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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr.

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Das Doppelgeschwader, die Gefechtseinheit der deutschen Schlachtflotte

der Signalverständigung und der Führung des Schiffs, die schon bei der Ent¬
wicklung der Gcschwadcrtaktik besprochen worden siud, wachsen in hohem Maße,
und es bedarf eines ungewöhnlichen Grades von Ausbildung für das ganze
beteiligte Personal, dieser Aufgabe gerecht zu werden. Es hängt nun wesent¬
lich davon ab, wie gering infolge der taktischen Ausbildung des Kommandanten,
und ohne die Sicherheit von Schiff und Besatzung aufs Spiel zu sehen, der
Abstand zwischen den einzelnen Schiffe" bemessen werden kann, Haben wir zum
Beispiel zwischen den einzelnen Schiffen nur einen Abstand von 200 Metern,
so wird die ganze Linie nur 3 Kilometer lang und dadurch die Übersicht und
somit die einheitliche Leitung außerordentlich erleichtert. In der taktischen Aus-
bildung liegt also der springende Punkt, Hierauf vor allem ist es zurück¬
zuführen, daß nach den vieljährigen sorgfältigen taktischen Übungen als die
größte Zahl von Linienschiffen, die einheitlich geleitet werden können, die
Zahl 10 festgestellt und demgemäß das Doppelgeschwader zusammengesetzt
worden ist.

Für die Leserkreise, die Anslandsstimmeu einen besondern Wert beimessen,
geben wir eine Ansicht des ehemaligen französischen Marincministers Lockroh
wieder. Er schreibt in seinem Buch eist'vnsv rmvalö von 1900 bei der
Erörterung eines Krieges Frankreichs gegen den Drcibnnd über die deutsche
Marine folgendes:

"Sicherlich ist in Deutschland wie in England nicht alles vollkommen.
Ich kann aber nicht umhin, die Aufmerksamkeit darauf zu lenken, mit welcher
Methode alle militärischen Fragen behandelt werden. Dies gilt nicht allein
für strategische und taktische Fragen, sondern besonders für die Vorbereitungen
z" einem Kriege, den man kommen sieht. Die Fortschritte vollzieh" sich
l""gsnm, aber in methodischer und sicherer Weise. Was die Leiter der Marine
beschäftigt - lind hierüber können wir Franzosen nicht zu viel nachdenken --,
'se. gleichwertige Geschwader aufzustellen, gleich an Geschwindigkeit, gleich an
Artilleriefcuer,' Tiefgang und Tonnengehalt. Während in der französischen
Rotte vielleicht 30 verschiedne Kriegsschiffstypen unterschieden werden, kennt
b'e deutsche Marine nur 7 bis 8. Auf dieser Gleichartigkeit beruhn die
Marschordnung und Gefcchtsformation, und anf dem Umstand, daß die deutschen
Schiffe immer gleichartig zu vieren oder in Mehrheiten zu vieren auftreten,
beruht ihre Stärke. Ohne derartige Gleichartigkeit der Geschwindigkeit und
des Attionsradins ist in der That ein Zusammeuhandeln nicht möglich. Dle
beträchtlichsten Streitkräfte werden sich andernteils gegenseitig behnidern; eine
Vereinigung von verschieden Schiffstypen macht noch keine Schlachtflotte.
England hat dies ebenso begriffen wie Dentschland. England baut sah.sse u>
Welcher Art in großer Zahl^ Eine Flotte ist kein Museum, Em nul.tarlscher
Gedanke muß ihrem Bau zu Grunde liegen,"

,
Sind wir im Kriege mit einer großen Seemacht, so müssen wu- no. darauf
gesaßt machen, daß unser Doppelgeschwader einer feindlichen Flotte von voraus¬
sichtlich zwanzig oder mehr Linienschiffen gegenübersteht. Wie dre feindliche


Das Doppelgeschwader, die Gefechtseinheit der deutschen Schlachtflotte

der Signalverständigung und der Führung des Schiffs, die schon bei der Ent¬
wicklung der Gcschwadcrtaktik besprochen worden siud, wachsen in hohem Maße,
und es bedarf eines ungewöhnlichen Grades von Ausbildung für das ganze
beteiligte Personal, dieser Aufgabe gerecht zu werden. Es hängt nun wesent¬
lich davon ab, wie gering infolge der taktischen Ausbildung des Kommandanten,
und ohne die Sicherheit von Schiff und Besatzung aufs Spiel zu sehen, der
Abstand zwischen den einzelnen Schiffe» bemessen werden kann, Haben wir zum
Beispiel zwischen den einzelnen Schiffen nur einen Abstand von 200 Metern,
so wird die ganze Linie nur 3 Kilometer lang und dadurch die Übersicht und
somit die einheitliche Leitung außerordentlich erleichtert. In der taktischen Aus-
bildung liegt also der springende Punkt, Hierauf vor allem ist es zurück¬
zuführen, daß nach den vieljährigen sorgfältigen taktischen Übungen als die
größte Zahl von Linienschiffen, die einheitlich geleitet werden können, die
Zahl 10 festgestellt und demgemäß das Doppelgeschwader zusammengesetzt
worden ist.

Für die Leserkreise, die Anslandsstimmeu einen besondern Wert beimessen,
geben wir eine Ansicht des ehemaligen französischen Marincministers Lockroh
wieder. Er schreibt in seinem Buch eist'vnsv rmvalö von 1900 bei der
Erörterung eines Krieges Frankreichs gegen den Drcibnnd über die deutsche
Marine folgendes:

„Sicherlich ist in Deutschland wie in England nicht alles vollkommen.
Ich kann aber nicht umhin, die Aufmerksamkeit darauf zu lenken, mit welcher
Methode alle militärischen Fragen behandelt werden. Dies gilt nicht allein
für strategische und taktische Fragen, sondern besonders für die Vorbereitungen
z» einem Kriege, den man kommen sieht. Die Fortschritte vollzieh» sich
l""gsnm, aber in methodischer und sicherer Weise. Was die Leiter der Marine
beschäftigt - lind hierüber können wir Franzosen nicht zu viel nachdenken —,
'se. gleichwertige Geschwader aufzustellen, gleich an Geschwindigkeit, gleich an
Artilleriefcuer,' Tiefgang und Tonnengehalt. Während in der französischen
Rotte vielleicht 30 verschiedne Kriegsschiffstypen unterschieden werden, kennt
b'e deutsche Marine nur 7 bis 8. Auf dieser Gleichartigkeit beruhn die
Marschordnung und Gefcchtsformation, und anf dem Umstand, daß die deutschen
Schiffe immer gleichartig zu vieren oder in Mehrheiten zu vieren auftreten,
beruht ihre Stärke. Ohne derartige Gleichartigkeit der Geschwindigkeit und
des Attionsradins ist in der That ein Zusammeuhandeln nicht möglich. Dle
beträchtlichsten Streitkräfte werden sich andernteils gegenseitig behnidern; eine
Vereinigung von verschieden Schiffstypen macht noch keine Schlachtflotte.
England hat dies ebenso begriffen wie Dentschland. England baut sah.sse u>
Welcher Art in großer Zahl^ Eine Flotte ist kein Museum, Em nul.tarlscher
Gedanke muß ihrem Bau zu Grunde liegen,"

,
Sind wir im Kriege mit einer großen Seemacht, so müssen wu- no. darauf
gesaßt machen, daß unser Doppelgeschwader einer feindlichen Flotte von voraus¬
sichtlich zwanzig oder mehr Linienschiffen gegenübersteht. Wie dre feindliche


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[0597] Das Doppelgeschwader, die Gefechtseinheit der deutschen Schlachtflotte der Signalverständigung und der Führung des Schiffs, die schon bei der Ent¬ wicklung der Gcschwadcrtaktik besprochen worden siud, wachsen in hohem Maße, und es bedarf eines ungewöhnlichen Grades von Ausbildung für das ganze beteiligte Personal, dieser Aufgabe gerecht zu werden. Es hängt nun wesent¬ lich davon ab, wie gering infolge der taktischen Ausbildung des Kommandanten, und ohne die Sicherheit von Schiff und Besatzung aufs Spiel zu sehen, der Abstand zwischen den einzelnen Schiffe» bemessen werden kann, Haben wir zum Beispiel zwischen den einzelnen Schiffen nur einen Abstand von 200 Metern, so wird die ganze Linie nur 3 Kilometer lang und dadurch die Übersicht und somit die einheitliche Leitung außerordentlich erleichtert. In der taktischen Aus- bildung liegt also der springende Punkt, Hierauf vor allem ist es zurück¬ zuführen, daß nach den vieljährigen sorgfältigen taktischen Übungen als die größte Zahl von Linienschiffen, die einheitlich geleitet werden können, die Zahl 10 festgestellt und demgemäß das Doppelgeschwader zusammengesetzt worden ist. Für die Leserkreise, die Anslandsstimmeu einen besondern Wert beimessen, geben wir eine Ansicht des ehemaligen französischen Marincministers Lockroh wieder. Er schreibt in seinem Buch eist'vnsv rmvalö von 1900 bei der Erörterung eines Krieges Frankreichs gegen den Drcibnnd über die deutsche Marine folgendes: „Sicherlich ist in Deutschland wie in England nicht alles vollkommen. Ich kann aber nicht umhin, die Aufmerksamkeit darauf zu lenken, mit welcher Methode alle militärischen Fragen behandelt werden. Dies gilt nicht allein für strategische und taktische Fragen, sondern besonders für die Vorbereitungen z» einem Kriege, den man kommen sieht. Die Fortschritte vollzieh» sich l""gsnm, aber in methodischer und sicherer Weise. Was die Leiter der Marine beschäftigt - lind hierüber können wir Franzosen nicht zu viel nachdenken —, 'se. gleichwertige Geschwader aufzustellen, gleich an Geschwindigkeit, gleich an Artilleriefcuer,' Tiefgang und Tonnengehalt. Während in der französischen Rotte vielleicht 30 verschiedne Kriegsschiffstypen unterschieden werden, kennt b'e deutsche Marine nur 7 bis 8. Auf dieser Gleichartigkeit beruhn die Marschordnung und Gefcchtsformation, und anf dem Umstand, daß die deutschen Schiffe immer gleichartig zu vieren oder in Mehrheiten zu vieren auftreten, beruht ihre Stärke. Ohne derartige Gleichartigkeit der Geschwindigkeit und des Attionsradins ist in der That ein Zusammeuhandeln nicht möglich. Dle beträchtlichsten Streitkräfte werden sich andernteils gegenseitig behnidern; eine Vereinigung von verschieden Schiffstypen macht noch keine Schlachtflotte. England hat dies ebenso begriffen wie Dentschland. England baut sah.sse u> Welcher Art in großer Zahl^ Eine Flotte ist kein Museum, Em nul.tarlscher Gedanke muß ihrem Bau zu Grunde liegen," , Sind wir im Kriege mit einer großen Seemacht, so müssen wu- no. darauf gesaßt machen, daß unser Doppelgeschwader einer feindlichen Flotte von voraus¬ sichtlich zwanzig oder mehr Linienschiffen gegenübersteht. Wie dre feindliche

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_232551/597>, abgerufen am 02.07.2024.