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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Zweites Vierteljahr.

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Skizzen aus unserm heutigen Volksleben

holte er Meister Hühner, der von der Stadt nach Hause ging, ein. Ha! dachte
der Herr Landrat, das ist mein Mann! Wenn er gewußt hätte, wie sehr sich
Hübner und Leisring wegen der Kaffeepreise verzürut hatten, und wie sehr Hülmer
darauf brannte, Leisring eins auszuwischen, so hätte er sein "ha!" noch lauter ge¬
dacht. Der Landrat ließ Meister Hübner in seinen Wagen einsteigen und trug
ihm sein Projekt vor. Hübner war Feuer und Flamme. Es hätte nicht des Hin¬
weises bedurft, daß die Gründung eines Konsumvereins höhern Orts gern gesehen
würde. Als praktischer Manu wußte Hühner auch, worauf es ankomme. Er hatte
in seinein Bureau einen alten Kerl von Schreiber, dieser und dessen Frau konnten
das Geschäft übernehmen. Ein leerstehender Raum seines Lagerschuppens konnte
zum Laden eingerichtet werden. Fehlte nur noch der Verein und das Betriebs¬
kapital, doch das waren kleinere Sorgen. Als der Herr Landrat und Meister
Hühner in Rockendorf einfuhren, war die Gründung des Vereins gesichert, und es
blieb nur übrig, das Lokal und den alten Kerl zu besichtigen, was zur Zufrieden¬
heit ausfiel. So war also ein entscheidender Schritt zur Hebung der sozialen Lage
der Arbeiterschaft geschehn. Der Herr Landrat verfehlte denn auch nicht zu be¬
richten, daß es ihm gelungen sei, die Gründung eines Konsumvereius in Rocken¬
dorf in Fluß zu bringen, und daß dieser Verein zweifellos zur sozialen Hebung
der Arbeiterschaft höchst segensreich wirken werde.

Freilich dauerte es noch ein volles Jahr, ehe es gelungen war, den Verein
zusammenzubringen, das Betriebskapital flüssig zu machen und alle Kontremiueu,
die Leisring anlegte, unschädlich zu machen. Wenn nicht Meister Hühner, getrieben
von seinen wenig wohlwollenden Gesinnungen gegen Leisring, alle Kraft dahinter
gesetzt hätte, so wäre wohl aus der Sache überhaupt nichts geworden.

Nach einem Jahre aber prangte eine Tafel mit der bedeutsamen Inschrift
"Konsum" über der Thür des neuen Ladens, und die soziale Hebung der Arbeiter¬
schaft begann. Der Zulauf, den das neue Geschäft, das gute Ware zu billigem
Preise anbot, fand, war enorm. Leisrings Laden verödete. Daß dies Leisring
nicht gleichgiltig war, konnte man daraus sehen, daß er in dieser Zeit viele Schnäpse
trank, was er sonst nicht gethan hatte. Äußerlich ließ er sich jedoch nichts merken.
Er stand fett und jappend in seiner Ladenthür, notierte sich aber im stillen alle
Arbeiter, die statt zu ihm die Straße hinauf in den "Konsum" gingen. Na wartet, ihr
Brüder, sagte er sich, ich kriege euch schon noch. Und Frau Leisring, die vor lauter
Ärger das Zittern in die Hände bekommen hatte, heizte bei ihrem lieben Manne
täglich ein, daß er an den Verrätern Rache nehmen solle. Leisring als gewiegter
Kaufmann setzte also die Preise seiner Waren herab. Darauf kündigte er einigen,
die bei ihm besonders übel angeschrieben waren, die Hypotheken, was einen großen
Schreck im Dorfe verursachte. Andern, die so unvorsichtig waren, an Leisrings
Laden vorüberzugehn, winkte er in den Laden einzutreten, wo er ihnen ihr Borg¬
buch präsentierte, und von wo sie ohne Abschlagszahlung nicht davon kamen. Und
Frau Leisring kontrollierte genau alle Mützen, Bänder und Schuhe, die getragen
wurden und nicht aus ihrem Laden stammten, und bediente die mit spitzen Redens¬
arten, die so etwas zu tragen wagten.

Dies alles würde den "Konsum" nicht zu Grunde gerichtet haben, wenn nicht
auch innerhalb des Vereins Unzufriedenheit geherrscht hätte. Man behauptete, nicht
so aufmerksam bedient zu werden als bei Leisring, und von dem alten Kerl, der
dem Konsum Vorstand, war das ja anch nicht zu erwarten. Daß aber im Konsum
kein Schnaps ausgeschenkt wurde, und vor allen Dingen, daß kein Kredit gegeben
wurde, betrachtete man als Harte, ja als Beleidigung. Sie, die Arbeiter, wären
noch keinem Menschen etwas schuldig geblieben. Und was Leisring könne, müßte
der Konsum auch köunen. Und wenn sie jede zehn Pfennige bar bezahlen sollten,


Grenzboten II 1900 81
Skizzen aus unserm heutigen Volksleben

holte er Meister Hühner, der von der Stadt nach Hause ging, ein. Ha! dachte
der Herr Landrat, das ist mein Mann! Wenn er gewußt hätte, wie sehr sich
Hübner und Leisring wegen der Kaffeepreise verzürut hatten, und wie sehr Hülmer
darauf brannte, Leisring eins auszuwischen, so hätte er sein „ha!" noch lauter ge¬
dacht. Der Landrat ließ Meister Hübner in seinen Wagen einsteigen und trug
ihm sein Projekt vor. Hübner war Feuer und Flamme. Es hätte nicht des Hin¬
weises bedurft, daß die Gründung eines Konsumvereins höhern Orts gern gesehen
würde. Als praktischer Manu wußte Hühner auch, worauf es ankomme. Er hatte
in seinein Bureau einen alten Kerl von Schreiber, dieser und dessen Frau konnten
das Geschäft übernehmen. Ein leerstehender Raum seines Lagerschuppens konnte
zum Laden eingerichtet werden. Fehlte nur noch der Verein und das Betriebs¬
kapital, doch das waren kleinere Sorgen. Als der Herr Landrat und Meister
Hühner in Rockendorf einfuhren, war die Gründung des Vereins gesichert, und es
blieb nur übrig, das Lokal und den alten Kerl zu besichtigen, was zur Zufrieden¬
heit ausfiel. So war also ein entscheidender Schritt zur Hebung der sozialen Lage
der Arbeiterschaft geschehn. Der Herr Landrat verfehlte denn auch nicht zu be¬
richten, daß es ihm gelungen sei, die Gründung eines Konsumvereius in Rocken¬
dorf in Fluß zu bringen, und daß dieser Verein zweifellos zur sozialen Hebung
der Arbeiterschaft höchst segensreich wirken werde.

Freilich dauerte es noch ein volles Jahr, ehe es gelungen war, den Verein
zusammenzubringen, das Betriebskapital flüssig zu machen und alle Kontremiueu,
die Leisring anlegte, unschädlich zu machen. Wenn nicht Meister Hühner, getrieben
von seinen wenig wohlwollenden Gesinnungen gegen Leisring, alle Kraft dahinter
gesetzt hätte, so wäre wohl aus der Sache überhaupt nichts geworden.

Nach einem Jahre aber prangte eine Tafel mit der bedeutsamen Inschrift
„Konsum" über der Thür des neuen Ladens, und die soziale Hebung der Arbeiter¬
schaft begann. Der Zulauf, den das neue Geschäft, das gute Ware zu billigem
Preise anbot, fand, war enorm. Leisrings Laden verödete. Daß dies Leisring
nicht gleichgiltig war, konnte man daraus sehen, daß er in dieser Zeit viele Schnäpse
trank, was er sonst nicht gethan hatte. Äußerlich ließ er sich jedoch nichts merken.
Er stand fett und jappend in seiner Ladenthür, notierte sich aber im stillen alle
Arbeiter, die statt zu ihm die Straße hinauf in den „Konsum" gingen. Na wartet, ihr
Brüder, sagte er sich, ich kriege euch schon noch. Und Frau Leisring, die vor lauter
Ärger das Zittern in die Hände bekommen hatte, heizte bei ihrem lieben Manne
täglich ein, daß er an den Verrätern Rache nehmen solle. Leisring als gewiegter
Kaufmann setzte also die Preise seiner Waren herab. Darauf kündigte er einigen,
die bei ihm besonders übel angeschrieben waren, die Hypotheken, was einen großen
Schreck im Dorfe verursachte. Andern, die so unvorsichtig waren, an Leisrings
Laden vorüberzugehn, winkte er in den Laden einzutreten, wo er ihnen ihr Borg¬
buch präsentierte, und von wo sie ohne Abschlagszahlung nicht davon kamen. Und
Frau Leisring kontrollierte genau alle Mützen, Bänder und Schuhe, die getragen
wurden und nicht aus ihrem Laden stammten, und bediente die mit spitzen Redens¬
arten, die so etwas zu tragen wagten.

Dies alles würde den „Konsum" nicht zu Grunde gerichtet haben, wenn nicht
auch innerhalb des Vereins Unzufriedenheit geherrscht hätte. Man behauptete, nicht
so aufmerksam bedient zu werden als bei Leisring, und von dem alten Kerl, der
dem Konsum Vorstand, war das ja anch nicht zu erwarten. Daß aber im Konsum
kein Schnaps ausgeschenkt wurde, und vor allen Dingen, daß kein Kredit gegeben
wurde, betrachtete man als Harte, ja als Beleidigung. Sie, die Arbeiter, wären
noch keinem Menschen etwas schuldig geblieben. Und was Leisring könne, müßte
der Konsum auch köunen. Und wenn sie jede zehn Pfennige bar bezahlen sollten,


Grenzboten II 1900 81
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[0649] Skizzen aus unserm heutigen Volksleben holte er Meister Hühner, der von der Stadt nach Hause ging, ein. Ha! dachte der Herr Landrat, das ist mein Mann! Wenn er gewußt hätte, wie sehr sich Hübner und Leisring wegen der Kaffeepreise verzürut hatten, und wie sehr Hülmer darauf brannte, Leisring eins auszuwischen, so hätte er sein „ha!" noch lauter ge¬ dacht. Der Landrat ließ Meister Hübner in seinen Wagen einsteigen und trug ihm sein Projekt vor. Hübner war Feuer und Flamme. Es hätte nicht des Hin¬ weises bedurft, daß die Gründung eines Konsumvereins höhern Orts gern gesehen würde. Als praktischer Manu wußte Hühner auch, worauf es ankomme. Er hatte in seinein Bureau einen alten Kerl von Schreiber, dieser und dessen Frau konnten das Geschäft übernehmen. Ein leerstehender Raum seines Lagerschuppens konnte zum Laden eingerichtet werden. Fehlte nur noch der Verein und das Betriebs¬ kapital, doch das waren kleinere Sorgen. Als der Herr Landrat und Meister Hühner in Rockendorf einfuhren, war die Gründung des Vereins gesichert, und es blieb nur übrig, das Lokal und den alten Kerl zu besichtigen, was zur Zufrieden¬ heit ausfiel. So war also ein entscheidender Schritt zur Hebung der sozialen Lage der Arbeiterschaft geschehn. Der Herr Landrat verfehlte denn auch nicht zu be¬ richten, daß es ihm gelungen sei, die Gründung eines Konsumvereius in Rocken¬ dorf in Fluß zu bringen, und daß dieser Verein zweifellos zur sozialen Hebung der Arbeiterschaft höchst segensreich wirken werde. Freilich dauerte es noch ein volles Jahr, ehe es gelungen war, den Verein zusammenzubringen, das Betriebskapital flüssig zu machen und alle Kontremiueu, die Leisring anlegte, unschädlich zu machen. Wenn nicht Meister Hühner, getrieben von seinen wenig wohlwollenden Gesinnungen gegen Leisring, alle Kraft dahinter gesetzt hätte, so wäre wohl aus der Sache überhaupt nichts geworden. Nach einem Jahre aber prangte eine Tafel mit der bedeutsamen Inschrift „Konsum" über der Thür des neuen Ladens, und die soziale Hebung der Arbeiter¬ schaft begann. Der Zulauf, den das neue Geschäft, das gute Ware zu billigem Preise anbot, fand, war enorm. Leisrings Laden verödete. Daß dies Leisring nicht gleichgiltig war, konnte man daraus sehen, daß er in dieser Zeit viele Schnäpse trank, was er sonst nicht gethan hatte. Äußerlich ließ er sich jedoch nichts merken. Er stand fett und jappend in seiner Ladenthür, notierte sich aber im stillen alle Arbeiter, die statt zu ihm die Straße hinauf in den „Konsum" gingen. Na wartet, ihr Brüder, sagte er sich, ich kriege euch schon noch. Und Frau Leisring, die vor lauter Ärger das Zittern in die Hände bekommen hatte, heizte bei ihrem lieben Manne täglich ein, daß er an den Verrätern Rache nehmen solle. Leisring als gewiegter Kaufmann setzte also die Preise seiner Waren herab. Darauf kündigte er einigen, die bei ihm besonders übel angeschrieben waren, die Hypotheken, was einen großen Schreck im Dorfe verursachte. Andern, die so unvorsichtig waren, an Leisrings Laden vorüberzugehn, winkte er in den Laden einzutreten, wo er ihnen ihr Borg¬ buch präsentierte, und von wo sie ohne Abschlagszahlung nicht davon kamen. Und Frau Leisring kontrollierte genau alle Mützen, Bänder und Schuhe, die getragen wurden und nicht aus ihrem Laden stammten, und bediente die mit spitzen Redens¬ arten, die so etwas zu tragen wagten. Dies alles würde den „Konsum" nicht zu Grunde gerichtet haben, wenn nicht auch innerhalb des Vereins Unzufriedenheit geherrscht hätte. Man behauptete, nicht so aufmerksam bedient zu werden als bei Leisring, und von dem alten Kerl, der dem Konsum Vorstand, war das ja anch nicht zu erwarten. Daß aber im Konsum kein Schnaps ausgeschenkt wurde, und vor allen Dingen, daß kein Kredit gegeben wurde, betrachtete man als Harte, ja als Beleidigung. Sie, die Arbeiter, wären noch keinem Menschen etwas schuldig geblieben. Und was Leisring könne, müßte der Konsum auch köunen. Und wenn sie jede zehn Pfennige bar bezahlen sollten, Grenzboten II 1900 81

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_290410/649>, abgerufen am 03.07.2024.