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Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Viertes Vierteljahr.

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verbesserter Smithicinisinus

der Peripherie des isolirten Staates. Mietet nun der Bauer fünf Gehilfen,
die jeder so viel bekommen wie ein freier Hufner verdient, so behält er eben
nur den Ertrag seiner eignen Arbeit auf fünf Morgen übrig. Es kommt also
zu keiner "Ausbeutung." Die Bearbeiter der Hufe sind gleichberechtigte und
gleichgestellte Mitglieder einer Produktivgenossenschaft, und jeder bezieht das
Einkommen, das dem Bearbeiter eines Grundstücks zukommt, dessen Größe der
in der fraglichen Zone geforderten Intensität der Bearbeitung entspricht. Je
nachdem ein Bauer näher an der Stadt oder entfernter von ihr wohnt, wird
er bei beginnendem Druck lieber in die Stadt abwandern oder in die jenseits
des Staats gelegnen Gegenden auswandern; stetige Ab- und Auswandrung
gehört selbstverständlich zum Lebensprozeß eines wachsenden Volksvrganismus.
Mit der Vergrößerung des Gebiets durch Auswandrung ist aber auch die
Notwendigkeit der Gründung neuer Städte gegeben. An diesen Gewerbezentren
zweiter Ordnung sammeln sich vorzugsweise die Vertreter solcher Handwerke
an, die wenig Arbeitsteilung erfordern; den Anfang pflegt der Dorfschmied zu
machen.

Es würde also -- immer ein der Neuausiedluug offen stehendes Gebiet,
freies Land, vorausgesetzt -- zwar einen berechtigten Unternehmergewinn geben,
indem z. B. dem Leiter einer freien Produktivgenossenschaft, wenn er durch
seine kluge Leitung den Reinertrag über den Durchschnitt erhöhte, das Mehr
als Arbeitslohn gebühren würde, aber es fiele kein "Mehrwert" auf Kosten
der Arbeiter ab; denn statt sich einen Abzug gefallen zu lassen, würden diese
von diesem Orte des höhern wirtschaftlichen Druckes abwandern. (Das hat
auch schon Thüren klar gemacht.) Statt des heutigen Zustandes, wo zwei
Arbeiter einem Brodherrn nachlaufen, würde man den Zustand haben, dessen
sich Nordamerika bis in die Mitte unsers Jahrhunderts erfreut hat, und den
Carey als Jdealzustand preist, daß nämlich zwei Unternehmer einem Arbeiter
nachlaufen. Wie kein unrechtmäßiger Unternehmergewinn, so könnte auch kein
Privateigentum an Grund und Boden entstehen; es käme nicht zu dieser Renten¬
quelle, die Einkommen ergiebt ohne die Arbeit ihres Eigentümers. Man würde
beim Kauf von Grundstücken immer nnr die Gebäude, das Inventar, die im
Acker oder Gartenlande steckende Arbeit bezahlen, aber niemand würde einen
Pfennig geben für den bloßen Boden; dieser Hütte keinen Tauschwert, weil ja
außerhalb des Kulturkreises genug davon umsonst zu haben wäre. Niemand
würde etwas geben für das bloße Eigentumsrecht an Grund und Boden, das
ja nichts nützte; niemand würde Land auf Spekulation kaufen, da ja einige
Quadratmeilen dem Eigentümer nicht mehr Ertrag liefern würden als ebenso
viele Morgen; niemand würde Geld auf Hypotheken ausleihen oder erhalten
auf den nackten Eigentumstitel hin. So der Verfasser.

Die an sich berechtigte Abstraktion ist hier ganz folgerichtig durchgeführt,
aber in Beziehung auf ihr Verhältnis zur Wirklichkeit ist der scharfsinnige


verbesserter Smithicinisinus

der Peripherie des isolirten Staates. Mietet nun der Bauer fünf Gehilfen,
die jeder so viel bekommen wie ein freier Hufner verdient, so behält er eben
nur den Ertrag seiner eignen Arbeit auf fünf Morgen übrig. Es kommt also
zu keiner „Ausbeutung." Die Bearbeiter der Hufe sind gleichberechtigte und
gleichgestellte Mitglieder einer Produktivgenossenschaft, und jeder bezieht das
Einkommen, das dem Bearbeiter eines Grundstücks zukommt, dessen Größe der
in der fraglichen Zone geforderten Intensität der Bearbeitung entspricht. Je
nachdem ein Bauer näher an der Stadt oder entfernter von ihr wohnt, wird
er bei beginnendem Druck lieber in die Stadt abwandern oder in die jenseits
des Staats gelegnen Gegenden auswandern; stetige Ab- und Auswandrung
gehört selbstverständlich zum Lebensprozeß eines wachsenden Volksvrganismus.
Mit der Vergrößerung des Gebiets durch Auswandrung ist aber auch die
Notwendigkeit der Gründung neuer Städte gegeben. An diesen Gewerbezentren
zweiter Ordnung sammeln sich vorzugsweise die Vertreter solcher Handwerke
an, die wenig Arbeitsteilung erfordern; den Anfang pflegt der Dorfschmied zu
machen.

Es würde also — immer ein der Neuausiedluug offen stehendes Gebiet,
freies Land, vorausgesetzt — zwar einen berechtigten Unternehmergewinn geben,
indem z. B. dem Leiter einer freien Produktivgenossenschaft, wenn er durch
seine kluge Leitung den Reinertrag über den Durchschnitt erhöhte, das Mehr
als Arbeitslohn gebühren würde, aber es fiele kein „Mehrwert" auf Kosten
der Arbeiter ab; denn statt sich einen Abzug gefallen zu lassen, würden diese
von diesem Orte des höhern wirtschaftlichen Druckes abwandern. (Das hat
auch schon Thüren klar gemacht.) Statt des heutigen Zustandes, wo zwei
Arbeiter einem Brodherrn nachlaufen, würde man den Zustand haben, dessen
sich Nordamerika bis in die Mitte unsers Jahrhunderts erfreut hat, und den
Carey als Jdealzustand preist, daß nämlich zwei Unternehmer einem Arbeiter
nachlaufen. Wie kein unrechtmäßiger Unternehmergewinn, so könnte auch kein
Privateigentum an Grund und Boden entstehen; es käme nicht zu dieser Renten¬
quelle, die Einkommen ergiebt ohne die Arbeit ihres Eigentümers. Man würde
beim Kauf von Grundstücken immer nnr die Gebäude, das Inventar, die im
Acker oder Gartenlande steckende Arbeit bezahlen, aber niemand würde einen
Pfennig geben für den bloßen Boden; dieser Hütte keinen Tauschwert, weil ja
außerhalb des Kulturkreises genug davon umsonst zu haben wäre. Niemand
würde etwas geben für das bloße Eigentumsrecht an Grund und Boden, das
ja nichts nützte; niemand würde Land auf Spekulation kaufen, da ja einige
Quadratmeilen dem Eigentümer nicht mehr Ertrag liefern würden als ebenso
viele Morgen; niemand würde Geld auf Hypotheken ausleihen oder erhalten
auf den nackten Eigentumstitel hin. So der Verfasser.

Die an sich berechtigte Abstraktion ist hier ganz folgerichtig durchgeführt,
aber in Beziehung auf ihr Verhältnis zur Wirklichkeit ist der scharfsinnige


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[0299] verbesserter Smithicinisinus der Peripherie des isolirten Staates. Mietet nun der Bauer fünf Gehilfen, die jeder so viel bekommen wie ein freier Hufner verdient, so behält er eben nur den Ertrag seiner eignen Arbeit auf fünf Morgen übrig. Es kommt also zu keiner „Ausbeutung." Die Bearbeiter der Hufe sind gleichberechtigte und gleichgestellte Mitglieder einer Produktivgenossenschaft, und jeder bezieht das Einkommen, das dem Bearbeiter eines Grundstücks zukommt, dessen Größe der in der fraglichen Zone geforderten Intensität der Bearbeitung entspricht. Je nachdem ein Bauer näher an der Stadt oder entfernter von ihr wohnt, wird er bei beginnendem Druck lieber in die Stadt abwandern oder in die jenseits des Staats gelegnen Gegenden auswandern; stetige Ab- und Auswandrung gehört selbstverständlich zum Lebensprozeß eines wachsenden Volksvrganismus. Mit der Vergrößerung des Gebiets durch Auswandrung ist aber auch die Notwendigkeit der Gründung neuer Städte gegeben. An diesen Gewerbezentren zweiter Ordnung sammeln sich vorzugsweise die Vertreter solcher Handwerke an, die wenig Arbeitsteilung erfordern; den Anfang pflegt der Dorfschmied zu machen. Es würde also — immer ein der Neuausiedluug offen stehendes Gebiet, freies Land, vorausgesetzt — zwar einen berechtigten Unternehmergewinn geben, indem z. B. dem Leiter einer freien Produktivgenossenschaft, wenn er durch seine kluge Leitung den Reinertrag über den Durchschnitt erhöhte, das Mehr als Arbeitslohn gebühren würde, aber es fiele kein „Mehrwert" auf Kosten der Arbeiter ab; denn statt sich einen Abzug gefallen zu lassen, würden diese von diesem Orte des höhern wirtschaftlichen Druckes abwandern. (Das hat auch schon Thüren klar gemacht.) Statt des heutigen Zustandes, wo zwei Arbeiter einem Brodherrn nachlaufen, würde man den Zustand haben, dessen sich Nordamerika bis in die Mitte unsers Jahrhunderts erfreut hat, und den Carey als Jdealzustand preist, daß nämlich zwei Unternehmer einem Arbeiter nachlaufen. Wie kein unrechtmäßiger Unternehmergewinn, so könnte auch kein Privateigentum an Grund und Boden entstehen; es käme nicht zu dieser Renten¬ quelle, die Einkommen ergiebt ohne die Arbeit ihres Eigentümers. Man würde beim Kauf von Grundstücken immer nnr die Gebäude, das Inventar, die im Acker oder Gartenlande steckende Arbeit bezahlen, aber niemand würde einen Pfennig geben für den bloßen Boden; dieser Hütte keinen Tauschwert, weil ja außerhalb des Kulturkreises genug davon umsonst zu haben wäre. Niemand würde etwas geben für das bloße Eigentumsrecht an Grund und Boden, das ja nichts nützte; niemand würde Land auf Spekulation kaufen, da ja einige Quadratmeilen dem Eigentümer nicht mehr Ertrag liefern würden als ebenso viele Morgen; niemand würde Geld auf Hypotheken ausleihen oder erhalten auf den nackten Eigentumstitel hin. So der Verfasser. Die an sich berechtigte Abstraktion ist hier ganz folgerichtig durchgeführt, aber in Beziehung auf ihr Verhältnis zur Wirklichkeit ist der scharfsinnige

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_228947/299>, abgerufen am 12.12.2024.