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Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr.

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Öffentliche Pachtgärten für Arbeiter und Unterbeamte

Im Jahre 1895 hat Preußen den Anfang gemacht, indem es durch das
Gesetz vom 13. August 1895 eine Anleihe von 5 Millionen Mark aufnehmen
ließ, um fiskalische Wohnhäuser für gering besoldete Beamte und Arbeiter im
Staatsbetriebe zu errichten. Aus diesen Mitteln sind allein im Bereiche der
Eisenbahnvcrwaltnng bis jetzt an 28 Orten 610 Wohnungen vollendet worden,
während noch 168 Wohnungen an acht andern Orten im Ban sind. Außer¬
dem sind seit 1896 im preußischen Staatshaushaltsplan für denselben Zweck
weitere bedeutende Mittel bereit gestellt worden, aus denen bis Ende 1897/98
für Arbeiter und Beamte der Eisenbahnverwaltung die Kosten etwa für 30250
staatseigne Wohnungen bestritten worden sind, während zugleich bis dahin noch
7000 Mietwohnungen erworben waren, sodaß mithin anfangs des Rechnungs¬
jahres 1898 schon im ganzen etwa 38000 Dienstwohnungen im Eisenbahn¬
betriebe vorhanden waren. Mit diesen Maßnahmen wird auch ferner fort¬
gefahren werden, soweit das Bedürfnis dazu vorliegt.

Nach dem Vorgänge Preußens entschloß sich bald darauf das Reich zu
ähnlichen Schritten, und zwar war es die Neichspostverwaltung, die der
Wohnungsnot der Unterbeamten auf dem platten Lande und auf allein ge¬
legnen Bahnhöfen entgegentrat, weil unter den mangelhaften Wohnnngsver-
hältnissen, wie sie namentlich im Osten des Reichs herrschten, nicht allein die
Unterbeamten mit ihren Familien, sondern auch die PostVerwaltung selbst em¬
pfindlich zu leiden hatte. Die ersten Mittel zur Abhilfe wurden der PostVer¬
waltung durch den Etat für 1897/98 zur Verfügung gestellt mit 230000 Mark
für anzukaufende und 6000 Mark -- als Halbjahrsbetrag -- für zu nickende Ge¬
bäude. Der Etat für 1898 gewährt 190000 Mark zum Ankauf und 14500 Mark
zur Mietung von Uuterbeamtenwohnhäuseru. Aus diesen Mitteln haben bis
jetzt an 111 verschiednen Orten 65 reichseigne und 46 gemietete Unterbeamten¬
wohnhäuser insgesamt mit 262 Familienwohnungen und 26 Wohnungen für
unverheiratete Unterbeamte zur Verfügung gestellt werden können.

Über die Bauart und Einrichtung dieser Häuser werden einige nähere
Angaben von allgemeinem Interesse sein. In der Regel werden Häuser für
zwei Familien gebaut. Als Raumbedarf wird für eine Familie gewöhnlich
-- abgesehen von dem Boden- und Kellerraum -- eine Flüche von etwa
40 Quadratmetern vorgesehen. Die Wohnhäuser werden im allgemeinen massiv,
die Nebengebäude in Fachwerk aufgeführt; das Nebengebäude enthält für jede
Familie einen kleinen Stall, um darin ein Schwein, eine Ziege usw. zu halten.
Auf die Gesundheitsverhältnisse wird beim Bau in weitgehendem Maße Rück¬
sicht genommen. So werden die Umfassungsmauern mit Lnftisolierschicht
gebaut; der Fußboden des Erdgeschosses wird 50 Centimeter über dem Erd¬
boden gelegt, das Mauerwerk zum Schutze gegen aufsteigende Erdfeuchtigkeit
etwa 30 Centimeter über der Terrainhöhe mit einer Isolierschicht aus Dach¬
pappe bedeckt. Ist nicht in allernächster Nähe gesundes Trinkwasser kostenlos


Öffentliche Pachtgärten für Arbeiter und Unterbeamte

Im Jahre 1895 hat Preußen den Anfang gemacht, indem es durch das
Gesetz vom 13. August 1895 eine Anleihe von 5 Millionen Mark aufnehmen
ließ, um fiskalische Wohnhäuser für gering besoldete Beamte und Arbeiter im
Staatsbetriebe zu errichten. Aus diesen Mitteln sind allein im Bereiche der
Eisenbahnvcrwaltnng bis jetzt an 28 Orten 610 Wohnungen vollendet worden,
während noch 168 Wohnungen an acht andern Orten im Ban sind. Außer¬
dem sind seit 1896 im preußischen Staatshaushaltsplan für denselben Zweck
weitere bedeutende Mittel bereit gestellt worden, aus denen bis Ende 1897/98
für Arbeiter und Beamte der Eisenbahnverwaltung die Kosten etwa für 30250
staatseigne Wohnungen bestritten worden sind, während zugleich bis dahin noch
7000 Mietwohnungen erworben waren, sodaß mithin anfangs des Rechnungs¬
jahres 1898 schon im ganzen etwa 38000 Dienstwohnungen im Eisenbahn¬
betriebe vorhanden waren. Mit diesen Maßnahmen wird auch ferner fort¬
gefahren werden, soweit das Bedürfnis dazu vorliegt.

Nach dem Vorgänge Preußens entschloß sich bald darauf das Reich zu
ähnlichen Schritten, und zwar war es die Neichspostverwaltung, die der
Wohnungsnot der Unterbeamten auf dem platten Lande und auf allein ge¬
legnen Bahnhöfen entgegentrat, weil unter den mangelhaften Wohnnngsver-
hältnissen, wie sie namentlich im Osten des Reichs herrschten, nicht allein die
Unterbeamten mit ihren Familien, sondern auch die PostVerwaltung selbst em¬
pfindlich zu leiden hatte. Die ersten Mittel zur Abhilfe wurden der PostVer¬
waltung durch den Etat für 1897/98 zur Verfügung gestellt mit 230000 Mark
für anzukaufende und 6000 Mark — als Halbjahrsbetrag — für zu nickende Ge¬
bäude. Der Etat für 1898 gewährt 190000 Mark zum Ankauf und 14500 Mark
zur Mietung von Uuterbeamtenwohnhäuseru. Aus diesen Mitteln haben bis
jetzt an 111 verschiednen Orten 65 reichseigne und 46 gemietete Unterbeamten¬
wohnhäuser insgesamt mit 262 Familienwohnungen und 26 Wohnungen für
unverheiratete Unterbeamte zur Verfügung gestellt werden können.

Über die Bauart und Einrichtung dieser Häuser werden einige nähere
Angaben von allgemeinem Interesse sein. In der Regel werden Häuser für
zwei Familien gebaut. Als Raumbedarf wird für eine Familie gewöhnlich
— abgesehen von dem Boden- und Kellerraum — eine Flüche von etwa
40 Quadratmetern vorgesehen. Die Wohnhäuser werden im allgemeinen massiv,
die Nebengebäude in Fachwerk aufgeführt; das Nebengebäude enthält für jede
Familie einen kleinen Stall, um darin ein Schwein, eine Ziege usw. zu halten.
Auf die Gesundheitsverhältnisse wird beim Bau in weitgehendem Maße Rück¬
sicht genommen. So werden die Umfassungsmauern mit Lnftisolierschicht
gebaut; der Fußboden des Erdgeschosses wird 50 Centimeter über dem Erd¬
boden gelegt, das Mauerwerk zum Schutze gegen aufsteigende Erdfeuchtigkeit
etwa 30 Centimeter über der Terrainhöhe mit einer Isolierschicht aus Dach¬
pappe bedeckt. Ist nicht in allernächster Nähe gesundes Trinkwasser kostenlos


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[0326] Öffentliche Pachtgärten für Arbeiter und Unterbeamte Im Jahre 1895 hat Preußen den Anfang gemacht, indem es durch das Gesetz vom 13. August 1895 eine Anleihe von 5 Millionen Mark aufnehmen ließ, um fiskalische Wohnhäuser für gering besoldete Beamte und Arbeiter im Staatsbetriebe zu errichten. Aus diesen Mitteln sind allein im Bereiche der Eisenbahnvcrwaltnng bis jetzt an 28 Orten 610 Wohnungen vollendet worden, während noch 168 Wohnungen an acht andern Orten im Ban sind. Außer¬ dem sind seit 1896 im preußischen Staatshaushaltsplan für denselben Zweck weitere bedeutende Mittel bereit gestellt worden, aus denen bis Ende 1897/98 für Arbeiter und Beamte der Eisenbahnverwaltung die Kosten etwa für 30250 staatseigne Wohnungen bestritten worden sind, während zugleich bis dahin noch 7000 Mietwohnungen erworben waren, sodaß mithin anfangs des Rechnungs¬ jahres 1898 schon im ganzen etwa 38000 Dienstwohnungen im Eisenbahn¬ betriebe vorhanden waren. Mit diesen Maßnahmen wird auch ferner fort¬ gefahren werden, soweit das Bedürfnis dazu vorliegt. Nach dem Vorgänge Preußens entschloß sich bald darauf das Reich zu ähnlichen Schritten, und zwar war es die Neichspostverwaltung, die der Wohnungsnot der Unterbeamten auf dem platten Lande und auf allein ge¬ legnen Bahnhöfen entgegentrat, weil unter den mangelhaften Wohnnngsver- hältnissen, wie sie namentlich im Osten des Reichs herrschten, nicht allein die Unterbeamten mit ihren Familien, sondern auch die PostVerwaltung selbst em¬ pfindlich zu leiden hatte. Die ersten Mittel zur Abhilfe wurden der PostVer¬ waltung durch den Etat für 1897/98 zur Verfügung gestellt mit 230000 Mark für anzukaufende und 6000 Mark — als Halbjahrsbetrag — für zu nickende Ge¬ bäude. Der Etat für 1898 gewährt 190000 Mark zum Ankauf und 14500 Mark zur Mietung von Uuterbeamtenwohnhäuseru. Aus diesen Mitteln haben bis jetzt an 111 verschiednen Orten 65 reichseigne und 46 gemietete Unterbeamten¬ wohnhäuser insgesamt mit 262 Familienwohnungen und 26 Wohnungen für unverheiratete Unterbeamte zur Verfügung gestellt werden können. Über die Bauart und Einrichtung dieser Häuser werden einige nähere Angaben von allgemeinem Interesse sein. In der Regel werden Häuser für zwei Familien gebaut. Als Raumbedarf wird für eine Familie gewöhnlich — abgesehen von dem Boden- und Kellerraum — eine Flüche von etwa 40 Quadratmetern vorgesehen. Die Wohnhäuser werden im allgemeinen massiv, die Nebengebäude in Fachwerk aufgeführt; das Nebengebäude enthält für jede Familie einen kleinen Stall, um darin ein Schwein, eine Ziege usw. zu halten. Auf die Gesundheitsverhältnisse wird beim Bau in weitgehendem Maße Rück¬ sicht genommen. So werden die Umfassungsmauern mit Lnftisolierschicht gebaut; der Fußboden des Erdgeschosses wird 50 Centimeter über dem Erd¬ boden gelegt, das Mauerwerk zum Schutze gegen aufsteigende Erdfeuchtigkeit etwa 30 Centimeter über der Terrainhöhe mit einer Isolierschicht aus Dach¬ pappe bedeckt. Ist nicht in allernächster Nähe gesundes Trinkwasser kostenlos

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_231169/326>, abgerufen am 15.01.2025.