Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr.Die Aufteilung Afrikas werden sich die politischen Grenzen ganz von selbst verwischen, Transvaals Der föderalistischen Gruppe in Südafrika unter Rhodes Leitung erschien Mit dem niederdeutschen Element haben wir Fühlung in Südafrika und Die Aufteilung Afrikas werden sich die politischen Grenzen ganz von selbst verwischen, Transvaals Der föderalistischen Gruppe in Südafrika unter Rhodes Leitung erschien Mit dem niederdeutschen Element haben wir Fühlung in Südafrika und <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0075" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/231245"/> <fw type="header" place="top"> Die Aufteilung Afrikas</fw><lb/> <p xml:id="ID_204" prev="#ID_203"> werden sich die politischen Grenzen ganz von selbst verwischen, Transvaals<lb/> Selbständigkeit würde lediglich ein Schein sein. Wer die Macht über den<lb/> Geldbeutel andrer verliert, verliert die Macht über sie selbst. Seine Ver¬<lb/> fügungsfreiheit in wirtschaftlichen Dingen aufzugeben, darf Transvaal aus dem<lb/> Trieb der Selbsterhaltung heraus nicht wagen. Die Buren sind nicht kauf¬<lb/> männisch begabt genug, wirtschaftlich in Südafrika zu herrschen, sie würden<lb/> dem wirtschaftlich überlegnen Englcindertum zuerst wirtschaftlich, dann politisch<lb/> preisgegeben sein. In Republiken wird die politische Macht im wesentlichen<lb/> durch das Großkapital gestellt, dem in starken Monarchien — im Interesse der<lb/> andern Stände — die Krone ein Gegengewicht bietet.</p><lb/> <p xml:id="ID_205"> Der föderalistischen Gruppe in Südafrika unter Rhodes Leitung erschien<lb/> der Widerstand Transvaals zu andauernd und zu wohlüberlegt: sie ersetzte im<lb/> Dezember 1895 die Diplomatie durch den Gewaltstreich, den Jamesouritt. Er<lb/> scheiterte, die herrschende Klasse in Transvaal, die Buren, retteten sich die<lb/> Selbstbestimmung über die Wirtschaftspolitik ihres Landes und damit ihre<lb/> politische Unabhängigkeit. Ob bei einem Erfolge des Jamesonschen Gewalt¬<lb/> streichs die englische Flagge über Transvaal gebreitet wäre, ist zu bezweifeln;<lb/> es wäre politisch unklug gewesen, denn es Hütte ja auch schon genügt, daß<lb/> mit der politischen Emanzipierung des Uitländertums die Buren in die<lb/> Minderheit der Stimmen gedrängt wären. Deutschland hat Transvaal damals<lb/> moralisch unterstützt: ein Telegramm des deutscheu Kaisers gab der Freude<lb/> über das Mißlingen des Jamesonschen Gewaltstreichs Ausdruck. Deutschland<lb/> hatte einen sehr materiellen Grund zu dieser Freude. Es hat Interesse an<lb/> einem geeinigten Südafrika nur dann, wenn es als Mitglied des Zollbundes<lb/> in dessen Gebiet seine wirtschaftlichen Fähigkeiten spielen lassen könnte. Aber<lb/> das war ausgeschlossen: der geplante wirtschaftliche Bund hätte Deutsch-Süd¬<lb/> westafrika ausgeschlossen und damit wirtschaftlich an die Wand gedrückt, weil<lb/> sein Markt in dem Bereich des geplanten Zollbundes liegt. So mußte<lb/> Deutschland jeden unterstützen, der den Nhodesschen Zollvercinsgedanken hinter¬<lb/> treibt. Hinsichtlich Transvaals kam noch der Wunsch hinzu, durch die Heran¬<lb/> ziehung des verwandten Stammes die eigne deutsche Volkskraft zu mehren und<lb/> zu verstärken gegen das zahlenmächtige Engländertum.</p><lb/> <p xml:id="ID_206" next="#ID_207"> Mit dem niederdeutschen Element haben wir Fühlung in Südafrika und<lb/> in Australasien. Die deutsche Kolonial- und Weltpolitik ist jung und bedarf<lb/> noch des Anschlusses: er bietet sich in dem dem Deutschen Reiche entfremdeten<lb/> Stamme der Holländer. Ihn von neuem an das Stammland zu fesseln, ist<lb/> bei dem trotzigen Sinn des Niederdeutschen eine schwierige, aber dankbare Auf¬<lb/> gabe. In Australasien dominieren die Holländer, ihre deutscheu Kolonien sind<lb/> dort mit denen in Neu-Guinea und Melanesien ein Wirtschaftsgebiet, die ge¬<lb/> meinsamen Interessen werden dort hoffentlich auch zu einem gemeinsamen<lb/> Handeln führen gegenüber dem auch dort sich regenden England. In Süd-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0075]
Die Aufteilung Afrikas
werden sich die politischen Grenzen ganz von selbst verwischen, Transvaals
Selbständigkeit würde lediglich ein Schein sein. Wer die Macht über den
Geldbeutel andrer verliert, verliert die Macht über sie selbst. Seine Ver¬
fügungsfreiheit in wirtschaftlichen Dingen aufzugeben, darf Transvaal aus dem
Trieb der Selbsterhaltung heraus nicht wagen. Die Buren sind nicht kauf¬
männisch begabt genug, wirtschaftlich in Südafrika zu herrschen, sie würden
dem wirtschaftlich überlegnen Englcindertum zuerst wirtschaftlich, dann politisch
preisgegeben sein. In Republiken wird die politische Macht im wesentlichen
durch das Großkapital gestellt, dem in starken Monarchien — im Interesse der
andern Stände — die Krone ein Gegengewicht bietet.
Der föderalistischen Gruppe in Südafrika unter Rhodes Leitung erschien
der Widerstand Transvaals zu andauernd und zu wohlüberlegt: sie ersetzte im
Dezember 1895 die Diplomatie durch den Gewaltstreich, den Jamesouritt. Er
scheiterte, die herrschende Klasse in Transvaal, die Buren, retteten sich die
Selbstbestimmung über die Wirtschaftspolitik ihres Landes und damit ihre
politische Unabhängigkeit. Ob bei einem Erfolge des Jamesonschen Gewalt¬
streichs die englische Flagge über Transvaal gebreitet wäre, ist zu bezweifeln;
es wäre politisch unklug gewesen, denn es Hütte ja auch schon genügt, daß
mit der politischen Emanzipierung des Uitländertums die Buren in die
Minderheit der Stimmen gedrängt wären. Deutschland hat Transvaal damals
moralisch unterstützt: ein Telegramm des deutscheu Kaisers gab der Freude
über das Mißlingen des Jamesonschen Gewaltstreichs Ausdruck. Deutschland
hatte einen sehr materiellen Grund zu dieser Freude. Es hat Interesse an
einem geeinigten Südafrika nur dann, wenn es als Mitglied des Zollbundes
in dessen Gebiet seine wirtschaftlichen Fähigkeiten spielen lassen könnte. Aber
das war ausgeschlossen: der geplante wirtschaftliche Bund hätte Deutsch-Süd¬
westafrika ausgeschlossen und damit wirtschaftlich an die Wand gedrückt, weil
sein Markt in dem Bereich des geplanten Zollbundes liegt. So mußte
Deutschland jeden unterstützen, der den Nhodesschen Zollvercinsgedanken hinter¬
treibt. Hinsichtlich Transvaals kam noch der Wunsch hinzu, durch die Heran¬
ziehung des verwandten Stammes die eigne deutsche Volkskraft zu mehren und
zu verstärken gegen das zahlenmächtige Engländertum.
Mit dem niederdeutschen Element haben wir Fühlung in Südafrika und
in Australasien. Die deutsche Kolonial- und Weltpolitik ist jung und bedarf
noch des Anschlusses: er bietet sich in dem dem Deutschen Reiche entfremdeten
Stamme der Holländer. Ihn von neuem an das Stammland zu fesseln, ist
bei dem trotzigen Sinn des Niederdeutschen eine schwierige, aber dankbare Auf¬
gabe. In Australasien dominieren die Holländer, ihre deutscheu Kolonien sind
dort mit denen in Neu-Guinea und Melanesien ein Wirtschaftsgebiet, die ge¬
meinsamen Interessen werden dort hoffentlich auch zu einem gemeinsamen
Handeln führen gegenüber dem auch dort sich regenden England. In Süd-
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