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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr.

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An der Schwelle des Grients

Golubaz nild Dobra, die quarzigen Glimmerschieferfelsen von Kozla init Dojle,
später die von Tachtalia und Jzlas mit ihrem brannroten Quarzporphyr
den Schiffer iveithin durch das Rauschen des gestanden Flusses warnten. Erst
kurz vor dem Grebenriff erhebt einmal eine lange Felsbank in der Richtung
des Stromlaufs ihren Kamm über den Wasserspiegel. Nachdem diese Bank
passiert ist, steigt vor dem Buge des Schiffs die eigentümlich kühn geschwungne
Linie des Grebenfelsens rechts aus dem Wasser auf, wahrend sich links auf
ungarischer Seite in sanft gewellten Linien die Hange zum Wasser herunter-
senkcn und sich in der Mitte des Bildes zwei Pyramiden blaugrüner Berge
von dem Sretinjegebirge in klassischer Form und doch abwechslungsreicher
Großartigkeit erheben. Für ein scharfes Ange wird zugleich nicht weit vom
Grebenriff bei dein serbischen Dorfe Boljetin die in den Felsen gehauene In¬
schrift sichtbar, nach der dieser Teil der Römerstraße schon unter Tiberius durch
die vierte skythische und fünfte makedonische Legion gebaut wurde. Je mehr
sich nun jedoch das Schiff dem Grebenriffe nähert, um so hörbarer wird das
Tosen der Wellen; denn von dem in den Fluß vorspringenden Felsrücken zieht
sich 500 Meter weit in den Strom hinein eine Felsbank, die bei der großen
Regulierung zum Teil verstärkt wurde, um in dem unmittell'ar hinter dein
Felsvorsprung sich meerartig verbreiternden Strome die genügende Fahrtiefe
zu erhalten in der Rinne, die eine lange Kette tanzender Schwimmbojen den
Booten anzeigt.

Kaum Ware" wir am Grebenfelsen vorüber und näherten uns in weitem
Bogen, die Untiefen vermeidend, dem serbischen Orte Milanowaz, als ein
orkanartiger Sturm über uns herfiel. Bis dahin fließt die Donau, aus ihrer
östlichen Richtung bei Dobra abgebogen, nach Südosten; bei Milanowaz aber
biegt sie nun wieder um und fließt nach Nordosten, und so wäre" nur, bisher
nur saust gefächelt, plötzlich in eine starke von Nordosten nach Südwesten
laufende Luftströmung eingetreten, die mit verdoppelter Gewalt durch die
Donaueinsenkung zwischen den Bergen heraufstttrzte; erst im untern Kazanpasfe
setzte der Sturmwind wieder aus, gegen den ich bis dahin nur mit Mühe
weinen auf dem Vorderdeck aufgepflanzten photographischen Apparat verteidigte.

Milanowaz, von sauft sich erhebenden rebenbekränzten Hügeln überhöht,
ist ein freundliches nach des Fürsten Milosch erstem Sohne getnnftes Städtchen,
dessen Heller hoher Kirchturm von weither sichtbar ist für den von thalabwärts
kommenden, während thalaufwärts der Grebenfels die liebliche Gegend verdeckt.
Es ist der Landeplatz für das reichste metallurgische Gebiet Serbiens, die alt¬
slawischen Landschaften Branitschewo, Kutschaja und Zcrnarjekn. Hier hat der
sächsische Bergmann Freiherr von Herder in den dreißiger Jahren den unter
türkischer Indolenz völlig in Vergessenheit gemelten Bergbau wenigstens
vorübergehend zu neuem Leben erweckt. Denn daß die frühern Inhaber dieser
Gebiet/den reichen Erzgehalt des Pekgebiets zu verwerte" bestrebt waren,
dafür spreche" sichere Merkmale, wie er ja mich den Römern bekannt war
und vo" ihnen gewiß nicht ungenützt geblieben ist, Milanowaz selber war zur


An der Schwelle des Grients

Golubaz nild Dobra, die quarzigen Glimmerschieferfelsen von Kozla init Dojle,
später die von Tachtalia und Jzlas mit ihrem brannroten Quarzporphyr
den Schiffer iveithin durch das Rauschen des gestanden Flusses warnten. Erst
kurz vor dem Grebenriff erhebt einmal eine lange Felsbank in der Richtung
des Stromlaufs ihren Kamm über den Wasserspiegel. Nachdem diese Bank
passiert ist, steigt vor dem Buge des Schiffs die eigentümlich kühn geschwungne
Linie des Grebenfelsens rechts aus dem Wasser auf, wahrend sich links auf
ungarischer Seite in sanft gewellten Linien die Hange zum Wasser herunter-
senkcn und sich in der Mitte des Bildes zwei Pyramiden blaugrüner Berge
von dem Sretinjegebirge in klassischer Form und doch abwechslungsreicher
Großartigkeit erheben. Für ein scharfes Ange wird zugleich nicht weit vom
Grebenriff bei dein serbischen Dorfe Boljetin die in den Felsen gehauene In¬
schrift sichtbar, nach der dieser Teil der Römerstraße schon unter Tiberius durch
die vierte skythische und fünfte makedonische Legion gebaut wurde. Je mehr
sich nun jedoch das Schiff dem Grebenriffe nähert, um so hörbarer wird das
Tosen der Wellen; denn von dem in den Fluß vorspringenden Felsrücken zieht
sich 500 Meter weit in den Strom hinein eine Felsbank, die bei der großen
Regulierung zum Teil verstärkt wurde, um in dem unmittell'ar hinter dein
Felsvorsprung sich meerartig verbreiternden Strome die genügende Fahrtiefe
zu erhalten in der Rinne, die eine lange Kette tanzender Schwimmbojen den
Booten anzeigt.

Kaum Ware» wir am Grebenfelsen vorüber und näherten uns in weitem
Bogen, die Untiefen vermeidend, dem serbischen Orte Milanowaz, als ein
orkanartiger Sturm über uns herfiel. Bis dahin fließt die Donau, aus ihrer
östlichen Richtung bei Dobra abgebogen, nach Südosten; bei Milanowaz aber
biegt sie nun wieder um und fließt nach Nordosten, und so wäre» nur, bisher
nur saust gefächelt, plötzlich in eine starke von Nordosten nach Südwesten
laufende Luftströmung eingetreten, die mit verdoppelter Gewalt durch die
Donaueinsenkung zwischen den Bergen heraufstttrzte; erst im untern Kazanpasfe
setzte der Sturmwind wieder aus, gegen den ich bis dahin nur mit Mühe
weinen auf dem Vorderdeck aufgepflanzten photographischen Apparat verteidigte.

Milanowaz, von sauft sich erhebenden rebenbekränzten Hügeln überhöht,
ist ein freundliches nach des Fürsten Milosch erstem Sohne getnnftes Städtchen,
dessen Heller hoher Kirchturm von weither sichtbar ist für den von thalabwärts
kommenden, während thalaufwärts der Grebenfels die liebliche Gegend verdeckt.
Es ist der Landeplatz für das reichste metallurgische Gebiet Serbiens, die alt¬
slawischen Landschaften Branitschewo, Kutschaja und Zcrnarjekn. Hier hat der
sächsische Bergmann Freiherr von Herder in den dreißiger Jahren den unter
türkischer Indolenz völlig in Vergessenheit gemelten Bergbau wenigstens
vorübergehend zu neuem Leben erweckt. Denn daß die frühern Inhaber dieser
Gebiet/den reichen Erzgehalt des Pekgebiets zu verwerte» bestrebt waren,
dafür spreche» sichere Merkmale, wie er ja mich den Römern bekannt war
und vo» ihnen gewiß nicht ungenützt geblieben ist, Milanowaz selber war zur


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[0243] An der Schwelle des Grients Golubaz nild Dobra, die quarzigen Glimmerschieferfelsen von Kozla init Dojle, später die von Tachtalia und Jzlas mit ihrem brannroten Quarzporphyr den Schiffer iveithin durch das Rauschen des gestanden Flusses warnten. Erst kurz vor dem Grebenriff erhebt einmal eine lange Felsbank in der Richtung des Stromlaufs ihren Kamm über den Wasserspiegel. Nachdem diese Bank passiert ist, steigt vor dem Buge des Schiffs die eigentümlich kühn geschwungne Linie des Grebenfelsens rechts aus dem Wasser auf, wahrend sich links auf ungarischer Seite in sanft gewellten Linien die Hange zum Wasser herunter- senkcn und sich in der Mitte des Bildes zwei Pyramiden blaugrüner Berge von dem Sretinjegebirge in klassischer Form und doch abwechslungsreicher Großartigkeit erheben. Für ein scharfes Ange wird zugleich nicht weit vom Grebenriff bei dein serbischen Dorfe Boljetin die in den Felsen gehauene In¬ schrift sichtbar, nach der dieser Teil der Römerstraße schon unter Tiberius durch die vierte skythische und fünfte makedonische Legion gebaut wurde. Je mehr sich nun jedoch das Schiff dem Grebenriffe nähert, um so hörbarer wird das Tosen der Wellen; denn von dem in den Fluß vorspringenden Felsrücken zieht sich 500 Meter weit in den Strom hinein eine Felsbank, die bei der großen Regulierung zum Teil verstärkt wurde, um in dem unmittell'ar hinter dein Felsvorsprung sich meerartig verbreiternden Strome die genügende Fahrtiefe zu erhalten in der Rinne, die eine lange Kette tanzender Schwimmbojen den Booten anzeigt. Kaum Ware» wir am Grebenfelsen vorüber und näherten uns in weitem Bogen, die Untiefen vermeidend, dem serbischen Orte Milanowaz, als ein orkanartiger Sturm über uns herfiel. Bis dahin fließt die Donau, aus ihrer östlichen Richtung bei Dobra abgebogen, nach Südosten; bei Milanowaz aber biegt sie nun wieder um und fließt nach Nordosten, und so wäre» nur, bisher nur saust gefächelt, plötzlich in eine starke von Nordosten nach Südwesten laufende Luftströmung eingetreten, die mit verdoppelter Gewalt durch die Donaueinsenkung zwischen den Bergen heraufstttrzte; erst im untern Kazanpasfe setzte der Sturmwind wieder aus, gegen den ich bis dahin nur mit Mühe weinen auf dem Vorderdeck aufgepflanzten photographischen Apparat verteidigte. Milanowaz, von sauft sich erhebenden rebenbekränzten Hügeln überhöht, ist ein freundliches nach des Fürsten Milosch erstem Sohne getnnftes Städtchen, dessen Heller hoher Kirchturm von weither sichtbar ist für den von thalabwärts kommenden, während thalaufwärts der Grebenfels die liebliche Gegend verdeckt. Es ist der Landeplatz für das reichste metallurgische Gebiet Serbiens, die alt¬ slawischen Landschaften Branitschewo, Kutschaja und Zcrnarjekn. Hier hat der sächsische Bergmann Freiherr von Herder in den dreißiger Jahren den unter türkischer Indolenz völlig in Vergessenheit gemelten Bergbau wenigstens vorübergehend zu neuem Leben erweckt. Denn daß die frühern Inhaber dieser Gebiet/den reichen Erzgehalt des Pekgebiets zu verwerte» bestrebt waren, dafür spreche» sichere Merkmale, wie er ja mich den Römern bekannt war und vo» ihnen gewiß nicht ungenützt geblieben ist, Milanowaz selber war zur

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_232551/243>, abgerufen am 02.07.2024.