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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr.

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Frau Venus

meiner bemächtigte. Ich bot ihr meinen Pelz an, den sie aber mit Entschiedenheit
zurückwies. Es überkam mich das Bewußtsein, daß wir uns in einer sehr Übeln
Lage befanden. Eine Zeit lang saßen wir schweigend da; sie hatte die Füße unter
sich auf den Sitz gezogen und zitterte merklich. Nach einer Weile zog ich den
Pelz aus, und sie ließ es jetzt geschehen, daß ich ihn ihr anzog. Sie lag ruhig,
indem sie das Gesicht gegen den Fenstervorhang drückte, sodaß ich es nicht sehen
konnte, und antwortete nicht auf meine Fragen; nur zuweilen sah ich ein leises
Beben durch ihren Körper gehn. Die Kälte wurde immer fühlbarer, und es war
mir unmöglich, still zu sitzen; ich suchte mich durch starke Bewegung, soweit der
enge Raum es gestattete, zu erwärmen, bis ich ermüdet und in dumpfer Verzweif¬
lung auf den Sitz sank, von dem nach einiger Zeit das Gefühl bittrer Kälte mich
wieder aufscheuchte. So vergingen qualvolle Stunden. Sie lag regungslos da,
nur zuweilen leise wimmernd, und einigemale mußte ich nahe hinzutreten, um mich
zu überzeugen, daß sie atmete. Endlich fuhren wir am Trnsimenischen See hin;
die niedergehende Mondsichel beleuchtete matt die weite Wasserfläche; es war ein
schaurig kaltes Bild. Bald darauf erschien in der Ferne eine von vielen Lichtern
strahlende Bergkuppe; es war Perugia, dem wir uns in zahlreichen Windungen
der Straße näherten, und das bald rechts, bald links von uns sichtbar wurde. Mir
erschien die letzte halbe Stunde wie eine Ewigkeit, denn ich fühlte, daß meine
Widerstandskraft erschöpft sei. Nach ein Uhr nachts hielt endlich der Zug an der
Station von Perugin, die am Fuße des Berges liegt, auf dem die Stadt erbaut
ist. Meine Begleiterin rührte sich nicht, bis ich sie bat, aufzustehn; dann schwankte
sie so, daß ich sie unterstützen mußte. Es war kein andres Gefährt als ein elender
Omnibus am Bahnhof; zu diesem führte ich sie, und wir stiegen ein, worauf er
sich in Bewegung setzte und unter vielem Geschrei der Lenker in rasender Eile
bergan gezogen wurde. Eine eisige Tramontnna pfiff durch die zerbrochnen Fenster¬
scheiben, doch belebte uns die Hoffnung auf ein baldiges Ende der Fahrt. Ich
hatte dem Führer das Hotel bezeichnet, wohin wir gebracht zu werden wünschte",
da es mir von einem frühern Aufenthalte bekannt war. Es lag auf dem höchsten
Punkte Perugias, und wir mußten durch die ganze Stadt fahren, um dahin zu
gelangen. Als der Wagen vor dem bezeichneten Hause anhielt, stiegen wir aus,
während jener davon fuhr. Wir standen jetzt vor der verschlossenen Thür auf der
Straße; die wenigen noch brennenden Gasflammen flackerten unheimlich im Winde,
der uns erstarren machte. Ich klopfte mit Ingrimm an das Thor, lange ver¬
geblich. Die Baronesse stand gegen die Mauer gelehnt, lautlos. Endlich hörte
man eine Bewegung im Hause; das Thor wurde geöffnet, und es erschien ein
schmutziger Kerl, der nach meinem Begehr fragte. Ich sagte ihm unwirsch, daß wir
im Hotel zu übernachten wünschten, erfuhr aber, daß dieses im Zustande der Auf¬
lösung sei und keine Gäste beherbergen könne; der Wirt sei in Konkurs geraten,
und Haus und Gerät sollten verkauft werden; er selbst sei zum Wächter des Hauses
gesetzt.

Es schien mir unmöglich, mich nochmals mit meiner Gefährtin auf die Wandlung
zu begeben, um ein Nachtlager zu suchen; ich ließ sie also ins Haus treten und
sagte dem Manne, daß wir halbtot seien vor Kälte und Erschöpfung, und daß er
uns durchaus für die Nacht ein Zimmer überlassen müsse, auch würden wohl uoch
Betten vorhanden und ein Feuer anzumachen sein. Da ich ihm eine gute Be¬
lohnung verhieß, so ging er, kehrte nach einiger Zeit mit einer brennenden Lampe
zurück und stieg dann uns voran die Treppe hinauf. Als ich der Baronesse den
Arm gab, um sie zu unterstützen, machte sie einige Schritte und fiel dann ohn¬
mächtig zusammen. Ich nahm sie sogleich auf meine Arme und trug sie vollends
hinauf, dem Wächter folgend. Dieser hatte eine Flügelthür geöffnet und schritt


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meiner bemächtigte. Ich bot ihr meinen Pelz an, den sie aber mit Entschiedenheit
zurückwies. Es überkam mich das Bewußtsein, daß wir uns in einer sehr Übeln
Lage befanden. Eine Zeit lang saßen wir schweigend da; sie hatte die Füße unter
sich auf den Sitz gezogen und zitterte merklich. Nach einer Weile zog ich den
Pelz aus, und sie ließ es jetzt geschehen, daß ich ihn ihr anzog. Sie lag ruhig,
indem sie das Gesicht gegen den Fenstervorhang drückte, sodaß ich es nicht sehen
konnte, und antwortete nicht auf meine Fragen; nur zuweilen sah ich ein leises
Beben durch ihren Körper gehn. Die Kälte wurde immer fühlbarer, und es war
mir unmöglich, still zu sitzen; ich suchte mich durch starke Bewegung, soweit der
enge Raum es gestattete, zu erwärmen, bis ich ermüdet und in dumpfer Verzweif¬
lung auf den Sitz sank, von dem nach einiger Zeit das Gefühl bittrer Kälte mich
wieder aufscheuchte. So vergingen qualvolle Stunden. Sie lag regungslos da,
nur zuweilen leise wimmernd, und einigemale mußte ich nahe hinzutreten, um mich
zu überzeugen, daß sie atmete. Endlich fuhren wir am Trnsimenischen See hin;
die niedergehende Mondsichel beleuchtete matt die weite Wasserfläche; es war ein
schaurig kaltes Bild. Bald darauf erschien in der Ferne eine von vielen Lichtern
strahlende Bergkuppe; es war Perugia, dem wir uns in zahlreichen Windungen
der Straße näherten, und das bald rechts, bald links von uns sichtbar wurde. Mir
erschien die letzte halbe Stunde wie eine Ewigkeit, denn ich fühlte, daß meine
Widerstandskraft erschöpft sei. Nach ein Uhr nachts hielt endlich der Zug an der
Station von Perugin, die am Fuße des Berges liegt, auf dem die Stadt erbaut
ist. Meine Begleiterin rührte sich nicht, bis ich sie bat, aufzustehn; dann schwankte
sie so, daß ich sie unterstützen mußte. Es war kein andres Gefährt als ein elender
Omnibus am Bahnhof; zu diesem führte ich sie, und wir stiegen ein, worauf er
sich in Bewegung setzte und unter vielem Geschrei der Lenker in rasender Eile
bergan gezogen wurde. Eine eisige Tramontnna pfiff durch die zerbrochnen Fenster¬
scheiben, doch belebte uns die Hoffnung auf ein baldiges Ende der Fahrt. Ich
hatte dem Führer das Hotel bezeichnet, wohin wir gebracht zu werden wünschte»,
da es mir von einem frühern Aufenthalte bekannt war. Es lag auf dem höchsten
Punkte Perugias, und wir mußten durch die ganze Stadt fahren, um dahin zu
gelangen. Als der Wagen vor dem bezeichneten Hause anhielt, stiegen wir aus,
während jener davon fuhr. Wir standen jetzt vor der verschlossenen Thür auf der
Straße; die wenigen noch brennenden Gasflammen flackerten unheimlich im Winde,
der uns erstarren machte. Ich klopfte mit Ingrimm an das Thor, lange ver¬
geblich. Die Baronesse stand gegen die Mauer gelehnt, lautlos. Endlich hörte
man eine Bewegung im Hause; das Thor wurde geöffnet, und es erschien ein
schmutziger Kerl, der nach meinem Begehr fragte. Ich sagte ihm unwirsch, daß wir
im Hotel zu übernachten wünschten, erfuhr aber, daß dieses im Zustande der Auf¬
lösung sei und keine Gäste beherbergen könne; der Wirt sei in Konkurs geraten,
und Haus und Gerät sollten verkauft werden; er selbst sei zum Wächter des Hauses
gesetzt.

Es schien mir unmöglich, mich nochmals mit meiner Gefährtin auf die Wandlung
zu begeben, um ein Nachtlager zu suchen; ich ließ sie also ins Haus treten und
sagte dem Manne, daß wir halbtot seien vor Kälte und Erschöpfung, und daß er
uns durchaus für die Nacht ein Zimmer überlassen müsse, auch würden wohl uoch
Betten vorhanden und ein Feuer anzumachen sein. Da ich ihm eine gute Be¬
lohnung verhieß, so ging er, kehrte nach einiger Zeit mit einer brennenden Lampe
zurück und stieg dann uns voran die Treppe hinauf. Als ich der Baronesse den
Arm gab, um sie zu unterstützen, machte sie einige Schritte und fiel dann ohn¬
mächtig zusammen. Ich nahm sie sogleich auf meine Arme und trug sie vollends
hinauf, dem Wächter folgend. Dieser hatte eine Flügelthür geöffnet und schritt


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[0050] Frau Venus meiner bemächtigte. Ich bot ihr meinen Pelz an, den sie aber mit Entschiedenheit zurückwies. Es überkam mich das Bewußtsein, daß wir uns in einer sehr Übeln Lage befanden. Eine Zeit lang saßen wir schweigend da; sie hatte die Füße unter sich auf den Sitz gezogen und zitterte merklich. Nach einer Weile zog ich den Pelz aus, und sie ließ es jetzt geschehen, daß ich ihn ihr anzog. Sie lag ruhig, indem sie das Gesicht gegen den Fenstervorhang drückte, sodaß ich es nicht sehen konnte, und antwortete nicht auf meine Fragen; nur zuweilen sah ich ein leises Beben durch ihren Körper gehn. Die Kälte wurde immer fühlbarer, und es war mir unmöglich, still zu sitzen; ich suchte mich durch starke Bewegung, soweit der enge Raum es gestattete, zu erwärmen, bis ich ermüdet und in dumpfer Verzweif¬ lung auf den Sitz sank, von dem nach einiger Zeit das Gefühl bittrer Kälte mich wieder aufscheuchte. So vergingen qualvolle Stunden. Sie lag regungslos da, nur zuweilen leise wimmernd, und einigemale mußte ich nahe hinzutreten, um mich zu überzeugen, daß sie atmete. Endlich fuhren wir am Trnsimenischen See hin; die niedergehende Mondsichel beleuchtete matt die weite Wasserfläche; es war ein schaurig kaltes Bild. Bald darauf erschien in der Ferne eine von vielen Lichtern strahlende Bergkuppe; es war Perugia, dem wir uns in zahlreichen Windungen der Straße näherten, und das bald rechts, bald links von uns sichtbar wurde. Mir erschien die letzte halbe Stunde wie eine Ewigkeit, denn ich fühlte, daß meine Widerstandskraft erschöpft sei. Nach ein Uhr nachts hielt endlich der Zug an der Station von Perugin, die am Fuße des Berges liegt, auf dem die Stadt erbaut ist. Meine Begleiterin rührte sich nicht, bis ich sie bat, aufzustehn; dann schwankte sie so, daß ich sie unterstützen mußte. Es war kein andres Gefährt als ein elender Omnibus am Bahnhof; zu diesem führte ich sie, und wir stiegen ein, worauf er sich in Bewegung setzte und unter vielem Geschrei der Lenker in rasender Eile bergan gezogen wurde. Eine eisige Tramontnna pfiff durch die zerbrochnen Fenster¬ scheiben, doch belebte uns die Hoffnung auf ein baldiges Ende der Fahrt. Ich hatte dem Führer das Hotel bezeichnet, wohin wir gebracht zu werden wünschte», da es mir von einem frühern Aufenthalte bekannt war. Es lag auf dem höchsten Punkte Perugias, und wir mußten durch die ganze Stadt fahren, um dahin zu gelangen. Als der Wagen vor dem bezeichneten Hause anhielt, stiegen wir aus, während jener davon fuhr. Wir standen jetzt vor der verschlossenen Thür auf der Straße; die wenigen noch brennenden Gasflammen flackerten unheimlich im Winde, der uns erstarren machte. Ich klopfte mit Ingrimm an das Thor, lange ver¬ geblich. Die Baronesse stand gegen die Mauer gelehnt, lautlos. Endlich hörte man eine Bewegung im Hause; das Thor wurde geöffnet, und es erschien ein schmutziger Kerl, der nach meinem Begehr fragte. Ich sagte ihm unwirsch, daß wir im Hotel zu übernachten wünschten, erfuhr aber, daß dieses im Zustande der Auf¬ lösung sei und keine Gäste beherbergen könne; der Wirt sei in Konkurs geraten, und Haus und Gerät sollten verkauft werden; er selbst sei zum Wächter des Hauses gesetzt. Es schien mir unmöglich, mich nochmals mit meiner Gefährtin auf die Wandlung zu begeben, um ein Nachtlager zu suchen; ich ließ sie also ins Haus treten und sagte dem Manne, daß wir halbtot seien vor Kälte und Erschöpfung, und daß er uns durchaus für die Nacht ein Zimmer überlassen müsse, auch würden wohl uoch Betten vorhanden und ein Feuer anzumachen sein. Da ich ihm eine gute Be¬ lohnung verhieß, so ging er, kehrte nach einiger Zeit mit einer brennenden Lampe zurück und stieg dann uns voran die Treppe hinauf. Als ich der Baronesse den Arm gab, um sie zu unterstützen, machte sie einige Schritte und fiel dann ohn¬ mächtig zusammen. Ich nahm sie sogleich auf meine Arme und trug sie vollends hinauf, dem Wächter folgend. Dieser hatte eine Flügelthür geöffnet und schritt

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_232551/50>, abgerufen am 30.06.2024.