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Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr.

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Die Aufteilung Afrikas

land der Osten und der Westen oft hart aneinander geraten. Bei uns finden
diese wirtschaftlichen Gegensätze ihre Aussöhnung in einem Einheitsparlamcnt.
Das ist in Vritisch-Südafrika nicht der Fall.

An Bestrebungen zur wirtschaftlichen Einigung des britischen Südafrika
hat es nicht gefehlt. Aber die Schaffung eines einheitlichen Zolltarifs ist
nicht gelungen. Wie die imperialistische Idee auf den großen Kolonialkongressen
1887 in London und 1893 in Ottawa an der Zollfrage abprallte, so ist auch
die Idee eines allgemeinen südafrikanischen Zollvereins aus demselben Grnnde
unausgeführt geblieben. Die Kapkolonie hat sich durch Schutzzölle gegen das
Mutterland abgesperrt. Zur Annahme ihres Zolltarifs suchte die Kapkolonie
schon 1860 die Schwesterkolonie Natal zu bewegen, aber umsonst. Im Jahre
1876 versuchte der Geschichtsprofessor Fronde vergeblich, den Unionsbestrebungen
Erfolge zu verschaffen. Das Konföderationsprojekt des Jahres 1386 scheiterte
an dem Widerstande Transvaals. Wenige Jahre später aber gelang es Rhodes,
den Oranjefreistaat zu einem Zollbündnis zu bewegen. Natal dagegen und
Transvaal hielten sich fern. Es zerfällt somit Südafrika in folgende fünf
durch Sonderzolltarife getrennte Wirtschaftsgebiete: Deutsch-Südwestafrika,
Portugiesisch-Mozambique, Transvaal, Natal, Kapland-Oranjefreistaat.

Nun ist aber ganz Südafrika ein einheitliches natürliches Wirtschafts¬
gebiet: es hat nur eine einzige Industrie, die Montanindustrie (Diamanten,
Gold, Kupfer) und Landwirtschaft, deren fast alleiniger Markt die Industrie
ist. Beide sind vollkommen auf einander angewiesen. Wie Transvaals Ackerbau
erst rentabel wurde, als in ihm die Minenindustrie aus dem Boden wuchs,
so wird auch der Landmann in Deutsch-Südwestafrika erst dann vorwärts kommen,
wenn ihm eine entstehende Industrie den erforderlichen Absatz seiner Produkte
gewährt. Jetzt ist der Viehzüchter in unsrer Kolonie noch vollkommen auf den
Markt der Diamantenfelder im Osten angewiesen, ihn wird ein hoher Viehzoll
ruinieren. Und die Mineugesellschaften können nicht mit der nötigen Inten¬
sität arbeiten, wenn hohe Zölle auf Maschinen und Lebensmittel, übermäßige
Frachttarife der Eisenbahnen (Kohlen) den Betrieb überteuern. Ein ge¬
eintes Südafrika, wie es Cecil Rhodes erstrebt, ist sicher für die wirtschaftliche
Entwicklung des gesamten Gebiets von ungeheurer Bedeutung. Ein all¬
gemeiner südafrikanischer Zollbund würde zugleich vom Binnenlande die Bar¬
rieren, die es jetzt von der Küste trennen, fortziehen.

Transvaal widerstrebt dem Zollbunde aus politischen Gründen, und es
muß ihm widerstreben. Der Verkehr nivelliert, er verwischt auch politische
Grenzen. Der norddeutsche Zollverein schuf den deutschen Einheitsstaat, und
in diesem erhielt ganz selbstverständlich das wirtschaftlich kräftigste Gebiet,
Norddeutschland, auch die politische Hegemonie, und diese wird zu immer voll-
kommnerer Gestalt auswachsen. Wenn Transvaal seine wirtschaftlichen Grenzen
gegen das übrige Südafrika und seine Monopole (Dynamik usw.) fallen läßt,


Die Aufteilung Afrikas

land der Osten und der Westen oft hart aneinander geraten. Bei uns finden
diese wirtschaftlichen Gegensätze ihre Aussöhnung in einem Einheitsparlamcnt.
Das ist in Vritisch-Südafrika nicht der Fall.

An Bestrebungen zur wirtschaftlichen Einigung des britischen Südafrika
hat es nicht gefehlt. Aber die Schaffung eines einheitlichen Zolltarifs ist
nicht gelungen. Wie die imperialistische Idee auf den großen Kolonialkongressen
1887 in London und 1893 in Ottawa an der Zollfrage abprallte, so ist auch
die Idee eines allgemeinen südafrikanischen Zollvereins aus demselben Grnnde
unausgeführt geblieben. Die Kapkolonie hat sich durch Schutzzölle gegen das
Mutterland abgesperrt. Zur Annahme ihres Zolltarifs suchte die Kapkolonie
schon 1860 die Schwesterkolonie Natal zu bewegen, aber umsonst. Im Jahre
1876 versuchte der Geschichtsprofessor Fronde vergeblich, den Unionsbestrebungen
Erfolge zu verschaffen. Das Konföderationsprojekt des Jahres 1386 scheiterte
an dem Widerstande Transvaals. Wenige Jahre später aber gelang es Rhodes,
den Oranjefreistaat zu einem Zollbündnis zu bewegen. Natal dagegen und
Transvaal hielten sich fern. Es zerfällt somit Südafrika in folgende fünf
durch Sonderzolltarife getrennte Wirtschaftsgebiete: Deutsch-Südwestafrika,
Portugiesisch-Mozambique, Transvaal, Natal, Kapland-Oranjefreistaat.

Nun ist aber ganz Südafrika ein einheitliches natürliches Wirtschafts¬
gebiet: es hat nur eine einzige Industrie, die Montanindustrie (Diamanten,
Gold, Kupfer) und Landwirtschaft, deren fast alleiniger Markt die Industrie
ist. Beide sind vollkommen auf einander angewiesen. Wie Transvaals Ackerbau
erst rentabel wurde, als in ihm die Minenindustrie aus dem Boden wuchs,
so wird auch der Landmann in Deutsch-Südwestafrika erst dann vorwärts kommen,
wenn ihm eine entstehende Industrie den erforderlichen Absatz seiner Produkte
gewährt. Jetzt ist der Viehzüchter in unsrer Kolonie noch vollkommen auf den
Markt der Diamantenfelder im Osten angewiesen, ihn wird ein hoher Viehzoll
ruinieren. Und die Mineugesellschaften können nicht mit der nötigen Inten¬
sität arbeiten, wenn hohe Zölle auf Maschinen und Lebensmittel, übermäßige
Frachttarife der Eisenbahnen (Kohlen) den Betrieb überteuern. Ein ge¬
eintes Südafrika, wie es Cecil Rhodes erstrebt, ist sicher für die wirtschaftliche
Entwicklung des gesamten Gebiets von ungeheurer Bedeutung. Ein all¬
gemeiner südafrikanischer Zollbund würde zugleich vom Binnenlande die Bar¬
rieren, die es jetzt von der Küste trennen, fortziehen.

Transvaal widerstrebt dem Zollbunde aus politischen Gründen, und es
muß ihm widerstreben. Der Verkehr nivelliert, er verwischt auch politische
Grenzen. Der norddeutsche Zollverein schuf den deutschen Einheitsstaat, und
in diesem erhielt ganz selbstverständlich das wirtschaftlich kräftigste Gebiet,
Norddeutschland, auch die politische Hegemonie, und diese wird zu immer voll-
kommnerer Gestalt auswachsen. Wenn Transvaal seine wirtschaftlichen Grenzen
gegen das übrige Südafrika und seine Monopole (Dynamik usw.) fallen läßt,


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[0074] Die Aufteilung Afrikas land der Osten und der Westen oft hart aneinander geraten. Bei uns finden diese wirtschaftlichen Gegensätze ihre Aussöhnung in einem Einheitsparlamcnt. Das ist in Vritisch-Südafrika nicht der Fall. An Bestrebungen zur wirtschaftlichen Einigung des britischen Südafrika hat es nicht gefehlt. Aber die Schaffung eines einheitlichen Zolltarifs ist nicht gelungen. Wie die imperialistische Idee auf den großen Kolonialkongressen 1887 in London und 1893 in Ottawa an der Zollfrage abprallte, so ist auch die Idee eines allgemeinen südafrikanischen Zollvereins aus demselben Grnnde unausgeführt geblieben. Die Kapkolonie hat sich durch Schutzzölle gegen das Mutterland abgesperrt. Zur Annahme ihres Zolltarifs suchte die Kapkolonie schon 1860 die Schwesterkolonie Natal zu bewegen, aber umsonst. Im Jahre 1876 versuchte der Geschichtsprofessor Fronde vergeblich, den Unionsbestrebungen Erfolge zu verschaffen. Das Konföderationsprojekt des Jahres 1386 scheiterte an dem Widerstande Transvaals. Wenige Jahre später aber gelang es Rhodes, den Oranjefreistaat zu einem Zollbündnis zu bewegen. Natal dagegen und Transvaal hielten sich fern. Es zerfällt somit Südafrika in folgende fünf durch Sonderzolltarife getrennte Wirtschaftsgebiete: Deutsch-Südwestafrika, Portugiesisch-Mozambique, Transvaal, Natal, Kapland-Oranjefreistaat. Nun ist aber ganz Südafrika ein einheitliches natürliches Wirtschafts¬ gebiet: es hat nur eine einzige Industrie, die Montanindustrie (Diamanten, Gold, Kupfer) und Landwirtschaft, deren fast alleiniger Markt die Industrie ist. Beide sind vollkommen auf einander angewiesen. Wie Transvaals Ackerbau erst rentabel wurde, als in ihm die Minenindustrie aus dem Boden wuchs, so wird auch der Landmann in Deutsch-Südwestafrika erst dann vorwärts kommen, wenn ihm eine entstehende Industrie den erforderlichen Absatz seiner Produkte gewährt. Jetzt ist der Viehzüchter in unsrer Kolonie noch vollkommen auf den Markt der Diamantenfelder im Osten angewiesen, ihn wird ein hoher Viehzoll ruinieren. Und die Mineugesellschaften können nicht mit der nötigen Inten¬ sität arbeiten, wenn hohe Zölle auf Maschinen und Lebensmittel, übermäßige Frachttarife der Eisenbahnen (Kohlen) den Betrieb überteuern. Ein ge¬ eintes Südafrika, wie es Cecil Rhodes erstrebt, ist sicher für die wirtschaftliche Entwicklung des gesamten Gebiets von ungeheurer Bedeutung. Ein all¬ gemeiner südafrikanischer Zollbund würde zugleich vom Binnenlande die Bar¬ rieren, die es jetzt von der Küste trennen, fortziehen. Transvaal widerstrebt dem Zollbunde aus politischen Gründen, und es muß ihm widerstreben. Der Verkehr nivelliert, er verwischt auch politische Grenzen. Der norddeutsche Zollverein schuf den deutschen Einheitsstaat, und in diesem erhielt ganz selbstverständlich das wirtschaftlich kräftigste Gebiet, Norddeutschland, auch die politische Hegemonie, und diese wird zu immer voll- kommnerer Gestalt auswachsen. Wenn Transvaal seine wirtschaftlichen Grenzen gegen das übrige Südafrika und seine Monopole (Dynamik usw.) fallen läßt,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_231169/74>, abgerufen am 15.01.2025.