Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr.Transvaal der Weltwirtschaft neidlos als berechtigt anerkennen und viel auf das Urteil der Mag der immer noch nicht bekannt gewordne Inhalt der Abmachungen Es ist in den Niederlanden selbst seit einiger Zeit eine starke Erregung Transvaal der Weltwirtschaft neidlos als berechtigt anerkennen und viel auf das Urteil der Mag der immer noch nicht bekannt gewordne Inhalt der Abmachungen Es ist in den Niederlanden selbst seit einiger Zeit eine starke Erregung <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0492" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/231662"/> <fw type="header" place="top"> Transvaal</fw><lb/> <p xml:id="ID_1632" prev="#ID_1631"> der Weltwirtschaft neidlos als berechtigt anerkennen und viel auf das Urteil der<lb/> Deutschen geben. Es ist gewiß nicht klug, diese verständigen Engländer in den<lb/> Glauben zu versetzen, wir Deutschen billigten und versuchten dieselben Grund¬<lb/> sätze im internationalen Verkehr zu bethätigen, die sie in England mit so offner<lb/> Schärfe verurteilen. Wir erschweren dadurch der Vernunft den Sieg, wir<lb/> unterstützen den schlimmsten Feind unsers und des Weltsriedens und der ganzen<lb/> Menschengesittung.</p><lb/> <p xml:id="ID_1633"> Mag der immer noch nicht bekannt gewordne Inhalt der Abmachungen<lb/> zwischen dem Deutschen Reich und Großbritannien über die beiderseitigen Inter¬<lb/> essen in Afrika die Transvaalfrage berühren oder nicht, wir wollen danach<lb/> gar nicht fragen. Aber sehr wünschenswert sür die Zukunft scheint es uns<lb/> auf alle Fälle, daß sich das Deutsche Reich nicht etwa durch Überschätzung<lb/> irgend eines Stücks neuen Kolonialbesitzes, den England ihm irgendwo in<lb/> Aussicht stellt, verleiten läßt, zur Vernichtung des selbständigen Germanen¬<lb/> tums in Südafrika das geringste beizutragen, auch wenn es nur durch den<lb/> Verzicht auf mehr oder weniger moralische Einflüsse geschähe. Ein noch so<lb/> großer Fetzen wilden Landes mit so und so viel Millionen wilder Bewohner,<lb/> wie ihn die Engländer uns gnädigst zu überlassen heute geneigt sein würden,<lb/> kann niemals als Äquivalent für die völlige Unterjochung des niederländischen<lb/> Elements in Südafrika betrachtet werden. Jeden Fortschritt dieses Elements<lb/> im Kampf für die Unabhängigkeit von Großbritannien haben wir, solange der<lb/> anglosächsische Imperialismus sein Wesen treibt, als einen reellen Gewinn für<lb/> unsre eigne Zukunft zu betrachten, jeder Sieg Englands über die Niederländer<lb/> in Südafrika ist ein verhängnisvoller Schlag für unsre Aussichten auf die<lb/> überseeische Expansion, die wir von Jahr zu Jahr dringender brauchen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1634" next="#ID_1635"> Es ist in den Niederlanden selbst seit einiger Zeit eine starke Erregung<lb/> der öffentlichen Meinung über das Vorgehn Englands gegen die Boeren be¬<lb/> merkbar, die ersichtlich nicht allein aus der Sympathie für die Stammes¬<lb/> genossen oder aus idealem Gerechtigkeitsgefühl entspringt. Die Holländer<lb/> halten die Vernichtung der südafrikanischen Republik durch England für eine<lb/> Gefahr für ihre eigne Zukunft. Es wäre zunächst sehr zu wünschen, daß sie<lb/> dadurch veranlaßt würden, entsprechend dem hohen Wert ihrer Seeinteresfen<lb/> und ihren finanziellen Mitteln die Unterlassungssünden schleunigst gut zu<lb/> machen, die sie durch die Vernachlässigung ihrer Seemacht und Landmacht be¬<lb/> gangen haben. Wenn neuerdings in den Niederlanden Stimmen laut ge¬<lb/> worden sind, die einen engern Anschluß an Deutschland empfehlen, so werden<lb/> wir freilich gut thun, die Entwicklung dieser Strömung vorläufig mit Vorsicht<lb/> abzuwartrn, denn in der Geschichte der letzten Menschenalter ist gar nichts<lb/> verzeichnet, was uns besondres Vertrauen zur Freundschaft Hollands einflößen<lb/> könnte. Aber die Zukunft steht unter der Herrschaft andrer Konstellationen<lb/> als die Vergangenheit, und es wäre nur natürlich, wenn die Niederlande und</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0492]
Transvaal
der Weltwirtschaft neidlos als berechtigt anerkennen und viel auf das Urteil der
Deutschen geben. Es ist gewiß nicht klug, diese verständigen Engländer in den
Glauben zu versetzen, wir Deutschen billigten und versuchten dieselben Grund¬
sätze im internationalen Verkehr zu bethätigen, die sie in England mit so offner
Schärfe verurteilen. Wir erschweren dadurch der Vernunft den Sieg, wir
unterstützen den schlimmsten Feind unsers und des Weltsriedens und der ganzen
Menschengesittung.
Mag der immer noch nicht bekannt gewordne Inhalt der Abmachungen
zwischen dem Deutschen Reich und Großbritannien über die beiderseitigen Inter¬
essen in Afrika die Transvaalfrage berühren oder nicht, wir wollen danach
gar nicht fragen. Aber sehr wünschenswert sür die Zukunft scheint es uns
auf alle Fälle, daß sich das Deutsche Reich nicht etwa durch Überschätzung
irgend eines Stücks neuen Kolonialbesitzes, den England ihm irgendwo in
Aussicht stellt, verleiten läßt, zur Vernichtung des selbständigen Germanen¬
tums in Südafrika das geringste beizutragen, auch wenn es nur durch den
Verzicht auf mehr oder weniger moralische Einflüsse geschähe. Ein noch so
großer Fetzen wilden Landes mit so und so viel Millionen wilder Bewohner,
wie ihn die Engländer uns gnädigst zu überlassen heute geneigt sein würden,
kann niemals als Äquivalent für die völlige Unterjochung des niederländischen
Elements in Südafrika betrachtet werden. Jeden Fortschritt dieses Elements
im Kampf für die Unabhängigkeit von Großbritannien haben wir, solange der
anglosächsische Imperialismus sein Wesen treibt, als einen reellen Gewinn für
unsre eigne Zukunft zu betrachten, jeder Sieg Englands über die Niederländer
in Südafrika ist ein verhängnisvoller Schlag für unsre Aussichten auf die
überseeische Expansion, die wir von Jahr zu Jahr dringender brauchen.
Es ist in den Niederlanden selbst seit einiger Zeit eine starke Erregung
der öffentlichen Meinung über das Vorgehn Englands gegen die Boeren be¬
merkbar, die ersichtlich nicht allein aus der Sympathie für die Stammes¬
genossen oder aus idealem Gerechtigkeitsgefühl entspringt. Die Holländer
halten die Vernichtung der südafrikanischen Republik durch England für eine
Gefahr für ihre eigne Zukunft. Es wäre zunächst sehr zu wünschen, daß sie
dadurch veranlaßt würden, entsprechend dem hohen Wert ihrer Seeinteresfen
und ihren finanziellen Mitteln die Unterlassungssünden schleunigst gut zu
machen, die sie durch die Vernachlässigung ihrer Seemacht und Landmacht be¬
gangen haben. Wenn neuerdings in den Niederlanden Stimmen laut ge¬
worden sind, die einen engern Anschluß an Deutschland empfehlen, so werden
wir freilich gut thun, die Entwicklung dieser Strömung vorläufig mit Vorsicht
abzuwartrn, denn in der Geschichte der letzten Menschenalter ist gar nichts
verzeichnet, was uns besondres Vertrauen zur Freundschaft Hollands einflößen
könnte. Aber die Zukunft steht unter der Herrschaft andrer Konstellationen
als die Vergangenheit, und es wäre nur natürlich, wenn die Niederlande und
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