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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Viertes Vierteljahr.

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Frau Potiphar

gelbe und auch wegen ihrer Schönheit eine Berühmtheit in der Gegend. Von den
zahlreichen jungen Männern, die sich mit Heiratsabsichten näherten, fand keiner
Gnade; sie waren ihr alle zu dumm. Bald galt sie als stolz und hochfahrend, und
man sagte ihr nach, daß sie nach einem der böhmischen Barone und Grafen trachte,
die ab und zu im Sensenhammer vorsprachen. Groß war daher die Verwundrung,
als eines Tags Jettchen dem schlichtesten und einfachsten aller Naschlitzer Heirats¬
kandidaten, dem jungen Leuner, das Jawort gegeben hatte. Der alte Lenner war
in des Lebens Blütezeit Salzführmcmu gewesen. Die böse Welt behauptete, daß
er im Salz versteckt und ans eigne Gefahr von Gieb Ich erstem und Dnrrenberg regel¬
mäßig wertvollere Waren mit nach Böhmen gebracht habe. Jedenfalls war er zu
ansehnlichem Vermögen gelangt und hatte damit die Lochmühle im Natzfchunggrnnd
erworben und ihren Betrieb wesentlich erweitert. Die gute Wasserkraft auszunützen
wurden drei Sägemühlen augelegt, sie mit Holz zu versehen einige Bauernwälder
gekauft, tagaus tagein waren Leunersche Geschirre unterwegs, die die geschulteren
Bretter auf der Freiberger und der Chemnitzer Straße den großen Städten und den
Lagerplätzen zuführten, die ebenfalls Lenners Eigentum waren. Kurz: der alte
Leuuer war für Naschlitz und Umgegend ein Krösus und fühlte sich als solcher.
Darum war ihm die Wahl, die sein Sohn, das einzige Kind, getroffen, nicht recht.
Die Fritzsch Zettel hatte nichts, wie er sich ausdrückte, und war in seinen Augen
ein Bettelkind; er warf einen großen Haß auf sie, übergab Mühle und sämtlichen
Besitz dem Sohn und zog noch vor der Hochzeit hinauf ins Dorf, wo er, im
Gegensatz zu seinem früher oft wüsten Treiben, eine Art Einsiedlerleben begann.
Der junge Leuner war nach der früh verstorbnen Mutter geraten. Ruhig, sanft,
anspruchslos und wortkarg konnte er einfältig erscheinen; nur die treuherzigen Augen
ließen etwas von der innern Tüchtigkeit merken, die er den großen Geschäftsauf¬
gaben entgegenbrachte, die plötzlich auf ihn gefallen waren. Seine junge Fran ging
ihm dabei mit neuen Ideen zur Hand. Ihr verdankte das Brot der Lochmühle
den Ruf und die Exportfähigkeit, sie hatte darauf gedrungen, daß höhnisches Korn
dazu verwandt wurde. Mit zwei großen vierspännige" Wagen wurde es zweimal
wöchentlich vom Kommotauer Markt herangeholt. Leuuer besorgte deu Einkauf
persönlich, und die Frau führ gern, war sie zu Hause abkömmlich, mit. Ein Töch¬
terchen befestigte das Glück der Ehe, alles ging gut und erfreulich auf der Loch¬
mühle. Auch der Verkehr in dem abgelegnen Hause ward reger. Namentlich Forst¬
beamte, die in den kolossalen Wäldern, in deren Mitte die Mühle lag, beschäftigt
waren, sprachen zahlreicher und häufiger ein, die einen von der guten Bewirtung,
die andern von dem interessanten Wesen der Frau Lenner angezogen. Sogar der
Oberforstmeister gehörte bald zu den Hausfreunden. Er führte seine Damen ein
und zog damit die Lochmühle in einen neuen und höhern Kreis gesellschaftlicher
Beziehungen. Auch in ihm behauptete sich Frau Leuuer mit Auszeichnung, ihre
Empfänglichkeit und ihr Verständnis überstieg alle Erwartungen.

Der alte Leuner sah dem sehr scheel zu; seinem sparsamen Sinn waren die
ewigen Besuche und die großartige Gastfreundschaft höchst bedenklich, die Lobreden
auf seine Schwiegertochter aber brachten ihn auf, er spähte nach einem wunden
Punkt und bezahlte Leute, die ihm Nachteiliges zutrugen. Leider bot Frau Leuuer
dazu Anlaß. In ihrer raschen, auffahrenden Art hatte sie sich in fortgeschickten
Dienstboten, in Leuten, denen sie "die Wahrheit gesagt" hatte, bald eine Reihe
offner und heimlicher Feinde geschaffen, und eS dauerte uicht lauge, da war von
diesen auch eine wirkliche Schlechtigkeit, ein straffälliges Verhältnis zwischen ihr und
dem königlichen Forstgehilfen Hering entdeckt.

Hering hatte seine Laufbahn als sächsischer Offizier begonnen, in Österreich
fortgesetzt, war aber im Feldzug unter Radetzkh durch einen Schuß ins Knie zu


Frau Potiphar

gelbe und auch wegen ihrer Schönheit eine Berühmtheit in der Gegend. Von den
zahlreichen jungen Männern, die sich mit Heiratsabsichten näherten, fand keiner
Gnade; sie waren ihr alle zu dumm. Bald galt sie als stolz und hochfahrend, und
man sagte ihr nach, daß sie nach einem der böhmischen Barone und Grafen trachte,
die ab und zu im Sensenhammer vorsprachen. Groß war daher die Verwundrung,
als eines Tags Jettchen dem schlichtesten und einfachsten aller Naschlitzer Heirats¬
kandidaten, dem jungen Leuner, das Jawort gegeben hatte. Der alte Lenner war
in des Lebens Blütezeit Salzführmcmu gewesen. Die böse Welt behauptete, daß
er im Salz versteckt und ans eigne Gefahr von Gieb Ich erstem und Dnrrenberg regel¬
mäßig wertvollere Waren mit nach Böhmen gebracht habe. Jedenfalls war er zu
ansehnlichem Vermögen gelangt und hatte damit die Lochmühle im Natzfchunggrnnd
erworben und ihren Betrieb wesentlich erweitert. Die gute Wasserkraft auszunützen
wurden drei Sägemühlen augelegt, sie mit Holz zu versehen einige Bauernwälder
gekauft, tagaus tagein waren Leunersche Geschirre unterwegs, die die geschulteren
Bretter auf der Freiberger und der Chemnitzer Straße den großen Städten und den
Lagerplätzen zuführten, die ebenfalls Lenners Eigentum waren. Kurz: der alte
Leuuer war für Naschlitz und Umgegend ein Krösus und fühlte sich als solcher.
Darum war ihm die Wahl, die sein Sohn, das einzige Kind, getroffen, nicht recht.
Die Fritzsch Zettel hatte nichts, wie er sich ausdrückte, und war in seinen Augen
ein Bettelkind; er warf einen großen Haß auf sie, übergab Mühle und sämtlichen
Besitz dem Sohn und zog noch vor der Hochzeit hinauf ins Dorf, wo er, im
Gegensatz zu seinem früher oft wüsten Treiben, eine Art Einsiedlerleben begann.
Der junge Leuner war nach der früh verstorbnen Mutter geraten. Ruhig, sanft,
anspruchslos und wortkarg konnte er einfältig erscheinen; nur die treuherzigen Augen
ließen etwas von der innern Tüchtigkeit merken, die er den großen Geschäftsauf¬
gaben entgegenbrachte, die plötzlich auf ihn gefallen waren. Seine junge Fran ging
ihm dabei mit neuen Ideen zur Hand. Ihr verdankte das Brot der Lochmühle
den Ruf und die Exportfähigkeit, sie hatte darauf gedrungen, daß höhnisches Korn
dazu verwandt wurde. Mit zwei großen vierspännige» Wagen wurde es zweimal
wöchentlich vom Kommotauer Markt herangeholt. Leuuer besorgte deu Einkauf
persönlich, und die Frau führ gern, war sie zu Hause abkömmlich, mit. Ein Töch¬
terchen befestigte das Glück der Ehe, alles ging gut und erfreulich auf der Loch¬
mühle. Auch der Verkehr in dem abgelegnen Hause ward reger. Namentlich Forst¬
beamte, die in den kolossalen Wäldern, in deren Mitte die Mühle lag, beschäftigt
waren, sprachen zahlreicher und häufiger ein, die einen von der guten Bewirtung,
die andern von dem interessanten Wesen der Frau Lenner angezogen. Sogar der
Oberforstmeister gehörte bald zu den Hausfreunden. Er führte seine Damen ein
und zog damit die Lochmühle in einen neuen und höhern Kreis gesellschaftlicher
Beziehungen. Auch in ihm behauptete sich Frau Leuuer mit Auszeichnung, ihre
Empfänglichkeit und ihr Verständnis überstieg alle Erwartungen.

Der alte Leuner sah dem sehr scheel zu; seinem sparsamen Sinn waren die
ewigen Besuche und die großartige Gastfreundschaft höchst bedenklich, die Lobreden
auf seine Schwiegertochter aber brachten ihn auf, er spähte nach einem wunden
Punkt und bezahlte Leute, die ihm Nachteiliges zutrugen. Leider bot Frau Leuuer
dazu Anlaß. In ihrer raschen, auffahrenden Art hatte sie sich in fortgeschickten
Dienstboten, in Leuten, denen sie „die Wahrheit gesagt" hatte, bald eine Reihe
offner und heimlicher Feinde geschaffen, und eS dauerte uicht lauge, da war von
diesen auch eine wirkliche Schlechtigkeit, ein straffälliges Verhältnis zwischen ihr und
dem königlichen Forstgehilfen Hering entdeckt.

Hering hatte seine Laufbahn als sächsischer Offizier begonnen, in Österreich
fortgesetzt, war aber im Feldzug unter Radetzkh durch einen Schuß ins Knie zu


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[0260] Frau Potiphar gelbe und auch wegen ihrer Schönheit eine Berühmtheit in der Gegend. Von den zahlreichen jungen Männern, die sich mit Heiratsabsichten näherten, fand keiner Gnade; sie waren ihr alle zu dumm. Bald galt sie als stolz und hochfahrend, und man sagte ihr nach, daß sie nach einem der böhmischen Barone und Grafen trachte, die ab und zu im Sensenhammer vorsprachen. Groß war daher die Verwundrung, als eines Tags Jettchen dem schlichtesten und einfachsten aller Naschlitzer Heirats¬ kandidaten, dem jungen Leuner, das Jawort gegeben hatte. Der alte Lenner war in des Lebens Blütezeit Salzführmcmu gewesen. Die böse Welt behauptete, daß er im Salz versteckt und ans eigne Gefahr von Gieb Ich erstem und Dnrrenberg regel¬ mäßig wertvollere Waren mit nach Böhmen gebracht habe. Jedenfalls war er zu ansehnlichem Vermögen gelangt und hatte damit die Lochmühle im Natzfchunggrnnd erworben und ihren Betrieb wesentlich erweitert. Die gute Wasserkraft auszunützen wurden drei Sägemühlen augelegt, sie mit Holz zu versehen einige Bauernwälder gekauft, tagaus tagein waren Leunersche Geschirre unterwegs, die die geschulteren Bretter auf der Freiberger und der Chemnitzer Straße den großen Städten und den Lagerplätzen zuführten, die ebenfalls Lenners Eigentum waren. Kurz: der alte Leuuer war für Naschlitz und Umgegend ein Krösus und fühlte sich als solcher. Darum war ihm die Wahl, die sein Sohn, das einzige Kind, getroffen, nicht recht. Die Fritzsch Zettel hatte nichts, wie er sich ausdrückte, und war in seinen Augen ein Bettelkind; er warf einen großen Haß auf sie, übergab Mühle und sämtlichen Besitz dem Sohn und zog noch vor der Hochzeit hinauf ins Dorf, wo er, im Gegensatz zu seinem früher oft wüsten Treiben, eine Art Einsiedlerleben begann. Der junge Leuner war nach der früh verstorbnen Mutter geraten. Ruhig, sanft, anspruchslos und wortkarg konnte er einfältig erscheinen; nur die treuherzigen Augen ließen etwas von der innern Tüchtigkeit merken, die er den großen Geschäftsauf¬ gaben entgegenbrachte, die plötzlich auf ihn gefallen waren. Seine junge Fran ging ihm dabei mit neuen Ideen zur Hand. Ihr verdankte das Brot der Lochmühle den Ruf und die Exportfähigkeit, sie hatte darauf gedrungen, daß höhnisches Korn dazu verwandt wurde. Mit zwei großen vierspännige» Wagen wurde es zweimal wöchentlich vom Kommotauer Markt herangeholt. Leuuer besorgte deu Einkauf persönlich, und die Frau führ gern, war sie zu Hause abkömmlich, mit. Ein Töch¬ terchen befestigte das Glück der Ehe, alles ging gut und erfreulich auf der Loch¬ mühle. Auch der Verkehr in dem abgelegnen Hause ward reger. Namentlich Forst¬ beamte, die in den kolossalen Wäldern, in deren Mitte die Mühle lag, beschäftigt waren, sprachen zahlreicher und häufiger ein, die einen von der guten Bewirtung, die andern von dem interessanten Wesen der Frau Lenner angezogen. Sogar der Oberforstmeister gehörte bald zu den Hausfreunden. Er führte seine Damen ein und zog damit die Lochmühle in einen neuen und höhern Kreis gesellschaftlicher Beziehungen. Auch in ihm behauptete sich Frau Leuuer mit Auszeichnung, ihre Empfänglichkeit und ihr Verständnis überstieg alle Erwartungen. Der alte Leuner sah dem sehr scheel zu; seinem sparsamen Sinn waren die ewigen Besuche und die großartige Gastfreundschaft höchst bedenklich, die Lobreden auf seine Schwiegertochter aber brachten ihn auf, er spähte nach einem wunden Punkt und bezahlte Leute, die ihm Nachteiliges zutrugen. Leider bot Frau Leuuer dazu Anlaß. In ihrer raschen, auffahrenden Art hatte sie sich in fortgeschickten Dienstboten, in Leuten, denen sie „die Wahrheit gesagt" hatte, bald eine Reihe offner und heimlicher Feinde geschaffen, und eS dauerte uicht lauge, da war von diesen auch eine wirkliche Schlechtigkeit, ein straffälliges Verhältnis zwischen ihr und dem königlichen Forstgehilfen Hering entdeckt. Hering hatte seine Laufbahn als sächsischer Offizier begonnen, in Österreich fortgesetzt, war aber im Feldzug unter Radetzkh durch einen Schuß ins Knie zu

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_291076/260>, abgerufen am 28.09.2024.