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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Viertes Vierteljahr.

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Die Erwerbung der preußischen Königskrone durch Kurfürst Friedrich III,

Preußische,? ein wohlbegründetes Recht auf die entsprechende Rangerhöhung
und auf die mit ihr verbundnen äußern Ehren, und dies um so mehr, je not¬
wendiger diese Ehren für eine wirksame Vertretung und Behauptung der Macht¬
stellung eines Staates erschienen. Das Verlangen Friedrichs nach der Königs¬
würde mußte sich noch dadurch steigern, daß Kurfürst August von Sachsen im
Jahre 1697 um den Preis seines evangelischen Glaubens die polnische Krone
erkauft und dadurch die mit dem Königstitel verlmudneu Vorrechte erlangt
hatte. Die Wahl des Kurfürsten von Sachsen zum Könige von Polen hatte
bei Kurfürst Friedrich umsomehr einen Stachel zurückgelassen, als er seinerseits
die Bewerbung des Markgrafen Ludwig Wilhelm von Baden, des Türken-
besiegers, um die polnische Krone begünstigt und dessen Wahl als "die wich¬
tigste und größte Angelegenheit seiner bisherigen Regierung" bezeichnet hatte.
Er hatte dies wohl schon in der Hoffnung gethan, durch eiuen befreundeten
Polenkönig seine eignen Pläne gefördert zu sehen. Dazu kam noch, daß der
Herzog Ernst August von Hannover neuerdings durch Erhebung zum Kur¬
fürsten ebenfalls eine Rangerhöhung erlangt hatte, und daß dem Hause Han¬
nover die englische Krone winkte. Es war unbillig, daß Friedrich nach dem,
was er im letzten Kriege der Wohlfahrt Europas durch Dämpfung französischen
Übermuts geleistet hatte, mit seinem Staate hinter andern zurückstehn sollte.
Dennoch begegnete Kurfürst Friedrich bei seinen Räten, als er diesen bald
nach seinem Regierungsantritt von seinem Vorhaben Mitteilung machte, zunächst
nur einer kühlen Zurückhaltung. Namentlich scheint der damals noch mächtige
Minister Danckelmann ein entschiedner Gegner der auf die Annahme des
Königstitels gerichteten Pläne des Kurfürsten gewesen zu sein. Dieser aber
war nicht gesonnen, sich von dem einmal gefaßten Entschluß abbringen
zu lassen.

In den langwierigen Verhandlungen, die der Verwirklichung dieses Ent¬
schlusses vorangingen, ist an den Kurfürsten Friedrich wiederholt die Ver¬
suchung herangetreten, die Anerkennung der von ihm erstrebten Königswürde
durch den Papst zu erwirken. Es war zunächst der zum König von Polen
erhobne Kurfürst August von Sachsen, der dem Kurfürsten Friedrich den Rat
erteilte, sich bei dem Papste um die Anerkennung der Königskrone zu bemühen.
Bevor Friedrich in der Krönnngsangelegenheit weitere Schritte that, mußte er
vor allen Dingen darauf Bedacht nehmen, den König von Polen für seinen
Plan zu gewinnen. Er konnte dessen Zustimmung umsoweniger entbehren,
als das Herzogtum Preußen damals noch unter polnischer Oberhoheit stand.
Als Grundlage für das neue Königtum konnte aber nur Preußen in Betracht
kommen, weil der Kurfürst von Brandenburg nur dort wirklicher, vom deutscheu
Reiche und vom Kaiser unabhängiger souveräner Herrscher war. Die Zu¬
stimmung des polnischen Königs wurde ihm auch in Aussicht gestellt und nur
von gewissen Zugeständnissen abhängig gemacht, die Friedrich in betreff des
Verhaltens Brandenburgs in dem von Polen im Bunde mit dem russischen
Zaren begonnenen Kriege gegen Schweden zu macheu hatte, Nach einer be-


Die Erwerbung der preußischen Königskrone durch Kurfürst Friedrich III,

Preußische,? ein wohlbegründetes Recht auf die entsprechende Rangerhöhung
und auf die mit ihr verbundnen äußern Ehren, und dies um so mehr, je not¬
wendiger diese Ehren für eine wirksame Vertretung und Behauptung der Macht¬
stellung eines Staates erschienen. Das Verlangen Friedrichs nach der Königs¬
würde mußte sich noch dadurch steigern, daß Kurfürst August von Sachsen im
Jahre 1697 um den Preis seines evangelischen Glaubens die polnische Krone
erkauft und dadurch die mit dem Königstitel verlmudneu Vorrechte erlangt
hatte. Die Wahl des Kurfürsten von Sachsen zum Könige von Polen hatte
bei Kurfürst Friedrich umsomehr einen Stachel zurückgelassen, als er seinerseits
die Bewerbung des Markgrafen Ludwig Wilhelm von Baden, des Türken-
besiegers, um die polnische Krone begünstigt und dessen Wahl als „die wich¬
tigste und größte Angelegenheit seiner bisherigen Regierung" bezeichnet hatte.
Er hatte dies wohl schon in der Hoffnung gethan, durch eiuen befreundeten
Polenkönig seine eignen Pläne gefördert zu sehen. Dazu kam noch, daß der
Herzog Ernst August von Hannover neuerdings durch Erhebung zum Kur¬
fürsten ebenfalls eine Rangerhöhung erlangt hatte, und daß dem Hause Han¬
nover die englische Krone winkte. Es war unbillig, daß Friedrich nach dem,
was er im letzten Kriege der Wohlfahrt Europas durch Dämpfung französischen
Übermuts geleistet hatte, mit seinem Staate hinter andern zurückstehn sollte.
Dennoch begegnete Kurfürst Friedrich bei seinen Räten, als er diesen bald
nach seinem Regierungsantritt von seinem Vorhaben Mitteilung machte, zunächst
nur einer kühlen Zurückhaltung. Namentlich scheint der damals noch mächtige
Minister Danckelmann ein entschiedner Gegner der auf die Annahme des
Königstitels gerichteten Pläne des Kurfürsten gewesen zu sein. Dieser aber
war nicht gesonnen, sich von dem einmal gefaßten Entschluß abbringen
zu lassen.

In den langwierigen Verhandlungen, die der Verwirklichung dieses Ent¬
schlusses vorangingen, ist an den Kurfürsten Friedrich wiederholt die Ver¬
suchung herangetreten, die Anerkennung der von ihm erstrebten Königswürde
durch den Papst zu erwirken. Es war zunächst der zum König von Polen
erhobne Kurfürst August von Sachsen, der dem Kurfürsten Friedrich den Rat
erteilte, sich bei dem Papste um die Anerkennung der Königskrone zu bemühen.
Bevor Friedrich in der Krönnngsangelegenheit weitere Schritte that, mußte er
vor allen Dingen darauf Bedacht nehmen, den König von Polen für seinen
Plan zu gewinnen. Er konnte dessen Zustimmung umsoweniger entbehren,
als das Herzogtum Preußen damals noch unter polnischer Oberhoheit stand.
Als Grundlage für das neue Königtum konnte aber nur Preußen in Betracht
kommen, weil der Kurfürst von Brandenburg nur dort wirklicher, vom deutscheu
Reiche und vom Kaiser unabhängiger souveräner Herrscher war. Die Zu¬
stimmung des polnischen Königs wurde ihm auch in Aussicht gestellt und nur
von gewissen Zugeständnissen abhängig gemacht, die Friedrich in betreff des
Verhaltens Brandenburgs in dem von Polen im Bunde mit dem russischen
Zaren begonnenen Kriege gegen Schweden zu macheu hatte, Nach einer be-


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[0645] Die Erwerbung der preußischen Königskrone durch Kurfürst Friedrich III, Preußische,? ein wohlbegründetes Recht auf die entsprechende Rangerhöhung und auf die mit ihr verbundnen äußern Ehren, und dies um so mehr, je not¬ wendiger diese Ehren für eine wirksame Vertretung und Behauptung der Macht¬ stellung eines Staates erschienen. Das Verlangen Friedrichs nach der Königs¬ würde mußte sich noch dadurch steigern, daß Kurfürst August von Sachsen im Jahre 1697 um den Preis seines evangelischen Glaubens die polnische Krone erkauft und dadurch die mit dem Königstitel verlmudneu Vorrechte erlangt hatte. Die Wahl des Kurfürsten von Sachsen zum Könige von Polen hatte bei Kurfürst Friedrich umsomehr einen Stachel zurückgelassen, als er seinerseits die Bewerbung des Markgrafen Ludwig Wilhelm von Baden, des Türken- besiegers, um die polnische Krone begünstigt und dessen Wahl als „die wich¬ tigste und größte Angelegenheit seiner bisherigen Regierung" bezeichnet hatte. Er hatte dies wohl schon in der Hoffnung gethan, durch eiuen befreundeten Polenkönig seine eignen Pläne gefördert zu sehen. Dazu kam noch, daß der Herzog Ernst August von Hannover neuerdings durch Erhebung zum Kur¬ fürsten ebenfalls eine Rangerhöhung erlangt hatte, und daß dem Hause Han¬ nover die englische Krone winkte. Es war unbillig, daß Friedrich nach dem, was er im letzten Kriege der Wohlfahrt Europas durch Dämpfung französischen Übermuts geleistet hatte, mit seinem Staate hinter andern zurückstehn sollte. Dennoch begegnete Kurfürst Friedrich bei seinen Räten, als er diesen bald nach seinem Regierungsantritt von seinem Vorhaben Mitteilung machte, zunächst nur einer kühlen Zurückhaltung. Namentlich scheint der damals noch mächtige Minister Danckelmann ein entschiedner Gegner der auf die Annahme des Königstitels gerichteten Pläne des Kurfürsten gewesen zu sein. Dieser aber war nicht gesonnen, sich von dem einmal gefaßten Entschluß abbringen zu lassen. In den langwierigen Verhandlungen, die der Verwirklichung dieses Ent¬ schlusses vorangingen, ist an den Kurfürsten Friedrich wiederholt die Ver¬ suchung herangetreten, die Anerkennung der von ihm erstrebten Königswürde durch den Papst zu erwirken. Es war zunächst der zum König von Polen erhobne Kurfürst August von Sachsen, der dem Kurfürsten Friedrich den Rat erteilte, sich bei dem Papste um die Anerkennung der Königskrone zu bemühen. Bevor Friedrich in der Krönnngsangelegenheit weitere Schritte that, mußte er vor allen Dingen darauf Bedacht nehmen, den König von Polen für seinen Plan zu gewinnen. Er konnte dessen Zustimmung umsoweniger entbehren, als das Herzogtum Preußen damals noch unter polnischer Oberhoheit stand. Als Grundlage für das neue Königtum konnte aber nur Preußen in Betracht kommen, weil der Kurfürst von Brandenburg nur dort wirklicher, vom deutscheu Reiche und vom Kaiser unabhängiger souveräner Herrscher war. Die Zu¬ stimmung des polnischen Königs wurde ihm auch in Aussicht gestellt und nur von gewissen Zugeständnissen abhängig gemacht, die Friedrich in betreff des Verhaltens Brandenburgs in dem von Polen im Bunde mit dem russischen Zaren begonnenen Kriege gegen Schweden zu macheu hatte, Nach einer be-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_291076/645>, abgerufen am 29.06.2024.