkt des katholischen Christentums sei es keine Lüge. Der Exjesuit ist gerade keine sehr sympathische Persönlichkeit, aber nach der vorliegenden Leistung kann man ihn wenigstens nicht mehr einen bloßen Pamphletisten nennen. Es ist nur Unrat, was er zusammengetragen hat, aber es hat eine respektable Gelehrtenarbeit gekostet, diesen ungeheuern Haufen Unrat 660 Seiten ohne die Register — aus den Quellen aufzustöbern und zusammenzuschleppen. Und dieser Haufen abscheulicher Urkunden beweist wiederum die Wahrheit einer zweiten Ansicht, zu der wir uns ebenfalls wiederholt bekannt haben, daß es in der ganzen europäischen Geschichte, die vorchristliche einbegriffen, keine Erscheinung giebt, die um verschrobner Grausam¬ keit, an Unheimlichkeit, Unvernunft, Häßlichkeit, wahnsinniger Lüsternheit und ekel¬ hafter Unflnterei der Ketzerinqnisition und den Hexenprvzesseu gleich käme. Wenn nun Hoensbroech dieses unsaubre Material zu einer einseitigen und parteiischen Anklageschrift gegen das Papsttum verwendet, so sind wir darüber nicht böse; denn da die Römer wieder einmal frech geworden sind, kann es ihnen gar nicht schaden, wenn ihnen etwas versetzt wird. Und dem Verfasser etwaige Irrtümer oder ab¬ sichtliche Entstellungen der Wahrheit nachzuweisen, wollen wir ihnen ruhig über¬ lassen; daraufhin prüfen Nur das Buch nicht. Dagegen müssen wir offen aus- sprechen, daß dem Geschichtsphilosophen eine solche bloß polemische Behandlung des Gegenstands nicht genügt, und daß auch in diesem umfangreichen Werke die Ge¬ schichte der Schattenseite des Kirchentnms, wie sie bei dem heute erreichten Grade wissenschaftlicher Einsicht gefordert werden muß, «och nicht geschrieben ist. Einmal sind darin die protestantischen Ketzerverfolguugeu und Hexenprozesse gar nicht be¬ rücksichtigt. Die protestantischen Hexenprozesse erwähnt Hoensbroech nur, um deu Einwand der katholischen Apologeten zurückzuweisen, daß die Hexenprozesse keine ausschließlich katholische Verirrn»g seien. Er hat ja Recht, wenn er sagt, die Protestanten hätten deu Unfug vom Papsttum übernommen. Aber die jungen Diebe, die von den alten zum Stehlen verführt worden sind, dürfen doch nicht straffrei ausgehn, und wenn Hoensbroech alle katholischen Länder und Landschaften der Reihe nach durchmustert und die Hexeubründe aufzählt, die darin vorgekommen sind, von den lutherischen und lalvinischeu Staaten aber, die auch ihr stattliches Kontingent gestellt haben, keinen einzigen erwähnt, so ist das eben keine den An¬ forderungen der Wissenschaft entsprechende Geschichte des Greuels. Als Thomasius gegen die Hexenprozesse auftrat, schrieen die Mitarbeiter von Valentin Löschers „Unschuldigen Nachrichten" Ach und Wehe darüber, daß ans Schottland und Holland der Atheismus ins evangelische Zion einbreche; seine Theses, hieß es, seien dem Scheine nach verfertigt, um den Hexenprozeß über den Häuser zu werfen, in der That aber, um wider das Wort Gottes zu beweisen, daß es keine Zauberei gebe. Und als 1715 in einer Vorstadt von Jena mehrere nächtliche Schatzgräber an ^ohlendnnst erstickt waren, und die drei Fakultäten der dortigen Hochschule die

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_233879/202>, abgerufen am 01.07.2024.