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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr.

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An der Schivoile des (Orients

für die Lösung dieser Aufgabe ist nur das deutsche Volk geeignet, unterstützt
vom Staat, von ihm geschützt gegen polnische Ausschreitungen und Angriffe;
und auch hier muß das Meiste die deutsche wirtschaftliche Eroberung thun.


<L. on>n der Brüzgen


An der Schwelle des Orients
von L. Ad. Fetz er

lMer heute um die Landspitze fährt, auf der die vielnmstrittne
Festung von Belgrad liegt, und aus der save kommend die
Donau abwärts reist, wird uicht mehr ganz die Eindrücke haben,
die der Serbenfreund F. Knnitz anfangs der sechziger Jahre mit
den Worten schildert: "Von der Donan wird die Ansicht der
Feste wahrhaft pittoresk. Zahlreiche Bastionen gipfeln sich übereinander,
Stiegen und Galerie" sind zur Verbindung überall angebracht, Wachthäuser
von orientalischer Form kleben an den Mauern, Flaggenbäume und Signal-
stangen ragen neben den Mündungen riesiger Pnixhans von englischem Ur¬
sprung in die Luft. Das abschüssige Glacis zeigt die zwischen Gestrüpp hervor¬
ragenden beturbanten Leichensteine des türkischen Friedhofs. Mehr links im
Vordergrunde schmilzt die einstige Türkenstadt mit ihren zahlreichen Gurten in
einen reizenden Park zusammen. Im Hintergründe des herrlichen Prospekts
erhebt sich der beste Teil der Christenstadt, der mit der Festung gleich hoch-
liegende Platz und der Palast Mischa mit seinen metallgedeckten Zinnen, von
dessen patriotischem Erbauer dem Vaterland zur Vslilcg, Lolckcol-i (Hochschule)
gewidmet." Um zunächst eine beiläufige Bemerkung über Mischas Patriotismus
und seine schöne Schenkung zu machen, so denken jedenfalls die heutige"
Serben über diesen anders; sie erzählen, Mischa habe den Palast für sich er¬
bauen wollen und ihn nur auf einen sehr deutlichen Wink des Fürsten hin
abgetreten, der kein schöneres Privathaus als sein damaliges Knesenhaus in
der Stadt habe sehen wollen. Oder sollten vielleicht eben nur die heutigen
Serben nicht mehr daran glauben, daß man auch etwas aus Vaterlandsliebe
thun könne? Wie das auch sei, heute schaut das schöne, an Hamburger Bauten
erinnernde Hochschulgcbäude nicht mehr über einen weiten freien Platz nach der
Donau herunter, sondern dieser ist nun mit hübschen grünen jungen Anlagen
bedeckt, in denen eines der vielen Standbilder von nur den Serben bekannten
Jdealgrößen steht, und von denen sich eine Anzahl gerader Straßen den Ab¬
hang herunter nach der Donau zieht. Von der alten Türkenstadt mit ihrem
vielen Grün am Nordostabhang der Festung ist freilich so wenig mehr zu sehen,
wie von den ehemaligen türkischen Grabstätten. Diese sind längst eingeebnet,


An der Schivoile des (Orients

für die Lösung dieser Aufgabe ist nur das deutsche Volk geeignet, unterstützt
vom Staat, von ihm geschützt gegen polnische Ausschreitungen und Angriffe;
und auch hier muß das Meiste die deutsche wirtschaftliche Eroberung thun.


<L. on>n der Brüzgen


An der Schwelle des Orients
von L. Ad. Fetz er

lMer heute um die Landspitze fährt, auf der die vielnmstrittne
Festung von Belgrad liegt, und aus der save kommend die
Donau abwärts reist, wird uicht mehr ganz die Eindrücke haben,
die der Serbenfreund F. Knnitz anfangs der sechziger Jahre mit
den Worten schildert: „Von der Donan wird die Ansicht der
Feste wahrhaft pittoresk. Zahlreiche Bastionen gipfeln sich übereinander,
Stiegen und Galerie» sind zur Verbindung überall angebracht, Wachthäuser
von orientalischer Form kleben an den Mauern, Flaggenbäume und Signal-
stangen ragen neben den Mündungen riesiger Pnixhans von englischem Ur¬
sprung in die Luft. Das abschüssige Glacis zeigt die zwischen Gestrüpp hervor¬
ragenden beturbanten Leichensteine des türkischen Friedhofs. Mehr links im
Vordergrunde schmilzt die einstige Türkenstadt mit ihren zahlreichen Gurten in
einen reizenden Park zusammen. Im Hintergründe des herrlichen Prospekts
erhebt sich der beste Teil der Christenstadt, der mit der Festung gleich hoch-
liegende Platz und der Palast Mischa mit seinen metallgedeckten Zinnen, von
dessen patriotischem Erbauer dem Vaterland zur Vslilcg, Lolckcol-i (Hochschule)
gewidmet." Um zunächst eine beiläufige Bemerkung über Mischas Patriotismus
und seine schöne Schenkung zu machen, so denken jedenfalls die heutige»
Serben über diesen anders; sie erzählen, Mischa habe den Palast für sich er¬
bauen wollen und ihn nur auf einen sehr deutlichen Wink des Fürsten hin
abgetreten, der kein schöneres Privathaus als sein damaliges Knesenhaus in
der Stadt habe sehen wollen. Oder sollten vielleicht eben nur die heutigen
Serben nicht mehr daran glauben, daß man auch etwas aus Vaterlandsliebe
thun könne? Wie das auch sei, heute schaut das schöne, an Hamburger Bauten
erinnernde Hochschulgcbäude nicht mehr über einen weiten freien Platz nach der
Donau herunter, sondern dieser ist nun mit hübschen grünen jungen Anlagen
bedeckt, in denen eines der vielen Standbilder von nur den Serben bekannten
Jdealgrößen steht, und von denen sich eine Anzahl gerader Straßen den Ab¬
hang herunter nach der Donau zieht. Von der alten Türkenstadt mit ihrem
vielen Grün am Nordostabhang der Festung ist freilich so wenig mehr zu sehen,
wie von den ehemaligen türkischen Grabstätten. Diese sind längst eingeebnet,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_232551/190>, abgerufen am 02.07.2024.