Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Drittes Vierteljahr.Katharina von Bora verfaßten Testamente spricht das vollkommne Vertrauen zu seiner Gattin: ihr Dieses felsenfeste Vertrauen Luthers zu seiner Frau wurzelte nicht zum Fast noch rührender als solche Tapferkeit in einzelnen schlimmen Zeit¬ Schon 1527 vermeinte Luther zu sterben und nahm von Weib und Kind HnuSwth n, n, O, S, MI.
Katharina von Bora verfaßten Testamente spricht das vollkommne Vertrauen zu seiner Gattin: ihr Dieses felsenfeste Vertrauen Luthers zu seiner Frau wurzelte nicht zum Fast noch rührender als solche Tapferkeit in einzelnen schlimmen Zeit¬ Schon 1527 vermeinte Luther zu sterben und nahm von Weib und Kind HnuSwth n, n, O, S, MI.
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0182" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/231352"/> <fw type="header" place="top"> Katharina von Bora</fw><lb/> <p xml:id="ID_568" prev="#ID_567"> verfaßten Testamente spricht das vollkommne Vertrauen zu seiner Gattin: ihr<lb/> vermacht er das Gut Zulsdvrf, ein Haus in Wittenberg und alle Wertsachen;<lb/> dazu schreibt er: „Das thue ich darumb, erstlich, daß sie mich als ein frum,<lb/> treu ehelich Gemahl allezeit lieb, wert und schön gehalten .... zum andern,<lb/> daß sie die Schuld . . auf sich nehmen und bezahlen soll, welcher mag sein<lb/> ungefähr, mir bewußt, vierhundertundfünfzig Gulden . . zum dritten und aller¬<lb/> meist darumb, daß ich will, sie müsse nicht den Kindern, sondern die Kinder<lb/> ihr in die Hände sehen, sie in Ehren halten und unterworfen sein, wie Gott<lb/> geboten hat."</p><lb/> <p xml:id="ID_569"> Dieses felsenfeste Vertrauen Luthers zu seiner Frau wurzelte nicht zum<lb/> wenigsten in der Beobachtung, daß sie im Grunde ihres Herzens eine uneigen¬<lb/> nützige und opferwillige Natur war, die den gemeinsamen Besitz hauptsächlich<lb/> zu Rat hielt und vermehrte, um einen edeln Gebrauch davon zu machen.<lb/> Als Luthers Eltern alt und hilflos werden, läßt sie die Schwiegereltern<lb/> durch Luther mit Thränen der Kindesliebe in einem rührenden Briefe auf¬<lb/> fordern, in ihr Haus nach Wittenberg überzusiedeln. An der Seite ihres<lb/> Mannes hat sie tapfer und unerschrocken ausgehalten unter den widrigsten<lb/> Verhältnissen. Im Jahre 1527 wütete in Wittenberg die Pest; alles, was<lb/> nur irgendwie fort konnte, ergriff die Flucht, aber Luther blieb und mit ihm<lb/> Käthe. Auch Luthers Haus wurde nicht verschont: die Frau des Kaplnns<lb/> Nörer, dem Luther Unterkunft gewährte, starb in seinem Hause darau, auch<lb/> zwei ihrer Töchter wurden von der furchtbaren Krankheit ergriffen. Um<lb/> Katharinas Heldenmut, mit dem sie in dem verpesteten Hause ausharrte, ge¬<lb/> bührend zu würdigen, brauchen wir uns nur an den Schrecken zu erinnern,<lb/> der ängstliche Gemüter befiel, als diese furchtbare Seuche vorigen Sommer<lb/> einen Augenblick lang Miene machte, sich in Wien einzubürgern. Ihr Mut<lb/> wurde belohnt, denn keins der Ihrigen starb. Nicht minder stark zeigte sie<lb/> sich, als die Seuche 15Z5 und 1540 wiederkehrte. Als Dr. Sebald an der<lb/> Pest erkrankt und seine Frau daran gestorben war, erbarmte sie sich der vier<lb/> verwaisten Kinder und nahm sie in ihr Hans auf, obwohl sie selbst wieder<lb/> einen Familienzuwachs erwartete.</p><lb/> <p xml:id="ID_570"> Fast noch rührender als solche Tapferkeit in einzelnen schlimmen Zeit¬<lb/> läuften war die ununterbrochne hingebende Pflege und Sorge, die Käthe, ohne<lb/> je zu ermatten, ihrem Manne widmete. Luther war seit 1526 steinleidend,<lb/> dazu gesellten sich seit 1527 als Folge eines Unterleibsleidens furchtbare<lb/> Beängstigungen und tiefe Melancholie, begleitet von Krampf der Arterien und<lb/> Ohnmachten.</p><lb/> <p xml:id="ID_571"> Schon 1527 vermeinte Luther zu sterben und nahm von Weib und Kind<lb/> rührenden Abschied, aber Kalbes Zuspruch und dann und wann auch ein<lb/> schmackhaft bereitetes Leibgericht gewannen ihn dem Leben zurück. Küche und<lb/> Keller seiner Frau sind ihm bekömmlicher als Speise und Trank im Schlosse<lb/> von Torgau. Und wenn er jungen Frauen den Rat giebt, so zu wirtschaften,<lb/> daß dem von der Reise heimkehrenden Manne das Herz im Leibe hüpfe, so¬<lb/> bald er nur den Giebel des Hauses erblicke, so hat es vor allem seiue Käthe<lb/> verstanden, ihm sein Heim so wohlig auszugestalten, daß er in der Ferne immer<lb/> danach Sehnsucht trug.*) Als er 15Z7 in Schmalkalden schwer erkrankt war,<lb/> fuhr sie ihm mit den eigUen Pferden bis Altenburg entgegen und geleitete ihn<lb/> von da in sorglichster Pflege nach Hause.</p><lb/> <note xml:id="FID_40" place="foot"> HnuSwth n, n, O, S, MI.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0182]
Katharina von Bora
verfaßten Testamente spricht das vollkommne Vertrauen zu seiner Gattin: ihr
vermacht er das Gut Zulsdvrf, ein Haus in Wittenberg und alle Wertsachen;
dazu schreibt er: „Das thue ich darumb, erstlich, daß sie mich als ein frum,
treu ehelich Gemahl allezeit lieb, wert und schön gehalten .... zum andern,
daß sie die Schuld . . auf sich nehmen und bezahlen soll, welcher mag sein
ungefähr, mir bewußt, vierhundertundfünfzig Gulden . . zum dritten und aller¬
meist darumb, daß ich will, sie müsse nicht den Kindern, sondern die Kinder
ihr in die Hände sehen, sie in Ehren halten und unterworfen sein, wie Gott
geboten hat."
Dieses felsenfeste Vertrauen Luthers zu seiner Frau wurzelte nicht zum
wenigsten in der Beobachtung, daß sie im Grunde ihres Herzens eine uneigen¬
nützige und opferwillige Natur war, die den gemeinsamen Besitz hauptsächlich
zu Rat hielt und vermehrte, um einen edeln Gebrauch davon zu machen.
Als Luthers Eltern alt und hilflos werden, läßt sie die Schwiegereltern
durch Luther mit Thränen der Kindesliebe in einem rührenden Briefe auf¬
fordern, in ihr Haus nach Wittenberg überzusiedeln. An der Seite ihres
Mannes hat sie tapfer und unerschrocken ausgehalten unter den widrigsten
Verhältnissen. Im Jahre 1527 wütete in Wittenberg die Pest; alles, was
nur irgendwie fort konnte, ergriff die Flucht, aber Luther blieb und mit ihm
Käthe. Auch Luthers Haus wurde nicht verschont: die Frau des Kaplnns
Nörer, dem Luther Unterkunft gewährte, starb in seinem Hause darau, auch
zwei ihrer Töchter wurden von der furchtbaren Krankheit ergriffen. Um
Katharinas Heldenmut, mit dem sie in dem verpesteten Hause ausharrte, ge¬
bührend zu würdigen, brauchen wir uns nur an den Schrecken zu erinnern,
der ängstliche Gemüter befiel, als diese furchtbare Seuche vorigen Sommer
einen Augenblick lang Miene machte, sich in Wien einzubürgern. Ihr Mut
wurde belohnt, denn keins der Ihrigen starb. Nicht minder stark zeigte sie
sich, als die Seuche 15Z5 und 1540 wiederkehrte. Als Dr. Sebald an der
Pest erkrankt und seine Frau daran gestorben war, erbarmte sie sich der vier
verwaisten Kinder und nahm sie in ihr Hans auf, obwohl sie selbst wieder
einen Familienzuwachs erwartete.
Fast noch rührender als solche Tapferkeit in einzelnen schlimmen Zeit¬
läuften war die ununterbrochne hingebende Pflege und Sorge, die Käthe, ohne
je zu ermatten, ihrem Manne widmete. Luther war seit 1526 steinleidend,
dazu gesellten sich seit 1527 als Folge eines Unterleibsleidens furchtbare
Beängstigungen und tiefe Melancholie, begleitet von Krampf der Arterien und
Ohnmachten.
Schon 1527 vermeinte Luther zu sterben und nahm von Weib und Kind
rührenden Abschied, aber Kalbes Zuspruch und dann und wann auch ein
schmackhaft bereitetes Leibgericht gewannen ihn dem Leben zurück. Küche und
Keller seiner Frau sind ihm bekömmlicher als Speise und Trank im Schlosse
von Torgau. Und wenn er jungen Frauen den Rat giebt, so zu wirtschaften,
daß dem von der Reise heimkehrenden Manne das Herz im Leibe hüpfe, so¬
bald er nur den Giebel des Hauses erblicke, so hat es vor allem seiue Käthe
verstanden, ihm sein Heim so wohlig auszugestalten, daß er in der Ferne immer
danach Sehnsucht trug.*) Als er 15Z7 in Schmalkalden schwer erkrankt war,
fuhr sie ihm mit den eigUen Pferden bis Altenburg entgegen und geleitete ihn
von da in sorglichster Pflege nach Hause.
HnuSwth n, n, O, S, MI.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |