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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Viertes Vierteljahr.

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Gobineau über das klassische Altertum

sehr unwahrscheinlich. Wahrscheinlicher ist es, daß sich der Nassencharalter der
Vorderasiaten und Ägypter, die ja auch nach Gobineau ursprünglich Weiße
waren und nur einen Zusatz von schwarzem Blute hatten, durch die beständige
Wechselwirkung mit den Griechen veredelt hat, was dann allerdings in späterer
Zeit, wo sittliche Energie und häusliche Zucht geschwunden und die Griechen
liederlich geworden waren, die Vermischung beider erleichtern mußte. Daß die
lebhafte Empfänglichkeit für leibliche Schönheit ihre Gefahren hat, soll natürlich
nicht geleugnet werden, aber um diese Gefahren und das Verderben, in das
sie stürzen, zu erklären, bedarf es so wenig der Zieger- und Semitenhypothese,
wie zur Erklärung des politischen Elends der Griechen. Auch an unserm
Dreißigjährigen Kriege sind weder die Semiten uoch die Neger schuld ge¬
wesen.

Wie die Eigentümlichkeiten der Griechen aus dem Negerblut, so erklärt
Gobineau die der Römer aus dem Mongolcnblut. Die Urbevölkerung von
ganz Europa mit Ausnahme des südlichen Teils von Griechenland ist mon¬
golisch gewesen oder finnisch, wie der europäische Zweig der Mongolen genannt
wird. Die Dolmen sind die Denkmäler, die dieses UrVolk hinterlassen hat.
Die neuern Historiker drücken sich über die Entstehung der Dolmen weniger
zuversichtlich aus. Auch dürften die etymologischen und die der Volkssage ent-
nommnen Beweise Gobiueaus von den Fachgelehrten vielfach angefochten
werden, aber sie bekunden eine erstaunliche Sprach- und Antiauitätengelchr-
samkeit, unterhalten durch geistreiche Kombinationen und sehen sehr wahrschein¬
lich aus. Die Zwerge der Volkssage sind nach Gobineau diese Urmenschen:
kleine und häßliche Kerle. Die Zwerge stehlen gern Kinder, denn die Mon¬
golen haben das, nachdem die Weißen bei ihnen eingedrungen waren, gethan,
wie denn die Lappländer noch hente begierig danach sein sollen, durch Auf¬
nahme von Weißen in ihre Horden ihre Rasse zu verbessern. Dasselbe wie
unsre Zwerge sind die Pygmäen der Griechen gewesen, und obwohl die Ab¬
leitung voll ^v//t^> Faust oder halbe Armlängc, auch paßt und den Pygmäen
zum ältern Bruder unsers Däumlings macht, führt das Wort doch auf eine
Sanskritwurzel zurück, die uns offenbart, daß Pygmäe nichts andres bedeute
als einen gelben Menschen. Gnon ist dasselbe Wort in etwas andrer Gestalt,
und die Gnomen waren Zauberer, wie ja auch bei den Mongolen die Zauberei
betrieben wird. Die Kelten nannten ein solches Zauberwesen Fad, was la¬
teinisch paw" klingt, mit Fee, Faun und Pein zusammenhängt. "Faun sowohl
wie Pein waren Wesen, grotesk durch ihre Häßlichkeit, dicht an die Tierheit
streifend, trunksüchtig, liederlich, grausam, plump, aber der Zukunft kundig.
Wer erkennt hierin nicht das geistige und leibliche Abbild der gelben Rasse,
wie die ersten weißen Einwandrer es sich vorstellten? Ein unbesieglicher Hang
zu jederlei Aberglauben, eine völlige Hingabe an die Zauberkniffe der Hexen¬
meister, der Loswcrfer, der Schamanen ist noch immer der herrschende Zug
der finnischen Nasse in allen Ländern, wo wir sie beobachten können."

Aus der Vermischung der später einwandernden Weißen mit dieser mon-


Gobineau über das klassische Altertum

sehr unwahrscheinlich. Wahrscheinlicher ist es, daß sich der Nassencharalter der
Vorderasiaten und Ägypter, die ja auch nach Gobineau ursprünglich Weiße
waren und nur einen Zusatz von schwarzem Blute hatten, durch die beständige
Wechselwirkung mit den Griechen veredelt hat, was dann allerdings in späterer
Zeit, wo sittliche Energie und häusliche Zucht geschwunden und die Griechen
liederlich geworden waren, die Vermischung beider erleichtern mußte. Daß die
lebhafte Empfänglichkeit für leibliche Schönheit ihre Gefahren hat, soll natürlich
nicht geleugnet werden, aber um diese Gefahren und das Verderben, in das
sie stürzen, zu erklären, bedarf es so wenig der Zieger- und Semitenhypothese,
wie zur Erklärung des politischen Elends der Griechen. Auch an unserm
Dreißigjährigen Kriege sind weder die Semiten uoch die Neger schuld ge¬
wesen.

Wie die Eigentümlichkeiten der Griechen aus dem Negerblut, so erklärt
Gobineau die der Römer aus dem Mongolcnblut. Die Urbevölkerung von
ganz Europa mit Ausnahme des südlichen Teils von Griechenland ist mon¬
golisch gewesen oder finnisch, wie der europäische Zweig der Mongolen genannt
wird. Die Dolmen sind die Denkmäler, die dieses UrVolk hinterlassen hat.
Die neuern Historiker drücken sich über die Entstehung der Dolmen weniger
zuversichtlich aus. Auch dürften die etymologischen und die der Volkssage ent-
nommnen Beweise Gobiueaus von den Fachgelehrten vielfach angefochten
werden, aber sie bekunden eine erstaunliche Sprach- und Antiauitätengelchr-
samkeit, unterhalten durch geistreiche Kombinationen und sehen sehr wahrschein¬
lich aus. Die Zwerge der Volkssage sind nach Gobineau diese Urmenschen:
kleine und häßliche Kerle. Die Zwerge stehlen gern Kinder, denn die Mon¬
golen haben das, nachdem die Weißen bei ihnen eingedrungen waren, gethan,
wie denn die Lappländer noch hente begierig danach sein sollen, durch Auf¬
nahme von Weißen in ihre Horden ihre Rasse zu verbessern. Dasselbe wie
unsre Zwerge sind die Pygmäen der Griechen gewesen, und obwohl die Ab¬
leitung voll ^v//t^> Faust oder halbe Armlängc, auch paßt und den Pygmäen
zum ältern Bruder unsers Däumlings macht, führt das Wort doch auf eine
Sanskritwurzel zurück, die uns offenbart, daß Pygmäe nichts andres bedeute
als einen gelben Menschen. Gnon ist dasselbe Wort in etwas andrer Gestalt,
und die Gnomen waren Zauberer, wie ja auch bei den Mongolen die Zauberei
betrieben wird. Die Kelten nannten ein solches Zauberwesen Fad, was la¬
teinisch paw« klingt, mit Fee, Faun und Pein zusammenhängt. „Faun sowohl
wie Pein waren Wesen, grotesk durch ihre Häßlichkeit, dicht an die Tierheit
streifend, trunksüchtig, liederlich, grausam, plump, aber der Zukunft kundig.
Wer erkennt hierin nicht das geistige und leibliche Abbild der gelben Rasse,
wie die ersten weißen Einwandrer es sich vorstellten? Ein unbesieglicher Hang
zu jederlei Aberglauben, eine völlige Hingabe an die Zauberkniffe der Hexen¬
meister, der Loswcrfer, der Schamanen ist noch immer der herrschende Zug
der finnischen Nasse in allen Ländern, wo wir sie beobachten können."

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[0142] Gobineau über das klassische Altertum sehr unwahrscheinlich. Wahrscheinlicher ist es, daß sich der Nassencharalter der Vorderasiaten und Ägypter, die ja auch nach Gobineau ursprünglich Weiße waren und nur einen Zusatz von schwarzem Blute hatten, durch die beständige Wechselwirkung mit den Griechen veredelt hat, was dann allerdings in späterer Zeit, wo sittliche Energie und häusliche Zucht geschwunden und die Griechen liederlich geworden waren, die Vermischung beider erleichtern mußte. Daß die lebhafte Empfänglichkeit für leibliche Schönheit ihre Gefahren hat, soll natürlich nicht geleugnet werden, aber um diese Gefahren und das Verderben, in das sie stürzen, zu erklären, bedarf es so wenig der Zieger- und Semitenhypothese, wie zur Erklärung des politischen Elends der Griechen. Auch an unserm Dreißigjährigen Kriege sind weder die Semiten uoch die Neger schuld ge¬ wesen. Wie die Eigentümlichkeiten der Griechen aus dem Negerblut, so erklärt Gobineau die der Römer aus dem Mongolcnblut. Die Urbevölkerung von ganz Europa mit Ausnahme des südlichen Teils von Griechenland ist mon¬ golisch gewesen oder finnisch, wie der europäische Zweig der Mongolen genannt wird. Die Dolmen sind die Denkmäler, die dieses UrVolk hinterlassen hat. Die neuern Historiker drücken sich über die Entstehung der Dolmen weniger zuversichtlich aus. Auch dürften die etymologischen und die der Volkssage ent- nommnen Beweise Gobiueaus von den Fachgelehrten vielfach angefochten werden, aber sie bekunden eine erstaunliche Sprach- und Antiauitätengelchr- samkeit, unterhalten durch geistreiche Kombinationen und sehen sehr wahrschein¬ lich aus. Die Zwerge der Volkssage sind nach Gobineau diese Urmenschen: kleine und häßliche Kerle. Die Zwerge stehlen gern Kinder, denn die Mon¬ golen haben das, nachdem die Weißen bei ihnen eingedrungen waren, gethan, wie denn die Lappländer noch hente begierig danach sein sollen, durch Auf¬ nahme von Weißen in ihre Horden ihre Rasse zu verbessern. Dasselbe wie unsre Zwerge sind die Pygmäen der Griechen gewesen, und obwohl die Ab¬ leitung voll ^v//t^> Faust oder halbe Armlängc, auch paßt und den Pygmäen zum ältern Bruder unsers Däumlings macht, führt das Wort doch auf eine Sanskritwurzel zurück, die uns offenbart, daß Pygmäe nichts andres bedeute als einen gelben Menschen. Gnon ist dasselbe Wort in etwas andrer Gestalt, und die Gnomen waren Zauberer, wie ja auch bei den Mongolen die Zauberei betrieben wird. Die Kelten nannten ein solches Zauberwesen Fad, was la¬ teinisch paw« klingt, mit Fee, Faun und Pein zusammenhängt. „Faun sowohl wie Pein waren Wesen, grotesk durch ihre Häßlichkeit, dicht an die Tierheit streifend, trunksüchtig, liederlich, grausam, plump, aber der Zukunft kundig. Wer erkennt hierin nicht das geistige und leibliche Abbild der gelben Rasse, wie die ersten weißen Einwandrer es sich vorstellten? Ein unbesieglicher Hang zu jederlei Aberglauben, eine völlige Hingabe an die Zauberkniffe der Hexen¬ meister, der Loswcrfer, der Schamanen ist noch immer der herrschende Zug der finnischen Nasse in allen Ländern, wo wir sie beobachten können." Aus der Vermischung der später einwandernden Weißen mit dieser mon-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_291076/142>, abgerufen am 26.06.2024.