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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Viertes Vierteljahr.

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andern leichter das Gebiet des blauen Stroms. Und dieses Gebiet ist wirt¬
schaftlich gewaltig.

Der französische Missionar, den ich oben schon angeführt habe, spricht in
Ausdrücken des höchsten Entzückens von diesem Strom und seine" Uferländern.
Dieser Strom, einmal für uns geöffnet und frei von Binnenzöllen, würde uns
einen ungeheuern Warenverkehr in Aussicht stellen. Er stellt die Verbindung
her mit dem metallreichen Tibet, vielleicht dem einzigen Goldlande, das noch
nicht von Europäern ausgebeutet wird. Er durchströmt Ssetschuen, die größte
und schönste Provinz Chinas, und China wird von Huc im allgemeinen schon
als ein außerordentlich fruchtbares Land geschildert, das mit Fleiß und Umsicht
angebaut wird. "Das schöne, üppige Land, sagt Huc von Ssetschuen, ist von
großem Einfluß auf seine Bewohner, die sich vor allen übrigen Chinesen vor¬
teilhaft auszeichnen. In den großen Städten herrscht vergleichsweise große
Ordnung und Sauberkeit; auch der Anblick der Dörfer zeugt von Wohlstand,
und die Sprache ist im allgemeinen fast so rein wie in Peking selber, nicht
ein so unverständliches Patois wie in manchen andern Provinzen. Der Be¬
wohner von Ssetschuen ist stark und kräftig usw." Ssetschuen ist eine Korn¬
kammer für andre Provinzen, es enthält Salz, Steinöl, Kohlen, es ist sehr
dicht bevölkert, der Verkehr auf dem Fluß und den längs des Flusses führenden
Straßen gleicht einem ununterbrvchueu Jahrmarkt. Als Huc um das Jahr
1846 diese Provinz bereiste, zählte man dort etwa 100000 Christen. Weiter
abwärts, in der Provinz Hu-pe, liegt das "Herz des chinesischen Handels,"
aus drei am Fluß einander gegenüberliegenden Städten bestehend, die zu¬
sammen nahezu 8 Millionen Einwohner beherbergen sollen, und deren be¬
deutendste Han-ken ist, der Hauptlagerplatz für alle achtzehn Provinzen
Chinas.

"Ganz China, sagt Huc, von Nord nach Süd, von Ost nach West ist
ein ewiger Markt und eine permanente Messe das ganze Jahr lang. Und
doch wird sich niemand eine richtige Vorstellung von dem ungeheuern Umfang
des Handelsbetriebs machen können, wenn er nicht die drei Städte Han-sang,
Utschang-fu und Han-ken gesehen hat. Namentlich die letzte, der "Mund der
Haudelsniederlage," erscheint in jeder Beziehung merkwürdig. Dort ist alles
Laden oder Warenlager, und das Wogen und Drängen ist so stark, daß man
nur mit Mühe hindurch kann.....Der große Hafen von Hnu-ken ist buch¬
stäblich ein ungeheurer Mastenwald, und man erstaunt, wenn man mitten in
China eine solche unzählige Menge von teilweise sehr großen Schiffen sieht." ...
Nach Han-ken zieht sich der Handel von ganz China, "von dort aus verteilen
sich die Waren; denn die Stadt hat eine ungemein günstige Lage und bietet
für den Verkehr eine Menge von Vorteilen. Sie liegt so recht im Herzen
von China, wird vom blauen Strom umflossen und steht durch ihn in direkter
Verbindung mit dem Westen und den: Osten. . . . Nach Norden hin sind die
Verbindungswege nicht so bequem; diesem Mangel ist aber durch ein bewun¬
dernswürdig allsgedachtes Kaucilshstem abgeholfen worden. Dieses verbindet


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andern leichter das Gebiet des blauen Stroms. Und dieses Gebiet ist wirt¬
schaftlich gewaltig.

Der französische Missionar, den ich oben schon angeführt habe, spricht in
Ausdrücken des höchsten Entzückens von diesem Strom und seine» Uferländern.
Dieser Strom, einmal für uns geöffnet und frei von Binnenzöllen, würde uns
einen ungeheuern Warenverkehr in Aussicht stellen. Er stellt die Verbindung
her mit dem metallreichen Tibet, vielleicht dem einzigen Goldlande, das noch
nicht von Europäern ausgebeutet wird. Er durchströmt Ssetschuen, die größte
und schönste Provinz Chinas, und China wird von Huc im allgemeinen schon
als ein außerordentlich fruchtbares Land geschildert, das mit Fleiß und Umsicht
angebaut wird. „Das schöne, üppige Land, sagt Huc von Ssetschuen, ist von
großem Einfluß auf seine Bewohner, die sich vor allen übrigen Chinesen vor¬
teilhaft auszeichnen. In den großen Städten herrscht vergleichsweise große
Ordnung und Sauberkeit; auch der Anblick der Dörfer zeugt von Wohlstand,
und die Sprache ist im allgemeinen fast so rein wie in Peking selber, nicht
ein so unverständliches Patois wie in manchen andern Provinzen. Der Be¬
wohner von Ssetschuen ist stark und kräftig usw." Ssetschuen ist eine Korn¬
kammer für andre Provinzen, es enthält Salz, Steinöl, Kohlen, es ist sehr
dicht bevölkert, der Verkehr auf dem Fluß und den längs des Flusses führenden
Straßen gleicht einem ununterbrvchueu Jahrmarkt. Als Huc um das Jahr
1846 diese Provinz bereiste, zählte man dort etwa 100000 Christen. Weiter
abwärts, in der Provinz Hu-pe, liegt das „Herz des chinesischen Handels,"
aus drei am Fluß einander gegenüberliegenden Städten bestehend, die zu¬
sammen nahezu 8 Millionen Einwohner beherbergen sollen, und deren be¬
deutendste Han-ken ist, der Hauptlagerplatz für alle achtzehn Provinzen
Chinas.

„Ganz China, sagt Huc, von Nord nach Süd, von Ost nach West ist
ein ewiger Markt und eine permanente Messe das ganze Jahr lang. Und
doch wird sich niemand eine richtige Vorstellung von dem ungeheuern Umfang
des Handelsbetriebs machen können, wenn er nicht die drei Städte Han-sang,
Utschang-fu und Han-ken gesehen hat. Namentlich die letzte, der »Mund der
Haudelsniederlage,« erscheint in jeder Beziehung merkwürdig. Dort ist alles
Laden oder Warenlager, und das Wogen und Drängen ist so stark, daß man
nur mit Mühe hindurch kann.....Der große Hafen von Hnu-ken ist buch¬
stäblich ein ungeheurer Mastenwald, und man erstaunt, wenn man mitten in
China eine solche unzählige Menge von teilweise sehr großen Schiffen sieht." ...
Nach Han-ken zieht sich der Handel von ganz China, „von dort aus verteilen
sich die Waren; denn die Stadt hat eine ungemein günstige Lage und bietet
für den Verkehr eine Menge von Vorteilen. Sie liegt so recht im Herzen
von China, wird vom blauen Strom umflossen und steht durch ihn in direkter
Verbindung mit dem Westen und den: Osten. . . . Nach Norden hin sind die
Verbindungswege nicht so bequem; diesem Mangel ist aber durch ein bewun¬
dernswürdig allsgedachtes Kaucilshstem abgeholfen worden. Dieses verbindet


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[0348] tLhina andern leichter das Gebiet des blauen Stroms. Und dieses Gebiet ist wirt¬ schaftlich gewaltig. Der französische Missionar, den ich oben schon angeführt habe, spricht in Ausdrücken des höchsten Entzückens von diesem Strom und seine» Uferländern. Dieser Strom, einmal für uns geöffnet und frei von Binnenzöllen, würde uns einen ungeheuern Warenverkehr in Aussicht stellen. Er stellt die Verbindung her mit dem metallreichen Tibet, vielleicht dem einzigen Goldlande, das noch nicht von Europäern ausgebeutet wird. Er durchströmt Ssetschuen, die größte und schönste Provinz Chinas, und China wird von Huc im allgemeinen schon als ein außerordentlich fruchtbares Land geschildert, das mit Fleiß und Umsicht angebaut wird. „Das schöne, üppige Land, sagt Huc von Ssetschuen, ist von großem Einfluß auf seine Bewohner, die sich vor allen übrigen Chinesen vor¬ teilhaft auszeichnen. In den großen Städten herrscht vergleichsweise große Ordnung und Sauberkeit; auch der Anblick der Dörfer zeugt von Wohlstand, und die Sprache ist im allgemeinen fast so rein wie in Peking selber, nicht ein so unverständliches Patois wie in manchen andern Provinzen. Der Be¬ wohner von Ssetschuen ist stark und kräftig usw." Ssetschuen ist eine Korn¬ kammer für andre Provinzen, es enthält Salz, Steinöl, Kohlen, es ist sehr dicht bevölkert, der Verkehr auf dem Fluß und den längs des Flusses führenden Straßen gleicht einem ununterbrvchueu Jahrmarkt. Als Huc um das Jahr 1846 diese Provinz bereiste, zählte man dort etwa 100000 Christen. Weiter abwärts, in der Provinz Hu-pe, liegt das „Herz des chinesischen Handels," aus drei am Fluß einander gegenüberliegenden Städten bestehend, die zu¬ sammen nahezu 8 Millionen Einwohner beherbergen sollen, und deren be¬ deutendste Han-ken ist, der Hauptlagerplatz für alle achtzehn Provinzen Chinas. „Ganz China, sagt Huc, von Nord nach Süd, von Ost nach West ist ein ewiger Markt und eine permanente Messe das ganze Jahr lang. Und doch wird sich niemand eine richtige Vorstellung von dem ungeheuern Umfang des Handelsbetriebs machen können, wenn er nicht die drei Städte Han-sang, Utschang-fu und Han-ken gesehen hat. Namentlich die letzte, der »Mund der Haudelsniederlage,« erscheint in jeder Beziehung merkwürdig. Dort ist alles Laden oder Warenlager, und das Wogen und Drängen ist so stark, daß man nur mit Mühe hindurch kann.....Der große Hafen von Hnu-ken ist buch¬ stäblich ein ungeheurer Mastenwald, und man erstaunt, wenn man mitten in China eine solche unzählige Menge von teilweise sehr großen Schiffen sieht." ... Nach Han-ken zieht sich der Handel von ganz China, „von dort aus verteilen sich die Waren; denn die Stadt hat eine ungemein günstige Lage und bietet für den Verkehr eine Menge von Vorteilen. Sie liegt so recht im Herzen von China, wird vom blauen Strom umflossen und steht durch ihn in direkter Verbindung mit dem Westen und den: Osten. . . . Nach Norden hin sind die Verbindungswege nicht so bequem; diesem Mangel ist aber durch ein bewun¬ dernswürdig allsgedachtes Kaucilshstem abgeholfen worden. Dieses verbindet

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_291076/348>, abgerufen am 29.06.2024.