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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Zweites Vierteljahr.

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Skizzen aus unserm heutigen Volksleben

August Brauns verschwägert war, und da August Brauns Acker in der Flur besaß
und zu den Bauern gehörte, so mußte er gegen Leisring geschützt werden. Der
Schulze berichtete also, daß ein Bedürfnis für eine zweite Gastwirtschaft nicht vor¬
handen sei, worauf Leisring abschlägig beschieden wurde.

Darob erhob sich ein großes Gezeter im Kaufladen, und alle Leute, die dahin
kamen, wurden mit Unwillen über den Schulzen, der die guten Absichten Leisrings
vereitle und dem Glücke des Dorfes im Wege stehe, getränkt und gesättigt. Man
fing an zu "murmeln." Überall, wo sich der Schulze zeigte, trat man in Gruppen
zusammen und murniclte Laute des Unwillens. Als der Schulze in der nächsten
Gcmeindesitzung einen Wegebau, der ihm sehr am Herzen lag, denn der Weg führte
zu seinem Acker, genehmigen lassen wollte, wurde der Weg von den kleinen Leuten
und allen, die mit Leisring in Verbindung standen oder bei August Brauns nicht
für voll angesehen wurden, glatt abgelehnt. Da hatte der Schulze seinen "Nacken¬
schlag" weg. Und es folgten solange andre nach, bis er ein Einsehen bekam und
um den Kreisausschnß berichtete: Nach neuerdings angestellten Erhebungen habe sich
herausgestellt, daß in Rockendorf eine zweite Gastwirtschaft doch ein Bedürfnis sei;
worauf eine zweite Eingabe Leisrings genehmigt wurde. Nur dürfe er, hieß es
in dem Konsense, in seiner Gaststube keinen Schnaps verkaufen. Branntwein im
Laden zu verkaufen konnte ihm freilich nicht verwehrt werden.

Das Angebot steigert die Nachfrage. Als die Gaststube eröffnet war, fehlte
es nicht an Gästen. Die Knechte und die Arbeiter, die sonst ihren Schnaps zum
Frühstück oder Vesper aus freier Hand tranken und nur bei besondern Gelegen¬
heiten den Krug besucht hatten, wurden bei Leisring seßhaft. Die jungen Bengel,
die bei Brauns überhaupt nicht geduldet wurden -- denn was braucht einer, der noch
nicht einmal Knecht ist, überhaupt in der Schenke zu sitzen --, fanden jetzt die Ge¬
legenheit, für voll zu gelten. Sie gründeten schleunigst einen Verein, der löblichem
Streben gewidmet war, nämlich einen Pfeifenverein, und kamen allwöchentlich
zweimal zusammen, um sich an dem Gerüche ihrer verschiednen Kräuter zu erfreuen
und über ihre Pfeifentroddeln fachzusimpeln, wobei sie die Düfte, die aus dem
Laden heraufzogen, noch gratis hatten. Sobald der Besuch im Wirtszimmer einmal
nachlassen wollte, half Frau Leisriug freundlich nach, indem sie den Kindern der
ungetreuen Gäste, wenn sie Waren holten, gute Ermahnungen mit auf den Weg
gab: Dein Vater ist ja recht lange nicht hier gewesen. Er ist doch nicht etwa krank?
Sage doch deinem Vater, ich ließe ihm gute Besserung wünschen, und er möchte
sich bald einmal sehen lassen. Das Kind richtete die Bestellung natürlich aus, der
Vater kratzte sich auf dem Kopfe, gedachte seines Borgbuches und that seine
Schuldigkeit.

Wer nun oben sein Glas Bier getrunken hatte, wurde unten, wenn er durch
den Laden ging, freundlich angehalten, daselbst auch seine Schuldigkeit zu thun und
ein viertel oder ein halbes Liter Schnaps mitzunehmen. Auf bar Geld Wurde
kein besondres Gewicht gelegt, aber das Borgbuch erhielt seine reichliche Ein¬
tragung.

Bei dieser Gelegenheit machte Leisring die erfreuliche Erfahrung, daß es kein
glatteres und besseres Geschäft gäbe, als ein flott fließendes Bierfaß und ein eben¬
solches Schnapsfaß, und die Arbeiter machten die weniger erfreuliche Bemerkung,
daß mau unglaublich viel Branntwein verbrauche, wenn man ans Borg lebe. Dies
galt besonders von den "Bruchern." So nannte man die Arbeiter, die einige
hundert Mann stark in dem benachbarten Schieferbruche beschäftigt waren und den
Tag wenigstens drei Mark verdienten -- und dies das ganze Jahr lang. Diese
Brücher waren Leisrings beste Kunden. Wenn sie bei ihrem unordentlichen und
unwirtschaftlichen Leben schon früher nicht viel erübrigt hatten, so reichte jetzt unter


Grenzboten II 1900 "0
Skizzen aus unserm heutigen Volksleben

August Brauns verschwägert war, und da August Brauns Acker in der Flur besaß
und zu den Bauern gehörte, so mußte er gegen Leisring geschützt werden. Der
Schulze berichtete also, daß ein Bedürfnis für eine zweite Gastwirtschaft nicht vor¬
handen sei, worauf Leisring abschlägig beschieden wurde.

Darob erhob sich ein großes Gezeter im Kaufladen, und alle Leute, die dahin
kamen, wurden mit Unwillen über den Schulzen, der die guten Absichten Leisrings
vereitle und dem Glücke des Dorfes im Wege stehe, getränkt und gesättigt. Man
fing an zu „murmeln." Überall, wo sich der Schulze zeigte, trat man in Gruppen
zusammen und murniclte Laute des Unwillens. Als der Schulze in der nächsten
Gcmeindesitzung einen Wegebau, der ihm sehr am Herzen lag, denn der Weg führte
zu seinem Acker, genehmigen lassen wollte, wurde der Weg von den kleinen Leuten
und allen, die mit Leisring in Verbindung standen oder bei August Brauns nicht
für voll angesehen wurden, glatt abgelehnt. Da hatte der Schulze seinen „Nacken¬
schlag" weg. Und es folgten solange andre nach, bis er ein Einsehen bekam und
um den Kreisausschnß berichtete: Nach neuerdings angestellten Erhebungen habe sich
herausgestellt, daß in Rockendorf eine zweite Gastwirtschaft doch ein Bedürfnis sei;
worauf eine zweite Eingabe Leisrings genehmigt wurde. Nur dürfe er, hieß es
in dem Konsense, in seiner Gaststube keinen Schnaps verkaufen. Branntwein im
Laden zu verkaufen konnte ihm freilich nicht verwehrt werden.

Das Angebot steigert die Nachfrage. Als die Gaststube eröffnet war, fehlte
es nicht an Gästen. Die Knechte und die Arbeiter, die sonst ihren Schnaps zum
Frühstück oder Vesper aus freier Hand tranken und nur bei besondern Gelegen¬
heiten den Krug besucht hatten, wurden bei Leisring seßhaft. Die jungen Bengel,
die bei Brauns überhaupt nicht geduldet wurden — denn was braucht einer, der noch
nicht einmal Knecht ist, überhaupt in der Schenke zu sitzen —, fanden jetzt die Ge¬
legenheit, für voll zu gelten. Sie gründeten schleunigst einen Verein, der löblichem
Streben gewidmet war, nämlich einen Pfeifenverein, und kamen allwöchentlich
zweimal zusammen, um sich an dem Gerüche ihrer verschiednen Kräuter zu erfreuen
und über ihre Pfeifentroddeln fachzusimpeln, wobei sie die Düfte, die aus dem
Laden heraufzogen, noch gratis hatten. Sobald der Besuch im Wirtszimmer einmal
nachlassen wollte, half Frau Leisriug freundlich nach, indem sie den Kindern der
ungetreuen Gäste, wenn sie Waren holten, gute Ermahnungen mit auf den Weg
gab: Dein Vater ist ja recht lange nicht hier gewesen. Er ist doch nicht etwa krank?
Sage doch deinem Vater, ich ließe ihm gute Besserung wünschen, und er möchte
sich bald einmal sehen lassen. Das Kind richtete die Bestellung natürlich aus, der
Vater kratzte sich auf dem Kopfe, gedachte seines Borgbuches und that seine
Schuldigkeit.

Wer nun oben sein Glas Bier getrunken hatte, wurde unten, wenn er durch
den Laden ging, freundlich angehalten, daselbst auch seine Schuldigkeit zu thun und
ein viertel oder ein halbes Liter Schnaps mitzunehmen. Auf bar Geld Wurde
kein besondres Gewicht gelegt, aber das Borgbuch erhielt seine reichliche Ein¬
tragung.

Bei dieser Gelegenheit machte Leisring die erfreuliche Erfahrung, daß es kein
glatteres und besseres Geschäft gäbe, als ein flott fließendes Bierfaß und ein eben¬
solches Schnapsfaß, und die Arbeiter machten die weniger erfreuliche Bemerkung,
daß mau unglaublich viel Branntwein verbrauche, wenn man ans Borg lebe. Dies
galt besonders von den „Bruchern." So nannte man die Arbeiter, die einige
hundert Mann stark in dem benachbarten Schieferbruche beschäftigt waren und den
Tag wenigstens drei Mark verdienten — und dies das ganze Jahr lang. Diese
Brücher waren Leisrings beste Kunden. Wenn sie bei ihrem unordentlichen und
unwirtschaftlichen Leben schon früher nicht viel erübrigt hatten, so reichte jetzt unter


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[0641] Skizzen aus unserm heutigen Volksleben August Brauns verschwägert war, und da August Brauns Acker in der Flur besaß und zu den Bauern gehörte, so mußte er gegen Leisring geschützt werden. Der Schulze berichtete also, daß ein Bedürfnis für eine zweite Gastwirtschaft nicht vor¬ handen sei, worauf Leisring abschlägig beschieden wurde. Darob erhob sich ein großes Gezeter im Kaufladen, und alle Leute, die dahin kamen, wurden mit Unwillen über den Schulzen, der die guten Absichten Leisrings vereitle und dem Glücke des Dorfes im Wege stehe, getränkt und gesättigt. Man fing an zu „murmeln." Überall, wo sich der Schulze zeigte, trat man in Gruppen zusammen und murniclte Laute des Unwillens. Als der Schulze in der nächsten Gcmeindesitzung einen Wegebau, der ihm sehr am Herzen lag, denn der Weg führte zu seinem Acker, genehmigen lassen wollte, wurde der Weg von den kleinen Leuten und allen, die mit Leisring in Verbindung standen oder bei August Brauns nicht für voll angesehen wurden, glatt abgelehnt. Da hatte der Schulze seinen „Nacken¬ schlag" weg. Und es folgten solange andre nach, bis er ein Einsehen bekam und um den Kreisausschnß berichtete: Nach neuerdings angestellten Erhebungen habe sich herausgestellt, daß in Rockendorf eine zweite Gastwirtschaft doch ein Bedürfnis sei; worauf eine zweite Eingabe Leisrings genehmigt wurde. Nur dürfe er, hieß es in dem Konsense, in seiner Gaststube keinen Schnaps verkaufen. Branntwein im Laden zu verkaufen konnte ihm freilich nicht verwehrt werden. Das Angebot steigert die Nachfrage. Als die Gaststube eröffnet war, fehlte es nicht an Gästen. Die Knechte und die Arbeiter, die sonst ihren Schnaps zum Frühstück oder Vesper aus freier Hand tranken und nur bei besondern Gelegen¬ heiten den Krug besucht hatten, wurden bei Leisring seßhaft. Die jungen Bengel, die bei Brauns überhaupt nicht geduldet wurden — denn was braucht einer, der noch nicht einmal Knecht ist, überhaupt in der Schenke zu sitzen —, fanden jetzt die Ge¬ legenheit, für voll zu gelten. Sie gründeten schleunigst einen Verein, der löblichem Streben gewidmet war, nämlich einen Pfeifenverein, und kamen allwöchentlich zweimal zusammen, um sich an dem Gerüche ihrer verschiednen Kräuter zu erfreuen und über ihre Pfeifentroddeln fachzusimpeln, wobei sie die Düfte, die aus dem Laden heraufzogen, noch gratis hatten. Sobald der Besuch im Wirtszimmer einmal nachlassen wollte, half Frau Leisriug freundlich nach, indem sie den Kindern der ungetreuen Gäste, wenn sie Waren holten, gute Ermahnungen mit auf den Weg gab: Dein Vater ist ja recht lange nicht hier gewesen. Er ist doch nicht etwa krank? Sage doch deinem Vater, ich ließe ihm gute Besserung wünschen, und er möchte sich bald einmal sehen lassen. Das Kind richtete die Bestellung natürlich aus, der Vater kratzte sich auf dem Kopfe, gedachte seines Borgbuches und that seine Schuldigkeit. Wer nun oben sein Glas Bier getrunken hatte, wurde unten, wenn er durch den Laden ging, freundlich angehalten, daselbst auch seine Schuldigkeit zu thun und ein viertel oder ein halbes Liter Schnaps mitzunehmen. Auf bar Geld Wurde kein besondres Gewicht gelegt, aber das Borgbuch erhielt seine reichliche Ein¬ tragung. Bei dieser Gelegenheit machte Leisring die erfreuliche Erfahrung, daß es kein glatteres und besseres Geschäft gäbe, als ein flott fließendes Bierfaß und ein eben¬ solches Schnapsfaß, und die Arbeiter machten die weniger erfreuliche Bemerkung, daß mau unglaublich viel Branntwein verbrauche, wenn man ans Borg lebe. Dies galt besonders von den „Bruchern." So nannte man die Arbeiter, die einige hundert Mann stark in dem benachbarten Schieferbruche beschäftigt waren und den Tag wenigstens drei Mark verdienten — und dies das ganze Jahr lang. Diese Brücher waren Leisrings beste Kunden. Wenn sie bei ihrem unordentlichen und unwirtschaftlichen Leben schon früher nicht viel erübrigt hatten, so reichte jetzt unter Grenzboten II 1900 «0

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_290410/641>, abgerufen am 01.10.2024.