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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr.

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Noch ein Wort über die preußischen Generalkoinmissionen

"geheime" Verfahre" leiden soll, kann nicht zugegeben werden. Die Gründe, die
sie ihren Entscheidungen beifügen und der Kritik, nicht nur der höhern Instanz,
sondern auch der Öffentlichkeit preisgeben müssen, würden es bald genng zeigen,
wenn eine Behörde das aktenmäßige Parteivorbringen nicht richtig aufgefaßt
und nicht erschöpfend berücksichtigt hätte. Mißtrauen aber wird gesät, wenn ein
anscheinend Kundiger behauptet, von den Mitgliedern der über die Planbe¬
schwerden erkennenden Geueralkommission sei "meist keines über die örtlichen
Verhältnisse informiert." Viele Planbeschwcrden lassen sich aus den Karten
und dem Rechnnngswerke (Bonitierungs-, Zuteilungsregister u. a.) vollkommen
sicher beurteilen. Zu meiner Zeit wurde aber auch keine irgend bedenkliche
Plnnbeschwerde abgeurteilt, wenn nicht wenigstens ein Mitglied, in wichtigern
Sachen wohl auch noch der Präsident oder sein Vertreter, der Örtlichkeit kundig
war, und ich habe allen Grund zu der Annahme, daß das so geblieben ist/")

Befremdlich mag eS klingen, daß nach jetzigem Verfahren der Kommissar,
der den Verteiln"gsplnu gemacht hat, auch die Beschwerden entgegennimmt
und begutachtet. Eine eingehende Rechtfertigung dieses Verfahrens würde zu
weit führen; hervorzuheben ist nur, daß die nur diesem Kommissar beiwohnende
volle Sachkunde für das Verständnis und für die Beurteilung der Beschwerden
unentbehrlich ist, daß sein Gutachten die erkennende Behörde nicht bindet, und
daß der .Kommissar in eine ganz unzulässige Parteistellung gedrängt werden
würde, wenn ein andrer als er die Beschwerden instruieren sollte, vor dem er
dann seinen Plan zu verteidigen haben würde. Für die Berufungsinstanz ist
aber gleichwohl, um ein möglichst objektives Urteil zu ermöglichen, die Auf-
nahme und Begutachtung der Beschwerde,, durch einen andern, voll quali¬
fizierten Kommissar gesetzlich vorgeschrieben.

Endlich das Verlangen nach "maßgebenden Einfluß des Laienelements
!der praktischen Landwirtej auf die Behörde"; der Geueralkommission sollen
(mit beratender oder auch entscheidender Stimme) nicht beamtete Männer bei¬
gegeben werden, die selber die Landwirtschaft praktisch betreiben. Der Zug der
Zeit geht einmal in dieser Richtung, und auch auf unserm Gebiete wird sich
die Staatsregierung dieser Forderung am wenigsten durch den Versuch des
Landwirtschaftsministers (in den jüngsten Landtngsverhaudlungen) entzieh"
können, die Last der Formulierung bestimmter Vorschläge von der Regierung
auf die abzuschieben, die die Forderung erheben. Die Formel für die dazu
nötige Änderung der Bersafsung und des Verfahrens der Behörde würde sich
auch schon finden lassen, wie sie auf andern Gebieten gefunden ist. Etwas
andres aber ist es, ob sich auch die rechten Männer finden. Die in den
^stprovinzen größtenteils aus den Rittergntsbesitzern, zum Teil aber auch



^) Eine Bemerkung in den Etatsberatungen 1898/99 scheint auf die Absicht hinzudeute",
auch dem Berufungsgerichte der Generalkommisstonen (Oberlandeskulturgcricht), das seither aller¬
dings nur auf Grund der Akten und Karten entscheiden konnte, Gelegenheit zu örtlicher Infor¬
mation zu geben. Wie weit und mit welchem Erfolge das schon jetzt ausgeführt ist, habe ich
nicht erfahren.
Noch ein Wort über die preußischen Generalkoinmissionen

„geheime" Verfahre» leiden soll, kann nicht zugegeben werden. Die Gründe, die
sie ihren Entscheidungen beifügen und der Kritik, nicht nur der höhern Instanz,
sondern auch der Öffentlichkeit preisgeben müssen, würden es bald genng zeigen,
wenn eine Behörde das aktenmäßige Parteivorbringen nicht richtig aufgefaßt
und nicht erschöpfend berücksichtigt hätte. Mißtrauen aber wird gesät, wenn ein
anscheinend Kundiger behauptet, von den Mitgliedern der über die Planbe¬
schwerden erkennenden Geueralkommission sei „meist keines über die örtlichen
Verhältnisse informiert." Viele Planbeschwcrden lassen sich aus den Karten
und dem Rechnnngswerke (Bonitierungs-, Zuteilungsregister u. a.) vollkommen
sicher beurteilen. Zu meiner Zeit wurde aber auch keine irgend bedenkliche
Plnnbeschwerde abgeurteilt, wenn nicht wenigstens ein Mitglied, in wichtigern
Sachen wohl auch noch der Präsident oder sein Vertreter, der Örtlichkeit kundig
war, und ich habe allen Grund zu der Annahme, daß das so geblieben ist/")

Befremdlich mag eS klingen, daß nach jetzigem Verfahren der Kommissar,
der den Verteiln»gsplnu gemacht hat, auch die Beschwerden entgegennimmt
und begutachtet. Eine eingehende Rechtfertigung dieses Verfahrens würde zu
weit führen; hervorzuheben ist nur, daß die nur diesem Kommissar beiwohnende
volle Sachkunde für das Verständnis und für die Beurteilung der Beschwerden
unentbehrlich ist, daß sein Gutachten die erkennende Behörde nicht bindet, und
daß der .Kommissar in eine ganz unzulässige Parteistellung gedrängt werden
würde, wenn ein andrer als er die Beschwerden instruieren sollte, vor dem er
dann seinen Plan zu verteidigen haben würde. Für die Berufungsinstanz ist
aber gleichwohl, um ein möglichst objektives Urteil zu ermöglichen, die Auf-
nahme und Begutachtung der Beschwerde,, durch einen andern, voll quali¬
fizierten Kommissar gesetzlich vorgeschrieben.

Endlich das Verlangen nach „maßgebenden Einfluß des Laienelements
!der praktischen Landwirtej auf die Behörde"; der Geueralkommission sollen
(mit beratender oder auch entscheidender Stimme) nicht beamtete Männer bei¬
gegeben werden, die selber die Landwirtschaft praktisch betreiben. Der Zug der
Zeit geht einmal in dieser Richtung, und auch auf unserm Gebiete wird sich
die Staatsregierung dieser Forderung am wenigsten durch den Versuch des
Landwirtschaftsministers (in den jüngsten Landtngsverhaudlungen) entzieh»
können, die Last der Formulierung bestimmter Vorschläge von der Regierung
auf die abzuschieben, die die Forderung erheben. Die Formel für die dazu
nötige Änderung der Bersafsung und des Verfahrens der Behörde würde sich
auch schon finden lassen, wie sie auf andern Gebieten gefunden ist. Etwas
andres aber ist es, ob sich auch die rechten Männer finden. Die in den
^stprovinzen größtenteils aus den Rittergntsbesitzern, zum Teil aber auch



^) Eine Bemerkung in den Etatsberatungen 1898/99 scheint auf die Absicht hinzudeute»,
auch dem Berufungsgerichte der Generalkommisstonen (Oberlandeskulturgcricht), das seither aller¬
dings nur auf Grund der Akten und Karten entscheiden konnte, Gelegenheit zu örtlicher Infor¬
mation zu geben. Wie weit und mit welchem Erfolge das schon jetzt ausgeführt ist, habe ich
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_232551/535>, abgerufen am 04.07.2024.