Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr.historische Nationalitätsforschung besiedlung herbeigeführte neue Sprachgrenze identisch ist mit der gegenwärtigen, In den andern oben genannten Landschaften ist auf dem Gebiete der histo¬ Wie es in Lothringen geschehen ist, so hat sich auch hier schon jetzt er¬ Eine eingehendere Darstellung des gegenwärtigen Standes der historischen Erforschung der deutsch-romanischen Sprachgrenze werde ich in einem der nächsten Hefte der "Deutschen Geschichtsblätter" veröffentlichen. ") Ugt. Globus 65 (1894), "30 und 69 (1896), 329--382. Siehe oben.
historische Nationalitätsforschung besiedlung herbeigeführte neue Sprachgrenze identisch ist mit der gegenwärtigen, In den andern oben genannten Landschaften ist auf dem Gebiete der histo¬ Wie es in Lothringen geschehen ist, so hat sich auch hier schon jetzt er¬ Eine eingehendere Darstellung des gegenwärtigen Standes der historischen Erforschung der deutsch-romanischen Sprachgrenze werde ich in einem der nächsten Hefte der „Deutschen Geschichtsblätter" veröffentlichen. ") Ugt. Globus 65 (1894), »30 und 69 (1896), 329—382. Siehe oben.
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0276" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/232828"/> <fw type="header" place="top"> historische Nationalitätsforschung</fw><lb/> <p xml:id="ID_836" prev="#ID_835"> besiedlung herbeigeführte neue Sprachgrenze identisch ist mit der gegenwärtigen,<lb/> oder ob erst spätere Wandlungen zur Erreichung des heutigen Standes ge¬<lb/> führt haben.</p><lb/> <p xml:id="ID_837"> In den andern oben genannten Landschaften ist auf dem Gebiete der histo¬<lb/> rischen Nationalitätsforschung noch sehr viel zu thun. Soweit sie dem Innern<lb/> des deutschen Sprachgebiets angehören, wird es sich vor allem darum handeln,<lb/> die Dauer der letzten romanischen Bevvlkerungsreste urkundlich festzustellen.<lb/> Das trifft besonders für die Rheinprovinz zu, wo z. B. in der Gegend von<lb/> Trier die geradezu massenhaften vorgermnnischen Ortsnamen auf eine verhältnis¬<lb/> mäßig lange Dauer des Kelto-Romaucntums schließen lassen. Im übrigen ist<lb/> die Bearbeitung der mittelalterlichen Sprachgrenze in ihrem ganzen Verlaufe<lb/> von der lothringisch-luxemburgischen Grenze bis Boulogne und von der elsässisch-<lb/> schweizerischen Grenze bis zum Monte Rosa auf eine breitere urkundliche und<lb/> archivalische Grundlage zu stelle!,.')</p><lb/> <p xml:id="ID_838" next="#ID_839"> Wie es in Lothringen geschehen ist, so hat sich auch hier schon jetzt er¬<lb/> geben, daß sich die ehemalige Allsdehnung des deutschen Sprachgebiets nicht<lb/> so weit über unsre jetzige Sprachgrenze hinaus erstreckte, wie man früher ge¬<lb/> wöhnlich anzunehmen geneigt war. Wie sich der allgemein geltenden An¬<lb/> schauung zuwider auf Grund urkundlicher und archivalischer Untersuchungen<lb/> herausgestellt hat, daß in dem mittelalterlichen Metz immer die französische<lb/> Sprache die herrschende war, so hat sich im weitern Verlaufe dieser Forschungen<lb/> dasselbe für Lüttich, Lille und Boulogne-sur-Mer ergeben. Jedenfalls aber<lb/> dürften etwa an dieser Stelle einsetzende Forschungen nicht mit dem französischen<lb/> Norddepartement abschließen; unter allen Umständen müßte auch das Departe¬<lb/> ment Pas de Calais mit herangezogen werden. Denn die deutschen Siedlungen<lb/> haben sich bis tief in die Landschaft Artois hinein erstreckt, wie die zahl¬<lb/> reichen weit nach Südwesten vorgeschobnen deutschen Ortsnamen beweisen. Auf<lb/> sie und die Menge urkundlich überlieferter Flurnamen gestützt, haben Winkler^)<lb/> und Kurth 2) den unanfechtbaren Nachweis geführt, daß in dein jetzt französisch<lb/> redenden Dreieck Dünkirchen—Se. Omer—Boulogne durch das ganze Mittel¬<lb/> alter bis tief in die Neuzeit die deutsche Sprache im Volke geherrscht hat.<lb/> Aber auch südlich vou der Linie Se. Omer—Boulogne giebt es nicht wenig<lb/> Namen deutscher Herkunft um Aire an der Lys, den ganzen Oberlauf dieses<lb/> Flusses entlang, ferner Fauquembergue Falkenberg) im Südwesten von<lb/> Se. Omer mit zahlreichen dentschen Namen in der Umgebung, die sich in süd¬<lb/> westlicher Richtung uach der Küste ziehn und sie in Berg-sur-Mer südlich von<lb/> Etaple (zwischen Boulogne und Abbeville) erreichen. Die Aufgabe der Forschung<lb/> würde hier sein, festzustellen, bis wann in diesen Orten die deutsche Sprache</p><lb/> <note xml:id="FID_45" place="foot"> Eine eingehendere Darstellung des gegenwärtigen Standes der historischen Erforschung<lb/> der deutsch-romanischen Sprachgrenze werde ich in einem der nächsten Hefte der „Deutschen<lb/> Geschichtsblätter" veröffentlichen.</note><lb/> <note xml:id="FID_46" place="foot"> ") Ugt. Globus 65 (1894), »30 und 69 (1896), 329—382.</note><lb/> <note xml:id="FID_47" place="foot"> Siehe oben.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0276]
historische Nationalitätsforschung
besiedlung herbeigeführte neue Sprachgrenze identisch ist mit der gegenwärtigen,
oder ob erst spätere Wandlungen zur Erreichung des heutigen Standes ge¬
führt haben.
In den andern oben genannten Landschaften ist auf dem Gebiete der histo¬
rischen Nationalitätsforschung noch sehr viel zu thun. Soweit sie dem Innern
des deutschen Sprachgebiets angehören, wird es sich vor allem darum handeln,
die Dauer der letzten romanischen Bevvlkerungsreste urkundlich festzustellen.
Das trifft besonders für die Rheinprovinz zu, wo z. B. in der Gegend von
Trier die geradezu massenhaften vorgermnnischen Ortsnamen auf eine verhältnis¬
mäßig lange Dauer des Kelto-Romaucntums schließen lassen. Im übrigen ist
die Bearbeitung der mittelalterlichen Sprachgrenze in ihrem ganzen Verlaufe
von der lothringisch-luxemburgischen Grenze bis Boulogne und von der elsässisch-
schweizerischen Grenze bis zum Monte Rosa auf eine breitere urkundliche und
archivalische Grundlage zu stelle!,.')
Wie es in Lothringen geschehen ist, so hat sich auch hier schon jetzt er¬
geben, daß sich die ehemalige Allsdehnung des deutschen Sprachgebiets nicht
so weit über unsre jetzige Sprachgrenze hinaus erstreckte, wie man früher ge¬
wöhnlich anzunehmen geneigt war. Wie sich der allgemein geltenden An¬
schauung zuwider auf Grund urkundlicher und archivalischer Untersuchungen
herausgestellt hat, daß in dem mittelalterlichen Metz immer die französische
Sprache die herrschende war, so hat sich im weitern Verlaufe dieser Forschungen
dasselbe für Lüttich, Lille und Boulogne-sur-Mer ergeben. Jedenfalls aber
dürften etwa an dieser Stelle einsetzende Forschungen nicht mit dem französischen
Norddepartement abschließen; unter allen Umständen müßte auch das Departe¬
ment Pas de Calais mit herangezogen werden. Denn die deutschen Siedlungen
haben sich bis tief in die Landschaft Artois hinein erstreckt, wie die zahl¬
reichen weit nach Südwesten vorgeschobnen deutschen Ortsnamen beweisen. Auf
sie und die Menge urkundlich überlieferter Flurnamen gestützt, haben Winkler^)
und Kurth 2) den unanfechtbaren Nachweis geführt, daß in dein jetzt französisch
redenden Dreieck Dünkirchen—Se. Omer—Boulogne durch das ganze Mittel¬
alter bis tief in die Neuzeit die deutsche Sprache im Volke geherrscht hat.
Aber auch südlich vou der Linie Se. Omer—Boulogne giebt es nicht wenig
Namen deutscher Herkunft um Aire an der Lys, den ganzen Oberlauf dieses
Flusses entlang, ferner Fauquembergue Falkenberg) im Südwesten von
Se. Omer mit zahlreichen dentschen Namen in der Umgebung, die sich in süd¬
westlicher Richtung uach der Küste ziehn und sie in Berg-sur-Mer südlich von
Etaple (zwischen Boulogne und Abbeville) erreichen. Die Aufgabe der Forschung
würde hier sein, festzustellen, bis wann in diesen Orten die deutsche Sprache
Eine eingehendere Darstellung des gegenwärtigen Standes der historischen Erforschung
der deutsch-romanischen Sprachgrenze werde ich in einem der nächsten Hefte der „Deutschen
Geschichtsblätter" veröffentlichen.
") Ugt. Globus 65 (1894), »30 und 69 (1896), 329—382.
Siehe oben.
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