Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Viertes Vierteljahr.Herbsttage in der Gifel Julius R. Haarhaus Kultur- und Landschaftsbilder von 1 le Zeiten sind noch nicht lange vorüber, wo für die Anwohner An Stimmen, die sich zu Gunsten der Eifel erhoben, hat es seit dem Herbsttage in der Gifel Julius R. Haarhaus Kultur- und Landschaftsbilder von 1 le Zeiten sind noch nicht lange vorüber, wo für die Anwohner An Stimmen, die sich zu Gunsten der Eifel erhoben, hat es seit dem <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0366" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/291443"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341871_291076/figures/grenzboten_341871_291076_291443_000.jpg"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Herbsttage in der Gifel<lb/><note type="byline"> Julius R. Haarhaus</note> Kultur- und Landschaftsbilder von<lb/> 1 </head><lb/> <p xml:id="ID_1189"> le Zeiten sind noch nicht lange vorüber, wo für die Anwohner<lb/> >des Rheins der Name „Eifel" etwas schreckhaftes hatte. In<lb/> meinen Knabenjahren, die ich auf der rechten Rheinseite, am<lb/> Siebengebirge und in der Neuwieder Gegend verlebte, pflegten<lb/> Iwir jungen Wandrer, wenn wir unsre heimatlichen Höhen er¬<lb/> stiegen, immer mit einem leichten Gruseln nach den weitgestreckten Bergrücken<lb/> und kahlen Kuppen jenseits des Stroms hinüberzuschauen, die bei uns damals<lb/> noch als Landmarken einer körr-j. iuooMitg.. eines von Gott und den Menschen<lb/> gemiednen Gebiets galten. Einige in dieses verachtete und verrufne Land<lb/> einschneidende Seitenthäler des Rheins, das romantische, von einem jederzeit<lb/> fröhlichen Winzervölkchen bewohnte Ahrthal, das Brohlthal mit seinen Traß-<lb/> gruben, und das an vulkanischen Produkten so reiche Nettethal, die Zugang¬<lb/> straße zum Laacher See, waren allerdings dem Verkehre längst erschlossen,<lb/> aber darüber hinaus war noch keiner von uns und unsern Bekannten ge¬<lb/> kommen. Was hätte man auch in einer Gegend zu suchen gehabt, wo Not<lb/> und Hunger zu Hause sein sollten? Was aus der Eifel zu uns kam, war<lb/> gewöhnlich nichts Erfreuliches: im Sommer Gewitterstürme und wochenlange<lb/> Landregen, im Winter rauhe Winde und Schneetreiben, und im Zusammen¬<lb/> hang damit der unerbetne Besuch von Schwarzwildrndeln, die Felder und<lb/> Gärten im Rheinthale verwüsteten und häufig mit Hilfe geübter Schützen ans<lb/> den nahen Garnisonen abgewehrt werden mußten. Ja die Eifel war nicht frei<lb/> von dem Verdacht, hier und da noch Wölfe zu beherbergen, die allerdings ab<lb/> und zu aus den Ardennen herüberstreifen mochten. Von den topographischen,<lb/> kulturhistorischen und volkswirtschaftlichen Verhältnissen des Landes hatte man<lb/> bei uns merkwürdig unklare Vorstellungen, und was man gelegentlich darüber<lb/> erfuhr, war wenig geeignet, die Lust zu wecken, das Stiefkind der Rheinprovinz<lb/> einmal aus eigner Anschauung kennen zu lernen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1190" next="#ID_1191"> An Stimmen, die sich zu Gunsten der Eifel erhoben, hat es seit dem<lb/> Beginn des neunzehnten Jahrhunderts freilich nicht gefehlt, aber die meisten<lb/> sind ungehört verhallt. Schon im Jahre 1820 machte Leopold von Buch, der<lb/> Altmeister der deutschen Geologie, auf die Bedeutung dieses Gebirgslands für<lb/> die Geschichte der Erdbildung aufmerksam, „Die Eifel, so schreibt er, wird<lb/> auch ihrerseits Führer und Lehrer werden, manche andre Gegend zu begreifen,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0366]
[Abbildung]
Herbsttage in der Gifel
Julius R. Haarhaus Kultur- und Landschaftsbilder von
1
le Zeiten sind noch nicht lange vorüber, wo für die Anwohner
>des Rheins der Name „Eifel" etwas schreckhaftes hatte. In
meinen Knabenjahren, die ich auf der rechten Rheinseite, am
Siebengebirge und in der Neuwieder Gegend verlebte, pflegten
Iwir jungen Wandrer, wenn wir unsre heimatlichen Höhen er¬
stiegen, immer mit einem leichten Gruseln nach den weitgestreckten Bergrücken
und kahlen Kuppen jenseits des Stroms hinüberzuschauen, die bei uns damals
noch als Landmarken einer körr-j. iuooMitg.. eines von Gott und den Menschen
gemiednen Gebiets galten. Einige in dieses verachtete und verrufne Land
einschneidende Seitenthäler des Rheins, das romantische, von einem jederzeit
fröhlichen Winzervölkchen bewohnte Ahrthal, das Brohlthal mit seinen Traß-
gruben, und das an vulkanischen Produkten so reiche Nettethal, die Zugang¬
straße zum Laacher See, waren allerdings dem Verkehre längst erschlossen,
aber darüber hinaus war noch keiner von uns und unsern Bekannten ge¬
kommen. Was hätte man auch in einer Gegend zu suchen gehabt, wo Not
und Hunger zu Hause sein sollten? Was aus der Eifel zu uns kam, war
gewöhnlich nichts Erfreuliches: im Sommer Gewitterstürme und wochenlange
Landregen, im Winter rauhe Winde und Schneetreiben, und im Zusammen¬
hang damit der unerbetne Besuch von Schwarzwildrndeln, die Felder und
Gärten im Rheinthale verwüsteten und häufig mit Hilfe geübter Schützen ans
den nahen Garnisonen abgewehrt werden mußten. Ja die Eifel war nicht frei
von dem Verdacht, hier und da noch Wölfe zu beherbergen, die allerdings ab
und zu aus den Ardennen herüberstreifen mochten. Von den topographischen,
kulturhistorischen und volkswirtschaftlichen Verhältnissen des Landes hatte man
bei uns merkwürdig unklare Vorstellungen, und was man gelegentlich darüber
erfuhr, war wenig geeignet, die Lust zu wecken, das Stiefkind der Rheinprovinz
einmal aus eigner Anschauung kennen zu lernen.
An Stimmen, die sich zu Gunsten der Eifel erhoben, hat es seit dem
Beginn des neunzehnten Jahrhunderts freilich nicht gefehlt, aber die meisten
sind ungehört verhallt. Schon im Jahre 1820 machte Leopold von Buch, der
Altmeister der deutschen Geologie, auf die Bedeutung dieses Gebirgslands für
die Geschichte der Erdbildung aufmerksam, „Die Eifel, so schreibt er, wird
auch ihrerseits Führer und Lehrer werden, manche andre Gegend zu begreifen,
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