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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr.

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Teil des Turins enthält vier Nischen, von denen die eine als Brunnen ein¬
gerichtet ist. Über dein sprudelnden, wohlschmeckenden Wasser steht der ^er"
aus Timon von Athen (I, 2):


llonost vawi-, vlUon No'ör Iste man i' du' llliis.

In einer andern Nische steht der Name des Stifters dieses Denkmals,
des reichen Amerikaners George Childs aus Philadelphia, der es um Jnlnlanms-
jahre der Königin Viktoria erbauen ließ als ein Zeichen der enngen Dankbar¬
keit, zu der die Amerikaner dem großen Dichter verpflichtet seien. Das ist em
sehr bezeichnender Zug. Hat jemals ein Deutsch-Amerikaner daran gedacht,
seine Dankbarkeit den große., Männern seines Vaterlands u, ähnlicher ^else
auszusprechen? Freilich Shakespeare wird anch in der Wildnis des ameri¬
kanischen Urwalds gelesen; er ist auch dort ein unerschöpflicher Gedantenspeicher
der Menschheit, eine nie versiegende Lebensauelle für alle Geister, ^b Mial"
einer unsrer Klassiker eine solche weltbeherrschende Macht gewinnen wird--

Der Stifter hat auch eine Stelle von Washington Irving auf das Dent-
nwl gesetzt: UumsairÄ nonours ^na b1s88in^ on tue barä ^no In.8 M^en
tue arti re"ltiög ok 1leb muovere illusions. In der vierten Nische steht une
eine Verherrlichung der Königin Viktoria die Stelle ans Heinrich VIII. (5. 4):


In ihren Tagen ist im Frieden jeder
Unter dein eignen Weinstock, was er pflanzte.
Des Friedens heitre Klänge tönen rings,
Gott wird erkannt in Wahrheit; ihre Treuen.
Durch sie geführt zum wahren Pfad der Ehre,
Erkämpfen hier sich Größe, nicht durch Blut.

Mir freilich erschienen die letzten Verse wie el., Hohn ans die blutige
Eroberungspolitik der Engländer, die sie in andern Weltteilen ausführen.
während sie in Europa die einschläfernde Friedensschalmei blasen

Von diesem Denkmal, ^uvilos Nonne-Um, erreicht man bald die größte
Sehenswürdigkeit Stratfords, Shakespeares Geburtshaus. Es liegt in der
Henleystraße,' nicht zwischen andre Bauwerke eingeklemmt, sondern frei, rechte
und links von Gärten umschlossen. Das zweistöckige Haus ist aus Fachwerr
mit breitem, aber doch schon stark gebognen. Gebälk; an den Hauptteil. der
dle Front nach der Straße hat, ist noch ein zweites Hans angebaut mit dem
spitzen Giebel nach der Straße. Auf den. ziemlich weit vorspringenden Schindel¬
dach erheben sich zwei Frontisvicc mit breiten aber niedrigen Fenstern; ebenso
breit aber etwas höher sind die dreifach geteilten, aus kleinen in Ü'lei gefaßten
Scheiben bestehenden Fenster der beiden Stockwerke. Das ganze Gebäude ip
Nationaleigentum; es wird nicht mehr bewohnt. Das hohe eiserne Meter.
das um das ganze Grundstück laust, wird in. Som.ner um sechs Uhr abend"
geschlossen.

Wir treten unter den altertümlichen Vorbau aus Holz (voiMousch. der
ü> Shakespeares Stücke" ost vorkommt, und nnter den die Stratsorder bei


Teil des Turins enthält vier Nischen, von denen die eine als Brunnen ein¬
gerichtet ist. Über dein sprudelnden, wohlschmeckenden Wasser steht der ^er»
aus Timon von Athen (I, 2):


llonost vawi-, vlUon No'ör Iste man i' du' llliis.

In einer andern Nische steht der Name des Stifters dieses Denkmals,
des reichen Amerikaners George Childs aus Philadelphia, der es um Jnlnlanms-
jahre der Königin Viktoria erbauen ließ als ein Zeichen der enngen Dankbar¬
keit, zu der die Amerikaner dem großen Dichter verpflichtet seien. Das ist em
sehr bezeichnender Zug. Hat jemals ein Deutsch-Amerikaner daran gedacht,
seine Dankbarkeit den große., Männern seines Vaterlands u, ähnlicher ^else
auszusprechen? Freilich Shakespeare wird anch in der Wildnis des ameri¬
kanischen Urwalds gelesen; er ist auch dort ein unerschöpflicher Gedantenspeicher
der Menschheit, eine nie versiegende Lebensauelle für alle Geister, ^b Mial»
einer unsrer Klassiker eine solche weltbeherrschende Macht gewinnen wird--

Der Stifter hat auch eine Stelle von Washington Irving auf das Dent-
nwl gesetzt: UumsairÄ nonours ^na b1s88in^ on tue barä ^no In.8 M^en
tue arti re»ltiög ok 1leb muovere illusions. In der vierten Nische steht une
eine Verherrlichung der Königin Viktoria die Stelle ans Heinrich VIII. (5. 4):


In ihren Tagen ist im Frieden jeder
Unter dein eignen Weinstock, was er pflanzte.
Des Friedens heitre Klänge tönen rings,
Gott wird erkannt in Wahrheit; ihre Treuen.
Durch sie geführt zum wahren Pfad der Ehre,
Erkämpfen hier sich Größe, nicht durch Blut.

Mir freilich erschienen die letzten Verse wie el., Hohn ans die blutige
Eroberungspolitik der Engländer, die sie in andern Weltteilen ausführen.
während sie in Europa die einschläfernde Friedensschalmei blasen

Von diesem Denkmal, ^uvilos Nonne-Um, erreicht man bald die größte
Sehenswürdigkeit Stratfords, Shakespeares Geburtshaus. Es liegt in der
Henleystraße,' nicht zwischen andre Bauwerke eingeklemmt, sondern frei, rechte
und links von Gärten umschlossen. Das zweistöckige Haus ist aus Fachwerr
mit breitem, aber doch schon stark gebognen. Gebälk; an den Hauptteil. der
dle Front nach der Straße hat, ist noch ein zweites Hans angebaut mit dem
spitzen Giebel nach der Straße. Auf den. ziemlich weit vorspringenden Schindel¬
dach erheben sich zwei Frontisvicc mit breiten aber niedrigen Fenstern; ebenso
breit aber etwas höher sind die dreifach geteilten, aus kleinen in Ü'lei gefaßten
Scheiben bestehenden Fenster der beiden Stockwerke. Das ganze Gebäude ip
Nationaleigentum; es wird nicht mehr bewohnt. Das hohe eiserne Meter.
das um das ganze Grundstück laust, wird in. Som.ner um sechs Uhr abend»
geschlossen.

Wir treten unter den altertümlichen Vorbau aus Holz (voiMousch. der
ü> Shakespeares Stücke» ost vorkommt, und nnter den die Stratsorder bei


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[0039] Teil des Turins enthält vier Nischen, von denen die eine als Brunnen ein¬ gerichtet ist. Über dein sprudelnden, wohlschmeckenden Wasser steht der ^er» aus Timon von Athen (I, 2): llonost vawi-, vlUon No'ör Iste man i' du' llliis. In einer andern Nische steht der Name des Stifters dieses Denkmals, des reichen Amerikaners George Childs aus Philadelphia, der es um Jnlnlanms- jahre der Königin Viktoria erbauen ließ als ein Zeichen der enngen Dankbar¬ keit, zu der die Amerikaner dem großen Dichter verpflichtet seien. Das ist em sehr bezeichnender Zug. Hat jemals ein Deutsch-Amerikaner daran gedacht, seine Dankbarkeit den große., Männern seines Vaterlands u, ähnlicher ^else auszusprechen? Freilich Shakespeare wird anch in der Wildnis des ameri¬ kanischen Urwalds gelesen; er ist auch dort ein unerschöpflicher Gedantenspeicher der Menschheit, eine nie versiegende Lebensauelle für alle Geister, ^b Mial» einer unsrer Klassiker eine solche weltbeherrschende Macht gewinnen wird-- Der Stifter hat auch eine Stelle von Washington Irving auf das Dent- nwl gesetzt: UumsairÄ nonours ^na b1s88in^ on tue barä ^no In.8 M^en tue arti re»ltiög ok 1leb muovere illusions. In der vierten Nische steht une eine Verherrlichung der Königin Viktoria die Stelle ans Heinrich VIII. (5. 4): In ihren Tagen ist im Frieden jeder Unter dein eignen Weinstock, was er pflanzte. Des Friedens heitre Klänge tönen rings, Gott wird erkannt in Wahrheit; ihre Treuen. Durch sie geführt zum wahren Pfad der Ehre, Erkämpfen hier sich Größe, nicht durch Blut. Mir freilich erschienen die letzten Verse wie el., Hohn ans die blutige Eroberungspolitik der Engländer, die sie in andern Weltteilen ausführen. während sie in Europa die einschläfernde Friedensschalmei blasen Von diesem Denkmal, ^uvilos Nonne-Um, erreicht man bald die größte Sehenswürdigkeit Stratfords, Shakespeares Geburtshaus. Es liegt in der Henleystraße,' nicht zwischen andre Bauwerke eingeklemmt, sondern frei, rechte und links von Gärten umschlossen. Das zweistöckige Haus ist aus Fachwerr mit breitem, aber doch schon stark gebognen. Gebälk; an den Hauptteil. der dle Front nach der Straße hat, ist noch ein zweites Hans angebaut mit dem spitzen Giebel nach der Straße. Auf den. ziemlich weit vorspringenden Schindel¬ dach erheben sich zwei Frontisvicc mit breiten aber niedrigen Fenstern; ebenso breit aber etwas höher sind die dreifach geteilten, aus kleinen in Ü'lei gefaßten Scheiben bestehenden Fenster der beiden Stockwerke. Das ganze Gebäude ip Nationaleigentum; es wird nicht mehr bewohnt. Das hohe eiserne Meter. das um das ganze Grundstück laust, wird in. Som.ner um sechs Uhr abend» geschlossen. Wir treten unter den altertümlichen Vorbau aus Holz (voiMousch. der ü> Shakespeares Stücke» ost vorkommt, und nnter den die Stratsorder bei

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_232551/39>, abgerufen am 30.06.2024.