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Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Erstes Vierteljahr.

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Die Unbeliebtheit der Generalkommissionen

geführt werden müssen. Die Aufgaben der Generalkommissionen würden an
sich, namentlich bei dem geringern Boden im Osten, gar keine so sorgfältige
und zeitraubende Ausführung dieser Arbeiten erfordern. Zur Beschaffung
richtiger Kataster- und Grundbücher sind sie aber genötigt, peinlich genau zu
arbeiten. Den Dank für diese dem Staate geleistete Hilfe haben sie dann in
den Klagen der Beteiligten über die Verzögerung der Geschäfte! Ferner sind
Jahreszeit und Witterung von großem Einfluß auf die Dauer des Verfahrens.
Zahl und Umfang der Geschäfte wechseln sehr häufig, sodaß es nicht immer
möglich ist, sofort nach eingetretnem Bedürfnis die erforderliche Zahl von Kom¬
missären, Sachverständigen und Landmessern zur Stelle zu haben. Häufig
genug sind es gerade die Parteien selbst, die durch kleinliches Beharren auf
grundlosen Ansprüchen, Häufung von Beweismaterial, das sich nachher als un¬
tauglich herausstellt, und in andrer Weise eine rasche Erledigung der Geschäfte
verhindern. Wenn in der neuern Zeit auch in Rentengutssachen über die lange
Dauer des Verfahrens geklagt wird, so wird dabei übersehen, daß diese lange
Dauer in der Regel dadurch herbeigeführt wird, daß es den Verkäufern nicht
gelingt, tüchtige und vermögende Ansiedler zu gewinnen, Und sind sie ge¬
wonnen, so ist die Generalkommisston zur Aufklärung der persönlichen und
Vermögensverhältnisse der Bewerber wiederum auf andre Personen angewiesen,
die sich von der Eilbedürftigkeit der von ihnen verlangten Nachrichten nicht
leicht überzeugen lassen. Endlich ist die Gründung einer Kolonie eine so tief
in das wirtschaftliche, soziale und politische Leben einer Gegend eingreifende
Maßregel, daß Verzögerungen unvermeidlich werden. Das ist um so mehr
der Fall, als unsrer Büreaukratie im allgemeinen von der außerordentlichen
Bedeutung der innern Kolonisation wenig Verständnis nachzurühmen ist. Manche
Beamten stehen dieser Aufgabe geradezu feindlich gegenüber und suchen ihr offen
oder versteckt Abbruch zu thun. Manche verhalten sich gleichgiltig dagegen,
und nnr wenige suchen die Thätigkeit der Auseinandersetzungsbehörden zu
fördern. Alle Verzögerungen, die durch solche UnWillfährigkeit entstehen, werden
natürlich der leitenden Behörde, der Generalkvmmission, zur Last gelegt.

Vor den Kosten, die durch Auseinandersetzungssachen entstehen, herrscht
noch immer große Angst, und doch ist diese Furcht durchaus unbegründet.
Nachdem durch das Gesetz vom 24. Juni 1875 müßige Pauschsätze eingeführt
sind, sind die Kosten nirgends mehr ein Hindernis sür die Durchführung von
Auseinandersetzungen. Für Separatiouen und Zusammenlegungen sollen für
das Hektar umzulegender Flüche in der Regel 12 Mark erhoben werden, die
Generalkommissionen sind aber befugt, diesen Satz unter besondern Umständen
bis auf 27 Mark zu erhöhen oder bis auf 3 Mark zu ermäßigen. Man darf
als sicher annehmen, daß der Höchstbetrag wohl nur ganz selten erhoben wird,
und daß dem Gesetze gemäß Erhöhungen nnr bei außergewöhnlich hohem Wert
und Ertrag und bei außergewöhnlichem Umfange der Arbeit vorkommen werden;
bei den an sich weniger technische Arbeiten erfordernden Nentengutssachen wird


Die Unbeliebtheit der Generalkommissionen

geführt werden müssen. Die Aufgaben der Generalkommissionen würden an
sich, namentlich bei dem geringern Boden im Osten, gar keine so sorgfältige
und zeitraubende Ausführung dieser Arbeiten erfordern. Zur Beschaffung
richtiger Kataster- und Grundbücher sind sie aber genötigt, peinlich genau zu
arbeiten. Den Dank für diese dem Staate geleistete Hilfe haben sie dann in
den Klagen der Beteiligten über die Verzögerung der Geschäfte! Ferner sind
Jahreszeit und Witterung von großem Einfluß auf die Dauer des Verfahrens.
Zahl und Umfang der Geschäfte wechseln sehr häufig, sodaß es nicht immer
möglich ist, sofort nach eingetretnem Bedürfnis die erforderliche Zahl von Kom¬
missären, Sachverständigen und Landmessern zur Stelle zu haben. Häufig
genug sind es gerade die Parteien selbst, die durch kleinliches Beharren auf
grundlosen Ansprüchen, Häufung von Beweismaterial, das sich nachher als un¬
tauglich herausstellt, und in andrer Weise eine rasche Erledigung der Geschäfte
verhindern. Wenn in der neuern Zeit auch in Rentengutssachen über die lange
Dauer des Verfahrens geklagt wird, so wird dabei übersehen, daß diese lange
Dauer in der Regel dadurch herbeigeführt wird, daß es den Verkäufern nicht
gelingt, tüchtige und vermögende Ansiedler zu gewinnen, Und sind sie ge¬
wonnen, so ist die Generalkommisston zur Aufklärung der persönlichen und
Vermögensverhältnisse der Bewerber wiederum auf andre Personen angewiesen,
die sich von der Eilbedürftigkeit der von ihnen verlangten Nachrichten nicht
leicht überzeugen lassen. Endlich ist die Gründung einer Kolonie eine so tief
in das wirtschaftliche, soziale und politische Leben einer Gegend eingreifende
Maßregel, daß Verzögerungen unvermeidlich werden. Das ist um so mehr
der Fall, als unsrer Büreaukratie im allgemeinen von der außerordentlichen
Bedeutung der innern Kolonisation wenig Verständnis nachzurühmen ist. Manche
Beamten stehen dieser Aufgabe geradezu feindlich gegenüber und suchen ihr offen
oder versteckt Abbruch zu thun. Manche verhalten sich gleichgiltig dagegen,
und nnr wenige suchen die Thätigkeit der Auseinandersetzungsbehörden zu
fördern. Alle Verzögerungen, die durch solche UnWillfährigkeit entstehen, werden
natürlich der leitenden Behörde, der Generalkvmmission, zur Last gelegt.

Vor den Kosten, die durch Auseinandersetzungssachen entstehen, herrscht
noch immer große Angst, und doch ist diese Furcht durchaus unbegründet.
Nachdem durch das Gesetz vom 24. Juni 1875 müßige Pauschsätze eingeführt
sind, sind die Kosten nirgends mehr ein Hindernis sür die Durchführung von
Auseinandersetzungen. Für Separatiouen und Zusammenlegungen sollen für
das Hektar umzulegender Flüche in der Regel 12 Mark erhoben werden, die
Generalkommissionen sind aber befugt, diesen Satz unter besondern Umständen
bis auf 27 Mark zu erhöhen oder bis auf 3 Mark zu ermäßigen. Man darf
als sicher annehmen, daß der Höchstbetrag wohl nur ganz selten erhoben wird,
und daß dem Gesetze gemäß Erhöhungen nnr bei außergewöhnlich hohem Wert
und Ertrag und bei außergewöhnlichem Umfange der Arbeit vorkommen werden;
bei den an sich weniger technische Arbeiten erfordernden Nentengutssachen wird


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_229685/141>, abgerufen am 30.06.2024.