Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Zweites Vierteljahr.Aorke kannte die Intimität der russischen und der preußischen Diplomaten, In ähnlicher Weise wie sich hier Jorke des Grafen Woronzow, bediente Es ist kein Zufall, wenn die Frage dieser Allianz gerade um diese Zeit Aorke kannte die Intimität der russischen und der preußischen Diplomaten, In ähnlicher Weise wie sich hier Jorke des Grafen Woronzow, bediente Es ist kein Zufall, wenn die Frage dieser Allianz gerade um diese Zeit <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0066" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/227702"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_160"> Aorke kannte die Intimität der russischen und der preußischen Diplomaten,<lb/> er wußte, daß sie sich nach ihrer Instruktion alle wichtigen Dinge gegenseitig<lb/> mitteilten. Es war also offenbar seine Absicht, als er sich über die in der<lb/> Luft schwebenden Bündnisfragen in ein Gespräch mit dem russischen Gesandten.<lb/> Grafen Woronzow, einließ, daß dies Gespräch Thulemeier und seinem Herrn<lb/> zu Ohren käme. Am 22. Oktober berichtet Thulemeier über das Gespräch<lb/> Dortes mit Woronzow, wie dieser es ihm mitgeteilt hatte. Jorke hatte die<lb/> Hoffnung ausgesprochen, daß der vorläufige Abschluß des Handelsvertrags<lb/> zwischen Rußland und England bald zu einer engen Verbindung führen werde.<lb/> England habe mich bei Preußen angefragt, aber bisher vergebens; es sei aber<lb/> auch ganz gleichgiltig, ob das russisch-englische Bündnis durch Preußen oder<lb/> durch Österreich verstärkt werde. Er sei überzeugt, der Petersburger Hof<lb/> werde sich den Anschauungen des britischen Ministeriums anschließen; übrigens<lb/> sei die Harmonie zwischen dem preußischen König und Kaiserin Katharina<lb/> nicht mehr so wohl gegründet, wie man glaube. Aber auch diesmal irrte sich<lb/> Aorke, wenn er glaubte, den König ins Schwanken zu bringen. „Ich erkenne<lb/> an dieser Unterredung, schrieb er an Thulemeier, den lebhaften Charakter<lb/> Uorkes, der sich leicht auf Abwege führen läßt, wenn er sich etwas in den<lb/> Kopf gesetzt hat, dem aber im übrigen jede böse Absicht fernliegt. Wenn er<lb/> sich wieder beruhigt hat und über die Sache nachdenken wird, wird er meine<lb/> Gründe — gegen die Allianz mit England — gelten lasten. Abgesehen von<lb/> der Frage der Allianz habe ich gar nichts gegen England, ich habe mich jn<lb/> auch zur Ernennung von Gesandten bereit erklärt."</p><lb/> <p xml:id="ID_161"> In ähnlicher Weise wie sich hier Jorke des Grafen Woronzow, bediente<lb/> sich kurz darauf der Herzog von Grafton selbst des russischen Gesandten Varou<lb/> Groß in London. Auf Baudouins Bericht über die Unterredung der beiden<lb/> antwortet der König ironisch, Baudouin möchte ihm doch die großen Vorteile<lb/> auseinandersetzen, die ein Bündnis mit England in diesen: Augenblick für ihn<lb/> haben sollte.</p><lb/> <p xml:id="ID_162" next="#ID_163"> Es ist kein Zufall, wenn die Frage dieser Allianz gerade um diese Zeit<lb/> auch von einer andern Seite wieder angeregt wird, von Rußland. Ich habe<lb/> erwähnt, daß Pcmin sich mit dem Gedanken einer Tripelallianz Rußland,<lb/> Preußen, England trug. Schon im Verlaufe der sehr langwierigen Verhand¬<lb/> lungen über den englisch-russischen Handelsvertrag hatte Pcmin einmal bei<lb/> Friedrich daraufhin angeklopft. Mit denselben Gründen, die wir schon kennen,<lb/> hatte der König, am 19. Februar 1765, ein Bündnis mit England abgelehnt.<lb/> Alle Welt kenne die unwürdige Behandlung, die ihm England habe widerfahren<lb/> lassen, es sei nur natürlich, daß er mit den Leuten nichts zu thun haben<lb/> wolle, und daß er mit ihnen nicht in eine neue Verbindung treten könne,<lb/> ohne sich vor den Augen von ganz Enropa zu prostituiren. Er freue sich<lb/> seines Bundes mit Rußland so sehr, daß er sich mit ihm begnügen wolle, und</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0066]
Aorke kannte die Intimität der russischen und der preußischen Diplomaten,
er wußte, daß sie sich nach ihrer Instruktion alle wichtigen Dinge gegenseitig
mitteilten. Es war also offenbar seine Absicht, als er sich über die in der
Luft schwebenden Bündnisfragen in ein Gespräch mit dem russischen Gesandten.
Grafen Woronzow, einließ, daß dies Gespräch Thulemeier und seinem Herrn
zu Ohren käme. Am 22. Oktober berichtet Thulemeier über das Gespräch
Dortes mit Woronzow, wie dieser es ihm mitgeteilt hatte. Jorke hatte die
Hoffnung ausgesprochen, daß der vorläufige Abschluß des Handelsvertrags
zwischen Rußland und England bald zu einer engen Verbindung führen werde.
England habe mich bei Preußen angefragt, aber bisher vergebens; es sei aber
auch ganz gleichgiltig, ob das russisch-englische Bündnis durch Preußen oder
durch Österreich verstärkt werde. Er sei überzeugt, der Petersburger Hof
werde sich den Anschauungen des britischen Ministeriums anschließen; übrigens
sei die Harmonie zwischen dem preußischen König und Kaiserin Katharina
nicht mehr so wohl gegründet, wie man glaube. Aber auch diesmal irrte sich
Aorke, wenn er glaubte, den König ins Schwanken zu bringen. „Ich erkenne
an dieser Unterredung, schrieb er an Thulemeier, den lebhaften Charakter
Uorkes, der sich leicht auf Abwege führen läßt, wenn er sich etwas in den
Kopf gesetzt hat, dem aber im übrigen jede böse Absicht fernliegt. Wenn er
sich wieder beruhigt hat und über die Sache nachdenken wird, wird er meine
Gründe — gegen die Allianz mit England — gelten lasten. Abgesehen von
der Frage der Allianz habe ich gar nichts gegen England, ich habe mich jn
auch zur Ernennung von Gesandten bereit erklärt."
In ähnlicher Weise wie sich hier Jorke des Grafen Woronzow, bediente
sich kurz darauf der Herzog von Grafton selbst des russischen Gesandten Varou
Groß in London. Auf Baudouins Bericht über die Unterredung der beiden
antwortet der König ironisch, Baudouin möchte ihm doch die großen Vorteile
auseinandersetzen, die ein Bündnis mit England in diesen: Augenblick für ihn
haben sollte.
Es ist kein Zufall, wenn die Frage dieser Allianz gerade um diese Zeit
auch von einer andern Seite wieder angeregt wird, von Rußland. Ich habe
erwähnt, daß Pcmin sich mit dem Gedanken einer Tripelallianz Rußland,
Preußen, England trug. Schon im Verlaufe der sehr langwierigen Verhand¬
lungen über den englisch-russischen Handelsvertrag hatte Pcmin einmal bei
Friedrich daraufhin angeklopft. Mit denselben Gründen, die wir schon kennen,
hatte der König, am 19. Februar 1765, ein Bündnis mit England abgelehnt.
Alle Welt kenne die unwürdige Behandlung, die ihm England habe widerfahren
lassen, es sei nur natürlich, daß er mit den Leuten nichts zu thun haben
wolle, und daß er mit ihnen nicht in eine neue Verbindung treten könne,
ohne sich vor den Augen von ganz Enropa zu prostituiren. Er freue sich
seines Bundes mit Rußland so sehr, daß er sich mit ihm begnügen wolle, und
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |