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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr.

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Die deutsche Weltpolitik

Politischen Plänen der heutigen französischen Regierung die Rücksicht ans die
bevorstehende Ausstellung von sehr starkem Einfluß ist. Die durch den Trans¬
vaalkrieg im Publikum verursachte Unruhe, besonders in England, weckt schon
die Sorge der Pariser; die Gefahr eines französischen Kriegs gegen England
würde die Ausstellung gefährden, der wirkliche Ausdruck) des Kriegs sie zum
Scheitern dringen. An dieser Ausstellung ist Paris so stark interessiert, daß
es durchaus Frieden haben will bis zur Beendigung der Altsstellung, Wenn
in England vielleicht private Interessen mitgewirkt haben zum Ausdruck) des
Trausvaalkriegs, so wiegen ebenso private Interessen sehr stark an der Dämpfung
und Verhinderung politischer Stimmungen und Unternehmungen in Frankreich,
die einen kriegerischen Ausgang nehmen könnten. Vielleicht ist Ägypten nicht
die Ausstellung wert; vielleicht verläßt man sich auf die Buren lind hofft nach
der Ausstellung noch seine Rechnung machen zu können, Thatsache bleibt,
daß ein Pariser Karneval denn das ist doch im Grunde für die große
Menge jede dieser großen Weltausstellungen daß, sage ich, dieser Pariser
Karneval die äußere Politik Frankreichs lahm macht. Wenn keine andern
Gründe hinzukamen, so genügte diese Erfahrung, die leitenden Staaten Europas
von allen Weltausstellungen abzuschrecken. Aber vorläufig soll im April der
ilrvße Fasching in Paris beginnen, und Paris ist eben Frankreich, Den Vor¬
teil davon hat England,

Nicht Neid oder Mißgunst treibt uns Deutsche auf die Seite der Buren,
sondern einesteils die schamlose Verachtung der politischen Moral, mit der
dieser Krieg begann, und mit der dieses Parlament ihn rechtfertigt, und andern-
teils das alle Staaten des europäischen Kontinents bedrohende Streben Eng¬
lands nach der Suprematie, das jetzt vom Throne herab offen anerkannt
worden ist. Dieses Streben setzt die Freundschaft auf eine zu harte Probe.
Wir können uur hoffen, daß dem kleinen Bauernvolk nicht ein Schicksal bevor¬
steht, möge, wie es für Griechenland am Tage der Thermopylen anbrach.


E. von der Brugger


Die deutsche Weltpolitik
von Hans Wagner

as neue Jahrhundert beginnt in Europa äußerlich friedlich, aber
dock) nicht ruhig. Eine gewaltige Umwälzung in dem Lebe" der
Völker, ein weltumspannendes Streben bahnt sich an, aber beides
vollzieht sich ohne die blutigen Explosionen, die die Wende des
^achtzehnten zum neunzehnten Jahrhundert begleiteter!. Damals
^grünen die Volker Europas sich von der Eiskruste zu befreien, durch die
Privilegierte"? Stände die Arbeit des Bürgers in Erstarrung hielten. Der


Die deutsche Weltpolitik

Politischen Plänen der heutigen französischen Regierung die Rücksicht ans die
bevorstehende Ausstellung von sehr starkem Einfluß ist. Die durch den Trans¬
vaalkrieg im Publikum verursachte Unruhe, besonders in England, weckt schon
die Sorge der Pariser; die Gefahr eines französischen Kriegs gegen England
würde die Ausstellung gefährden, der wirkliche Ausdruck) des Kriegs sie zum
Scheitern dringen. An dieser Ausstellung ist Paris so stark interessiert, daß
es durchaus Frieden haben will bis zur Beendigung der Altsstellung, Wenn
in England vielleicht private Interessen mitgewirkt haben zum Ausdruck) des
Trausvaalkriegs, so wiegen ebenso private Interessen sehr stark an der Dämpfung
und Verhinderung politischer Stimmungen und Unternehmungen in Frankreich,
die einen kriegerischen Ausgang nehmen könnten. Vielleicht ist Ägypten nicht
die Ausstellung wert; vielleicht verläßt man sich auf die Buren lind hofft nach
der Ausstellung noch seine Rechnung machen zu können, Thatsache bleibt,
daß ein Pariser Karneval denn das ist doch im Grunde für die große
Menge jede dieser großen Weltausstellungen daß, sage ich, dieser Pariser
Karneval die äußere Politik Frankreichs lahm macht. Wenn keine andern
Gründe hinzukamen, so genügte diese Erfahrung, die leitenden Staaten Europas
von allen Weltausstellungen abzuschrecken. Aber vorläufig soll im April der
ilrvße Fasching in Paris beginnen, und Paris ist eben Frankreich, Den Vor¬
teil davon hat England,

Nicht Neid oder Mißgunst treibt uns Deutsche auf die Seite der Buren,
sondern einesteils die schamlose Verachtung der politischen Moral, mit der
dieser Krieg begann, und mit der dieses Parlament ihn rechtfertigt, und andern-
teils das alle Staaten des europäischen Kontinents bedrohende Streben Eng¬
lands nach der Suprematie, das jetzt vom Throne herab offen anerkannt
worden ist. Dieses Streben setzt die Freundschaft auf eine zu harte Probe.
Wir können uur hoffen, daß dem kleinen Bauernvolk nicht ein Schicksal bevor¬
steht, möge, wie es für Griechenland am Tage der Thermopylen anbrach.


E. von der Brugger


Die deutsche Weltpolitik
von Hans Wagner

as neue Jahrhundert beginnt in Europa äußerlich friedlich, aber
dock) nicht ruhig. Eine gewaltige Umwälzung in dem Lebe» der
Völker, ein weltumspannendes Streben bahnt sich an, aber beides
vollzieht sich ohne die blutigen Explosionen, die die Wende des
^achtzehnten zum neunzehnten Jahrhundert begleiteter!. Damals
^grünen die Volker Europas sich von der Eiskruste zu befreien, durch die
Privilegierte«? Stände die Arbeit des Bürgers in Erstarrung hielten. Der


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[0327] Die deutsche Weltpolitik Politischen Plänen der heutigen französischen Regierung die Rücksicht ans die bevorstehende Ausstellung von sehr starkem Einfluß ist. Die durch den Trans¬ vaalkrieg im Publikum verursachte Unruhe, besonders in England, weckt schon die Sorge der Pariser; die Gefahr eines französischen Kriegs gegen England würde die Ausstellung gefährden, der wirkliche Ausdruck) des Kriegs sie zum Scheitern dringen. An dieser Ausstellung ist Paris so stark interessiert, daß es durchaus Frieden haben will bis zur Beendigung der Altsstellung, Wenn in England vielleicht private Interessen mitgewirkt haben zum Ausdruck) des Trausvaalkriegs, so wiegen ebenso private Interessen sehr stark an der Dämpfung und Verhinderung politischer Stimmungen und Unternehmungen in Frankreich, die einen kriegerischen Ausgang nehmen könnten. Vielleicht ist Ägypten nicht die Ausstellung wert; vielleicht verläßt man sich auf die Buren lind hofft nach der Ausstellung noch seine Rechnung machen zu können, Thatsache bleibt, daß ein Pariser Karneval denn das ist doch im Grunde für die große Menge jede dieser großen Weltausstellungen daß, sage ich, dieser Pariser Karneval die äußere Politik Frankreichs lahm macht. Wenn keine andern Gründe hinzukamen, so genügte diese Erfahrung, die leitenden Staaten Europas von allen Weltausstellungen abzuschrecken. Aber vorläufig soll im April der ilrvße Fasching in Paris beginnen, und Paris ist eben Frankreich, Den Vor¬ teil davon hat England, Nicht Neid oder Mißgunst treibt uns Deutsche auf die Seite der Buren, sondern einesteils die schamlose Verachtung der politischen Moral, mit der dieser Krieg begann, und mit der dieses Parlament ihn rechtfertigt, und andern- teils das alle Staaten des europäischen Kontinents bedrohende Streben Eng¬ lands nach der Suprematie, das jetzt vom Throne herab offen anerkannt worden ist. Dieses Streben setzt die Freundschaft auf eine zu harte Probe. Wir können uur hoffen, daß dem kleinen Bauernvolk nicht ein Schicksal bevor¬ steht, möge, wie es für Griechenland am Tage der Thermopylen anbrach. E. von der Brugger Die deutsche Weltpolitik von Hans Wagner as neue Jahrhundert beginnt in Europa äußerlich friedlich, aber dock) nicht ruhig. Eine gewaltige Umwälzung in dem Lebe» der Völker, ein weltumspannendes Streben bahnt sich an, aber beides vollzieht sich ohne die blutigen Explosionen, die die Wende des ^achtzehnten zum neunzehnten Jahrhundert begleiteter!. Damals ^grünen die Volker Europas sich von der Eiskruste zu befreien, durch die Privilegierte«? Stände die Arbeit des Bürgers in Erstarrung hielten. Der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_232551/327>, abgerufen am 04.07.2024.