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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Zweites Vierteljahr.

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Skizzen aus miserin heutigen Volksleben

die Hände, sagte "Bitt schön" und wcir immer beweglich und kulant -- wenigstens
solange, als er uoch uicht dick und asthmatisch geworden war, Frau Leisring da¬
gegen war dünn und beweglich geblieben. Dazu gebrauchte sie ihre Zunge mit
einer Fertigkeit, daß niemand gern mit ihr anhand, besonders die nicht, die dem
Herrn Gemahl und seinem Borgbnche gegenüber kein reines Gewissen hatten. Und
das waren alle kleinen Leute im Dorfe.

Von besagten alten Weibern konnte man nun unter demi Siegel der Ver¬
schwiegenheit erfahren, daß Leisring vor zwanzig Jahren als hausierender Schuster
ins Dorf gekommen sei. Alles, was er besaß, war auf eine baufällige Schiebkarre
geladen. Weil nun diese Schiebkarre auseinander gefallen war, und weil damals auch
Leisrings Frau tu die Wochen kam, so war er in Rockendors sitzen geblieben. Man
hatte ihn im Armenhause untergebracht und ihm Arbeit gegeben. Aber Ackerarbeit
hatte für die Schusterseele Leisrings keinen Reiz, überhaupt keine Arbeit, die
Muskelschmalz forderte. Ebensowenig war er fürs Stillesitzen geschaffen. Herum¬
bummeln, hausieren und handeln, das war sein Element. Aber wie sollte er seinen
Hansierkram wieder zusammenbringen, da er weder Geld zum Leder, uoch Werk¬
zeug noch Lust zur Arbeit hatte? Seine Lage wäre hoffnungslos gewesen, wenn
er nicht das Glück gehabt hätte, ein. paar hundert Thaler in der Lotterie zu ge¬
winnen. Für dieses Geld kaufte er sich ein Anwesen, eine Bude, ein Mittelding
zwischen Wohnhaus und Stall, die in einem Winkel zwischen zwei Höfen ein¬
geklemmt war. Diese Bude richtete er zum Kaufladen ein. Der Dvrftischler lieferte
die Regale auf Borg, die Kaufleute die Waren ans Kredit. Der Kaufmann war
fertig, und der Krystallisativnspnnkt für ein zu erwerbendes Vermögen war ge¬
geben.

Anfangs ging es Leisring knapp genug. Manchmal hatte er kaum das tägliche
Brot. Aber nachdem die Schulden abgestoßen, und nachdem Ware und Haus freies
Eigentum geworden waren, ging es sichtlich vorwärts, wofür Frau Leisrtug als
Thermometer gelten konnte. Zuerst war Frau Leisring so klein und demütig ge¬
wesen, als wollte sie sagen: Ach du lieber Gott, nehme es nur nicht übel, daß ich
auch da bin. Später steckte sie ihre spitze Nase mit Selbstbewußtsein in die Luft
und sogar eine Schleife ins Haar. Später kaufte sie sich eiuen Mantel, wie ihn
die Stadtleute trugen. Und da dieser Mantel doch auch zur Geltung kommen
mußte, so kaufte sie sich einen Platz in der Kirche, woraus ein erbitterter Streit
mit dem Kirchenrendanten entstand, der ihr einen Platz ans der Priechenseite an¬
wies, während doch die vornehmern Plätze auf der Kanzelseite lagen. Später
rechnete sie sich zu den tonangebenden Frauen, wozu sie infolge ihrer Zungenfertig¬
keit wohl berechtigt war. Ja sie wurde das wandelnde Intelligenzblatt von
Nockendorf. Alle Neuigkeiten des Ortes flössen in ihrem Laden zusammen und
wurden von hier aus nach gründlicher Bearbeitung weiter verbreitet. "Veredlungs-
verkehr" nennt man ja wohl diese Thätigkeit ans wirtschaftlichem Gebiete.

In. dem Maße, als sich das Geschäft ausbreitete, wurde natürlich der Raum
des Hauses zu klein. Alles vom Keller bis zum Dache war vollgestopft von Kisten,
Fässern und Ware".. Leisriug flickte an seinem Hause herum und errichtete Kunst¬
bauten, die aller Baupolizei Hohn sprachen. Für sich und seine Familie behielt er
nur eine einzige Kammer übrig.

Eines Tages riß er kühn das Dach seines Hauses ab und baute eine Gaststube
über den Laden, zu der eine Treppe von gemeingefährlichem Charakter hinauf führte.
Darauf kam er um den Konsens zur Einrichtung einer Schnnkwirtschaft ein. Als
dieses Gesuch an den Schulzen zur Begutachtung kam, entstand unter der Bauernschaft
im Dorfe eine tiefgehende Aufregung. Es war doch ersichtlich, daß August Brauns,
der alte Wirt, durch die Konkurrenz Schaden haben werde. Da man nun mit


Skizzen aus miserin heutigen Volksleben

die Hände, sagte „Bitt schön" und wcir immer beweglich und kulant — wenigstens
solange, als er uoch uicht dick und asthmatisch geworden war, Frau Leisring da¬
gegen war dünn und beweglich geblieben. Dazu gebrauchte sie ihre Zunge mit
einer Fertigkeit, daß niemand gern mit ihr anhand, besonders die nicht, die dem
Herrn Gemahl und seinem Borgbnche gegenüber kein reines Gewissen hatten. Und
das waren alle kleinen Leute im Dorfe.

Von besagten alten Weibern konnte man nun unter demi Siegel der Ver¬
schwiegenheit erfahren, daß Leisring vor zwanzig Jahren als hausierender Schuster
ins Dorf gekommen sei. Alles, was er besaß, war auf eine baufällige Schiebkarre
geladen. Weil nun diese Schiebkarre auseinander gefallen war, und weil damals auch
Leisrings Frau tu die Wochen kam, so war er in Rockendors sitzen geblieben. Man
hatte ihn im Armenhause untergebracht und ihm Arbeit gegeben. Aber Ackerarbeit
hatte für die Schusterseele Leisrings keinen Reiz, überhaupt keine Arbeit, die
Muskelschmalz forderte. Ebensowenig war er fürs Stillesitzen geschaffen. Herum¬
bummeln, hausieren und handeln, das war sein Element. Aber wie sollte er seinen
Hansierkram wieder zusammenbringen, da er weder Geld zum Leder, uoch Werk¬
zeug noch Lust zur Arbeit hatte? Seine Lage wäre hoffnungslos gewesen, wenn
er nicht das Glück gehabt hätte, ein. paar hundert Thaler in der Lotterie zu ge¬
winnen. Für dieses Geld kaufte er sich ein Anwesen, eine Bude, ein Mittelding
zwischen Wohnhaus und Stall, die in einem Winkel zwischen zwei Höfen ein¬
geklemmt war. Diese Bude richtete er zum Kaufladen ein. Der Dvrftischler lieferte
die Regale auf Borg, die Kaufleute die Waren ans Kredit. Der Kaufmann war
fertig, und der Krystallisativnspnnkt für ein zu erwerbendes Vermögen war ge¬
geben.

Anfangs ging es Leisring knapp genug. Manchmal hatte er kaum das tägliche
Brot. Aber nachdem die Schulden abgestoßen, und nachdem Ware und Haus freies
Eigentum geworden waren, ging es sichtlich vorwärts, wofür Frau Leisrtug als
Thermometer gelten konnte. Zuerst war Frau Leisring so klein und demütig ge¬
wesen, als wollte sie sagen: Ach du lieber Gott, nehme es nur nicht übel, daß ich
auch da bin. Später steckte sie ihre spitze Nase mit Selbstbewußtsein in die Luft
und sogar eine Schleife ins Haar. Später kaufte sie sich eiuen Mantel, wie ihn
die Stadtleute trugen. Und da dieser Mantel doch auch zur Geltung kommen
mußte, so kaufte sie sich einen Platz in der Kirche, woraus ein erbitterter Streit
mit dem Kirchenrendanten entstand, der ihr einen Platz ans der Priechenseite an¬
wies, während doch die vornehmern Plätze auf der Kanzelseite lagen. Später
rechnete sie sich zu den tonangebenden Frauen, wozu sie infolge ihrer Zungenfertig¬
keit wohl berechtigt war. Ja sie wurde das wandelnde Intelligenzblatt von
Nockendorf. Alle Neuigkeiten des Ortes flössen in ihrem Laden zusammen und
wurden von hier aus nach gründlicher Bearbeitung weiter verbreitet. „Veredlungs-
verkehr" nennt man ja wohl diese Thätigkeit ans wirtschaftlichem Gebiete.

In. dem Maße, als sich das Geschäft ausbreitete, wurde natürlich der Raum
des Hauses zu klein. Alles vom Keller bis zum Dache war vollgestopft von Kisten,
Fässern und Ware«.. Leisriug flickte an seinem Hause herum und errichtete Kunst¬
bauten, die aller Baupolizei Hohn sprachen. Für sich und seine Familie behielt er
nur eine einzige Kammer übrig.

Eines Tages riß er kühn das Dach seines Hauses ab und baute eine Gaststube
über den Laden, zu der eine Treppe von gemeingefährlichem Charakter hinauf führte.
Darauf kam er um den Konsens zur Einrichtung einer Schnnkwirtschaft ein. Als
dieses Gesuch an den Schulzen zur Begutachtung kam, entstand unter der Bauernschaft
im Dorfe eine tiefgehende Aufregung. Es war doch ersichtlich, daß August Brauns,
der alte Wirt, durch die Konkurrenz Schaden haben werde. Da man nun mit


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[0640] Skizzen aus miserin heutigen Volksleben die Hände, sagte „Bitt schön" und wcir immer beweglich und kulant — wenigstens solange, als er uoch uicht dick und asthmatisch geworden war, Frau Leisring da¬ gegen war dünn und beweglich geblieben. Dazu gebrauchte sie ihre Zunge mit einer Fertigkeit, daß niemand gern mit ihr anhand, besonders die nicht, die dem Herrn Gemahl und seinem Borgbnche gegenüber kein reines Gewissen hatten. Und das waren alle kleinen Leute im Dorfe. Von besagten alten Weibern konnte man nun unter demi Siegel der Ver¬ schwiegenheit erfahren, daß Leisring vor zwanzig Jahren als hausierender Schuster ins Dorf gekommen sei. Alles, was er besaß, war auf eine baufällige Schiebkarre geladen. Weil nun diese Schiebkarre auseinander gefallen war, und weil damals auch Leisrings Frau tu die Wochen kam, so war er in Rockendors sitzen geblieben. Man hatte ihn im Armenhause untergebracht und ihm Arbeit gegeben. Aber Ackerarbeit hatte für die Schusterseele Leisrings keinen Reiz, überhaupt keine Arbeit, die Muskelschmalz forderte. Ebensowenig war er fürs Stillesitzen geschaffen. Herum¬ bummeln, hausieren und handeln, das war sein Element. Aber wie sollte er seinen Hansierkram wieder zusammenbringen, da er weder Geld zum Leder, uoch Werk¬ zeug noch Lust zur Arbeit hatte? Seine Lage wäre hoffnungslos gewesen, wenn er nicht das Glück gehabt hätte, ein. paar hundert Thaler in der Lotterie zu ge¬ winnen. Für dieses Geld kaufte er sich ein Anwesen, eine Bude, ein Mittelding zwischen Wohnhaus und Stall, die in einem Winkel zwischen zwei Höfen ein¬ geklemmt war. Diese Bude richtete er zum Kaufladen ein. Der Dvrftischler lieferte die Regale auf Borg, die Kaufleute die Waren ans Kredit. Der Kaufmann war fertig, und der Krystallisativnspnnkt für ein zu erwerbendes Vermögen war ge¬ geben. Anfangs ging es Leisring knapp genug. Manchmal hatte er kaum das tägliche Brot. Aber nachdem die Schulden abgestoßen, und nachdem Ware und Haus freies Eigentum geworden waren, ging es sichtlich vorwärts, wofür Frau Leisrtug als Thermometer gelten konnte. Zuerst war Frau Leisring so klein und demütig ge¬ wesen, als wollte sie sagen: Ach du lieber Gott, nehme es nur nicht übel, daß ich auch da bin. Später steckte sie ihre spitze Nase mit Selbstbewußtsein in die Luft und sogar eine Schleife ins Haar. Später kaufte sie sich eiuen Mantel, wie ihn die Stadtleute trugen. Und da dieser Mantel doch auch zur Geltung kommen mußte, so kaufte sie sich einen Platz in der Kirche, woraus ein erbitterter Streit mit dem Kirchenrendanten entstand, der ihr einen Platz ans der Priechenseite an¬ wies, während doch die vornehmern Plätze auf der Kanzelseite lagen. Später rechnete sie sich zu den tonangebenden Frauen, wozu sie infolge ihrer Zungenfertig¬ keit wohl berechtigt war. Ja sie wurde das wandelnde Intelligenzblatt von Nockendorf. Alle Neuigkeiten des Ortes flössen in ihrem Laden zusammen und wurden von hier aus nach gründlicher Bearbeitung weiter verbreitet. „Veredlungs- verkehr" nennt man ja wohl diese Thätigkeit ans wirtschaftlichem Gebiete. In. dem Maße, als sich das Geschäft ausbreitete, wurde natürlich der Raum des Hauses zu klein. Alles vom Keller bis zum Dache war vollgestopft von Kisten, Fässern und Ware«.. Leisriug flickte an seinem Hause herum und errichtete Kunst¬ bauten, die aller Baupolizei Hohn sprachen. Für sich und seine Familie behielt er nur eine einzige Kammer übrig. Eines Tages riß er kühn das Dach seines Hauses ab und baute eine Gaststube über den Laden, zu der eine Treppe von gemeingefährlichem Charakter hinauf führte. Darauf kam er um den Konsens zur Einrichtung einer Schnnkwirtschaft ein. Als dieses Gesuch an den Schulzen zur Begutachtung kam, entstand unter der Bauernschaft im Dorfe eine tiefgehende Aufregung. Es war doch ersichtlich, daß August Brauns, der alte Wirt, durch die Konkurrenz Schaden haben werde. Da man nun mit

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_290410/640>, abgerufen am 01.07.2024.