Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Drittes Vierteljahr.Die große Kunstausstellung in Berlin hat sich aber alles Strafrecht aus der Blutrache entwickelt; der gerichtliche Wir glauben, daß mit der Kaiserlichen Verordnung über den Zweikampf Auch die volkstümliche "heilige" Feine sorgte sür Gerechtigkeit nach den Die große Kunstausstellung in Berlin Adolf Rosenberg Von 1 l Die große Kunstausstellung in Berlin hat sich aber alles Strafrecht aus der Blutrache entwickelt; der gerichtliche Wir glauben, daß mit der Kaiserlichen Verordnung über den Zweikampf Auch die volkstümliche „heilige" Feine sorgte sür Gerechtigkeit nach den Die große Kunstausstellung in Berlin Adolf Rosenberg Von 1 l <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0028" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/228330"/> <fw type="header" place="top"> Die große Kunstausstellung in Berlin</fw><lb/> <p xml:id="ID_68" prev="#ID_67"> hat sich aber alles Strafrecht aus der Blutrache entwickelt; der gerichtliche<lb/> Zweikampf — die Bataille —, wie ihn ausdrücklich die „Assisen" für das<lb/> Königreich Jerusalem erwähnen, beruht auf altgermanischer Sitte; L. v. Ranke<lb/> in seiner Weltgeschichte ist unser Zeuge.</p><lb/> <p xml:id="ID_69"> Wir glauben, daß mit der Kaiserlichen Verordnung über den Zweikampf<lb/> das Notwendige und Rechte geschehen ist: möglichste Einschränkung der An¬<lb/> wendung durch die Verweisung an ein Schiedsgericht, aber Anerkennung des<lb/> Zweikampfs mit der bewehrte» Faust als einer Ultimi rg,tlo in gewissen aus<lb/> gesetzlichem Wege nicht genügend austragbaren Fällen, wobei die Autorität des<lb/> Gesetzes und des Staats durch die gesetzliche Bestrafung gewahrt bleibt. Auch<lb/> der Mann aus dem Volke läßt sich den Appell an die unbewehrte oder anders<lb/> bewehrte Faust als ulliing, ratio nicht wegdisputiren, ja sogar erwählte Ver¬<lb/> treter des Volkes, die berufensten Hüter der Autorität der Gesetze, haben in<lb/> neuester Zeit wiederholt diesen Appell nicht verschmäht- Mit der Einschränkung<lb/> auf die schwersten Fülle müssen die Konflikte zwar seltner aber auch schwerer<lb/> werden, eine Entwicklung, wie sie auch bei Völkerkümpfen — Kriegen — zu<lb/> beobachten ist. Daß für deu Einzelzweikampf wohlbegründete Bräuche und<lb/> Regeln bestehen, die nicht ungestraft übertreten werden, ist vom Standpunkte<lb/> der Sittlichkeit und Menschlichkeit eine erfreuliche Bestätigung dafür, daß<lb/> Sitte und Gesetz auch in solchem äußersten Falle uoch Vorschrift und Maß<lb/> geben.</p><lb/> <p xml:id="ID_70"> Auch die volkstümliche „heilige" Feine sorgte sür Gerechtigkeit nach den<lb/> Rechtsanschauungen ihrer Kreise, weil und so lange die ordentlichen Gerichte<lb/> dazu außer stände waren.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> Die große Kunstausstellung in Berlin<lb/><note type="byline"> Adolf Rosenberg</note> Von 1</head><lb/> <p xml:id="ID_71" next="#ID_72"> l<lb/> e allgemeine Bilderschau, die alljährlich, jetzt gemeinschaftlich<lb/> von der Akademie der Künste und dem Verein Berliner Künstler,<lb/> in dem Landeskunstausstellungsgebüude in Moabit veranstaltet<lb/> wird, ist und bleibt doch das Hauptereignis im Berliner Kunst¬<lb/> leben eines Jahres, wie sehr sich auch die Leiter der privaten<lb/> Kunstausstellungen, d. h. die Kunsthändler den Winter und Frühling über be-<lb/> eifern mögen, die Neu- und Wißbegier des großen Publikums durch die Vor¬<lb/> führung immer neuer verwunderlicher Kunstwerke rege zu halten. Zwei oder<lb/> drei dieser rastlosen Leute wollen sogar den Versuch machen, auch während</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0028]
Die große Kunstausstellung in Berlin
hat sich aber alles Strafrecht aus der Blutrache entwickelt; der gerichtliche
Zweikampf — die Bataille —, wie ihn ausdrücklich die „Assisen" für das
Königreich Jerusalem erwähnen, beruht auf altgermanischer Sitte; L. v. Ranke
in seiner Weltgeschichte ist unser Zeuge.
Wir glauben, daß mit der Kaiserlichen Verordnung über den Zweikampf
das Notwendige und Rechte geschehen ist: möglichste Einschränkung der An¬
wendung durch die Verweisung an ein Schiedsgericht, aber Anerkennung des
Zweikampfs mit der bewehrte» Faust als einer Ultimi rg,tlo in gewissen aus
gesetzlichem Wege nicht genügend austragbaren Fällen, wobei die Autorität des
Gesetzes und des Staats durch die gesetzliche Bestrafung gewahrt bleibt. Auch
der Mann aus dem Volke läßt sich den Appell an die unbewehrte oder anders
bewehrte Faust als ulliing, ratio nicht wegdisputiren, ja sogar erwählte Ver¬
treter des Volkes, die berufensten Hüter der Autorität der Gesetze, haben in
neuester Zeit wiederholt diesen Appell nicht verschmäht- Mit der Einschränkung
auf die schwersten Fülle müssen die Konflikte zwar seltner aber auch schwerer
werden, eine Entwicklung, wie sie auch bei Völkerkümpfen — Kriegen — zu
beobachten ist. Daß für deu Einzelzweikampf wohlbegründete Bräuche und
Regeln bestehen, die nicht ungestraft übertreten werden, ist vom Standpunkte
der Sittlichkeit und Menschlichkeit eine erfreuliche Bestätigung dafür, daß
Sitte und Gesetz auch in solchem äußersten Falle uoch Vorschrift und Maß
geben.
Auch die volkstümliche „heilige" Feine sorgte sür Gerechtigkeit nach den
Rechtsanschauungen ihrer Kreise, weil und so lange die ordentlichen Gerichte
dazu außer stände waren.
Die große Kunstausstellung in Berlin
Adolf Rosenberg Von 1
l
e allgemeine Bilderschau, die alljährlich, jetzt gemeinschaftlich
von der Akademie der Künste und dem Verein Berliner Künstler,
in dem Landeskunstausstellungsgebüude in Moabit veranstaltet
wird, ist und bleibt doch das Hauptereignis im Berliner Kunst¬
leben eines Jahres, wie sehr sich auch die Leiter der privaten
Kunstausstellungen, d. h. die Kunsthändler den Winter und Frühling über be-
eifern mögen, die Neu- und Wißbegier des großen Publikums durch die Vor¬
führung immer neuer verwunderlicher Kunstwerke rege zu halten. Zwei oder
drei dieser rastlosen Leute wollen sogar den Versuch machen, auch während
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